Öffentliches Gymnasium der Stiftung Theresianische Akademie
Die Neue Favorita von der Favoritenstraße aus gesehen; sie beherbergt heute das Theresianum
Schulform AHS
Gründung 1746
Ort Wien
Bundesland Wien
Staat Österreich
Koordinaten 48° 11′ 35″ N, 16° 22′ 16″ O
Träger Stiftung „Theresianische Akademie“
Schüler 840 (Stand 2023)
Lehrkräfte 124 (Stand 2023)
Leitung Andreas Schatzl
Website www.theresianum.ac.at/de/gymnasium

Die Theresianum genannte staatliche Anlage mit Gebäuden aus mehreren Jahrhunderten in Wien, 4. Bezirk, Favoritenstraße 15, dient als Sitz des Öffentlichen Gymnasiums der Stiftung Theresianische Akademie, wie das Gebäude kurz Theresianum genannt, und der Diplomatischen Akademie Wien. Beide Bildungseinrichtungen berufen sich auf eine mehrere Jahrhunderte umfassende Tradition. Seit 2011 bietet die Stiftung auch Kindergarten und Volksschule.

Geschichte

1288 war auf diesem Areal ein Gutshof nachweisbar. 1614 wurde das Gut mit Feldern, Wiesen und Weingärten vom Kaiserhaus erworben, wurde 1623 erstmals als Favoritenhof bezeichnet und diente als Witwensitz der Kaiserinnen Anna von Österreich-Tirol, Eleonora Gonzaga und Eleonora Magdalena Gonzaga von Mantua-Nevers. Dazu wurde der Gutshof von 1642 an nach Plänen von Giovanni Battista Carlone zum Lustschloss mit Lustgarten namens Favorita umgestaltet.

Den Kaisern Leopold I., Joseph I. und Karl VI. diente die Favorita als bevorzugter Sommersitz. In dieser Zeit wurden Erweiterungsbauten errichtet, die bei der zweiten Türkenbelagerung 1683 entstandenen Verwüstungen behoben und die Felder zum Teil verkauft.

Karls VI. Tochter Maria Theresia, Thronerbin in den österreichischen Erblanden, im Königreich Böhmen und im Königreich Ungarn und seit 1745, als ihr Ehemann Kaiser des Heiligen Römischen Reichs wurde, als Kaiserin tituliert, bevorzugte als Sommersitz Schloss Schönbrunn und ließ es ausbauen. Zu dieser Entscheidung mag beigetragen haben, dass die Favorita, was Lage und Architektur betraf, mit Schloss Belvedere nicht konkurrieren konnte, das der für Habsburg siegreiche Feldherr Eugen von Savoyen, von Karl VI. reich beschenkt, etwa 800 Meter weiter östlich unter Nutzung einer prominenten Hanglage errichtet hatte.

Die barocke Favorita (sie wurde mittlerweile als Neue Favorita bezeichnet; die Alte Favorita hatte sich im Augarten befunden, allerdings wurde diese Unterscheidung nicht konsequent durchgehalten und manchmal auch dieses Gebäude als Alte Favorita bezeichnet) in der Vorstadt Wieden übergab Maria Theresia an die Jesuiten – mit der Auflage, darin eine Erziehungsanstalt, eine Ritterakademie zum Besten des allgemeinen Wesens, besonders aber der adeligen Jugend, einzurichten. Hauptaufgabe sollte die Heranziehung von gebildeten und loyalen Staatsbeamten und Diplomaten sein. Im 18. und 19. Jahrhundert folgten diverse Erweiterungen und Aufstockungen der Gebäude.

1783 löste der Reformer Joseph II. in den österreichischen Erblanden alle Ritterakademien auf, so auch das Theresianum. 1797 genehmigte Kaiser Franz II. als Landesherr die Wiedereröffnung unter der Leitung der Piaristen. Die Fassade wurde im klassizistischen Stil umgebaut. Nach der Revolution 1848 verfügte Kaiser Franz Joseph I. die Zulassung von Söhnen des Bürgertums als Schüler.

Die von Maria Theresia 1754 gegründete Orientalische Akademie befand sich seit dem 19. Jahrhundert im Theresianum. Um 1900 umbenannt, übersiedelte die Konsularakademie 1904 in ihr neu errichtetes eigenes Gebäude (9., Boltzmanngasse 16, seit 1947 Botschaft der Vereinigten Staaten). Sie wurde 1938 vom NS-Regime aufgehoben. Ihre Funktion wurde 1964 von der Diplomatischen Akademie Wien (siehe unten) wieder aufgenommen.

Nach dem „Anschluss Österreichs“ an NS-Deutschland 1938 lösten die Nationalsozialisten die Theresianische Akademie auf und richteten am 13. März 1939, genau ein Jahr nach dem „Anschluss“, in den Gebäuden eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt (Napola) ein. 1944/45 wurde die Anlage durch Fliegerbomben und Granaten schwer beschädigt. 1945 wurden die Gebäude im besetzten Nachkriegsösterreich von der sowjetischen Besatzungsmacht, die in der Vier-Sektoren-Stadt Wien den 4. Bezirk kontrollierte, mit Beschlag belegt. Sie übergab das Theresianum der USIA, der Verwaltung des sowjetischen Eigentums in Österreich.

Nach dem Staatsvertrag 1955 erhielten der österreichische Staat bzw. die Stiftung Theresianum die Liegenschaft am 20. September 1955 zurückerstattet, und im September 1957 konnte der Schulbetrieb der Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht wieder aufgenommen werden. Die Wiederherstellung der im Krieg beschädigten Gebäude wurde vom Staat 1956–1964 vorgenommen. 1964 nahm in einem Teil der Gebäude die vom Außenministerium errichtete Diplomatische Akademie Wien den Betrieb auf, womit die Wiener Bildungsinstitution für diesen Themenbereich nach 60 Jahren wieder ins Theresianum zurückkehrte.

Seit 1989 werden im Gymnasium auch Schülerinnen aufgenommen.

Das Gymnasium in der Gegenwart

Neben der Allgemeinbildung liegt der Schwerpunkt der Schule in der Fremdsprachenausbildung – zu den Pflichtfächern zählen außer Deutsch noch Englisch, Französisch und Latein, zu den Wahlpflichtfächern zählt auch Russisch – und in der Erziehung zur Internationalität. Besonderer Wert wird auf Höflichkeit und gutes Auftreten gelegt. Ein Zusatzangebot gibt es in den Bereichen Sport, Kunst, Kreativität, Informations- und Kommunikationstechnologie und Musik sowie Wirtschaftsprojekte. Die Schule wird als Halb- und Vollinternat geführt.

Das Schulgelände ist 50.000 m² groß und umfasst einen Fußballplatz sowie einen Funcourt, zwei weitere Fußballplätze, ein Schwimmbad, einen Tennisplatz, eine Laufbahn, zwei Beachvolleyballplätze, einen Basketballplatz, eine große, teilbare Turnhalle und eine kleinere, ältere Halle, in beiden stehen Kletterwände sowie andere Sportgegenstände zur Verfügung.

Im Schuljahr 2022/23 besuchten 840 Schülerinnen und Schüler die Theresianische Akademie. Viele kommen aus weiter entfernten Bundesländern oder aus dem Ausland und haben in diesem Fall die Möglichkeit, im Internat zu wohnen.

Die Professorenwahl treffen wie auch an anderen öffentlichen Schulen die Bildungsdirektion für Wien und die Schulleitung. Das Internat sowie einige Aktivitäten werden mit dem Lycée Français de Vienne geteilt.

Erste Rektoren des Theresianums

Die zu Lebzeiten von Maria Theresia eingesetzten Rektoren waren:

  • 1746–1748: Ludwig Debiel SJ (1697–1771)
  • 1749–1754: Ignaz Langetl SJ (1698–1764)
  • 1755–1760: Matthias Pock SJ (1690–1779)
  • 1761–1766: Johann Heinrich von Kerens SJ (1725–1792)
  • 1767–1773: Theodor Cravina von Kronstein SJ (1720–1789)
  • 1774–1784: Gratian Marx SP (1721–1801)

Bekannte Absolventen

Sonstiges

Der 2023 veröffentlichte Schulroman Echtzeitalter spielt im Theresianum, das der Autor Tonio Schachinger darin als Marianum bezeichnet.

Literatur

  • Erich Schlöss, Franz Ögg, Heinz Kröll: Einfahrt Tag und Nacht freihalten ... oder das Theresianum auf der Wieden. Ein Bildbericht. Verlag Schendl, Wien 1983, ISBN 3-85268-081-6.
  • Eugen Guglia: Das Theresianum in Wien. Vergangenheit und Gegenwart. Bearbeitet und ergänzt von Rudolf Taschner. Mit Illustrationen von Heinz Kröll. Böhlau, Wien u. a. 1996, ISBN 3-205-98510-9.
Commons: Neue Favorita – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Seit 2022 kann man wählen zwischen Russisch und einem naturwissenschaftlichen Fächerbündel; Schulprofil 2022/23, abgerufen am 10. April 2023.

Einzelnachweise

  1. 1 2 Schulprofil 2022/23, abgerufen am 10. April 2023; der Vergleich 2013–2023 zeigt: Schüler/Schülerinnen + 1 %, Lehrkräfte +/- 0 %; Schulprofil_2012_13.pdf, Website der Schule, 145 KB (Memento vom 3. August 2014 im Internet Archive)
  2. Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1996, ISBN 3-218-00547-7, S. 443 f.
  3. Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Band 2: De–Gy. Kremayr & Scheriau, Wien 1993, ISBN 3-218-00544-2, S. 261.
  4. Eugen Guglia: Das Theresianum in Wien. Vergangenheit und Gegenwart. Schroll, Wien 1912, S. 187 (archive.org).
  5. Paula Pfoser: „Schüler Gerber“ für die digitale Generation. In: topos.orf.at, ORF. 5. April 2023, abgerufen am 5. April 2023.
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