Japanische Schrift

Die japanische Schrift ist eines der letzten Mysterien des 21. Jahrhunderts. Während die Zeichen für Japaner, und in geringem Maße auch für Chinesen und Koreaner, Sinn ergeben können, denken Europäer und US-Amerikaner bei der Sichtung viel eher an Wingdings, Spam und Virenmeldungen und verknüpfen die Zeichen daher mit einer kostspieligen Anschaffung eines neuen Gerätes.

Überblick

Japanisch sieht wie Chinesisch aus, und klingt auch so, aber es sind Frühstücksflakes ist nun mal nicht Chinesisch. Auch, wenn die Japaner den Blödsinn mit den chinesischen Schriftzeichen kopiert haben, haben sie dennoch eine eigene Sprache - und da reicht Chinesisch leider nicht. Stattdessen hatte man drei verschiedene Schriftsysteme, bis die bescheuerten Wessis kamen und nochmal ihr eigenes Alphabet mitbrachten, denn die drei eigenen Systeme sind schließlich nicht genug.

Drei verschiedene Schriftsysteme

Kanji

Wenn China mal eine geniale und vor allem originelle Idee hatte, dann war es die der Schriftzeichen. Das vermutlich einzige Produkt, dass sie selbst erfunden und hergestellt haben, ohne es aus anderen Kulturen zu kennen. Die chinesische Mauer? Mauern gab es schon vorher. Der Transrapid? Bevor die Chinesen den bauten, baute Deutschland schon Unfälle damit. Und der Kommunismus wurde von Russen importiert und kopiert. Sehr traurig.
So kam es, dass die Japaner, die zu Beginn des fünften Jahrhunderts noch keine eigene Schrift hatten, Kontakt mit dem Festland aufnahmen und sich erst einmal geile Sachen auf ihre Inseln holten, wo Zeugs draufstand, das sie nicht lesen konnten. Es ist dabei durchaus möglich, dass Japaner dann plötzlich eine Vase, beschriftet mit "Dieses Haus stinkt", in ihr Wohnzimmer stellten. Selbst heute benehmen sich Leute noch wie Japaner aus dem fünften Jahrhundert und lassen sich Tattoos mit irgendwelchen Schriftzeichen stechen, ohne die Bedeutung zu kennen. Und dann steht buchstäblich Scheiße auf ihren Rücken.
Die Japaner kopierten also die chinesischen Schriftzeichen und versuchten, sie ihrer Sprache anzupassen. Da Chinesisch und Japanisch jetzt aber ungefähr so viel miteinander zu tun haben, wie Katzen mit Fallschirmspringen (kann man machen, sieht vielleicht lustig aus, aber auch nur im betrunkenen Zustand), haben sich die Japaner etwas Schlaues überlegt: Die On- und die Kun-Lesung.

On-Lesung

Die On-Lesung ("on-yomi") ist nicht das Gegenteil der Off-Lesung. Die Japaner haben die chinesischen Schriftzeichen jetzt nicht übernommen, weil die sehr imposant aussehen, sondern weil sie keine andere Schrift kannten und irgendwie auch keine Lust hatten sich eine eigene auszudenken. Da die japanische Sprache allerdings nicht die chinesische Sprache ist, standen sie vor einem Problem: Sollen die Japaner die Schriftzeichen dem Sinn nach übernehmen und das Wort japanisch aussprechen, dafür aber das Schriftzeichen behalten? Oder sollten die Japaner versuchen, Chinesisch zu sprechen und dabei gucken "Hmh, was für ein Wort klingt auf Japanisch so ähnlich?".
Da beim Schnick-Schnack-Schnuck aufgrund der damaligen technologischen Entwicklung alle nur Stein nahmen, konnte man sich nicht einigen und man hat einfach beides genommen, damit nicht irgendwer beleidigt ist und Seppuku begeht. Die On-Lesung ist dabei der Versuch, ein japanisches Gegenstück zur chinesischen Aussprache zu finden. Dass das kompliziert ist, kann man sich leicht denken: Ein Sylter käme jetzt nicht unbedingt auf den Gedanken, herumzupuzzlen, welches Wort im heftigsten bayrischen Dialekt irgendwie plattdeutsch klingen könnte, nur um dann zu versuchen, plattdeutsch auf bayrisch zu schreiben. Zudem sind damit längst nicht alle Wörter des Japanischen abgedeckt. Aber zum Glück gibt es noch die...

Kun-Lesung

Ein Japanisch sprechender Goethe ist vermutlich der Endgegner in Japanischklausuren.

Die Kun-Lesung ("kun-yomi") ist die vermutlich naheliegendere Variante: Die Japaner haben geguckt "Was bedeutet dieses chinesische Schriftzeichen?" - "Das ist ein Baum." - "Alles klar, dann benutzen wir dieses Schriftzeichen auch für Baum." Ganz simpel.
Ein Problem wird es nur, wenn man versucht, einen Text zu lesen. Wie liest man nun ein Zeichen? In On-yomi oder in Kun-yomi? Wer in der Grundschule richtig aufgepasst hat, darf hier seine Interpretationsskills benutzen und versuchen, herauszufinden, wann was am besten passt. Anders geht es nicht. Wer sich schon in der ersten Klassenstufe verskillte, hat verloren. Und wer das schon schwer findet, den freut es sicherlich zu hören, dass es verdammt viele On-yomi geben kann. Verdammt. Viele. Und da muss man dann nochmal gucken, welche On-Lesung nun am besten passt. Das ist mitunter auch ein Grund, warum Kinder in Japan keine Zeitung lesen: Sie verstehen es einfach nicht oder haben noch nie Gedichte interpretieren müssen. Und deutsche Schüler denken, Goethe sei schwer.

Die Japaner konnten sich mit diesem Schriftzeichensystem adäquat ausdrücken. Doch aufmerksamen Lesern dieses Artikels wird es nicht entgangen sein, wie oft betont wurde, dass Chinesisch und Japanisch nicht dasselbe sind (das hier ist der vierte Hinweis). Und so gibt es in der japanischen Grammatik Laute, die mit den Kanji gar nicht darstellbar sind, obgleich mehrere zehntausend Kanji existieren. Und Buchstabensuppe konnte man damit auch nicht machen. Was also tun? Man klaut einfach wieder, und dieses Mal aus Indien.

Hiragana

Weil Kanji mit zigtausend verschiedenen Schriftzeichen nicht kompliziert genug sind, erfand ein Mönch unter Einfluss der indischen Schrift im neunten Jahrhundert die Man’yōgana. Nach genügend Training erreichten sie irgendwann Level 36 und entwickelten sich weiter zu Hiragana. Der Feminismus des frühen neunten Jahrhunderts drang noch nicht so recht zu Japan durch und so galten Frauen, die Kanji lesen konnten, als unangemessen. Deshalb schrieben sie in Hiragana, ihrer eigenen Schrift mit Blackjack und Nutten. Die Hiragana sind im Grunde ganz simpel: Jede Silbe im Japanischen ist ein Hiragana-Schriftzeichen. Man muss sie nur lernen und dann kann man Japanisch schreiben. Aber wer will das schon, wenn er nicht unbedingt wissen will, was in den Hentais steht?

Heutzutage werden die Hiragana schon in der Vorschule beigebracht, bevor die Hosenscheißer auf die Kanji losgelassen werden.

Katakana

アドルフ・ヒトラー. Funfacts: "Hito" heißt Bandit und "Ra" ist wahlweise der ägyptische Sonnengott oder eine Karte bei Yu-Gi-Oh. Das ist völlig sinnloses Wissen, aber es sind ja auch Funfacts und nicht Wissenswerte Facts, die man im Alltag total gut gebrauchen kann.

But wait, there's more! Weil Mönche zu faul waren, Kanji oder Hiragana vernünftig zu schreiben, entwickelten sie die Katakana. Die sehen teilweise aus wie Hiragana, nachdem man mit einem Schleifstein rübergefahren ist. Katakana werden heute verwendet, um ausländisches Gedöns zu beschreiben und da das alles eine Silbenschrift ist, wo ein Vokal (fast) immer auf einen Konsonanten folgt, ist es verdammt schwer, ausländisches Gedöns in Katakana zu schreiben - erst recht, wenn das Japanische kein L kennt. Deshalb heißt Angela Merkel in Japan auch nicht Angela Merkel, sondern Angeru Merukeru und für die Zweiter-Weltkrieg-Fanatiker: Adorufu Hitoraa und Beniito Mussoriini klingen doch gleich viel weniger bedrohlich. Könnten glatt Manga-Figuren sein.

Westliche Übermacht

Die westliche Hemisphäre hielt sich schon immer für die bessere. Kein Wunder also, dass sie den Japanern irgendwann auch das lateinische Schriftsystem aufdrücken wollten. Das könnte eigentlich ganz gut klappen, aber man will es doch lieber nicht. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Außerdem würden Japaner den Vorteil auf Twitter verlieren, durch die Schriftzeichen mehr Inhalt in 140 Zeichen unterzubringen. Zudem müssten alle Bücher nach und nach umgeschrieben werden, auch die alten vor der Erfindung des Buchdrucks. Und die Arbeit will sich niemand wirklich antun, der nicht mindestens ein Managergehalt von VW kassiert, egal, wie viel Scheiße er baut.
Eher im Gegenteil wird versucht, die Romaji, wie die Schrift auf Japanisch heißt, in Katakana umzuschreiben, mit...bescheidenen Ergebnissen.

Japanische Schriftzeichen lesen

Jetzt, wo die drei oder vier verschiedenen Schriftsysteme des Japanischen bekannt sind, kann man versuchen, sie auch zu lesen. Doch wie rum? Hierbei sind verschiedene Möglichkeiten zu beachten, die miteinander kombiniert werden können.
Während in europäischen Sprachen von links nach rechts gelesen wird, wird in Japan von oben nach unten gelesen. Klingt komisch, ist aber so. Zusätzlich wird noch von rechts nach links gelesen. Will heißen: Von oben rechts nach unten links. Wer ältere Texte lesen möchte, darf auch nur ausschließlich von rechts nach links lesen, in Werbung oder Zeitungen darf auch von links nach rechts gelesen werden. Verwirrend? Wenigstens kann man von unten nach oben ausschließen. Wie schon bei den Kanji muss man vorher einfach nur interpretieren, was mehr Sinn ergibt. Wenn am Anfang eines Krimis der Mörder gefasst wird, ist der gewählte Anfang sehr wahrscheinlich der falsche und man sollte eine andere Möglichkeit suchen. Wenn am anderen Ende des Buches der Mörder stirbt, ist das eine sehr bizarre Geschichte und sollte vermutlich eher weggelegt werden.

Auch, wenn das hier eine Satireseite ist, kommen wir nicht umhin, dich zu warnen, dass du hier etwas lernen könntest. Aber keine Sorge, das tut nicht weh.
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