Der Wahrheitstaler ist ein sogenannter emblematischer Taler des Herzogs Heinrich Julius zu Braunschweig und Lüneburg, Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel (1589–1613). Der Taler wurde 1597 und 1598 mit einem Spruch auf der Vorderseite und der personifizierten nackten Wahrheit auf der Rückseite geprägt. Er diente dem Herzog als Propagandamittel in den Auseinandersetzungen mit einigen adligen Familien seines Landes.
Münzgeschichtliche Zusammenhänge
Der Taler des Herzogs Heinrich Julius ist einer der Sinnbildtaler, der von dem Historiker und Numismatiker Johann David Köhler als dritter emblematischer Taler mit der Jahreszahl 1597 beschrieben ist,
„welchen man den Wahrheits-Thaler nennet, weil selbiger die auf Lügen und Verleumdung stehende Warheit vorstellet mit der Beyschrift VERITAS VINCIT OMNIA CALVMNIA MENDACIVM. d. i. Die Warheit überwindet alles. Die Verleumdung, die Lügen. Die andere Seite enthält den Spruch: RECTE FACIENDO NEMINEM TIMEAS. d. i. Thue Recht/scheue niemand.“
Nach Carl Christoph Schmieder ist der „Wahrheitsthaler, eine Stachelmünze, welche Heinrich Julius […] 1597 und 98 ausgab.“ Die Rückseite zeigt, so Schmieder „die nackte Wahrheit, die man oft für Christum angesehen hat […].“ Sie tritt „die Verleumdung und die Lüge mit Füßen. […]“ Dieser Taler, so Schmieder, „ist der Pendant zum […] Lügenthaler, und hat dieselbe Beziehung“.
Die emblematischen Taler dienten dem Herzog als Propagandamittel in den Auseinandersetzungen mit adligen Familien seines Landes, die ihn vor dem Reichskammergericht anklagten.
Heinrich Julius wurde nach seinem Regierungsantritt bald durch seine Verschwendungssucht und Steuererhöhungen unbeliebt. Er belagerte 1605 die Stadt Braunschweig, konnte sie aber nicht erobern. Auch die 1606 erwirkte Reichsacht gegen die Stadt brachte ihm keinen überzeugenden Erfolg. Am Kaiserhof in Prag wurde er Vertrauter des Kaisers Rudolph II. (1576–1612). Dort führte er ein glänzendes Leben, für das er sein Fürstentum bezahlen ließ.
Heinrich Julius wurde als Dramatiker bekannt. Bei seinem Tod hinterließ er ein ruiniertes und verarmtes Land.
Anmerkung
Weitere emblematische Taler des Herzogs sind Rebellentaler (1595), Lügentaler (1596/97), und Mücken- oder fälschlich Wespentaler (1599), die ebenfalls den Streit mit adeligen Familien seines Fürstentums versinnbildlichen, sowie der Pelikan- oder Patriotentaler (1599), der seinen Einsatz für das Land und die Untertanen versinnbildlichen soll.
Münzbeschreibung
Der Wahrheitstaler ist ein in der Münzstätte Goslar ohne Münzmeisterzeichen geprägter silberner Reichstaler des Herzogs Heinrich Julius aus dem Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel. Der abgebildete Taler wiegt 29,12 Gramm und hat einen Durchmesser von 42 mm.
Vorderseite
Auf der Vorderseite befindet sich im Feld eine vierzeilige Inschrift, darunter die Jahreszahl 1597. An die Umschrift sind die Anfangsbuchstaben P. P. C. des Wahlspruchs von Heinrich Julius angehängt.
- Umschrift: HENRI(cus) • IVLI(us) • DEI GRATIA • POST(ulatus) • EPIS(copus) • HAL(berstadensis) • D(ux) • B(runsvicensis) • E(t) • L(uneburgensis) • P(ro) . P(atria) . C(onsumor) •
- Übersetzung: Heinrich Julius von Gottes Gnaden, postulierter Bischof zu Halberstadt, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg. Sein Wahlspruch lautet übersetzt: Für das Vaterland verzehre ich mich.
- Inschrift: RECTE / FACIENDO / NEMINEM / TIMEAS / 1597
- Übersetzung: Tue Recht und scheue niemand!
Rückseite
Die Rückseite zeigt die personifizierte nackte Wahrheit. Sie steht mit den Füßen auf der symbolisierten Verleumdung und Lüge. Die Inschrift im Feld bestätigt das: VERITAS / VIN – CIT / OM – NIA / CALVMNIA / MENDACIUM (lat. = Die Wahrheit besiegt alle Verleumdung und Lüge). Im Umkreis sind elf Wappenschilde angeordnet.
Siehe auch
- Luftpumpentaler aus der Münzstätte Goslar oder Zellerfeld
- Schmalkaldischer Bundestaler aus der Bundesmünzstätte Goslar
- Lichttaler aus der Münzstätte Goslar
- Bauerngroschen aus der Münzstätte Goslar
Literatur
- Helmut Kahnt: Das große Münzlexikon von A bis Z, Regenstauf 2005
- Friedrich von Schrötter, N. Bauer, K. Regling, A. Suhle, R. Vasmer, J. Wilcke: Wörterbuch der Münzkunde, Berlin 1970 (Nachdruck der Originalausgabe von 1930)
- Johann David Köhler: Im Jahr 1729 wöchentlich herausgegebene Historischer Münz-Belustigung, Band 3, 1731
- Carl Christoph Schmieder: Handwörterbuch der gesammten Münzkunde, Halle und Berlin 1811
Einzelnachweise
- ↑ Friedrich von Schrötter: Wörterbuch der Münzkunde (1970 Nachdruck), S. 551
- ↑ Helmut Kahnt: Das große Münzlexikon … (2005), S. 515
- ↑ Johann David Köhler: Münzbelustigung, Band 3 (1731), S. 348
- ↑ Carl Christoph Schmieder: Handwörterbuch der gesammten Münzkunde (1811), S. 470
- ↑ Albrecht Eckhardt: Heinrich Julius. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 352–354 (Digitalisat).: „glänzendes Leben“
- ↑ Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, 1885–1890
- ↑ Albrecht Eckhardt: Heinrich Julius. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 352–354 (Digitalisat).: „ruiniertes Land“
- ↑ Helmut Kahnt: Das große Münzlexikon … (2005): Die anderen emblematischen Taler.
- ↑ Carl Christoph Schmieder: Handwörterbuch der gesammten Münzkunde (1811), S. 333
- ↑ Johann David Köhler: Münzbelustigung, Band 3 (1731), S. 346
- ↑ Helmut Kahnt: Das große Münzlexikon … (2005), S. 515: Spruch (Vorderseite)
- ↑ Helmut Kahnt: Das große Münzlexikon … (2005), S. 515: Spruch (Rückseite)