Eine anwendungsspezifische integrierte Schaltung (englisch application-specific integrated circuit, ASIC, auch Custom Chip) ist eine elektronische Schaltung, die als integrierter Schaltkreis realisiert wurde. Die Funktion eines ASICs ist damit nicht mehr veränderbar, die Herstellungskosten sind dafür geringer bei hohen Einmalkosten (z. B. Fotomasken). ASICs werden weltweit von vielen Herstellern nach Kundenanforderung gefertigt und normalerweise nur an diese geliefert. Dadurch unterscheidet sich die ASIC von anderen Mikrochips. Wird ein als ASIC entwickelter Baustein am Markt verkauft, spricht man häufig von einem anwendungsspezifischen Standardprodukt (ASSP).

Beschreibung

Rein digitale ASICs integrieren eine große Zahl von Logikfunktionen, die sonst aus diversen Standardbausteinen wie Prozessor, Logikfamilien (z. B. 74xx) oder ähnlichen Bausteinen zusammengestellt werden müssten. Mixed-Signal-ASICs bestehen aus digitalen und analogen Funktionen. Dabei bestimmen die analogen Schaltungen wie z. B. Analog-Digital-Wandler, PLLs, rauscharme Verstärker, Hochstromtreiber etc. die Zieltechnologie (Strukturgröße).

ASICs werden vor allem für in Großserien gebaute Geräte zur Kostensenkung verwendet. Ein Großteil der heutzutage hergestellten Chips sind anwendungsspezifisch, wie zum Beispiel die Prozessoren in Mobiltelefonen zur Kodierung von Signalen oder zur Aufbereitung von Daten. Der Unterschied zu PLDs und Field Programmable Gate Arrays besteht darin, dass die Funktionalität des anwendungsspezifischen ICs vom Hersteller eindeutig festgelegt werden muss und somit fest vorgegeben ist. Die interne Schaltung kann vom Anwender nicht mehr verändert werden. Es gibt auch ASIC-Varianten, auf denen Mikroprozessoren oder Signalprozessoren integriert sind (System-on-a-Chip), wodurch eine gewisse Flexibilität für den Anwender durch die darauf ablaufende Software erreicht werden kann.

Vom Entwurf über Verifikation bis zur Produktion von ASICs wird EDA-Software (EDA = Electronic Design Automation) verwendet.

CPUs

CPUs (Intel Pentium, AMD Athlon etc.) sind hingegen „universelle integrierte Schaltungen“, die eine Vielzahl verschiedener Aufgaben bewältigen können. Das hat jedoch den Nachteil, dass diese Aufgaben nicht so optimal wie technisch möglich abgearbeitet werden: Energieverbrauch, Chip-Fläche, Taktfrequenz und andere Zielparameter sind in bestimmten Anwendungen höher als bei einem spezialisierten Baustein, der Datendurchsatz meist niedriger.

ASIP

Ein Spezialfall einer CPU, die nur für eine bestimmte Aufgabe entworfen bzw. optimiert wird, nennt sich application-specific instruction-set processor (ASIP). Typischerweise handelt es sich bei derartigen Geräte auch um SoCs.

Geschichte

Zu den ersten ASIC-Herstellern zählen die Unternehmen VLSI Technology and LSI Logic, welche die damals neuartigen Computergestützten CAE-Konzepte und Methoden von Carver Mead und Lynn Conway wirtschaftlich umsetzten. Im Folgeverlauf der Entwicklungen der Halbleiterindustrie konnten viele ASIC-Designs auch auf FPGAs realisiert werden.

Einteilung

Auf dem Markt sind verschiedene Lösungen für ASICs verfügbar. Die Konzepte lassen sich grob in folgende Gruppen einteilen:

  1. vollständig kundenspezifischen ASIC: Nutzung von kundenspezifischen Logikblöcken deren Entwurf auf Transistorebene durch den Kunden erfolgt. Diese werden speziell für das Produkt platziert und verknüpft, daher sind alle Strukturierungsebenen produktspezifisch.
  2. teilweise kundenspezifischen ASIC: wie vollständig kundenspezifische ASIC ergänzt um bereits erstellte Standard- oder Makrozellen (z. B. SRAM-Blöcke) des Herstellers.
  3. Standardzellen-ASIC: ein kundenspezifisches Schaltungsdesign nur bestehend aus Logikzellen, die durch den Hersteller bereitgestellt wurden
  4. Megazellen-ASIC: Sie sind ähnlich den Standardzellen-ASIC, sind aber deutlich komplexer und größer. Üblicherweise erfüllen sie Standardfunktionen, z. B. RAM-Blöcke, MPEG-Coder
  5. Gate-Array-ASIC: vorkonfigurierte Standardgatter bzw. -Zellen, die auf Kundenwunsch nur noch in der Metallisierungsebene verknüpft werden.
    • Sea-of-Gates-ASIC: Sie sind ähnlich wie Gate-Arrays, weisen jedoch mehrere (kundenspezifische) Metallisierungsebenen auf, was eine komplexere Verschaltung der Zellen und dichtere Transistoranordnungen ermöglicht.

Diese Gruppen haben gemeinsam, dass zumindest ein mehr oder weniger großer Teil der Schaltkreise nach Kundenvorgabe mit der Herstellung festgelegt wird. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der möglichen Konfigurationsmöglichkeiten durch den Kunden, Flächenbedarf, verfügbarer Gehäuse, Komplexität der Schaltung, Schaltgeschwindigkeit, Leistungsaufnahme etc. was schlussendlich sich in den Kosten der Fertigung bzw. des einzelnen Chips niederschlägt. So sind die weitgehend vorgefertigten eine der kostengünstigsten Möglichkeiten ASIC zu fertigen. Sie weisen jedoch keine Optimierung für die entsprechende Anwendung auf. Vollständig kundenspezifische ASIC hingegen sind durch den Schaltungsentwurf (meist beim Kunden) und entsprechender Wahl der Fertigungstechnik für die jeweiligen Anwendung optimiert. Sie erfordern jedoch sehr hohen Aufwand bei der Erstellung und Verifikation.

Darüber hinaus werden manchmal auch FPGAs als ASIC bezeichnet. Mit einem FPGA wird üblicherweise verbunden, dass die kundenspezifische Schaltung erst beim Kunden in das Bauelement gebracht wird. Es gibt jedoch auch auf Kundenwunsch teilweise angepasste FPGA, bei denen bestimmte Baugruppen bereits bei der Herstellung kundenspezifische Anpassungen erhält. Dies schränkt in der Regel den Nutzungsbereich des kundenspezifischen FPGA ein, ermöglicht aber schnellere und günstigere Schaltungen für die entsprechende Anwendung.

Vor- und Nachteile

Wegen der Anpassung ihrer Architektur auf ein spezifisches Problem arbeiten ASICs sehr effizient und um einiges schneller als eine funktionsgleiche Umsetzung per Software in einem Mikrocontroller. In einem Smartphone hat das zum Beispiel den Vorteil, dass u. a. der Stromverbrauch verringert wird (höhere Akku-Laufzeiten), bei steigender Rechenleistung. Als modernes Beispiel sei hier der optimierte M1-Prozessor von Apple erwähnt oder historisch die Prozessoren der ehemaligen Centaur (seit 1999 Teil von VIA).

Durch ihre Exklusivität verhindern ASICs Nachbauten (Vorteil für den Hersteller).

Für Bastler und Service-Werkstätten sind ASICs oft ein großes Problem, da sie normalerweise nicht mehr produziert werden, nachdem die Herstellung eines Gerätes eingestellt wurde. Sind die Restbestände aufgebraucht, ist in der Regel eine Reparatur nur noch durch Entnahme der ASICs aus Geräten mit anderweitigen Defekten möglich.

Die großen Nachteile von ASICs sind vor allem bei kleinen und mittleren Stückzahlen die hohen Investitionskosten und in jedem Falle die längere Entwicklungszeit gegenüber einer Lösung derselben Aufgabenstellung mit diskreten Bauteilen und Standard-ICs oder auch mit programmierbaren Bauteilen wie FPGAs.

Anwendung

ASICs finden Verwendung in vielen verschiedenen elektronischen Geräten, vom Radiowecker bis zum Hochleistungsrechner. Der Grund für die Entwicklung solcher ICs, welche oft sogar nur für eine einzige bestimmte Modellreihe entworfen werden, ist vor allem bei hohen Fertigungsstückzahlen die Kostenersparnis gegenüber dem Aufbau mit Standardbausteinen. In den Anfangszeiten der integrierten Schaltkreise waren ASICs eine Alternative zu einer Implementierung aus einzelnen Transistoren oder TTL-Bausteinen. Bei digitalen ASICs handelt es sich um ICs, die für einen speziellen Einsatzzweck entworfen wurden. Meist arbeiten diese Bausteine entweder platz-, verbrauchs-, kosten- oder leistungsoptimiert.

Beispiele:

Literatur

Einzelnachweise

  1. Leonhard Stiny: Anwendungsspezifische Integrierte Bausteine. In: Aktive elektronische Bauelemente. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-24751-5, S. 627–676, doi:10.1007/978-3-658-24752-2_11 (springer.com [abgerufen am 27. Dezember 2022]).
  2. Max Maxfield: ASIC vs. ASSP vs. SoC vs. FPGA – What's the Difference? In: EE Times. 23. Juni 2014, abgerufen am 14. Dezember 2022 (englisch).
  3. Chuck Byers: Innovative ASIC CPU Drives Record-Setting Server Performance. EE Times, 1. Dezember 2022, abgerufen am 27. Dezember 2022 (englisch).
  4. Paul McLellan: A Brief History of ASIC, part I. In: Semiwiki. 21. August 2012, abgerufen am 27. Dezember 2022 (amerikanisches Englisch).
  5. Paul McLellan: A Brief History of ASIC, part II. In: Semiwiki. 23. August 2012, abgerufen am 27. Dezember 2022 (amerikanisches Englisch).
  6. Stephen M. Trimberger: Three Ages of FPGAs: A Retrospective on the First Thirty Years of FPGA Technology. In: Proceedings of the IEEE. Band 103, Nr. 3, März 2015, ISSN 0018-9219, S. 318–331, doi:10.1109/JPROC.2015.2392104 (englisch, ieee.org [abgerufen am 27. Dezember 2022]).
  7. Lexikon Elektronik und Mikroelektronik. Zweite, aktualisierte und erweiterteage Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 1993, ISBN 3-642-58006-8, Stichwort: ASIC, S. 45–46.
  8. S. K. Tewksbury: Application-Specific Integrated Circuits. In: Richard C. Dorf (Hrsg.): The electrical engineering handbook. 2nd Auflage. CRC Press, Boca Raton 1997, ISBN 0-8493-8574-1.
  9. Centaur Technology. 1. April 2010, archiviert vom Original am 1. April 2010; abgerufen am 27. Dezember 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  10. Isaiah - Microarchitectures - VIA Technologies - WikiChip. Abgerufen am 27. Dezember 2022 (englisch).
  11. Bob Frostholm: Use Analog ASICs to Eliminate the Threat Posed by Counterfeit Chips. In: AnySilicon. 13. März 2017, abgerufen am 27. Dezember 2022 (amerikanisches Englisch).
  12. Top 5 Most Counterfeited Parts Represent a $169 Billion Potential Challenge for Global Semiconductor Market. In: ElectronicDesign. Endeavor Business Media, 6. Juni 2012, abgerufen am 27. Dezember 2022 (englisch).
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