Armenier in Deutschland sind ethnische Armenier, die in der Bundesrepublik Deutschland leben. Insgesamt leben Schätzungen zufolge 50.000 bis 80.000 Armenier in Deutschland, vor allem in Nordrhein-Westfalen zwischen den Städten Köln und Düsseldorf, in Hessen (hauptsächlich in Frankfurt am Main) und Hamburg. Eine starke armenische Gemeinde gibt es in Berlin (etwa 2.000 Personen) und München. Die größte armenische Gemeinde Deutschlands befindet sich mit über 5.000 Mitgliedern in Köln. Darüber hinaus könnte es in Deutschland Schätzungen zufolge bis zu 300.000 Kryptoarmenier geben. Die Armenier beherrschen neben ihrer Muttersprache Armenisch die deutsche Sprache zumeist sehr gut.

Einwanderung

Wie der größte Teil der Armenier in der Diaspora wanderten die meisten Armenier nach dem Völkermord an den Armeniern 1915/16 nach Deutschland ein. Andere kamen später, als sie vor Konflikten in Iran (Islamische Revolution), Aserbaidschan (Bergkarabachkonflikt) und dem Libanon (Libanesischer Bürgerkrieg) flohen. Einen zusätzlichen Migrationsschub bereitete die nationalistische Verfolgung von Armeniern in der Türkei. Nach dem Zweiten Weltkrieg flüchteten viele sowjetische Armenier, speziell ehemalige Kriegsgefangene, in die amerikanische Besatzungszone Deutschlands. Während einige nur zeitweise dort verblieben, siedelten sich andere an und bildeten eine Basis für spätere Asylsuchende, etwa aus der Türkei.

Geschichte

Schon im Mittelalter war die armenische Bevölkerung in den verschiedenen deutschen Territorien und Fürstentümern nur sehr klein. Im benachbarten Polen-Litauen gab es dagegen größere armenische Gemeinden in wichtigen Handelsstädten, namentlich auch in den im Norden gelegenen Städten Danzig und Thorn. Im Zuge mehrerer Teilungen Polens am Ende des 18. Jahrhunderts gelangten Gebiete mit armenischer Minderheit auch unter preußische Kontrolle. Im Zuge der napoleonischen Eroberungen schrumpfte das preußische Staatsgebiet wieder, konnte sich jedoch nach dem Wiener Kongress 1815 erneut auch auf Kosten Polens ausdehnen. In der Historisch-statistischen Übersicht sämmtlicher Provinzen und Bestandtheile der Preussischen Monarchie von 1820 beispielsweise wird in der Folge berichtet, dass "in den östlichen Provinzen" Preußens auch Armenier leben würden, allerdings "in zerstreuten Wohnsitzen [...] ohne eigene Gemeinden zu bilden".

Einzelne namhafte Deutsche bereits des 19. und 20. Jahrhunderts besaßen (zum Teil) eine armenische Abstammung. Dazu zählen etwa der Orientalist Friedrich Carl Andreas (1846–1920), dessen Vater aus einem armenischen Kleinfürstengeschlecht stammte und seinen Familiennamen Bagratuni ablegte, oder der Mitbegründer des Tchibo-Konzerns Carl Tchiling-Hiryan (1910–1987), dessen armenischer Vater in Aydın im Westen der Türkei geboren wurde. Schon für das frühe 18. Jahrhundert gibt es eine armenische Abstammungslegende: Der Begründer des bayerischen Adelsgeschlechts Aretin, Johann Baptist Christoph Aroution Caziadur, soll laut einem Taufschein 1706 als Sohn des vor den Persern geflüchteten armenischen Kleinfürsten Baldazar Caziadur und dessen Ehefrau Gogza aus dem Haus der Fürsten von Qarabagh, in Konstantinopel geboren worden sein.

Die erste armenische Organisation in Deutschland war die Armenische Kolonie von Berlin, gegründet um 1923. Bis zum Jahre 1975 wurden armenische Vereinigungen in Hamburg, Berlin, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und München etabliert. In den 1980er Jahren wurden andere Vereinigungen in Bremen, Braunschweig, Bielefeld, Duisburg, Neuwied, Bonn, Hanau, Eppingen, Nürnberg, Kehl und an anderen Orten deutschlandweit gegründet.

Zurzeit leben über 25.000 eingebürgerte Armenier und 15.000 asylsuchende Armenier in der Bundesrepublik Deutschland. Sie konzentrieren sich auf Mecklenburg-Vorpommern, von denen viele armenische Asylbewerber sind, die direkt aus Armenien kommen und für welche die armenisch-apostolische Kirche Gottesdienste, Taufen, Bibellesungen und Gemeinschaftshilfe leistet. Die Diözese von Deutschland trägt die Kosten für die Unterstützung der Armenier aus dem postsowjetischen Armenien und betrachtet diese Dienste als Teil ihrer Mission.

Deutschland und der Völkermord an den Armeniern

Am 2. Juni 2016 beschloss der Deutsche Bundestag mit einer Gegenstimme und einer Enthaltung fraktionsübergreifend die Resolution „Erinnerung und Gedenken an den Völkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten in den Jahren 1915 und 1916“. Der Bundestag bedauerte ebenfalls die „unrühmliche Rolle“ des Deutschen Reiches, das als militärischer Hauptverbündeter des Osmanischen Reichs trotz eindeutiger Informationen über den Völkermord an den Armeniern „nicht versucht hat, diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu stoppen.“

Integration und organisierte Kriminalität

Laut Medienberichten breiten sich in Thüringen armenische Mafia-Strukturen aus, die inzwischen auch Kontakte nach Berlin, Leipzig und Halle pflegen. In Erfurt arbeiten sie den Berichten zufolge mit der Rockerbande Hells Angels zusammen. Nach Recherchen von MDR Thüringen wickeln die beiden Gruppen Geschäfte mit Drogen, Prostitution und Autohandel ab. Im Juli 2014 kam es zu einer blutigen Schießerei zwischen armenischen Gruppen in Erfurt. Der Tatort war ein beliebter Treffpunkt des armenischen Familienclans. Im Rahmen des großen Gerichtsprozesses wurden zehn Männer verhaftet, denen unter anderem versuchter Totschlag und Bildung einer bewaffneten Gruppe inkriminiert werden. Die Erfurter Straßengangs „Jocker“, „Black Jackett“ und „United Tribuns“ gelten als Vorläufer der armenischen organisierten Kriminalität in Thüringen.

Der armenische Botschafter Aschot Smbatjan bot Thüringens Innenminister Georg Maier in einem Gespräch am 5. März 2018 die volle Unterstützung Armeniens beim Kampf gegen die organisierte Kriminalität, an. Der Botschafter wolle den Datenaustausch zwischen der Thüringer und der armenischen Polizei verbessern und machte deutlich, „dass es den Armeniern sehr unangenehm sei, immer wieder von Straftaten ihrer Landsleute in Thüringen zu hören“. Die Republik Armenien bot zudem ihre Unterstützung bei der Abschiebung armenischer Staatsbürger an, sobald ein entsprechender Beschluss vorläge.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Allgemeine Informationen Botschaft der Republik Armenien in Deutschland. Abgerufen am 18. April 2015.
  2. Armenier in Deutschland: Endlich raus aus der Opferrolle. Die Zeit. 24. April 2015. Abgerufen am 19. Juli 2016
  3. Hofmann T., Armenier und Berlin – Berlin und Armenien. – Berlin, 2005. S. 4.
  4. Die Armenische Gemeinde Köln e.V.. Abgerufen am 19. Juli 2016
  5. Tagung: Bis zu einer Million Kryptochristen in der Türkei. Kathpress. 25. September 2019
  6. Armenian diaspora in Germany. (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) „Noravank“ Scientific-Research Foundation, 2006, ehemals im Original; abgerufen am 28. April 2013. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  7. 1 2 3 4 Armenian Reporter Online (Memento vom 2. September 2003 im Internet Archive)
  8. Krzysztof Stopka: Die Armenier im Königreich Polen zur Zeit von Martin Gruneweg. In: Almut Bues (Hg.): Martin Gruneweg (1562-nach 1615). Ein europäischer Lebensweg. Wiesbaden 2009, S. 143.
  9. Joseph Marx Freiherr von Liechtenstern: Historisch-statistische Übersicht sämmtlicher Provinzen und Bestandtheile der Preussischen Monarchie. Berlin 1920, [S. 11a].
  10. Völkermord-Resolution fast einstimmig verabschiedet. Frankfurter Allgemeine Zeitung. 2. Juni 2016. Abgerufen am 19. Juni 2016.
  11. "Der Bundestag verneigt sich vor den Opfern der Massaker". Der Tagesspiegel. 2. Juni 2016. Abgerufen am 19. Juni 2016.
  12. Die armenische Mafia und die „Hells Angels“ arbeiten in Thüringen offenbar zusammen: Nach Recherchen von MDR THÜRINGEN wickeln beide Gruppen seit Jahren immer wieder Geschäfte mit Drogen, Prostitution und Autos ab.: Organisierte Kriminalität: Rocker und armenische Mafia in Thüringen Hand in Hand. mdr.de, 3. November 2015, archiviert vom Original am 2. Juli 2016; abgerufen am 6. Juni 2016.
  13. Schießerei-Prozess in Erfurt: Was bisher geschah. thueringer-allgemeine.de, abgerufen am 8. November 2015.
  14. Gemeinsamer Kampf gegen die Mafia. MDR Thüringen. Abgerufen am 1. Mai 2018
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