Missionsreisen des Paulus
Als Missionsreisen des Paulus werden die in der Bibel in der Apostelgeschichte beschriebenen, ausgedehnten Reisen des Paulus von Tarsus bezeichnet. Diese Reisen fanden in den Jahren 47 n. Chr. bis 56 n. Chr. statt und führten hauptsächlich durch Gebiete, die heute in der Türkei und in Griechenland liegen.
Gemäß Apg 9,15 wurde Paulus von Jesus Christus auserwählt, seinen Namen in den Nationen der Nichtjuden bekanntzumachen. Die Ausführungen von Paulus in seinen späteren Briefen (beispielsweise Gal 1,15,16 oder 1 Tim 2,7 ) zeigen, dass er sich mit dieser Aufgabe identifizierte und mit den Missionsreisen in die Tat umsetzte.
Paulus missionarisches Wirken war fortwährend von Mitarbeitern begleitet, ohne die Unterstützung anderer Menschen hätte sein Handeln nicht den dauerhaften Erfolg erbringen können. Paulus war zeitlebens in die verschiedensten sozialen Netzwerke eingebunden. Etwa fünfzig Menschen, die namentlich in den paulinischen Briefen und der lukanischen Apostelgeschichte erwähnt sind, können als direkte Mitarbeiter bezeichnet werden. Zu nennen sind unter anderem folgende Frauen und Männer: Barnabas, Junia, Phoibe, Lydia, Silas und Timotheus. Unter den selbständig von Paulus agierenden Mitarbeitern können Priszilla und Aquila genannt werden.
Der Zeitraum von 30 n. Chr. bis 130 n. Chr., die Römische Kaiserzeit, war innerhalb des Römischen Reiches eine Epoche des relativen äußeren und inneren Friedens sowie der stabilen wirtschaftlichen Verhältnisse (Pax Romana). Paulus und seine Mitarbeiter profitierten beim Reisen von der gut ausgebauten Infrastruktur im Imperium Romanum, seinem Straßennetz von ca. 300.000 Kilometern, davon ca. 80.000 Kilometer gut ausgebaute Römerstraßen; bei der Lehrtätigkeit war die geringe Zahl und weite Verbreitung der Verkehrssprachen wie Latein und Griechisch (Koine) von Vorteil.
Ein weiterer wichtiger Faktor für die Ausbreitung des christlichen Glaubens war die Existenz der jüdischen Diasporagemeinden. Aber auch die religiöse Vielfalt und Toleranz im römischen Reich in dieser Epoche wirkte sich begünstigend auf die Verbreitung christlicher Inhalte aus.
Hock (1980) rekonstruierte aus den Daten der paulinischen Reisenotizen der Apostelgeschichte, dass Paulus in der Zeit seines missionarischen Wirkens fast 16.000 Kilometer auf Straßen, Wege etc. zurückgelegt haben muss, auf denen er römischen Regierungsbeamten, Händlern, Pilgern, Kranken, Boten, entlaufenen Sklaven, Flüchtlingen, Gefangenen, Athleten, Handwerkern, Studenten u. a. m. begegnete.