Eine suffiziente σ-Algebra ist ein spezielles Mengensystem in der mathematischen Statistik, das verwendet wird, um die Kompression von Daten ohne Informationsverlust mittels suffizienter Statistiken zu formalisieren.

Definition

Gegeben sei ein statistisches Modell sowie eine Teil-σ-Algebra . Sei der bedingte Erwartungswert gegeben unter Verwendung des Wahrscheinlichkeitsmaßes . Die σ-Algebra heißt dann suffizient für , wenn für jedes eine -messbare Funktion existiert, so dass

.

Bemerkungen

Ein Defizit des Suffizienzbegriffes ist, dass wenn σ-Algebren sind mit und suffizient ist (bezüglich einer vorgegebenen Verteilungsklasse), dann folgt im Allgemeinen nicht, dass auch suffizient ist. Das würde man aber intuitiv erwarten, denn wenn schon die kleinere σ-Algebra ausreichend ist, um eine verlustfreie Datenkompression zu ermöglichen, dann sollte dies ebenso für die größere gelten, da sie ja die kleinere enthält, in der alle Informationen von Belang schon vorhanden sind. Zu beachten ist hier, dass die Datenkompression hier dem Weglassen der Mengen aus der größeren σ-Algebra entspricht.

Formell lässt sich dieses Defizit wie folgt einsehen: ist suffizient, so gilt laut Definition des bedingten Erwartungswertes

für alle , aber eben nicht notwendigerweise für alle .

Erläuterung

Klar wird die Bedeutung des Begriffes, wenn man die Wahrscheinlichkeitsmaße aus auf einschränkt. Dann gilt

.

Da aber nicht von abhängt, können sich die Wahrscheinlichkeitsmaße nur dann unterscheiden, wenn schon deren Einschränkungen auf verschieden sind. Damit sind alle möglichen Informationen, welche die Wahrscheinlichkeitsmaße aus liefern können, bereits in enthalten.

Stabilität bezüglich Operationen

  • Ist und ist suffizient für , so ist genau dann suffizient für , wenn suffizient ist für .
  • Sei die Mengen aller -Nullmengen. Sind und suffizient und ist , so ist auch suffizient.
  • Ist suffizient und ist eine abzählbar erzeugte σ-Algebra, so ist auch suffizient. Daraus folgt direkt, dass abzählbar erzeugte Ober-σ-Algebren von suffizienten σ-Algebren wieder suffizient sind.

Suffizienz und dominierte Verteilungsklassen

Mittels des Satzes von Halmos-Savage lassen sich für dominierte Verteilungsklassen einige stärkere Aussagen zeigen:

  • Sei suffizient und . Dann ist jede σ-Algebra mit
ebenfalls suffizient.
  • ist genau dann suffizient bezüglich , wenn suffizient bezüglich ist für alle .
  • Sind für die Verteilungsklassen auf dominiert und ist suffizient, so ist auch suffizient bezüglich .

Eine weitere Möglichkeit zur Überprüfung der Suffizienz einer σ-Algebra bei Vorliegen einer dominierten Verteilungsklasse ist das Neyman-Kriterium.

Verwandte Begriffe

Der bekannteste Begriff, der sich aus der Suffizienz einer σ-Algebra ableiten lässt, ist die suffiziente Statistik. Eine Statistik heißt suffizient, wenn die von ihr erzeugte σ-Algebra suffizient ist.

Eine Abwandlung des hier behandelten Suffizienzbegriffes ist die starke Suffizienz, die mittels Markow-Kernen definiert wird. Auf borelschen Räumen stimmen die beiden Begriffe überein. Eine Verstärkung der Suffizienz ist die Minimalsuffizienz: eine σ-Algebra ist minimalsuffizient, wenn sie bis auf -Nullmengen in jeder weiteren suffizienten σ-Algebra enthalten ist. Demnach ist eine minimalsuffiziente σ-Algebra die maximal mögliche Datenreduktion.

Ein ebenfalls verwandter, aber gegenläufiger Begriff ist der einer vollständigen Verteilungsklasse. Dies ist eine Verteilungsklasse , so dass auf alle Funktionen unterschieden werden können.

Gegenteil des Suffizienzbegriffs ist die Verteilungsfreiheit. Sie formalisiert, dass eine σ-Algebra keine Informationen trägt bzw. dass eine Statistik keine Informationen überträgt.

Eine Verbindung von Suffizienz, Vollständigkeit und Verteilungsfreiheit schlagen die drei Sätze von Basu.

Literatur

  • Ludger Rüschendorf: Mathematische Statistik. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-41996-6, doi:10.1007/978-3-642-41997-3.
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