Scottish National Party
Pàrtaidh Nàiseanta na h-Alba
Scottis Naitional Pairtie
Schottische Nationalpartei
Partei­vorsitzender Humza Yousaf
Entstehung Fusion der National Party of Scotland mit der Scottish Party
Gründung 20. April 1934 (Fusion)
Gründungs­ort Edinburgh
Haupt­sitz Gordon Lamb House
3 Jackson’s Entry
Edinburgh, EH8 8PJ
Schottland
Jugend­organisation Young Scots for Independence
Aus­richtung Unabhängigkeit Schottlands
Sozialdemokratie
Linksliberalismus
Inklusiver Nationalismus
Pro-Europäismus
Farbe(n) Gelb
Schwarz
Britisches Unterhaus Gesamt:
43/650

Schottische Sitze:
43/59
Schottisches Parlament
64/129
Kommunalverwaltung
in Schottland

453/1227
Mitglieder­zahl 72.000 (Stand: März 2023)
Europapartei Europäische Freie Allianz (EFA)
Website www.snp.org

Die Scottish National Party (schottisch-gälisch Pàrtaidh Nàiseanta na h-Alba, Scots Scottis Naitional Pairtie, deutsch Schottische Nationalpartei, Abkürzung SNP) ist eine sezessionistische, linksliberale Partei in Schottland. Die SNP ist die größte Partei Schottlands. Sie hatte von 2011 bis 2016 eine absolute Mehrheit im schottischen Parlament und bildet seitdem eine Minderheitsregierung unter Tolerierung der Scottish Green Party.

Bis zu einer Änderung des Parteispendengesetzes in den frühen 2000er Jahren gehörte der im Ausland ansässige Schauspieler Sean Connery († 2020) zu den größten finanziellen Förderern dieser Partei.

Geschichte und Gegenwart

Die SNP entstand 1934 aus der Fusion der „National Party of Scotland“ und der „Scottish Party“. Den ersten Parlamentssitz gewann die Partei 1945 bei einer Nachwahl, doch der Kandidat weigerte sich aus Prinzip, das Mandat zu übernehmen; der Sitz ging dann drei Monate später wieder verloren. Der nächste Erfolg war der Sieg der SNP-Kandidatin Winnie Ewing bei der Nachwahl im schottischen Wahlkreis Hamilton am 2. November 1967. Ihren ersten Höhepunkt erreichte die SNP in den 1970ern: Unter dem Slogan It’s Scotland’s oil beanspruchte sie das neu gefundene Nordseeöl für Schottland – das Land könnte sich laut der SNP von einem subventionsabhängigen Gebiet zu einem der reichsten Länder Europas entwickeln. Der Slogan war äußerst erfolgreich: Der Stimmenanteil der SNP vervielfachte sich in den Folgejahren. Bei den Unterhauswahlen im Oktober 1974 erhielt sie mit über 800.000 Stimmen über ein Drittel aller schottischen Stimmen und konnte elf Parlamentarier nach London entsenden. In diesen Jahren war der ideologische Standpunkt der SNP noch nicht gefestigt. Politischer und ideologischer Hauptgegner im immer noch stark von einer Industriearbeiterschaft geprägten Schottland war die Scottish Labour Party. Innerhalb der SNP formierte sich Ende der 1970er Jahre die 79 Group, die die Partei weiter links außen als sozialistische Partei platzieren wollte. Zu den Vertretern der 79 Group gehörte auch der spätere First Minister und SNP-Vorsitzende Alex Salmond. Als parteiinterne Gegenströmung wurde unter der Führung von Winnie Ewing die Campaign for Nationalism in Scotland gegründet, deren Hauptziel die Unabhängigkeit Schottlands war, unabhängig von traditionellen ideologischen Rechts/links-Schemata. Nach der Wahl von Gordon Wilson zum Parteiführer der SNP 1982 lösten sich diese parteiinternen Fraktionen auf Druck von oben wieder weitgehend auf.

Eine der Hauptforderungen der SNP neben der Unabhängigkeit Schottlands war auch die Wiedereinführung des Schottischen Parlaments. Diese Forderung wurde 1999 erfüllt.

Untersuchung eines vermuteten Finanzskandals

Im Rahmen eines vermuteten Skandals um die Finanzierung und die Finanzen der Partei wurde Anfang April 2023 sowohl die Geschäftsstelle in Edinburgh als auch das Privathaus des kurz zuvor zurückgetretenen Geschäftsführers Peter Murell, Ehemann der ebenfalls kurz zuvor zurückgetretenen First Minister Nicola Sturgeon, durchsucht. Murell wurde zur polizeilichen Einvernahme kurzzeitig in Haft genommen. Am 8. April 2023 erklärte der Ehrenvorsitzende (President) der SNP, Michael Russell, die Partei befände sich in der tiefsten Krise seit 50 Jahren.

Am 18. April 2023 wurde der seit 2004 amtierende Schatzmeister (treasurer) der Partei, Colin Beattie, zur polizeilichen Einvernahme festgenommen und am Abend ohne Anklageerhebung freigelassen. Beattie trat als Schatzmeister zurück. Als sein Nachfolger wurde am 22. April 2023 Stuart McDonald, Abgeordneter im britischen Unterhaus, nominiert.

Programmatik

Die SNP vertritt keinen ethnisch fundierten Nationalismus, sondern ein kommunitaristisches Konzept des inclusive nationalism, das auf Identifikation mit Schottland, seiner Kultur und demokratischen Werten bei gleichzeitiger Offenheit für alle, die in Schottland leben und arbeiten möchten, setzt. So wurde bei der schottischen Parlamentswahl 2007 mit Bashir Ahmad auf der SNP-Liste Glasgow zum ersten Mal ein Abgeordneter mit Einwanderungshintergrund ins schottische Parlament gewählt.

Das Programm der SNP enthält weitreichende ökologische Forderungen, so den Ausstieg aus der Kernenergie und den konsequenten Einstieg in erneuerbare Energien, namentlich Wind- und Gezeitenkraftwerke. Abgelehnt wird der von London forcierte Bau neuer Kernkraftwerke sowie die aktuelle Konzeption der Atommüllendlagerung in Schottland. Die Partei strebt eine jährliche CO2-Reduzierung um 3 Prozent an, was 70 Prozent bis 2050 entspricht. Ein entsprechendes Klimaschutzgesetz wurde vom schottischen Parlament beschlossen (Climate Change (Scotland) Act 2008).

Ihre umweltpolitischen Ziele bündelt die SNP in einem Ministerium für Finanzen und Nachhaltiges Wachstum und hat somit Fragen von Wirtschaft, Finanzen und Umweltschutz ein und demselben Regierungsmitglied unterstellt. Fragen des Naturschutzes und der Landwirtschaft im Übrigen sind einem Ministerium für Ländlichen Raum und Umwelt zugeordnet, das vor allem die Ausweitung und Betreuung geschützter Gebiete und eine ökologischer ausgerichtete Landwirtschaft forcieren soll. Die SNP will Anbau und Handel mit biologisch angebauten Produkten (organic sector) stärken.

Die SNP stand dem Krieg im Irak, an dem auch Großbritannien beteiligt war, ablehnend gegenüber und fordert einen Truppenabzug. Die SNP-Regierung hat den Entwicklungshilfe-Etat verdoppelt und vertritt eine multilateral ausgerichtete Außenpolitik. Sie verlangt das Ende der Stationierung der „Trident-Nuklearraketen“ im schottischen Faslane.

Die SNP strebt ferner die Abschaffung der Unternehmenssteuer für Kleinunternehmen an. Sie fordert die Abschaffung der derzeitigen Council Tax, die sie durch eine einkommensabhängige Steuer (Local Income Tax) ersetzen möchte. Von dieser Steuer ist angespartes Vermögen ausgenommen, sie orientiert sich ausschließlich am Einkommen, was vor allem Rentnern zugutekommen soll.

Die SNP hat die Studiengebühren an schottischen Universitäten, die bisher nach Abschluss des Erststudiums gezahlt wurden (graduate endowment), abgeschafft. Sie tritt für eine Ausweitung der Vergabe von Stipendien ein. Im Bereich der Gesundheitsversorgung betreibt die SNP eine Politik für mehr Vorsorge und hat die Verschreibungsgebühren (prescription charges) abgeschafft. Die SNP stellt sich gegen eine mögliche Privatisierung des staatlichen Gesundheitssystems (National Health Service).

Europa

Die SNP ist Mitglied der Europäischen Freien Allianz und im Europäischen Parlament war sie bis zum EU-Austritt des Vereinigten Königreichs mit drei Abgeordneten vertreten, die der Die Grünen/Europäische Freie Allianz-Fraktion (G/EFA) angehörten. Die SNP versteht sich als proeuropäisch und möchte im Falle einer Unabhängigkeit Schottlands vorzugsweise das britische Pfund als gemeinsame Währung mit England behalten, lehnt aber auch eine eventuelle spätere Einführung des Euro nicht kategorisch ab.

Schottische Regierung

Am 16. Mai 2007 wurde Alex Salmond zum schottischen Ministerpräsidenten („Erster Minister“) gewählt. Er übernahm das Amt von Jack McConnell, der der Labour Party angehört. Salmond führte eine Minderheitsregierung an, nachdem die Liberalen keine Koalition mit der SNP gebildet hatten. Zusammen mit den 2 Sitzen der Scottish Green Party konnte sich die SNP auf 49 von 129 Stimmen stützen.

Bei der schottischen Parlamentswahl 2011 erreichte die SNP mit 69 von 129 Sitzen die absolute Mehrheit im Parlament. Das im Wahlkampf angekündigte Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands fand am 18. September 2014 statt, in welchem sich die Schotten gegen eine Abspaltung vom Vereinigten Königreich aussprachen. Daraufhin kündigte Alex Salmond seinen Rückzug als First Minister von Schottland und Parteivorsitzender der SNP für November 2014 an. Seine Nachfolgerin wurde die bisherige Stellvertreterin Nicola Sturgeon.

Trotz des Verlusts der absoluten Mehrheit bei der Parlamentswahl in Schottland 2016, bei der sie 62 von 128 Sitzen gewann, konnte die SNP mit dem Kabinett Sturgeon II eine Minderheitsregierung bilden, geduldet von den Grünen. Dem Kabinett Sturgeon III gehörten ab 2021 zwei Grüne als Junior-Minister an, obwohl eine Koalition nicht formalisiert wurde. Nach Sturgeons Rücktritt im März 2023 führte ihr Nachfolger Humza Yousaf diese Zusammenarbeit fort.

Vorsitzende

  • 1934–1936 Alexander MacEwan
  • 1936–1940 Andrew Dewar Gibb
  • 1940–1942 William Power
  • 1942–1945 Douglas Young
  • 1945–1947 Bruce Watson
  • 1947–1956 Robert McIntyre
  • 1956–1960 James Halliday
  • 1960–1969 Arthur Donaldson
  • 1969–1979 William Wolfe
  • 1979–1990 Gordon Wilson
  • 1990–2000 Alex Salmond
  • 2000–2004 John Swinney
  • 2004–2014 Alex Salmond
  • 2014–2023 Nicola Sturgeon
  • ab 2023 Humza Yousaf

Wahl des Vorsitzenden 2023

Nachdem Nicola Sturgeon ihren Rücktritt erklärt hatte, stimmten die SNP-Parteimitglieder in einer Urwahl zwischen dem 13. und 27. März 2023 über ihre Nachfolge ab. Es kandidierten Ash Regan, Kate Forbes und Humza Yousaf. An der Wahl beteiligten sich 50.494 der 72.169 Parteimitglieder (70 %).

Ergebnis der Urwahl
Kandidat(in) Stimmen 1. Präferenz mit Stimmen 2. Präferenz
Humza Yousaf24.336 (48,2 %)26.032 (52,1 %)
Kate Forbes20.559 (40,7 %)23.890 (47,9 %)
Ash Regan5.599 (11,1 %)

Das Ergebnis wurde am 27. März 2023 bekanntgegeben.

Wahlergebnisse

Prozentergebnisse und Gesamtsitze beziehen sich auf Schottland. Unterhauswahlen erfolgten durchgehend nach Mehrheitswahlrecht, Wahlen zum schottischen Parlament nach einem Mixed-Member Proportionalsystem und ab 1999 auch Wahlen zum Europaparlament nach Verhältniswahlrecht.

JahrWahlStimmenanteilSitze
1935 Unterhauswahlen 19351,1 %
0/72
1945 Unterhauswahlen 19451,2 %
0/72
1950 Unterhauswahlen 19500,4 %
0/72
1951 Unterhauswahlen 19510,3 %
0/72
1955 Unterhauswahlen 19550,5 %
0/72
1959 Unterhauswahlen 19590,5 %
0/72
1964 Unterhauswahlen 19642,4 %
0/72
1966 Unterhauswahlen 19665,0 %
0/72
1970 Unterhauswahlen 197011,4 %
1/72
1974 Unterhauswahlen Feb. 197421,9 %
7/72
1974 Unterhauswahlen Okt. 197430,4 %
11/72
1979 Unterhauswahlen 197917,3 %
2/72
1979 Europawahl 197919,4 %
1/8
1983 Unterhauswahlen 198311,7 %
2/72
1984 Europawahl 198417,9 %
1/8
1987 Unterhauswahlen 198714,0 %
3/72
1989 Europawahl 198925,6 %
1/8
1992 Unterhauswahlen 199221,5 %
3/72
1994 Europawahl 199432,6 %
2/8
1997 Unterhauswahlen 199722,1 %
6/72
1999 Parlamentswahl in Schottland 199928,7 %
35/129
1999 Europawahl 199927,2 %
2/8
2001 Unterhauswahlen 200120,1 %
5/72
2003 Parlamentswahl in Schottland 200323,8 %
27/129
2004 Europawahl 200419,7 %
2/7
2005 Unterhauswahlen 200517,7 %
6/59
2007 Parlamentswahl in Schottland 200731,0 %
47/129
2009 Europawahl 200929,1 %
2/6
2010 Unterhauswahlen 201019,9 %
6/59
2011 Parlamentswahl in Schottland 201145,4 %
69/129
2014 Europawahl 201429,6 %
2/6
2015 Unterhauswahlen 201550,0 %
56/59
2016 Parlamentswahl in Schottland 201641,7 %
63/129
2017 Unterhauswahlen 201736,9 %
35/59
2019 Europawahl 201937,8 %
3/6
2019 Unterhauswahlen 201945,0 %
48/59
2021 Parlamentswahl in Schottland 202140,3 %
64/129

Literatur

  • Claire Sutherland: Neo-nationalist ideology: a discourse theoretical approach to the SNP and the CSU. PhD thesis. University of Edinburgh, 2002
Commons: Scottish National Party – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hassan, Gerry (2009), The Modern SNP: From Protest to Power, Edinburgh University Press, pp. 4–5
  2. Peter Stäuber: Links, national und charismatisch. In: woz.ch. 23. März 2017, abgerufen am 4. September 2019.
  3. What is the SNP’s position on rejoining the EU?, auf snp.org
  4. State of the parties. Abgerufen am 17. Dezember 2019 (englisch).
  5. Current State of the Parties. Abgerufen am 17. Dezember 2019 (englisch).
  6. SNP says its membership has fallen to 72,000. In: BBC news. 17. März 2023, abgerufen am 17. März 2023 (englisch).
  7. Glenn Cambell: SNP facing 'biggest crisis in 50 years' - Mike Russell. In: BBC news. 8. April 2023, abgerufen am 8. April 2023 (englisch).
  8. Colin Beattie: Police arrest SNP treasurer in finance probe. In: BBC news. 18. April 2023, abgerufen am 18. April 2023 (englisch).
  9. SNP treasurer Colin Beattie released without charge. In: BBC news. 18. April 2023, abgerufen am 18. April 2023 (englisch).
  10. SNP appoint MP Stuart McDonald as new treasurer after Beattie resignation. In: BBC news. 22. April 2023, abgerufen am 25. April 2023 (englisch).
  11. vgl. auch Wahlprogramm, S. 18 ff., vgl. Archivierte Kopie (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive)
  12. Scottish referendum: Salmond to quit after Scots vote No. BBC News, 19. September 2014, abgerufen am 19. September 2014 (englisch).
  13. SNP Leadership Election – Voting Results. (pdf) Webseite der SNP, abgerufen am 28. März 2023 (englisch).
  14. Where do SNP candidates stand on the key issues? In: BBC. 16. März 2023, abgerufen am 17. März 2023 (englisch).
  15. Humza Yousaf announced as new SNP leader. In: BBC news. 27. März 2023, abgerufen am 27. März 2023 (englisch).
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