Elbzollgerichte waren Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit der Anrainerstaaten der Elbe.

Geschichte

1818 bis 1821 erarbeitete die Elbschiffahrtskommission die Elbschiffahrtsakte vom 21. Juni 1821 aus, mit der die für die Schifffahrt hinderlichen zahlreichen Elbzölle abgeschafft werden sollten. Dies war infolge des Wiener Kongresses von den Elbanrainerstaaten Österreich (für das Königreich Böhmen), Sachsen, Preußen, den anhaltischen Herzogtümern, Hannover, Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin mit Mecklenburg-Strelitz, Hamburg und Dänemark (für die Herzogtümer Holstein und Lauenburg) vereinbart worden.

Die Elbschiffahrtsakte regelte unter anderem die Höhe der Elbzölle und die Art und Orte der Erhebung und Kontrolle. Anstelle der bisher 35 Elbzoll-Erhebungsstellen blieben nur noch 14 Zollämter (in Aussig, Niedergrund, Schandau, Strehla, Mühlberg, Coswig, Roßlau, Dessau, Wittenberge, Schnackenburg, Dömitz, Bleckede, Boitzenburg und Lauenburg) bestehen.

Um das Handeln dieser Zollämter gerichtlich überprüfen zu lassen, verpflichteten sich die Staaten, an diesen Orten (oder möglichst nahe) Richter zu benennen. Diese Elbzollgerichte waren gemaß Art. 26 Elbschiffahrtsakte zuständig für Rechtsstreit bezüglich:

  • Höhe der Zölle und Strafen für Zollvergehen
  • Höhe und Zahlung der Zoll-, Kran-, Waage-, Hafen-, Warft- oder Schleusengebühren
  • Störungen des Leinpfades durch Privatpersonen
  • Beschädigungen an Wiesen und Feldern oder anderem, verursacht durch das Schiffziehen und andere Schäden bei der Fahrt und dem Anlanden
  • Höhe der Bergelöhne und anderer Entgelt bei Unglücksfällen

Die Funktion der Elbzollgerichte wurde typischerweise durch bestehende ordentliche Gerichte wahrgenommen. Durch mehrere Staatsverträge wurde die Elbschiffahrtsakte weiterentwickelt, die Einrichtung der Elbzollgerichte blieb jedoch bestehen.

Durch Bundesgesetz vom 11. Juni 1870 wurden die Elbzölle im Norddeutschen Bund abgeschafft. Damit entfiel die Hauptaufgabe der Gerichte. Sie wurden dennoch als besondere Gerichte weitergeführt und trugen auch ihren traditionellen Namen weiter. Die Reichsjustizgesetze regelten einheitlich, dass die Elbzollgerichte erster Instanz diejenigen Amtsgerichte sein sollten, durch deren Bezirk die Elbe fließt. Die dazu gehörenden Landgericht bildeten die zweite Instanz. So entstanden 33 Elbzollgerichte in Preußen.

LandgerichtAmtsgericht
Landgericht Neu-RuppinAmtsgericht Wittenberge
Landgericht LüneburgAmtsgericht Bleckede
Landgericht LüneburgAmtsgericht Dannenberg
Landgericht StadeAmtsgericht Harburg
Landgericht LüneburgAmtsgericht Lüchow
Landgericht LüneburgAmtsgericht Lüneburg
Landgericht LüneburgAmtsgericht Neuhaus im Lauenburgschen
Landgericht LüneburgAmtsgericht Winsen
Landgericht LübeckAmtsgericht Lauenburg
Landgericht AltonaAmtsgericht Schwarzenbek
Landgericht MagdeburgAmtsgericht Aken
Landgericht MagdeburgAmtsgericht Barby
LandgerichtAmtsgericht Belgern
Landgericht MagdeburgAmtsgericht Burg
Landgericht TorgauAmtsgericht Domitzsch
Landgericht StendalAmtsgericht Genthin
Landgericht MagdeburgAmtsgericht Gommern
Landgericht StendalAmtsgericht Jerichow
Landgericht TorgauAmtsgericht Jessen
Landgericht TorgauAmtsgericht Kemberg
Landgericht MagdeburgAmtsgericht Magdeburg
Landgericht TorgauAmtsgericht Mühlberg
Landgericht StendalAmtsgericht Osterburg
Landgericht TorgauAmtsgericht Prettin
Landgericht StendalAmtsgericht Sandau
Landgericht TorgauAmtsgericht Schmiedeberg
Landgericht MagdeburgAmtsgericht Schönebeck
Landgericht StendalAmtsgericht Seehausen
Landgericht StendalAmtsgericht Stendal
Landgericht StendalAmtsgericht Tangermünde
Landgericht TorgauAmtsgericht Torgau
Landgericht TorgauAmtsgericht Wittenberg
Landgericht MagdeburgAmtsgericht Wolmirstedt

In Sachsen waren dies:

LandgerichtAmtsgericht
Landgericht DresdenAmtsgericht Schandau
Landgericht DresdenAmtsgericht Königstein (Sächsische Schweiz)
Landgericht DresdenAmtsgericht Pirna
Landgericht DresdenAmtsgericht Dresden
Landgericht DresdenAmtsgericht Meißen(auch für Wilsdruff und Großenhain)
Landgericht DresdenAmtsgericht Riesa
Landgericht DresdenAmtsgericht Strehla

In Mecklenburg-Schwerin waren dies:

LandgerichtAmtsgericht
Landgericht SchwerinAmtsgericht Boizenburg
Landgericht SchwerinAmtsgericht Dömitz

Im Herzogtum Dessau war das Amtsgericht Dessau in erster und das Landgericht Dessau in zweiter Instanz Elbzollgericht. In Hamburg war dies das Amtsgericht Hamburg und das Landgericht Hamburg.

Die Kompetenzen der Elbzollgerichte waren nun in Strafsachen: Verstöße gegen schiffahrts- und stompolizeiliche Vorschriften und Tätlichkeiten der Schiffsbesatzungen untereinander oder gegen Elbschiffahrtspolizeibeamte. In privatrechtlichen Angelegenheiten waren sie verantwortlich für

  • Höhe und Zahlung der Zoll-, Kran-, Waage-, Hafen-, Warft- oder Schleusengebühren
  • Störungen des Leinpfades durch Privatpersonen
  • Beschädigungen an Wiesen und Feldern oder anderem, verursacht durch das Schiffziehen und andere Schäden bei der Fahrt und dem Anlanden
  • Höhe der Bergelöhne und anderer Entgelt bei Unglücksfällen
  • Betrag und Höhe der Lotsengebühren
  • Konflikte zwischen Schiffsführer und Passagieren über Preis und Beförderungsbedingungen
  • Konflikte zwischen Eignern, Schiffsführer und Mitarbeitern über Dienst und Lohnverhältnisse

Siehe auch

Literatur

  • Jahrbuch der preußischen Gerichtsverfassung, 1892, S. 88 f., Digitalisat

Einzelnachweise

  1. Art. 26 Elbschiffahrtsakte, abgedruckt in: Die Elbzölle: Aktenstücke und Nachweise, 1814–1859, 1860, Digitalisat
  2. B.G.B. 1870, S. 416
  3. In Preußen: Gesetz, betreffend die Elbzollgeriche vom 9. März 1879; GS 1879, S. 132
  4. Verordnung, die Elbzollgerichte betreffend vom 8. September 1879, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1879, S. 332 f., Digitalisat
  5. Carl Pfafferoth: Jahrbuch der deutschen Gerichtsverfassung, 1880, S. 463 online
  6. Gesetz betreffend die Elbzollgerichte vom 10. Mai 1879, Gesetz-Sammlung für das Herzogtum Anhalt, 1879, S. 537 f., Digitalisat
  7. Carl Pfafferoth: Jahrbuch der deutschen Gerichtsverfassung, 1888, S. 451, online
  8. Gesetz betreffend Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 23. April 1879, § 64, Hamb. Gesetzsammlung, 1879, S. 97, Digitalisat
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