Film
Originaltitel Short Cut to Hollywood
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch, Englisch
Erscheinungsjahr 2009
Länge 94 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Jan Henrik Stahlberg
Marcus Mittermeier
Drehbuch Jan Henrik Stahlberg
Produktion Philipp Kreuzer
Marcos Kantis
Musik Rainer Oleak
Kamera David Hofmann
Besetzung

Short Cut To Hollywood ist eine deutsche Filmsatire aus dem Jahr 2009 von Jan Henrik Stahlberg und Marcus Mittermeier. Die beiden spielen die Hauptrollen, das Drehbuch stammt von Stahlberg. Der Film hatte seine Premiere im Februar 2009 während der 59. Internationalen Filmfestspiele Berlin. Der deutschlandweite Start erfolgte am 24. September 2009. Vor dem Kinostart wurde durch geplante Falschmeldungen über einen fiktiven Selbstmordanschlag Medienaufmerksamkeit auf den Film gelenkt.

Handlung

Johannes Friederich Salinger, Mitte 30, Versicherungsangestellter, findet, dass er bisher nichts Großartiges in seinem Leben vollbracht hat. Er möchte nicht irgendwann unbekannt sterben und macht sich daher zusammen mit seinen beiden Freunden Matt und Chrismon von Berlin aus auf in die Vereinigten Staaten, um berühmt zu werden. Mit ihrer Band, den Berlin Brothers, die trashige Songs auf Englisch singt, haben sie keinen Erfolg, und so lassen sie sich etwas ausgefalleneres einfallen: Johns Plan ist es, sich vor laufender Kamera zuerst amputieren und letztendlich töten zu lassen.

Die drei landen in New York City. Johannes nennt sich nun John F. Salinger. Er trifft auf Roseanne May und will sie kennenlernen, es ergibt sich aber nichts.

Die Freunde reisen nach Florida, wo sie einen Sponsor für ihr Vorhaben suchen, werden jedoch abgewimmelt, auch nach den beiden ersten geglückten Amputationen; erfolgreich hat Chrismon John einen Finger vor laufender Kamera sowie einen Arm entfernt. Mit dem amputierten Arm, in einem durchsichtigen mit rötlicher Flüssigkeit gefüllten Behälter, platzen sie unangemeldet bei ihrem gewünschten Sponsor während einer Besprechung herein. Der Behälter bricht und ergießt sich über den Besprechungstisch. Sie erkennen, dass sie ein medienwirksameres Auftreten brauchen, stürmen als die Baghdad Street Boys in ein kleines Restaurant und holen eine Bombe hervor. Sie werden als Selbstmordattentäter verstanden und rufen Panik hervor. Das amerikanische Fernsehen berichtet davon in den Nachrichten, es stellt sich jedoch heraus, dass die vorgebliche Bombe nur Toilettenpapier-Rollen waren. Die drei werden verhaftet und kommen ins Gefängnis.

Der Sender VPK wittert eine gute Story, zahlt die Kaution und setzt Paula Martini auf sie an. Der Sender startet eine großangelegte Show über das Vorhaben von John F. Salinger. Seine nächsten Amputationen sowie sein Tod werden geplant und tatsächlich wird er dadurch einem großen Publikum bekannt, bis zurück nach Deutschland. Die drei reisen währenddessen von der Ostküste bis nach Los Angeles.

Zu dieser Zeit trifft John in einer Bar auf Shannon und es entwickelt sich eine Liebesbeziehung. Kurz bevor die Amputation von Johns Bein ansteht, entschließt er sich, Shannon zu heiraten, weshalb die Amputation und Live-Sendung dazu verschoben werden müssen.

Die vier gehen campen. Am Abend vor der Hochzeit lassen sie sich in einer Kneipe volllaufen. Matt und Chrismon finden, dass John Shannon nicht heiraten sollte, und hecken einen hinterhältigen Plan aus. Chrismon hat Geschlechtsverkehr mit Shannon, was er am nächsten Tag unmittelbar vor der Hochzeit John erzählt. Der kann nicht fassen, was Shannon ihm angetan hat, und trennt sich von ihr.

In Los Angeles angekommen sind die drei bereits so berühmt geworden, dass sie ein riesiges Konzert mit mehreren Tausend Besuchern haben, bei dem sie ihre Songs singen. Die ganze Stadt ist in Aufruhr über John F. Salinger.

Als der Tag seines Todes gekommen ist, wird John in ein Bett gelegt, welches auf dem Dach eines Hochhauses aufgestellt wurde. Hier soll er seine tödlichen Spritzen von seinen beiden Freunden erhalten. Zuerst kommt unangekündigt, jedoch vom Sender geplant, Johns Mutter aus Deutschland, die traurig versucht ihn umzustimmen. Zu einem weiteren Gespräch kommt es nicht.

Zehn Minuten vor der geplanten Live-Schaltung gibt der Sender John und seinen Freunden ein letztes Mal die Gelegenheit, miteinander zu sprechen. Matt und Chrismon sagen John, dass sie ihn unmöglich töten können, und bitten ihn darum, endlich aufzuhören. John stimmt überraschend zu, und die beiden gehen, um Bier zu holen. Als sie wiederkommen, tötet sich John selbst mit einer Pistole.

Der Abspann behauptet, dass das Fernsehteam sofort live filmte und die Kameras nicht ausgeschaltet wurden. Aufgrund dieses Ereignisses hätten 147 weitere Personen Selbstmord begangen.

Hintergrund

Entstehung

Die Texte zu den Songs, die John während des Filmes singt, sind wie auch das Drehbuch von Stahlberg geschrieben.

Nach einer Vorstellung während der Berlinale erzählte Stahlberg, dass ihm die Idee zu dem Drehbuch bereits 1995 gekommen war, während er in Brüssel Schauspiel studierte. Er habe dort eine Fernsehsendung gesehen, die einen älteren Menschen auf seinem Weg zum Tod begleitete (es ging um Euthanasie). Er sagte, er habe es einfach nicht fassen können, wie auch ganz am Schluss die Kameras einfach weiterliefen.

Der Film musste mit einem geringen Budget auskommen, das fast ausschließlich durch Filmförderungen zustande kam. Da die Drehgebühren bei den Rocky Mountains in der Umgebung von LA zu hoch waren, musste sich das Team einen entlegeneren Ort suchen, der nur eine eingeschränkte Straßenanbindung hatte, und das Team musste alle Utensilien den Felsen hinuntertragen. Für eine Konzertszene in Las Vegas wurde, wegen fehlender Lichtausstattung, das hellste Casino der Stadt gesucht und davor mit Limousinen die Straße gesperrt.

Das Konzert gegen Ende des Filmes war in Wirklichkeit ein Konzert der Band Die Ärzte, welches das Filmteam begleiten durfte.

Bluewater-Affäre

Zwei Wochen vor dem Kinostart in Deutschland sorgte die Öffentlichkeitsarbeit zum Film für Falschmeldungen und Verwirrung in mehreren deutschen, aber auch ausländischen Massenmedien. Die Filmemacher Jan Henrik Stahlberg und Marcus Mittermeier, die 2004 bereits den Film Muxmäuschenstill gemeinsam gedreht hatten, erstellten mehrere gefälschte Internetseiten, auf denen sie Berichterstattung über ein Selbstmordattentat in einer kalifornischen Kleinstadt namens Bluewater vortäuschten. Sie präsentierten die Falschmeldung insbesondere auf der angeblichen Website von Bluewater. City of California und auf der Homepage des vorgetäuschten Fernsehsenders KVPK-TV, auf der ab dem 10. September 2009 Videos von gefälschten Nachrichtensendungen des Senders zu sehen waren, die unter der Bezeichnung Bluewater Attack über ein mögliches Attentat und verwirrte Augenzeugen berichteten und anschließend diese Berichte als Bluewater Fake Attack dementierten: Vielmehr hätten die drei Berlin Boys genannten deutschen Rapper einen Selbstmordanschlag vorgetäuscht – auch diese Meldung war jedoch eine Fälschung. Später wurden auf der Homepage des Fernsehsenders auch Filmausschnitte aus Short Cut to Hollywood gezeigt, in denen Vermummte in einer amerikanischen Gaststätte ein Attentat ankündigten, außerdem Making-Of-Videos zur Verbreitung der Falschmeldungen in deutschen Medien.

Zur Unterstützung der Verbreitung dieser Zeitungsente bedienten sich die Filmemacher auch anderer Medien, etwa MySpace, YouTube und Twitter, aber auch Telefonaten mit deutschen Massenmedien oder Manipulationen an der englischsprachigen Wikipedia. Neben anderen Hinweisen bekannte sich Jan Henrik Stahlberg im MySpace-Profil der fiktiven Rap-Gruppe Berlin Boys zu der Falschmeldung, gab Erläuterungen zum Vorgehen und begründete die Aktion:

„‚Short Cut To Hollywood‘ […] geht davon aus, dass wir in Zeiten leben, in denen der Skandal wichtiger ist als alles andere. […] Wir gingen immer davon aus, dass das, was wir im Film erzählen, auch in der echten Realität so passieren könnte. Wenn die Geschichte im Film funktioniert, funktioniert sie dann nicht auch in der Realität? […] Während die ‚Baghdad Streetboys‘ alles dafür tun, ein reelles Selbstmordattenat im Film hinzubekommen, wollten wir ein fiktionales Selbstmordattentat in die Realität bringen… ‚VPK‘, der Sender, von dem Sie jetzt gehört haben werden, existiert nicht. Die ‚Berlin Boys‘ mit ihrem Song ‚Hass‘ hat es nie gegeben. Es gibt auch keine Stadt ‚Bluewater‘, und es gab auch nie einen Polizisten, Bürgermeister oder Feuerwehrmann, die dort am Telefon geantwortet haben. […] Der Job der Medien, war es, uns zu entlarven. Unser Job ist der gleiche – nur andersrum.“

Jan Henrik Stahlberg

Der Täuschungsversuch kann als gelungen bezeichnet werden: Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) verbreitete am Morgen des 10. September 2009 um 9:38 Uhr den Bericht des fiktiven Fernsehsenders über zwei Explosionen weiter, in der Folge auch zahlreiche Online-Ausgaben deutschsprachiger Zeitungen. Um 10:38 Uhr saß die dpa dem zweiten Teil der Falschmeldung auf, als die Agentur die neue Meldung des fiktiven Senders reproduzierte: „Drei deutsche Rapper hätten sich Bombenattrappen umgebunden und seien in das Restaurant gestürmt, um Medienaufmerksamkeit zu erlangen. Die Behörden kündigten ein hartes Vorgehen gegen die Deutschen an, berichtete der Sender.“

Das Medien-Watchblog Bildblog berichtete über „das Fiasko“ der dpa und von „ihren blinden Kopierern“:

„Die Aktion war generalstabsmäßig geplant und […] aufwändig vorbereitet — wäre aber tatsächlich aufgrund vieler Indizien leicht zu entlarven gewesen. […] Erst um 13:44 Uhr, mehr als vier Stunden nach dem ersten Bericht, brachte dpa folgende Eilmeldung: ‚Bitte verwenden Sie die Berichterstattung über den angeblichen Anschlag in der kalifornischen Kleinstadt Bluewater nicht […]. Die Deutsche Presse-Agentur dpa geht Hinweisen nach, dass die als Quelle genannte Website des Fernsehsenders gefälscht ist und auch andere Websites über Bluewater nicht echt sind.‘“

Wolfgang Büchner, der stellvertretende Chefredakteur der dpa, räumte am Tag darauf „schwere Fehler“ ein und formulierte „Sechs Lehren aus Bluewater“:

„Eine Story, die zu gut ist, um wahr zu sein, ist vermutlich genau dies: nicht wahr. Es ist absolut unplausibel, dass die dpa als einziges Medium exklusiv von einem Terroranschlag in den USA erfährt und dort nur ein lokaler TV-Sender darüber berichtet.“

Kritiken

„Zu brachial und simpel für eine Mediensatire, die zum Nachdenken anregt, unterhält der Film allenfalls als ruppige Verballhornung medialer Entgleisungen.“

„Doch als Parabel auf Reality-Soaps und Casting-Irrsinn bleibt "Short Cut To Hollywood" bei aller Zeigefreude erschreckend bieder. Was auch daran liegt, dass Stahlberg und Mittermeier, die sonst ihr Geld mit nicht immer rühmlicher öffentlich-rechtlicher Fernsehware verdienen, ihrem Stoff mit distanziertem Abscheu entgegentreten und es deshalb nicht wirklich verstehen in "Short Cut To Hollywood" ein funktionierendes Spiel aus Medienmanipulation und Filmfiktion in Gang zu bringen. Gerechter Ekel ersetzt nun mal nicht die genaue Analyse.“

„So dümpelt der Film vor sich hin, ohne bissig zu werden oder eine zündende Idee zu entwickeln. Hinter dem Zynismus, den die Story geradezu marktschreierisch vor sich herträgt, steckt Bequemlichkeit. Die Billigformate des Trash-TV sollen auf billige Weise kritisiert werden. Der von Stahlberg mit viel Inbrunst vorgetragene Titelsong des Films bleibt von "Short Cut" noch am längsten im Gedächtnis. Leider ersetzt Enthusiasmus kein filmisches Konzept.“

Dietmar Kammerer - Die Tageszeitung

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 Das Filmteam bei einem Gespräch nach der Filmvorstellung auf der Berlinale, 14. Februar 2009.
  2. Säm Wagner: Die erfolgloseste Boygroup der Welt. In: kult, Ausgabe 10, September 2009, S. 36.
  3. Bluewater ist der Name eines kleinen Ortes, einer unselbständigen Verwaltungseinheit (Census-designated place) in Kalifornien, für die 2000 eine Einwohnerzahl von 265 erhoben wurde. Siehe Bluewater, California in der englischsprachigen Wikipedia. Die vorgebliche Homepage bluewatercity.com (Memento des Originals vom 13. September 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. basierte teilweise auf diesem Wikipedia-Artikel, gab jedoch eine Einwohnerzahl von 730 an.
  4. Die vorgebliche Homepage bluewatercity.com (Memento des Originals vom 13. September 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. wurde am 29. Juni 2009 registriert, so die Abfrage zu bluewatercity.com auf whois.net, abgerufen am 12. September 2009.
  5. Die vorgebliche Homepage vpk-tv.com (Memento des Originals vom 13. September 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. wurde ebenfalls am 29. Juni 2009 registriert, so die Abfrage zu vpk-tv.com auf whois.net, abgerufen am 12. September 2009.
  6. Der neu angelegte Artikel KPVK-TV wurde am 11. September 2009 wieder gelöscht. Die Änderungen vom 9. September 2009 am englischsprachigen Artikel Bluewater, California, die unter anderem die Existenz der Fernsehstation K-VPK behauptet, auf die entsprechende Homepage verwiesen, sowie die falsche Homepage Bluewater. City of California eingetragen hatten, wurden bereits am 10. September wieder entfernt.
  7. 1 2 Berlin Boys auf myspace.com, abgerufen am 12. September 2009.
  8. Zitat aus der dpa-Meldung vom 10. September 2009, 10:38 Uhr, nach Ronnie Grob: Wie in Bluewater einmal nichts passierte auf Bildblog vom 10. September 2009, 14:10 Uhr
  9. Wie in Bluewater einmal nichts passierte, Ronnie Grob auf Bildblog vom 10. September 2009, 14:10 Uhr.
  10. 1 2 Wie in Bluewater einmal nichts passierte (2), Stefan Niggemeier auf Bildblog vom 10. September 2009, 18:33 Uhr.
  11. 1 2 Sechs Lehren aus Bluewater von Wolfgang Büchner am 11. September 2009. Zitiert nach Stefan Niggemeier: Lehren aus Bluewater auf Bildblog vom 15. September 2009.
  12. Short Cut to Hollywood. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 2. März 2017.
  13. Filmkritik Arm abhacken und lächeln, bitte vom 24. September 2009
  14. Filmkritik Bis zum bitteren Ende humpeln vom 24. September 2009
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