Zwei Affen |
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Pieter Bruegel der Ältere |
Öl auf Eichenholz |
20 × 23 cm |
Gemäldegalerie Berlin |
Zwei Affen, auch Zwei angekettete Affen, ist ein Gemälde des flämischen Malers Pieter Bruegel der Ältere. Das 20 cm × 23 cm große, in Öl auf Eichenholz gemalte Bild stammt aus dem Jahr 1562 und zeigt zwei Affen in einem Mauerbogen. Im Hintergrund ist eine Landschaft mit einer Stadt an einem Fluss zu erkennen. Das Bildmotiv bietet Kunsthistorikern unterschiedlichste Interpretationsmöglichkeiten, die von einer allegorischen Deutung über Hinweise auf die politischen Verhältnisse bis zur Darstellung der persönlichen Lebensumstände des Malers reichen. Das Gemälde befindet sich in der Sammlung der Gemäldegalerie in Berlin.
Bildbeschreibung
Bildparallel ist eine mächtige graubraune Mauer wiedergegeben, in der sich eine gestauchte rundbogige Öffnung befindet, die an eine Schießscharte erinnert. In dieser Maueröffnung sitzen zwei Halsbandmangaben (Cercocebus torquatus), Affen aus der Familie der Meerkatzenverwandten. Sie sind jeweils an einem Metallring in der Mitte der Bodenplatte angekettet. Während der linke Affe nach vorn zum Bildbetrachter schaut, blickt der seitlich dargestellte rechte Affe in seiner gekrümmten Haltung zur Mitte auf den Boden. Vor seinem Körper und vor ihm zum unteren Bildrand hin sind Bruchstücke einer Walnussschale zerstreut. Die Affen kennzeichnet ein auffälliges Fell in rötlichen Farben, von denen sich weiße Partien im Bereich des Gesichtes und des Nackens abheben. Charakteristisch sind zudem die langen Schwänze der beiden Tiere, die der Maler im Bildvordergrund platziert hat.
Durch die Maueröffnung ist im Hintergrund eine Landschaft mit einer Stadt an einem Fluss zu sehen. Auf dem Fluss sind verschiedene Segelschiffstypen zu erkennen, die teils auch für den Überseehandel genutzt wurden. In der rechts vom Fluss liegenden Stadtsilhouette zeigt Bruegel verschiedene Kirchtürme und eine Windmühle. Aufgrund von Bruegels biografischem Bezug und Übereinstimmungen mit den noch existierenden Kirchtürmen gehen Kunsthistoriker davon aus, dass der Fluss im Bild die Schelde darstellt und die Stadt Antwerpen mit der Liebfrauenkathedrale ist, deren Nordturm bis heute die Stadt überragt. Danach wäre die Maueröffnung eine Schießscharte in der ehemaligen Zitadelle von Antwerpen, die sich südlich der Stadt befand. Während die Affen und das Innere des Mauerbogens in vergleichsweise dunklen Farben gemalt sind, zeigt der Maler die Stadt in sehr hellen, fast blassen Farben mit einem großen freien Himmel. Dort fliegen zwei Vögel über der Stadt, deren Freiheit einen Kontrast zu den gefangenen Affen darstellt. Unterhalb des linken Affen hat der Maler im Mauerwerk die Signatur BRVEGEL angebracht und das Bild mit MDLXII (1562) datiert.
Bildinterpretationen
Das Gemälde Zwei Affen lässt sich in sehr unterschiedlicher Weise interpretieren. Nachdem bereits im Mittelalter der Affe in Darstellungen als Narr erschien, bieten sich Bruegels Affen als allegorisches Symbol für niedere menschliche Sinne und Triebe an. Die aufgebrochenen Nussschalen deuten auf die Gefräßigkeit und Dummheit der Tiere. Möglicherweise durch diese Nahrung angelockt, gerieten sie in Gefangenschaft. Demnach hätten die Affen ihre Situation selbst verursacht und ihre Freiheit gegen den Genuss der Früchte getauscht. Auf den Menschen übertragen stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, für einen Gewinn von zweifelhaftem Wert, hier die Nussschalen, die Freiheit aufzugeben.
Das Thema Freiheit und Gefangenschaft hat zudem eine politische Bedeutung. So werden die beiden Affen als in Ketten liegende Bürger Antwerpens gedeutet, die von den Spaniern unter König Philipp II. ihrer Freiheiten beraubt wurden. Die langen Schwänze der Affen können dabei zudem als Verweis auf die lang andauernden Streitigkeiten mit den Spaniern gelesen werden. Zudem gibt es eine sprachliche Nähe zwischen dem Wort seigneurie „Herrschaft“ und dem brabantischen Begriff singerie „Affenfaxen, Grimassen“ – ein Sinnbild für ein politisches Affentheater. Für den Autor Jozef Muls stellt Zwei Affen die Unterdrückung der Niederlande dar.
Eine weitere Deutung nimmt Bezug auf die persönlichen Umstände Bruegels. 1563, ein Jahr nach Fertigstellung von Zwei Affen, heiratete Bruegel und zog nach Brüssel. Die im Hintergrund gemalte Stadt kann als Abschiedsbild an Antwerpen verstanden werden und die an einen Ring geketteten Affen können eine Anspielung auf die feste Bindung der Ehe sein.
Vorbilder und Rezeptionen
Vorbilder für Bruegels Zwei Affen könnten neben der Komposition Vier Affen des Kupferstechers Israhel van Meckenem der Jüngere ein von Albrecht Dürer um 1498 geschaffener Stich mit dem Titel Die Madonna mit der Meerkatze sein, bei der der Affe ebenfalls mit einer Kette an einem Ring befestigt ist. Zu den frühesten Künstlern, die das Affenmotiv Pieter Bruegels aufnahmen, gehört sein Sohn Jan Brueghel der Ältere. In seinem im Kunsthistorischen Museum in Wien befindlichen Bild Tierstudie zeigt er neben Eseln und Katzen zahlreiche Abbildungen von Affen, die denen seines Vaters im Gemälde Zwei Affen gleichen. Unter den zeitgenössischen Künstlern bezieht sich der Kanadier Attila Richard Lukacs in seinem Werk wiederholt auf Bruegels Bild. In seinen Gruppenporträts sind die Affen wie beim flämischen Vorbild als Selbstbildnis des Künstlers zu lesen. Für den Schweizer Autor Silvio Blatter diente Bruegels Gemälde als Inspiration zu seinem Roman Zwei Affen. Die beiden Protagonisten des Buches lernen sich vor dem Gemälde in der Berliner Gemäldegalerie kennen und es entwickelt sich eine Liebesgeschichte. Während sie das Gemälde kopiert, erzählt er ihr von seiner Zeit in einem Thüringer Salzbergwerk, wo sich das Gemälde im Krieg befand. Die polnische Literaturnobelpreisträgerin Wisława Szymborska zieht in ihrem Gedicht Die zwei Affen von Breughel Parallelen zwischen dem Bildsujet und dem Erlebnissen ihrer Generation. So schreibt sie: „Ich werde in Menschheitsgeschichte geprüft./Ich stottere und ich stocke.“ und gibt dem einen Affen die Rolle des ironisch Zuhörenden, während der sich schlafend stellende andere Affe „mit leisem Klirren der Kette“ ergänzt.
Provenienz
Das Gemälde Zwei Affen fand erstmals 1668 im Inventar des Sammlers Peter Stevens aus Antwerpen Erwähnung. Im Januar 1931 erwarb es der damalige Direktor Max Jakob Friedländer für die Berliner Gemäldegalerie im Pariser Kunsthandel für 25.000 Reichsmark. Das nach dem Erwerb im Kaiser-Friedrich-Museum gezeigte Bild gelangte nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst nach Westdeutschland und gehörte seit den 1950er Jahren zur Sammlung der in Berlin (West) gezeigten Bestände in Dahlem, bevor es 1998 in den Neubau der Gemäldegalerie im Kulturforum umzog.
Literatur
- Silvio Blatter: Zwei Affen. DuMont, Köln 2008, ISBN 3-8321-8050-8.
- Jürgen Müller: Das Paradox als Bildform. Studien zur Ikonologie Pieter Bruegels d. Ä., München 1999, S. 142–155.
- Robin Mayor: Attila Richard Lukacs : recent work 1990. Illingworth Kerr Gallery, Calgary 1990, ISBN 1-895086-18-3.
- Gemäldegalerie, Staatliche Museen Preussischer Kulturbesitz (Hrsg.): Katalog der ausgestellten Gemälde des 13. – 18. Jahrhunderts. Gebr. Mann Verlag, Berlin 1975, ISBN 3-7861-6196-8.
- Jozef Muls: Bruegel. Standaard-Boekhandel, Antwerpen 1945.
- Wolfgang Stechow: Pieter Bruegel, the elder. Abrams, New York 1969.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Die Bezeichnung Zwei angekettete Affen findet sich im Katalog der Gemäldegalerie Berlin. Siehe Gemäldegalerie (Hrsg.): Katalog, S. 86
- ↑ Gemäldegalerie (Hrsg.): Katalog, S. 86
- ↑ Harald Hartung: Zum Tod Wisława Szymborskas, In Menschheitsgeschichte geprüft, erschienen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 1. Februar 2012