Als Wind (althochdeutsch wint; wie gleichbedeutend lateinisch ventus zu indogermanisch ue ‚wehen, blasen‘) wird in der Meteorologie eine gerichtete, stärkere Luftbewegung in der Erdatmosphäre bezeichnet. Die Astronomie kennt darüber hinaus Winde, die auf Planeten und Monden mit einer hinreichend dichten Atmosphäre wehen.
Fahrtwind und der sich aus ihm ergebende scheinbare Wind sind keine Winde, werden aber als solche empfunden. Luftbewegungen innerhalb von geschlossenen Räumen oder Anlagen (z. B. Kamin) werden als Luftzug bezeichnet.
Phänomene wie der Sonnenwind oder der elektrische Wind haben nichts mit dem Wind im meteorologischen Sinne zu tun.
Entstehung
Hauptursache für Wind sind räumliche Unterschiede der Luftdruckverteilung. Dabei bewegen sich Luftteilchen aus dem Gebiet mit einem höheren Luftdruck – dem Hochdruckgebiet – solange in das Gebiet mit dem niedrigeren Luftdruck – dem Tiefdruckgebiet –, bis der Luftdruck ausgeglichen ist. Bei Wind handelt es sich daher um einen Massenstrom, der nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik eine Gleichverteilung der Teilchen im Raum und damit eine maximale Entropie anstrebt. Die zugehörige Kraft bezeichnet man als Druckgradientkraft.
Je größer der Unterschied zwischen den Luftdrücken ist, umso heftiger strömen die Luftmassen in das Gebiet mit dem niedrigeren Luftdruck und umso stärker ist der aus der Luftbewegung resultierende Wind.
Windrichtung
Die Windrichtung wird meist in Form einer Himmelsrichtung angegeben, aus der der Wind kommt. Man misst sie mit Wetterfahnen (Windsäcken). Nord- und Südwinde werden auch als meridionale Winde bezeichnet, Ost- und Westwinde als zonale Winde. Jede Windrichtung lässt sich in eine meridionale und eine zonale Komponente zerlegen.
Die Windrichtung wird durch die Lage von Tiefdruckgebiet und Hochdruckgebiet bestimmt. Dabei wird sie aber durch die Corioliskraft abgelenkt: auf der Nordhalbkugel in Bewegungsrichtung nach rechts, auf der Südhalbkugel nach links (Barisches Windgesetz). Tatsächlich ist diese Ablenkung durch die Corioliskraft in ungestörten Verhältnissen, d. h. in größerer Höhe oberhalb der Reibungsschicht so massiv, dass der Wind exakt parallel, d. h. entlang der Isobaren verläuft und nicht senkrecht zu den Isobaren in Richtung zum Tief, wie man es aufgrund der eigentlich ursächlichen Druckgradientkraft vermuten würde. Dieser Effekt ist ursächlich für die relativ hohe Stabilität von Tiefdruckgebieten, die sich ansonsten in einer freien Atmosphäre sofort auflösen würden.
Unterhalb der freien Atmosphäre wird der Wind zusätzlich durch Reibung beeinflusst und kann auch durch morphologische Strukturen wie Berge, Täler und Canyons stark variieren (Beispiel: Föhn bzw. Fallwind, Aufwind, Talwind, Bergwind). Diese Reibungskraft ändert das Kräfteparallelogramm, so dass die effektive Windrichtung nicht mehr streng isobaren-parallel, sondern mit einer Komponente in Richtung des Tiefs, die dann langsam dazu führt, dass sich die Verhältnisse ausgleichen.
Aus diesem Grund sind Wirbelstürme insbesondere über dem Meer (bei geringer Bodenreibung) erstaunlich langlebig, während sie nach dem Auftreffen auf Land (dem sogenannten Landfall) durch die Reibung eine Windkomponente Richtung Zentrum entwickeln, die zur baldigen Auflösung führt.
Bei schnell rotierenden Systemen wie Wirbelstürmen spielt zusätzlich die Zentrifugalkraft eine entscheidende Rolle.
Windstärke und Windgeschwindigkeit
Die Geschwindigkeit des Windes wird in Meter pro Sekunde (m/s), in Kilometer pro Stunde (km/h) oder in der Seefahrt sowie in der Luftfahrt in Knoten (1 kt = 1,852 km/h) mit einem Anemometer gemessen. Die höchsten je gemessenen Windgeschwindigkeiten von 500–650 km/h traten bisher nur in großen Höhen bei den sogenannten Jetstreams auf.
Die Stärke eines Windes wird – nach der sehr verbreiteten Beaufortskala – in der Einheit Beaufort (Bft) ausgedrückt.
- Winde zwischen 2 und 5 Bft werden als Brise bezeichnet.
- Winde mit Windstärken zwischen 6 und 8 Bft bezeichnet man als Wind mit den Abstufungen starker, steifer und stürmischer Wind.
- Bei Windstärken ab 9 Bft spricht man von einem Sturm.
- Winde mit der Windstärke 12 bezeichnet man als Orkan.
Eine heftige Luftbewegung von kurzer Dauer bezeichnet man als Bö.
Die Kraft des Windes
Die Kraft (Winddruck), die der Wind auf Gegenstände (wie z. B. auf eine Talbrücke) ausübt, nimmt quadratisch mit der Windgeschwindigkeit zu: doppelte Windgeschwindigkeit bedeutet vierfache Kraft. Die auf Bauwerke und Bauteile einwirkende Kraft des Windes wird als Windlast bezeichnet. Der Wind kann auch eine Sogwirkung ausüben, siehe Windsog.
Die kinetische Energie des Windes wird als erneuerbare Energie genutzt, siehe Windenergie.
Arten von Winden
Einteilung nach den antreibenden Kräfteverhältnissen
- Direkter Druckgradientwind
- Keine Coriolis-, Zentrifugal- oder Reibungskraft
- Äquatornah (geringe Corioliskraft)
Geostrophische Winde bzw. quasigeostrophische Winde:
- Gleichgewicht zwischen Druckgradient- und Corioliskraft
- Isobarenparallel (ohne Krümmungen)
- Oberhalb der Bodenreibungsschicht (freie Atmosphäre)
- Hängt nur vom horizontalen Druckgradienten ab
- ageostrophische Windkomponente (isallobarischer Wind):
- Reale Ausgleichskomponente zum idealisierten geostrophischen Wind
- Basierend auf Fluktuationen, die zum Masseausgleich führen
- Gleichgewicht zwischen Druckgradient-, Zentrifugal- und Corioliskraft
- Isobarenparallel (mit Krümmungen)
- Oberhalb der Bodenreibungsschicht (freie Atmosphäre)
- Hängt nur vom horizontalen Druckgradienten ab
- Gleichgewicht zwischen Druckgradient- und Zentrifugalkraft
- Meist äquatornah (geringe Corioliskraft) oder hohe Windgeschwindigkeit
- Auftreten nur bei Zyklonen
- Sofortige Instabilität des zyklostrophischen Gleichgewichts bei Antizyklonen
Einteilung nach der Größenordnung der Luftbewegungen
Auch eine Unterscheidung nach der räumlichen und zeitlichen Größenordnung der Winde ist üblich. Es werden dabei im Wesentlichen drei Gruppen unterschieden:
- synoptische Winde – umfassen alle obigen Winde bis auf geostrophische Windkomponenten; großräumige, in der Regel über längere Zeiträume anhaltende Winde
- Gerade noch vorhersagbare lokale Winde
- Stark lokale, unvorhersehbare Winde: Ausdehnung auf wenige tausend Meter beschränkt, Dauer nur Sekunden bis Minuten
Regionale Winde und Windsysteme
Siehe dazu Liste der Winde und Windsysteme (z. B. Bora, Monsun, Passat)
Winde auf anderen Planeten
Zu den Windverhältnissen auf den anderen Planeten des Sonnensystems siehe:
Siehe auch
- Planetarische Zirkulation, Wind- und Luftdruckgürtel
- Seewind
- Stadt-Umland-Windsystem
- Katabatischer Wind (kalte ablandige Fallwinde)
- Windchill (physiologischer Effekt des Windes)
Zur Strömungsmechanik:
- Korkenzieherströmung (Strömungsmechanik an der Luft-Wasser-Grenze)
- Kármánsche Wirbelstraße (zur Wirbelbildung)
Weblinks
- Literatur von und über Wind im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Philipp Wetzel: Lernmodul „Druckgradient – Gradientkraft – Gradientbeschleunigung“, Luftmassenbewegungen. In: WEBGEO basics / Klimatologie. Institut für Physische Geographie (IPG) der Universität Freiburg, abgerufen am 14. Dezember 2010 (Flash)
- Heinz Schamp (1984): Wind und Wetter. Geowissenschaften in unserer Zeit; 2, 1; 23-28; doi:10.2312/geowissenschaften.1984.2.23
- Globale Windkarte auf earth.nullschool.net
- Interaktive Windkarte mit Städtenamen zur Orientierung
Einzelnachweise
- ↑ Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage. Berlin/New York 1967, S. 860 (Wind) und 843 (wehen)