Sophie Maria Josephine Albina Gräfin Chotek von Chotkowa und Wognin (* 1. März 1868 in Stuttgart; † 28. Juni 1914 in Sarajevo), ab 1900 Fürstin, ab 1909 Herzogin von Hohenberg, war eine böhmische Adelige und Ehefrau des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand. Sie fiel mit ihm zusammen dem Attentat von Sarajevo zum Opfer, das den Ersten Weltkrieg auslöste. Von ihr stammt das Geschlecht der Herzöge und Fürsten von Hohenberg ab.
Leben
Herkunft
Sophie wurde 1868 als Tochter des österreichischen Diplomaten Boguslaw Graf Chotek von Chotkow und Wognin, aus dem alten böhmischen Adelsgeschlecht Chotek von Chotkow und Wognin, und dessen Gattin Wilhelmine Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau geboren.
Ihr Vater war in Dresden, wo er seinen letzten dienstlichen Standort hatte, verblieben und sorgte mit seiner Pension für ein standesgemäßes Leben seiner noch unverheirateten Töchter Sophie und Marie Henriette. Letztere wurde Stiftsdame am Hradschin in Prag und übernahm die Mutterstelle bei den drei Waisenkindern nach der Ermordung des Thronfolgerpaares im Jahr 1914. Als Sophie und Franz Ferdinand einander kennenlernten, waren von den sieben Töchtern des Diplomaten bereits vier verheiratet, eine war Hofdame bei Stephanie, Kronprinz Rudolfs Witwe. Der einzige Sohn Wolfgang (1860–1926) hatte die Beamtenlaufbahn eingeschlagen. Die Tochter Oktavia (1873–1946) ehelichte den sächsischen Grafen Joachim von Schönburg-Glauchau.
Wie ihre sieben Geschwister hatte Sophie eine gute Erziehung erhalten und wurde von Hauslehrern ausgebildet. Die fünftgeborene Sophie besaß zusätzlich noch einen ausgesprochenen Sinn für Häuslichkeit. Nach dem Tod der Mutter führte sie den Haushalt für ihren Vater und die jüngeren Geschwister und lernte frühzeitig, mit vorhandenen Mitteln sparsam umzugehen.
Die Familie Chotek von Chotkow und Wognin gehörte zum alten böhmischen Adel, dessen nachweisliche Geschichte bis ins 12. Jahrhundert zurückreichte. Die bedeutende Rosenzüchterin Marie Henriette Gräfin Chotek war ihre Cousine zweiten Grades.
Um 1896 (manche Quellen sprechen von 1894 oder 1897) lernte sie Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich auf einem Ball in Prag kennen, und die beiden verliebten sich ineinander. Die Beziehung wurde bis 1899 geheim gehalten. Auf Vermittlung der Gräfin Clementine von Lützow, einer früheren Hofdame der Kaiserin Elisabeth, verbrachten Franz Ferdinand und Sophie Chotek um 1898 einige Tage incognito im Kurort Bad Neuenahr.
Im Jahr 1898 begann die noch immer bei ihrem Vater in Dresden Wohnende darauf zu drängen, ihrem Geliebten näher zu sein. Nachdem man über die Affären seines Bruders Otto und auch die Freundschaft des Kaisers mit Katharina Schratt in Wien tuschelte, wollte Franz Ferdinand keinen Aufenthaltsort in Wien, sondern nur möglichst in der Nähe von Wien. Erzherzogin Isabella von Croy-Dülmen, die Frau von Erzherzog Friedrich, der ein Armeekorps in Pressburg befehligte, suchte eine Hofdame und Franz Ferdinand schlug Sophie vor, sich darum zu bewerben. Isabella galt als schwierig und als unangenehme Dienstgeberin und Sophie Chotek war von dem Vorschlag nicht begeistert, bewarb sich aber um den Posten und erhielt ihn. Isabella hatte sechs zu verheiratende Töchter und Franz Ferdinand, der mit der Familie Friedrichs auf bestem Fuß stand, nahm nun jede Einladung an und fuhr zwei- bis dreimal in der Woche nach Pressburg. Hier ritt er mit den Töchtern des Hauses aus und machte der ältesten Tochter des Hauses, der 18-jährigen Maria Christina, den Hof, was die Hoffnungen der Mutter, Erzherzogin Isabellas, schürte, sie könne die zukünftige Schwiegermutter des österreichischen Kaisers werden.
Eine „unstandesgemäße“ Ehe
Zunächst hatte man versucht, über Sophies Bruder, der inzwischen als Landesregierungsrat in kaiserlichen Diensten stand und so um seine Karriere bangen musste, seine Schwester zu beeinflussen. Dann schaltete der Kaiser Godfried Marschall ein, der die religiöse Erziehung des Erzherzogs geleitet hatte und auf bestem Fuß mit diesem stand. Der ehrgeizige Marschall, der Weihbischof in Wien werden wollte, brauchte eben dazu die Zustimmung des Kaisers und versuchte erst, den Thronfolger umzustimmen, verscherzte sich aber dessen Gunst, ohne sein Ziel erreicht zu haben. Schließlich appellierte er an Sophie, ihrer Liebe zum Thronfolger zu entsagen, wobei er versuchte, die tiefe Religiosität Sophies für seine Zwecke auszunutzen.
Erst nach einer Audienz von Franz Ferdinands Stiefmutter Maria Theresa beim Kaiser erhielt das Paar am 8. April 1900 die Erlaubnis zur morganatischen Ehe.
Am 1. Juli 1900 heirateten Sophie und Franz Ferdinand in Reichstadt. Sophie verzichtete für sich und die künftigen gemeinsamen Kinder auf die Thronfolge. Das Schloss Reichstadt diente Maria Theresa, Franz Ferdinands Stiefmutter, als Witwensitz. Bei der Hochzeit waren weder seine Brüder Otto und Ferdinand Karl anwesend noch Schwester Margarete Sophie, jedoch seine Stiefmutter mit ihren Töchtern Maria Annunziata und Elisabeth Amalie. Sophie bekam vom Kaiser den Titel „Fürstin von Hohenberg“ verliehen. Obwohl sie die Frau des Thronfolgers war, wurde sie bei Hof als zweitklassig behandelt. Sie durfte zum Beispiel nicht in der Hofloge im Theater sitzen oder bei Paraden in der Kutsche des Erzherzogs mitfahren.
Aus der kaiserlichen Familie stand den beiden nur die Kronprinzen-Witwe Stephanie nah, die Franz Ferdinand und Sophie immer wieder in ihr Schloss nach Ungarn einlud.
Schließlich besserte sich die Position Sophies in der Hofgesellschaft. Nach Beilegung der bosnischen Annexionskrise wurde ihr beim Stapellauf eines Kriegsschiffes der österreichisch-ungarischen Marine gestattet, als Taufpatin zu fungieren.
Am 10. Juli 1909 besuchte das Thronfolgerpaar auf Einladung von König Karl I. offiziell Sinaia in Rumänien. Dies war der erste Staatsbesuch der beiden und die Fürstin wurde von der rumänischen Königin Elisabeth äußerst liebenswürdig empfangen.
Um die protokollarischen Komplikationen zu mildern, verlieh ihr der Kaiser am 4. Oktober 1909 den Titel Herzogin von Hohenberg und gestattete ihr, ab sofort den Titel Hoheit zu führen. Zahlreiche Glückwunschtelegramme waren die Folge, u. a. vom deutschen Kaiser Wilhelm II., der seit vielen Jahren mit Franz Ferdinand befreundet war.
Das Attentat und die Folgen
Am 28. Juni 1914 fielen Sophie und Franz Ferdinand in Sarajevo einem Attentat serbischer Nationalisten zum Opfer. Ein Mitglied der Schwarzen Hand, Gavrilo Princip, schoss auf das Ehepaar, als ihr Wagen ein Wendemanöver durchführte.
Das von Princip aus seiner 9-mm-FN-Browning-Modell-1910-Pistole abgefeuerte Stahlmantelgeschoss durchdrang zunächst die Fahrzeugwand, wobei sich das Geschoss verformte, scharfkantig wurde und sich zu drehen begann. Danach traf es Sophie in den Unterleib und fügte ihr dort eine Reihe von Verletzungen zu, an denen sie innerhalb kürzester Zeit, noch im Wagen selbst, innerlich verblutete. Franz Ferdinand, der an der Halsvene und der Luftröhre getroffen worden war, erlag kurz darauf seinen Verletzungen. Gavrilo Princip erklärte später, dass sein Anschlag nur Franz Ferdinand gegolten habe. Er habe nicht gewollt, dass Sophie ebenfalls starb.
Die Ermordung des österreich-ungarischen Thronfolgers war letztendlich der Auslöser für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Wegen ihrer morganatischen Ehe wurden Sophie und Franz Ferdinand unter Verwehrung eines Staatsbegräbnisses nach der Aufbahrung in der Hofburg im Schloss Artstetten in Niederösterreich beigesetzt.
Nachkommen
- Sophie von Hohenberg, verehelichte Gräfin von Nostitz-Rieneck (1901–1990)
- Maximilian von Hohenberg (1902–1962)
- Ernst von Hohenberg (1904–1954)
- Totgeborener Sohn (*/† 1908)
Wappen
Herzogin Sophie von Hohenberg hatte als Gemahlin des künftigen Kaisers ein persönliches Wappen: Geviert, die Felder 1 und 2 des Hauptschildes belegt mit dem Schild des Hauswappens Habsburg-Lothringen (= zweimal gespalten; vorn in Gold ein blaugekrönter, blaubewehrter und blaugezungter roter Löwe [= Habsburg], mittig auf rotem Grund ein silberner Balken [= Österreich], hinten in Gold ein roter Schrägbalken, der Richtung des Balkens nach belegt mit drei silbernen gestümmelten Adlern [= Lothringen]), die Felder 3 und 4 des Hauptschildes belegt mit dem Schild des Stammwappens Chotek (= geteilt; oben von Silber und Rot gespalten, unten in Rot ein unterhalbes Wagenrad, das an die Teilungslinie anstößt); in Feld 1 und 4 des Hauptschildes in Gold ein gekrönter schwarzer Doppeladler (= aus dem reichsgräflichen Wappen Chotek), in Feld 2 und 3 des Hauptschildes in Blau einwärts gekehrt ein goldener Bär (= aus dem reichsgräflichen Wappen Chotek). Herzogskrone und -mantel.
Benennungen
Nach der Herzogin wurden unter anderem der Raddampfer "Herzogin von Hohenberg" (nach 1918 Franz Schubert) der DDSG sowie die "Sofia Hohenberg" der Reederei Austro-Americana benannt. Sie selbst fungierte (in Vertretung) als Taufpatin des Bodensee-Schaufelraddampfers Stadt Bregenz sowie eines Kriegsschiffes der k.u.k Marine.
Museale Rezeption
Das Automobil, in dem Sophie und ihr Gemahl erschossen wurden, kann im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien besichtigt werden, wobei das Durchschussloch jenes Geschosses, das Sophie tödlich traf, deutlich zu sehen ist. Ebenso sind eine Rose und ein blutbeflecktes Spitzentuch ausgestellt. Diese Artefakte wurden von Herzogin Sophie am Tag des Attentats getragen.
Filmische Darstellung
1940 wurde Sophie Chotek von Edwige Feuillère erstmals im von Max Ophüls inszenierten Historienfilm Von Mayerling bis Sarajewo dargestellt. Im 1955 von Fritz Kortner inszenierten Um Thron und Liebe wird Sophie von Luise Ullrich gespielt. In Der Tag der die Welt veränderte (1975) spielt Florinda Bolkan und im Fernsehfilm Weltuntergang (1984) Dorothea Parton die Herzogin.
Literatur
- Wladimir Aichelburg: Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este und Artstetten (= Via imperialis). Verlagsbüro Johann Lehner, Wien 2000, ISBN 3-901749-18-7.
- Erika Bestenreiner: Franz Ferdinand und Sophie von Hohenberg. Verbotene Liebe am Kaiserhof. Piper, München u. a. 2005, ISBN 3-492-24639-7.
- Gordon Brook-Shepherd: Die Opfer von Sarajevo. Erzherzog Franz Ferdinand und Sophie von Chotek. Engelhorn-Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-87203-037-X.
- Janko Ferk: Der Kaiser schickt Soldaten aus. Ein Sarajevo-Roman. Styria Verlag, Wien 2014, ISBN 978-3-222-13408-1.
- Friedrich Weissensteiner: Franz Ferdinand. Der verhinderte Herrscher. Zum 70. Jahrestag von Sarajewo (= Ein Österreich-Thema aus dem Bundesverlag). Österreichischer Bundesverlag, Wien 1983, ISBN 3-215-04828-0.
Weblinks
- Literatur von und über Sophie Chotek von Chotkowa im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Sophie Chotek von Chotkowa in der Datenbank Gedächtnis des Landes zur Geschichte des Landes Niederösterreich (Museum Niederösterreich)
- Marc von Lüpke: Attentat von Sarajevo – „Wir werden heut’ noch ein paar Kugerln bekommen“. In: einestages vom 27. Juni 2014
Einzelnachweise
- ↑ Weissensteiner: Franz Ferdinand. 1983, S. 114–118.
- ↑ Ihre Großväter Karl von Chotek (* 1783, † 1868) und Hermann von Chotek (* 1786, † 1822) waren Brüder.
- ↑ Weissensteiner: Franz Ferdinand. 1983, S. 121–122.
- ↑ Weissensteiner: Franz Ferdinand. 1983, S. 114–139.
- ↑ Weissensteiner: Franz Ferdinand. 1983, S. 138.
- ↑ Ursula Prutsch, Klaus Zeyringer (Hrsg.): Leopold von Andrian (1875–1951). Korrespondenzen, Notizen, Essays, Berichte. (= Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 97) Böhlau, Wien 2003, ISBN 3-205-77110-9, S. 161.
- ↑ Weissensteiner: Franz Ferdinand. 1983, Kapitel: Persönliche Doppelmonarchie: Der Kaiser und sein Thronfolger.
- ↑ Johann Christoph Allmayer-Beck: Das Heeresgeschichtliche Museum Wien. Führer durch das Museum. Band 4: Saal VI. Die k.(u.)k. Armee von 1867–1914. Kiesel, Salzburg 1989, S. 53.
- ↑ WAPPENROLLE Österreich - Wappen - Adel. Abgerufen am 18. Juli 2023.
- ↑ HISTORY - AUSTRO AMERICANA the Austro-Hungary shipping line into the new world. Abgerufen am 26. Juli 2023.
- ↑ Manfried Rauchensteiner: Das Heeresgeschichtliche Museum in Wien. Fotos: Manfred Litscher. Verlag Styria, Graz u. a. 2000, ISBN 3-222-12834-0, S. 63.
- ↑ Heeresgeschichtliches Museum / Militärhistorisches Institut (Hrsg.): Das Heeresgeschichtliche Museum im Wiener Arsenal. Verlag Militaria, Wien 2016, ISBN 978-3-902551-69-6, S. 108.