Wilhelm Gaida (* 6. November 1902 in Oberhohenelbe (Hořejší Vrchlabí), Österreich-Ungarn; † 27. November 1988) war ein deutscher Partei- (KPTsch/SED) und Staatsfunktionär sudetendeutscher Herkunft. Er war Partisan im Zweiten Weltkrieg und Leiter der Bezirksverwaltung Erfurt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und Mitglied des Kollegiums des MfS.
Leben
Gaida, Sohn eines Drechslers und einer Weberin, besuchte die Volksschule und absolvierte zwischen 1916 und 1918 eine Ausbildung zum Karosseriebauer. Anschließend war er mit Unterbrechungen im Beruf tätig. 1924 trat er der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KPTSch) bei. Von 1930 bis 1932 war er Ortsgruppenleiter der KPTsch (Nachfolger seines 1930 verstorbenen Vaters Wilhelm Gaida) und anschließend von 1932 bis 1938 Politischer Leiter des Bezirks Hohenelbe. 1937 wurde er zu sechs Monaten Haft verurteilt, da er um Spanienkämpfer geworben hatte. Nach der Besetzung des Sudetenlandes floh er 1938 nach Prag und emigrierte 1939 in die Sowjetunion. Nach einer erfolgreichen Heilkur in einem Sanatorium im Kaukasus meldete er sich für das größte Traktorenwerk in Tscheljabinsk und arbeitete dort von Juli 1939 bis Juni 1942. 1943/44 besuchte Gaida eine Parteischule in Moskau.
Im September 1944 sprang Gaida neben Franz Gold, Karl Linke und Josef Schütz in der Slowakei, im Raum Banská Bystrica, ab. Sie sollten im slowakischen Aufstandsgebiet unter der deutschen Minderheit Propagandaarbeit leisten. Nach der Niederwerfung des Slowakischen Nationalaufstandes 1944 war Gaida als Funker in der Partisaneneinheit Vpřed tätig.
1945 wurde Gaida Vorsitzender des Antifa-Komitees des Bezirkes Oberhohenelbe. Im Rahmen eines Antifa-Transportes kam Gaida in die Sowjetische Besatzungszone. Von 1946 bis 1948 war er Mitarbeiter der SED-Landesleitung Thüringen in Weimar. 1947/48 besuchte er einen Halbjahreslehrgang an der Parteihochschule und war dann 1948/49 Sozialdirektor bei BMW Eisenach. 1949 wurde er bei der Länderverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft (ab Februar 1950 Länderverwaltung für Staatssicherheit) Thüringen eingestellt. Er war Leiter der Abteilung VI (Staatsapparat, Parteien) und ab 1951 Stellvertreter Operativ des Leiters. Von 1952 bis 1957 fungierte Gaida als Leiter der Bezirksverwaltung Erfurt des MfS. Gaida war zudem Mitglied der SED-Bezirksleitung Erfurt. 1957 wurde er Leiter der Hauptverwaltung B (Innere Verwaltung) des MfS. Von 1957 bis 1965 war er Mitglied des Kollegiums des MfS. 1965 wurde er im Range eines Obersts entlassen und berentet.
Gaida war verheiratet und Vater von zwei Söhnen. Er lebte zuletzt als Veteran in Ost-Berlin. Gaida wurde in der Gräberanlage für Verfolgte des Naziregimes auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg beigesetzt.
Auszeichnungen
- Dukla-Medaille (ČSSR, 1961)
- Erinnerungsmedaille des slowakischen Nationalaufstandes (ČSSR, 1964)
- Orden „Banner der Arbeit“ (1962)
- Vaterländischer Verdienstorden in Gold (1969)
- Medaille für die Verteidigung des Vaterlandes (ČSSR, 1969)
- Karl-Marx-Orden (1977)
- Orden „Stern der Völkerfreundschaft“ (1987)
Schriften
- (mit Franz Gold und Josef Schütz): Im Partisaneneinsatz in der Slowakei. In: Horst Köpstein: Beiderseits der Grenze. Über den gemeinsamen antifaschistischen Widerstandskampf von Deutschen, Tschechen und Slowaken 1939 bis 1945. Deutscher Militärverlag, Berlin 1965.
- Als Partisan in den Bergen der Slowakei. In: Stefan Doernberg (Hrsg.): Im Bunde mit dem Feind. Deutsche auf alliierter Seite. Dietz, Berlin 1995, ISBN 3-320-01875-2.
Literatur
- Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band I: Politik, Wirtschaft, öffentliches Leben. Saur, München 1980, ISBN 3-598-10087-6, S. 212.
- Jan Foitzik: Kadertransfer. Der organisierte Einsatz sudetendeutscher Kommunisten in der SBZ 1945/46 (PDF; 1,3 MB). In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 31 (1983), S. 308–334 (Kurzbiographie von Gaida, S. 327).
- Rosemarie Preuß: Gaida, Wilhelm. In: Gabriele Baumgartner, Dieter Hebig (Hrsg.): Biographisches Handbuch der SBZ/DDR. 1945–1990. Band 1: Abendroth – Lyr. K. G. Saur, München 1996, ISBN 3-598-11176-2, S. 209.
- Jens Gieseke: Gaida, Wilhelm. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Roger Engelmann, Bernd Florath, Helge Heidemeyer, Daniela Münkel, Arno Polzin, Walter Süß: Das MfS-Lexikon. 3. aktualisierte Auflage, Ch. Links Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-86153-900-1, S. 101, bstu.de.
Weblinks
- MfS-Lexikon: Wilhelm Gaida
- Grabstätte Gaida bei BillionGraves (abgerufen am 26. November 2017).
Einzelnachweise
- ↑ Gaida – Vater und Sohn. In: Prager Volkszeitung vom 28. Januar 1977.
- ↑ Danksagung im Neuen Deutschland vom 1. Februar 1989.
- ↑ ZK der SED gratuliert Genossen Wilhelm Gaida. In: Neues Deutschland, 6. November 1987, S. 2.