Chojnice
Chojnice
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Pommern
Powiat: Chojnice
Fläche: 21,05 km²
Geographische Lage: 53° 42′ N, 17° 33′ O
Einwohner: 39.647
(31. Dez. 2020)
Postleitzahl: 89-600 bis 89-620
Telefonvorwahl: (+48) 52
Kfz-Kennzeichen: GCH
Wirtschaft und Verkehr
Straße: DK 22: Kostrzyn nad Odrą/DeutschlandOkonekTczew–Grzechotki/Russland
DW 212: Osowo Lęborskie–Kamionka
DW 235: Korne–Chojnice
DW 240: Świecie–Chojnice
Eisenbahn: PKPStrecke 203: Kostrzyn nad Odrą/Deutschland–Tczew
PKP-Strecke 208: Działdowo–Chojnice
Strecke 210: Chojnice–Runowo Pomorskie
Strecke 211: Chojnice–Kościerzyna
Nächster int. Flughafen: Lech-Wałęsa-Flughafen Danzig
Gmina
Gminatyp: Stadtgemeinde
Einwohner: 39.647
(31. Dez. 2020)
Gemeindenummer (GUS): 2202011
Verwaltung (Stand: 2009)
Bürgermeister: Arseniusz Finster
Adresse: Stary Rynek 1
89-600 Chojnice
Webpräsenz: www.miasto.chojnice.pl



Chojnice [xɔɪ̯ˈɲiʦɛ] (kaschubisch Chònice; deutsch Konitz, Conitz) ist eine Stadt im Powiat Chojnicki (Powiat Konitz) der polnischen Woiwodschaft Pommern. Sie ist Amtssitz einer Landgemeinde.

Geographische Lage

Die Stadt liegt im ehemaligen Westpreußen, am westlichen Rand der Bory Tucholskie (Tucheler Heide), etwa 100 Kilometer südwestlich von Danzig, 22 Kilometer nordwestlich von Tuchola (Tuchel) und 70 Kilometer nordwestlich von Bydgoszcz (Bromberg).

Geschichte

1205 wurde Conitz (Chojnice) im ostpommerschen Herzogtum der Samboriden gegründet. 1308/09 eroberte der Deutsche Orden das Herzogtum der Samboriden. 1410 besetzten polnische Truppen nach der Schlacht bei Tannenberg für kurze Zeit die Stadt. 1440 wurde die Stadt Mitglied im Preußischen Bund. 1446 brach Konitz die Verbindungen zu den Preußischen Ständen ab. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts entbrannte in Konitz ein langanhaltender Rechtsstreit zwischen dem Magistrat der Stadt und drei ihrer Bürger, denen er Mordbrennerei bzw. Hehlerei vorgeworfen hatte, ohne jedoch die Anschuldigungen beweisen zu können. Die drei Angeklagten verlangten schließlich Genugtuung vor einem westfälischen Freigericht, und auch der Deutsche Orden in Marienburg wurde eingeschaltet.

1454 schlug in der Schlacht von Konitz das Heer des Ordens das größere Heer des polnischen Königs. Die Truppe des Ordens bestand großenteils aus im deutsch-römischen Reich angeworbenen Söldnern. Der König von Polen hatte Schwierigkeiten, sein Heer zu versammeln. Nach dem Dreizehnjährigen Städtekrieg kam Konitz im Zweiten Frieden von Thorn 1466 vom Deutschordensstaat Preußen an das autonome Preußen Königlichen Anteils (Westpreußen), das sich freiwillig der Oberhoheit der polnischen Krone unterstellt hatte.

Mit der Lubliner Union von 1569 endete die Autonomie des königlichen Preußens, als der polnische Sejm angesichts der Kinderlosigkeit des letzten Jagiellonen Sigismund II. August die bisherige Personalunion Polens, Litauens und Preußens in eine Realunion umwandelte, um einem Zerfall des Reiches vorzubeugen. Schon vierzig Jahre zuvor, noch zu Lebzeiten seines Vaters, war Sigismund vom polnischen Adel unter der Auflage zum König gewählt worden, alles für die vollständige Einfügung Litauens und Preußens in das Königreich zu tun.

Im Jahr 1623 fand in Konitz ein Hexen- und Diebstahl-Prozess statt, bei dem mehrere Todesurteile gefällt und vollstreckt wurden. Konitz war die größte Siedlung des Heidegebiets westlich der Weichsel.

Im Rahmen der ersten polnischen Teilung kam Konitz 1772 unter Friedrich II. von Preußen zum Königreich Preußen und gehörte fortan bis Januar 1920 zur preußischen Provinz Westpreußen, zwischenzeitlich zur (vereinigten) Provinz Preußen. Es war als Kreisstadt dem Regierungsbezirk Marienwerder angegliedert und war Eisenbahnknotenpunkt der Staatsbahnlinien Berlin – Schneidemühl – Dirschau und Graudenz – Neustettin – Ruhnow.

Seit 1815 verfügte Konitz über ein Gymnasium.

Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gehörte etwa die Hälfte der Bevölkerung der evangelischen Kirche an, die andere Hälfte der katholischen. Zwischen den beiden großen Religionsgruppen kam es hin und wieder zu rechtlichen Konflikten. Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte die Kreisstadt Konitz eine alte Stadtbefestigung, zwei evangelische Kirchen, zwei katholische Kirchen, eine Synagoge, ein Gymnasium, ein Konvikt, ein Landgericht, ein Elektrizitätswerk und eine Reihe gewerblicher Betriebe. Zum Landgerichtsbezirk Konitz gehörten in der preußischen Neuzeit insgesamt neun Amtsgerichte: Baldenburg, Flatow, Preußisch-Friedland, Hammerstein, Könitz, Schlochau, Tuchel, Vandsburg und Zempelburg.

1900 kam es in Konitz zur Konitzer Mordaffäre infolge des Mordes an dem Gymnasiasten Ernst Winter, der Mord war von dem Verleger und Politiker Wilhelm Bruhn als jüdischer Ritualmord bezeichnet worden. Bei einem anschließenden Pogrom wurde die Synagoge nahezu völlig zerstört.

Bis 1919 gehörte Konitz zum Kreis Konitz im Regierungsbezirk Marienwerder der Provinz Westpreußen des Deutschen Reichs. 1910 umfasste der Kreis Konitz die Stadt Konitz sowie 106 weitere Gemeinden und Gutsbezirke.

Nach dem Ersten Weltkrieg musste die Stadt Konitz 1920 aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags, der die Verlegung eines Polnischen Korridors auf preußischem Territorium zur Ostseeküste hin vorsah, zusammen mit 62 % der Fläche Westpreußens an die Zweite Republik Polen abgetreten werden. Die Stadt wurde der Woiwodschaft Pommerellen zugeordnet, die von 1919 bis 1939 bestand.

Als Folge des Überfalls auf Polen 1939 wurde das Territorium der Woiwodschaft Pommerellen vom Deutschen Reich völkerrechtswidrig annektiert, und der besatzungsamtliche Landkreis Konitz wurde dem Reichsgau Danzig-Westpreußen zugeordnet, zu dem die Stadt Konitz bis 1945 gehörte.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Region im Frühjahr 1945 von der Roten Armee besetzt. Nach Einstellung der Kampfhandlungen wurde Konitz seitens der sowjetischen Besatzungsmacht der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Die polnische Administration gliederte sie im März 1945 wieder der Woiwodschaft Pommerellen an. Die deutschen Stadtbewohner wurden in der darauf folgenden Zeit größtenteils von der polnischen Administration aus Konitz vertrieben.

1950 wurde der Brauereibesitzer Ernst Riedel vom Landgericht Flensburg zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, weil er nach der deutschen Besetzung Polens auf den Bierverleger Władysław Szycha aus Bruß einen Mordanschlag aus Habgier verübt hatte.

Demographie

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
17832040fast alle, einschließlich des Magistrats, Evangelische und Deutsche
18022499
18101999
18162308davon 1629 Evangelische, 635 Katholiken und 44 Juden
18212593
18312810größtenteils Evangelische
18373334
18646238davon 3540 Evangelische und 2247 Katholiken
18717160darunter 4000 Evangelische und 2600 Katholiken (50 Polen)
18758046
18809096
189010.147davon 5271 Evangelische, 4331 Katholiken und 502 Juden (100 Polen)
190010.697davon 4974 Katholiken und 364 Juden.
191012.005davon 6334 Katholiken, 5389 Evangelische und 257 Juden
192110.500davon 3500 Deutsche.
Einwohnerzahlen seit 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
196924.000
200440.000

Wirtschaft

Um 1900 gab es am Ort zwei Eisengießereien, eine Dampfmahl- und eine Dampfsägemühle, eine Dampfziegelei, eine Molkerei und ein Elektrizitätswerk. Bis heute ist die Stadt ein Markt- und Verarbeitungsort für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse des Umlands. Konitz hat heute eine Nahrungsmittelindustrie.

Verkehr

Durch die Stadt führt die Landesstraße 22 (die frühere deutsche Reichsstraße 1 von Aachen nach Königsberg (Preußen)) und die Linie 203 der Polnischen Staatsbahn (ehemalige Preußische Ostbahn Berlin – Königsberg (Preußen)).

Städtepartnerschaft

Sport

Mit Chojniczanka Chojnice verfügt die Stadt über einen 1. Liga Fußballverein. In der Saison 2012/2013 gelang der historische Aufstieg. Ein weiterer Erfolg der Mannschaft war die Teilnahme am Achtelfinale des polnischen Pokals im Jahr 1971. In diesem Spiel verlor Chojniczanka gegen GKS Katowice mit 0:1. Mit Kolejarz Chojnice existiert in Chojnice ein zweiter Fußballverein.

Die Red Devils Chojnice sind ein weiterer hochklassiger Sportverein der Stadt. Der Verein ist Mitglied der polnischen Ekstraklasa (höchste Spielklasse) im Futsal und aktueller Vizemeister.

Kultur

Seit einigen Jahren findet im Juli das Festiwal Folkloru statt. Internationale Gruppen treten mit Volksmusik auf. Aus Polen nehmen Kaschuben aus verschiedenen Städten und Dörfern teil, auch aus Chojnice. Das Festival findet nicht nur in Chojnice statt, sondern jeweils einen Tag in den teilnehmenden kaschubischen Städten und Dörfern. Die Stadt hat ein Museum.

Verkehr

Straßen

Die Stadt Chojnice und die Landgemeinde wird von zwei Landesstraßen (Droga krajowa) und vier Woiwodschaftsstraßen (Droga wojewódzka) durchzogen, was verkehrstechnisch sehr bedeutsam ist:

Schienen

Die Gmina Chojnice hat insgesamt fünf Bahnstationen:

Die PKP-Strecke 210 von Runowo nach Chojnice führt ohne Halt durch das Gemeindegebiet, während die Bahnstation Ogorzeliny (Görsdorf) seit Schließung der PKP-Strecke 281 von Oleśnica (Oels) nach Chojnice stillliegt.

Persönlichkeiten

Landgemeinde Chojnice

Die Landgemeinde Chojnice, zu der die Stadt selbst nicht gehört, umfasst eine Fläche von 458,34 km² und hat 18.104 Einwohner (Stand: 2015).

Literatur

  • Marcin Synak: Chojnice Reiseführer, Chojnice 2012, Hrsg. Stadt Chojnice, ISBN 978-83-930566-7-5, 56 S.
  • Elisabeth Koß: Das Bürgerbuch der Stadt Konitz von 1550 bis 1850. Nicolaus-Copernicus-Verlag, Münster 2004, ISBN 3-924238-32-4, 110 Seiten (= Quellen und Darstellungen der Geschichte Westpreußens; 13)
  • Heinrich Gottfried Philipp Gengler: Regesten und Urkunden zur Verfassungs- und Rechtsgeschichte der deutschen Städte im Mittelalter, Band I, Ferdinand Enke, Erlangen 1863, S. 633–636.
Commons: Chojnice – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
  2. Friedrich August Voßberg: Geschichte der Preußischen Münzen und Siegel von frühester Zeit bis zum Ende der Herrschaft des Deutschen Ordens. Berlin 1843, S. 39.
  3. Heinrich Gottfried Philipp Gengler: Regesten und Urkunden zur Verfassungs- und Rechtsgeschichte der deutschen Städte im Mittelalter. Erlangen 1863, S. 633–636.
  4. August Uppenkamp: Geschichte der Stadt Konitz. 1839, 86 Seiten.
  5. Johannes Voigt: Geschichte Preußens von den ältesten Zeiten bis zum Untergange der Herrschaft des Deutschen Ordens. Band 4: Die Zeit von der Unterwerfung Preußens 1283 bis zu Dieterichs von Altenburg Tod 1341. Königsberg 1830, S. 224.
  6. Johannes Voigt: Geschichte Marienburgs, der Stadt und des Haupthauses des Deutschen Ritterordens in Preußen. Königsberg 1824, S. 367, Fußnote 45 und S. 561–565
  7. Vgl. zum Beispiel Otto von Rutenberg: Geschichte der Ostseeprovinzen Liv-, Est- und Kurland von den ältesten Zeiten bis zum Untergange der Selbständigkeit. 2. Band. Leipzig 1861, S. 178.
  8. N. G. Benwitz: Ein zu Conitz im Jahr 1623 verhandelter Hexen- und Diebsprozeß. In: Preußische Provinzial-Blätter. Band 2. Königsberg 1829, S. 105–134.
  9. L. Wiese: Das höhere Schulwesen in Preußen. Historisch-statistische Darstellung. Berlin 1864, S. 82–84
  10. N. G. Benwitz: Kirchengeschichte der Stadt Konitz. Preußische Provinzialblätter. Band 18 (Königsberg 1837), Dezember-Heft, S. 552 ff.; Band 19 (Königsberg 1838), Januar-Heft, S. 22–39, Februar-Heft, S. 145–151, März-Heft, S. 233–251, April-Heft, S. 346–359 und Mai-Heft, S. 417–431.
  11. 1 2 3 Meyers Großes Konversationsa-Lexikon. 11. Band. 6. Auflage. Leipzig und Wien 1907,S. 395.
  12. Max Kreutzberger (Hrsg.): Leo Baeck Institut New York – Bibliothek und Archiv. Band I. Verlag J. C. B. Mohr, Tübingen 1970, S. 165.
  13. Christoph Nonn: Eine Stadt sucht einen Mörder. Gerücht, Gewalt und Antisemitismus im Kaiserreich. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-36267-6, 248 Seiten, (eingeschränkte Vorschau).
  14. Helmut Walser Smith: Die Geschichte des Schlachters. Mord und Antisemitismus in einer deutschen Kleinstadt. Wallstein Verlag, Göttingen 2002, ISBN 3-89244-612-1, 301 Seiten (eingeschränkte Vorschau).
  15. Gemeindeverzeichnis 1910 mit Einwohnerzahlen
  16. LG Flensburg, 7. September 1950. In: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945–1966. Band VII, bearbeitet von Adelheid L. Rüter-Ehlermann, H. H. Fuchs und C. F. Rüter. University Press, Amsterdam 1971, Nr. 237, S. 393–412 Online (Memento vom 28. Februar 2016 im Internet Archive)
  17. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil II: Topographie von Westpreußen. Marienwerder 1789, S. 70–71, Nr. 1.)
  18. 1 2 3 4 Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 5: T–Z. Halle 1823, S. 314–315, Ziffer 329.
  19. August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde oder Beschreibung von Preußen. Ein Handbuch für die Volksschullehrer der Provinz Preußen, so wie für alle Freunde des Vaterlandes. Gebrüder Bornträger, Königsberg 1835, S. 384–386, Nr. 17.
  20. Johann Gottfried Hoffmann: Die Bevölkerung des preussischen Staats nach den Ergebnissen der zu Ende des Jahres 1837 amtlich aufgenommenen Nachrichten in staatswirthschaftlicher, gewerblicher und sittlicher Beziehung. Berlin 1839, S. 104.
  21. E. Jacobson: Topographisch-statistisches Handbuch für den Regierungsbezirk Marienwerder. Danzig 1868, S. 40–41, Nr. 169.
  22. Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. Band 2. 2. Auflage. Berlin 1874, S. 55, Ziffer 10.
  23. 1 2 3 Michael Rademacher: Dan_konitz. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  24. Konitz, Kreisstadt, Regierungsbezirk Marienwerder, Provinz Westpreußen. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Konitz (meyersgaz.org).
  25. Landkreis Konitz, in: Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900 (U. Schubert, 17.09.2022).
  26. Der Große Brockhaus.10. Band. 15. Auflage. Leipzig 1931, S. 389.
  27. Meyers Enzyklopädisches Lexikon. Band 5. 9. Auflage. Mannheim Wien Zürch 1978, S. 646.
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