Tarkhan oder Tarchan (alttürkisch Tarqan, modernes türkisch Tarkan, mongolisch: Darkhan; persisch ترخان Tarxan, chinesisch 達干, W.-G. Targan, arabisch طرخان Tarkhaan; alternative Schreibweise Tarcan) ist ein antiker zentralasiatischer Titel, der von verschiedenen indo-europäischen (z. B. iranischen, tocharischen) und turko-mongolischen Völkern Zentralasiens, insbesondere während des Mittelalters in den Nachfolgestaaten des Mongolenreiches verwendet wurde.
Etymologie
Der Ursprung des Wortes ist unbekannt. Historiker sehen es entweder als (ost-)iranischen, türkischen, oder mongolischen Ursprungs an.
R. Frye vermutet, das Wort sei „wahrscheinlich dem Sogdischen fremd“ und vielleicht als Lehnwort aus dem Türkischen anzusehen. Gerhard Doerfer stimmt dem zu, weist aber darauf hin, dass das Wort tarxan den Plural tarxat mit dem mongolischen Pluralsuffix -at bilde, der dem Türkischen fremd sei und nimmt eine letztlich mongolische Herkunft an.
L. Ligeti zieht denselben Schluss und fügt hinzu, dass „tarxan und tegin [Prinz] den völlig untürkischen Plural tarxat und tegit“ bilden und dass das Wort den mittelalterlichen west-türkischen Sprachen wie Bolgarisch unbekannt ist. Als Bedeutung gibt Doerfer „steuerbefreit“ oder „Schmied“ an. Abaev nimmt unter Verweis auf das Magyarische für *tarxan eine skythische Herkunft mit der Bedeutung Richter an und verweist auf ossetisch tærxon („Streit, Prozess“) und tærxon kænyn („Recht sprechen“).
Sicher ist, dass Tarkhan nicht mit dem türkisch-mongolischen Königstitel Khan/Khagan verwandt ist.
Das Wort wurde in andere Sprachen übernommen, z. B. armenisch tʿarxan, georgisch t’arxani und russisch тархан.
Geschichte
Der Titel wurde von zahlreichen iranischen (Sogdier, Hotanesen und Hephthaliten) und türkisch-mongolischen Völkern Zentralasiens und anderen Steppenvölkern benutzt, z. B. als hoher militärischer Rang in der Armee des Timur. Tarkhane befehligten Einheiten und waren in etwa Generale. Sie konnten auch als militärische Statthalter eroberter Provinzen eingesetzt werden.
Die Göktürken übernahmen wahrscheinlich den Titel Darqan (mongolische Schreibweise) von den mongolischsprachigen Rouranern oder Awaren. Die Tarkhane besaßen das Privileg, die Yurte des Khagans ohne Voranmeldung zu betreten und wurden normalerweise bis in die neunte Generation für begangene Straftaten begnadigt.
Wie viele Titel taucht Tarkhan (türkische Schreibweise) auch als Vorname auf, unabhängig vom gesellschaftlichen Rang der Person, was in einigen Fällen die Zuordnung erschwert. Zum Beispiel erwähnen arabische Quellen oft einen "Tarkhan, König der Chasaren". Ob dies eine ungenaue Beschreibung eines hohen Militärs oder der Name des Chasaren-Khagans selbst ist, bleibt unklar. Der Name wird heute noch gelegentlich in türkisch- und arabischsprachigen Ländern benutzt.
Im Mongolenreich war der Darkhan von Besteuerung, Fronarbeit und Heeresfolge ausgenommen. Dschingis Khan machte alle seine Gefolgsleute, die ihm beim Aufstieg geholfen hatten, im Jahr 1206 zu Darkhanen. Die Familien der Darkhane spielten eine entscheidende Rolle bei Nachfolgestreitigkeiten in der Yuan-Dynastie und dem Ilchanat. Abaqa Khan (1234–1282) machte einen Inder zum Darkhan, nachdem dieser seine Mutter und deren Gefolge sicher von Zentralasien nach Persien geleitet hatte. Ein reicher persischer Händler wurde von Ghazan zum Darkhan ernannt. In Russland übertrugen die Khane der Goldenen Horde wichtige Aufgaben den Darkhanen.
Ein Tarkhan begründete die Tarkhan-Dynastie, die Nordindien zwischen 1554 und 1591 beherrschte.
Einzelnachweise
- 1 2 A Study of the Ancient Turkic "TARQAN" (PDF; 136 kB), Han-Woo Choi, Handong University
- ↑ Leland Liu Rogers – The Golden Summary of Cinggis Qayan: Cinggis Qayan-u Altan Tobci, S. 80
- ↑ Paul Ratchnevsky – Genghis Khan: his life and legacy, S. 82
- 1 2 Qarīb, Badr-az-Zamān. 1995. Sogdian dictionary: Sogdian – Persian – English. Tehran: Farhangan Publ.
- 1 2 Abaev, zitiert von Agustí Alemany: Sources on the Alans. A critical compilation. Brill, Leiden [u. a.] 2000, ISBN 90-04-11442-4, S. 328
- ↑ Frye, Richard N., "Tarxun-Turxun and Central Asian History", Harvard Journal of Asiatic Studies, Band 14, Nummer 1/2 S. 105–129
- 1 2 Gerhard Doerfer: Chaladschica extragottingensia. In: Central Asiatic Journal.Band 37 1993, S. 33–78, S. 40
- ↑ L. Ligeti, Researches in Altaic languages, e. A. Kiadó, 1975, University of Michigan, S. 48
- ↑ Gerhard Doerfer: Mongolo-Tungusica. Harrassowitz, Wiesbaden 1985, ISBN 978-3-447-02502-7, S. 99
- ↑ Pelliot – Neuf Notes, S. 250