Der Esbekieh-Garten (arabisch حديقة الأزبكية, DMG Ḥadīqat al-Azbakīya) war eine öffentliche Parkanlage, die zwischen 1868 und 1872 von dem belgischen Kunstgärtner Gustave Delchevalerie (1844–1899) und dem französischen Landschaftsarchitekten Jean-Pierre Barillet-Deschamps in Kairo angelegt wurde. Der Ort, an dem der Park angelegt wurde, war schon vorher ein wichtiges Naherholungsgebiet der kairinischen Bevölkerung und Anlaufpunkt europäischer Reisender gewesen. Muhammad Ali Pascha (reg. 1805–1848) hatte in den 1840er Jahren hier eine Promenade anlegen lassen. Die Umgestaltung in einen modernen Park erfolgte im Auftrag des Khediven Ismail Pascha (reg. 1863–1879), der 1867 die Weltausstellung in Paris besucht und bei dieser Gelegenheit die dortigen Erholungsparks von Barillet-Deschamps kennengelernt hatte. Nach Auffassung Gerhard Rohlfs bildete der Esbekieh-Garten nach seiner Anlegung „den größten Zauber und Reiz“ des europäisch geprägten Neu-Kairo. Überreste des Parks sind bis heute in Kairo zu sehen.

Vorgeschichte

Azbakīya-Viertel und Azbakīya-See

Die Geschichte des Azbakīya-Viertels, in dem sich der Park befindet, begann im Jahre 1476, als der tscherkessische Mamluken-Emir Azbak min Tutuch (gest. 1498), der Sultan Qāytbāy als Kommandeur (Atabeg) seiner Armeen diente, westlich von Kairo einen Teich anlegen ließ, der durch einen Kanal mit Nilwasser versorgt wurde. Um den Teich legte er eine Promenade an, die nach seinem Namen Azbakīya genannt wurde. An der südöstlichen Ecke des Teichs erbaute er einen Palast. Nach seinem Vorbild begannen andere reiche Bürger von Kairo Wohnhäuser in der Nähe des Teichs zu errichten, so dass Azbak ermutigt wurde, eine Freitagsmoschee sowie Handelsstrukturen und Behausungen zu ergänzen. Die Azbakīya wurde auf diese Weise zu einer „Medina für sich“. Erst nachdem der Teich aufgefüllt und die Anlage fertiggestellt war, übereignete Sultan Qāytbāy Azbak das zugehörige Land. Insgesamt dauerte der Bau der Anlage, der 200.000 Dinar kostete, bis zum Jahr 1484.

Offenbar spielte schon im frühen 16. Jahrhundert die Azbakīya eine zentrale Rolle im ägyptischen Volksleben. Leo Africanus, der Kairo um diese Zeit besuchte, berichtet, dass jede Woche nach dem Freitagsgebet das gemeine Volk von Kairo „zusammen mit den Kupplerinnen und Huren“ hierher kam, um sich Bühnenspiele und Kunststücke von Tierdompteuren anzusehen.

Ende des 18. Jahrhunderts war die Birkat al-Azbakīya einfach ein Stück Land, das wie alle Felder Ägyptens bei der Nilschwemme bewässert und dann besät wurde. Es gab in Kairo noch eine Anzahl ähnlicher Orte, wie die Birkat al-Fīl, die Birkat ʿĀbidīn, die Birkat Bāb al-Lūq, die Birka Nāsirīya und die Birkat ar-Ratlī. Alle diese Orte waren während der Nilschwemme kleine Seen, wie der arabische Name birka („Teich, kleiner See“) andeutet. Der Azbakīya-See war während des Hochwassers auch ein Ort der Versammlungen und Vergnügungen: Am Abend wurden die Ufer beleuchtet, und die Menschen fuhren in kleinen Barken auf dem Wasser umher, musizierten und sangen. Am Ufer sorgten Cafés-chantants und Tänzerinnen für Unterhaltung. Nicht nur für die Kairoer Bevölkerung stellte der Ort eine Attraktion dar, sondern auch für Ausländer, „die dort den Orient und seine Poesie fanden“.

Der Esbekieh-Platz während der französischen Besatzungszeit

Während der napoleonischen Expedition nach Ägypten schlugen die französischen Truppen ihr Hauptquartier am Azbakīya-Teich auf, den sie mit den Promenaden in der Umgebung Place Ezbekiéh nannten. Napoleon Bonaparte wählte den kurz vorher dort errichteten Palast des Mamluken Alfī Bey als seine Residenz. Auch die Verwaltungsbüros der Expedition wurden an der Place Ezbekiéh eingerichtet.

Ein früherer Mitschüler Napoleons namens Dargevel richtete auf dem Gelände des Palastes eines flüchtigen Mamluken-Beys unweit des Esbekieh-Platzes nach Pariser Vorbild ein Tivoli ein. Hierbei handelte es sich um einen Vergnügungspark, der von Orangen- und Zitronenbäumen beschattet und von Gräben durchzogen war. An Werktagen fanden die Clubmitglieder dort einen Treffpunkt für Unterhaltungen, Bücher für ihr Studium und Spiele zur Entspannung; an Festtagen gab es Tänze, Schaukeln, Militärmusik, es traten Gaukler, Bauchtänzerinnen und Schlangenbeschwörer auf.

Am Freitag, den 30. November 1798, ließen die Franzosen über dem Esbekieh-Platz eine Montgolfière aufsteigen. Das Spektakel wurde auf bedruckten Zetteln, die auf den Märkten aufgehängt wurden, angekündigt. Viele Kairiner und Europäer versammelten sich, um das Schauspiel zu sehen. Bei dieser Veranstaltung soll Napoleon seine Geliebte Pauline Fourès zum ersten Mal erblickt und sich in sie verliebt haben. Anderthalb Jahre später, am 14. Juni 1800, wurde General Jean-Baptiste Kléber, Napoleons Nachfolger als Oberbefehlshaber von Ägypten, am Esbekieh-Platz im Garten des Alfī-Palastes in Anwesenheit des französischen Architekten Jean Constantin Protain ermordet.

Für Europäer blieb der Esbekieh-Platz auch nach dem Abzug der Franzosen ein romantischer Ort. Als sich zwischen 1831 und 1833 der französische Orientalisten-Maler Prosper Marilhat in Ägypten aufhielt, malte er den Platz mit seinen Bäumen. Das Bild mit dem Titel La place de l’Esbekieh au Caire wurde 1834 auf dem Salon de Paris gezeigt und hatte eine große Wirkung auf den französischen Schriftsteller Theophile Gautier. Er schrieb im Juli 1848 in der Revue des Deux Mondes über dieses Bild:

„Kein Gemälde hat einen tieferen und nachhaltig lebendigeren Eindruck bei mir hinterlassen. Ich fürchte, man könnte mir Übertreibung vorwerfen, wenn ich sage, dass der Anblick dieses Gemäldes mich krank gemacht und bei mir Sehnsucht nach dem Orient geweckt hat, den ich noch nie betreten hatte. Ich glaubte, gerade meine wahre Heimat erkannt zu haben, und als ich meine Augen von dem feurigen Gemälde abwandte, fühlte ich mich wie ein Verbannter: Ich sehe noch immer diesen riesigen Johannisbrotbaum mit seinem monströsen Stamm, seine verdrehten Äste wie verknotete Boa-Schlangen in die heiße Luft stoßen, und seine Büschel aus metallischen Blättern, deren schwarze Schnitte das Indigo des Himmels so hell erstrahlen lassen. Der Schatten verlängert sich azurblau auf der gelbbraunen Erde, die Häuser erheben ihre Moucharabys und Gitterlauben aus Zedern- und Zypressenholz mit überraschender Realität; ein nacktes und gebräuntes Kind folgt seiner Mutter, ein langes Gespenst, gehüllt in einen blauen Yalek. Das Licht funkelt, die Sonne schießt ihre feurigen Pfeile ab und die schwere Stille der brennenden Stunden lastet auf der Atmosphäre.“

Theophile Gautier, Juli 1848

Umgestaltung des Platzes unter Muhammad Ali Pascha

Der alte Esbekieh-Platz hatte eine Fläche von 40 Feddan oder 168.000 Quadratmeter. Ida Pfeiffer, die ihn 1842 besichtigte, meinte, dass wohl „in der ganzen Welt kein größerer Platz zu finden sei“ und der Prato della Valle in Padua vielleicht der einzige sei, der ihm an Größe nahekomme. Während der Nilschwemme im Sommer war der Platz weiter regelmäßig Überschwemmungen ausgesetzt und verwandelte sich in einen See. Allerdings wurden die Feste auf dem Esbekieh-Platz um 1830 stark reduziert, und auch die Barken verkehrten dort nicht mehr. Mitglieder von Muhammad Ali Paschas Familie errichteten an den Seiten Esbekieh-Platzes Paläste im osmanischen Stil.

Im Jahr 1837 fasste Muhammad Ali Pascha, der der Bevölkerung von Kairo und den dort ansässigen Europäern einen Ort zum Spazierengehen bieten wollte, den Plan, den Esbekieh-Platz in einen weitläufigen Garten zu verwandeln. Dafür musste er zunächst das Gelände konfiszieren, denn es war bis dahin ein Waqf der ägyptischen Bakrīya-Scheiche. Mit der Umgestaltung beauftragte er Murthan-Bey, der als Student mit der ägyptischen Mission nach Frankreich entsandt worden war und das neu geschaffene Ministerium für öffentliche Arbeiten leitete. Zunächst wurde der Esbekieh-Teich mit Schutt und Müll aufgefüllt. Zur Anhebung des Geländes wurden Müllberge zwischen Kairo und dem Nil, jenseits der Bab-el-Louq-Brücke, verwendet.

Der Umkreis des Platzes wurde mit einem 10 Meter breiten Kanal umgeben, an dessen Außenseite eine Reihe von Bäumen gepflanzt wurde. Dieser Kanal wurde über den sogenannten Chalīdsch el-Maghribī mit Wasser versorgt. Während der Zeit der Überschwemmungen geschah dies auf natürliche Weise, bei Niedrigwasser sollte das Wasser dagegen mithilfe einer in Bulaq aufgestellten Maschine angehoben werden, um den Kanal stets gefüllt zu halten. Auf der Innenseite des Kanals wurde ein 15 Meter breiter Damm aufgeschüttet, der mit zwei Baumreihen bepflanzt wurde. Den Boden im Inneren des Geländes ließ man so niedrig, dass er ungefähr 60 Zentimeter unterhalb des Wasserspiegels des Kanals lag. Auf diese Weise konnte er durch den Kanal leicht bewässert werden. In der Mitte der Anlage wurde außerdem ein großes Becken mit einer Fontäne angelegt, die von einer Maschine mit Wasser gespeist wurde. Zu den Bäumen, die in der Anlage angepflanzt wurden, gehörten orientalische Ebenholzbäume (Albizia Lebbeck), Banyan-Feigenbäume (Ficus Benggalensis), Tamarisken, Röhren-Kassien, Arabische Gummi-Akazien und Dattelpalmen.

Die Bauarbeiten am Esbekieh-Platze dauerten bis in die Mitte der 1840er Jahre an und prägten das Bild von diesem Ort. Ida Pfeiffer, die ihn 1842 besuchte, hatte den Eindruck, dass dieser Platz „einem wahren Chaos“ gleiche. Hin und wieder entdecke man „ein Stückchen von einer Allee“ oder einen „angefangenen Kanalbau“. Die Mitte sei jedoch noch „voll Unebenheiten“ und mit Baumaterialien bedeckt: Steine, Holz, Ziegel, Balken usw. Der Palast, in dem Napoleon gewohnt hatte, wurde, wie sie schreibt, gerade zu einem „prächtigen Gasthof umgestaltet“, dem späteren Shepheard Hotel. Auf Ida Hahn-Hahn, die den Esbekieh-Platz im Dezember 1843 besichtigte, machte der Ort schon einen freundlicheren Eindruck. Sie schrieb ihrer Freundin in einem ihrer Orientalischen Briefen: „Es wird noch an ihm gearbeitet, denn er ist ein großer Sumpf gewesen, der jetzt ganz ausgetrocknet, aber noch nicht vollständig mit Bäumen, Kanälen und Wegen versehen ist. Vollendet wird er mit den schönsten in Europa wetteifern können.“ Victor Schoelcher, der die noch unfertige Promenade 1845 sah, zeichnete dagegen wieder ein eher trübes Bild: Alles reduziere sich auf eine weitläufige Brache, umgeben von einer Akazienallee und eingeschlossen von einem wasserlosen Kanal, über den drei Brücken ohne Brüstung führten. Man könne sicherlich einen sehr schönen Platz an der Esbekieh schaffen, aber sie sei immer noch nur grob bearbeitet.

Die Esbekieh-Promenade und ihre Rolle im gesellschaftlichen Leben von Kairo

Als die Esbekieh-Promenade endlich fertig war, war sie „die erste Promenade im Orient“. Als solche übte sie großen Reiz auf die europäischen Reisenden aus. Eine Beschreibung ihres Zustands im Jahre 1849 bietet der französische Adlige Charles de Pardieu in seinem Reisebericht Excursion en Orient:

„Esbekieh war einst ein See, der einen Teil des Jahres fast trocken war. Der Pascha ließ daraus einen schönen Garten anlegen, umgeben von einer prächtigen, sehr breiten Sykomorenallee, in der man immer Schatten findet. In der Mitte dieses Gartens, der die Form einer halben Ellipse hat, befindet sich ein Rondell, von dem ein Stern von Baumalleen, die in den Ringweg einmünden, abgeht. Ein Kanal, durch den Nilwasser fließt, dient als Einfassung. Ein Halbkreis aus Palästen und Moscheen umgibt wie ein Amphitheater diese Promenade, die zu den schönsten gehört, die man sehen kann. Die Kairoer Gesellschaft kommt jeden Abend, um sich abzukühlen und auf die Zeit des Abendessens zu warten.“

Charles de Pardieu: Excursion en Orient.

Und ein Autor namens M. B. von Munterbach, der Kairo besucht hatte, schrieb 1857 in der Zeitschrift Die Grenzboten, dass Muhammad Ali Pascha durch Trockenlegung des Sees die Esbekieh „in eine der anmuthigsten Promenaden des Landes“ verwandelt habe: „Alleen von prächtigen breitwipfeligen Nilakazien, zwischen deren Stämmen die weißen Mauern und die grauen zierlich geschnitzten Gittererker von arabischen Häusern, einzelne große Hotels und Paläste und zwei oder drei Minarets sichtbar sind, umfassen buschige Anlagen von Tamarisken, Sykomoren und süßduftenden Mimosen, zwischen denen breite Fahrstraßen und schmalere Fußwege hindurchführen.“ Ein französischer Reisender, Eugène Gellion-Danglar, verglich die Alleen der Esbekieh-Promenade 1866 in einem Brief sogar mit den Pariser Champs Élysées: Sie seien vom Aussehen her in gewisser Weise „primitive und wilde Champs-Élysées“.

Die Regierung stellte Gärtner und Aufseher an, und da die vorgesehene Dampfmaschine von Būlāq noch nicht aufgebaut war, wurde die Bewässerung des Parks bei Niedrigwasser durch Sakias sichergestellt, die von Ochsen angetrieben wurden. Diese Ochsen wurden von der Regierung speziell zu diesem Zweck angeschafft. Um die Kosten für den Unterhalt der Anlagen zu decken, wurden unter den Bäumen Plätze für Cafés und mobile Restaurants vermietet. Wie Eugène Poitou, der Kairo im Winter 1857/58 besuchte, berichtet, waren an den Alleen der Esbekieh-Promenade zahlreiche Hütten aus Brettern oder Flechtwerk aufgerichtet, in denen sich Cafés befanden. In den Alleen der Esbekieh-Promenade wurden in den frühen 1860er Jahren auch Freilichtkonzerte gegeben, und es gab dort kurzzeitig sogar ein Theater, das das einzige von Kairo war. Allerdings bestand es nur aus einer ärmlichen Holzhütte und wurde von einer französischen Reisenden als schlecht bewertet.

Die Promenade als Treffpunkt der Europäer

Die Esbekieh-Promenade war insbesondere ein Treffpunkt für Europäer. So schrieb von Munterbach: „Auf der Esbekieh mag man an Sonntagen, wo die Haute volée der hier wohnenden Franken lustwandelt, zuweilen auf Augenblicke fast auf einem französischen Boulevard zu sein wähnen.“ Dies hatte zum einen mit der Nähe des europäischen Viertels Mūskī zu tun, das sich um die Esbekieh-Promenade erstreckte, zum anderen mit der großen Anzahl von Hotels, die sich an der Esbekieh befanden. Ein französischer Reiseführer aus dem Jahre 1861 zählt nicht weniger als acht Hotels an der Esbekieh, darunter auch das Shepheard Hotel, das als das beste am Platz galt. Wie Eugène Poitou berichtet, waren vor den Cafés frisch aus Europa importierte Tische und Stühle aufgestellt. Hier trafen sich jeden Abend europäische Händler und Bankiers, um bei Rauchen, Kaffee oder Sorbets Geschäfte und Neuigkeiten des Tages zu besprechen. Er hielt deswegen den Esbekieh-Platz auch nicht für einen authentischen Teil von Kairo. So meinte er, dass der Platz, so schön er auch sei, immer noch sehr an Europa erinnere, „sowohl durch die ihn umgebenden Gebäude als auch durch die beträchtliche Zahl von Ausländern, die sich ständig dort aufhalten.“ Um das „wahre Kairo“ zu sehen, müssen man auf dem Rücken eines Esels in die Straßen der Stadt eintauchen.

Die Promenade als Treffpunkt der lokalen Bevölkerung

Die Esbekieh-Promenade war allerdings nicht nur bei den Europäern populär, sondern auch Haupttreffpunkt für die Bewohner aller benachbarten Stadtteile. Aus den Beschreibungen der europäischen Reisenden, die die Esbekieh-Promenade besuchten, geht hervor, dass sie zum Teil auch volkstümlichen Charakter hatte. So schreibt Maxime Du Camp über den Zustand der Promenade im Jahre 1850: „Die Gaukler kommen dorthin, um ihre plumpen Kunststücke vorzuführen, und zeigen Affen aus Sennaar, was die puritanischen Ladies, die über Kairo nach Indien reisen, sehr indigniert.“ Im Laufe der Zeit nahm der Unterhaltungsbetrieb an der Promenade immer weiter zu. So berichtet M.B. von Munterbach 1857:

„An der einen Seite haben Griechen mehrere Lauben und Buden angelegt, vor denen die elegante Welt den Tschibuck oder das Nargileh, die persische Wasserpfeife, raucht, aus niedlichen Findjans Kaffee und, wenn die Polizei nicht hinsieht, auch ein und das andere Glas Raki trinkt. Weiter hinab vergnügt sich das niedere Volk mit Schaukeln, oder ein Possenreißer mit einem abgerichteten Esel oder Affen versammelt einen Kreis von blauen Kaftanen und gelben Gesichtern um sich, um ihnen seine Kunststücke zu zeigen.“

M.B. von Munterbach 1857

Die französische feministische Schriftstellerin Olympe Audouard, die Kairo 1864 besuchte, berichtet, dass die Promenade zu dieser Zeit mit improvisierten Küchen übersät war, in denen türkische Gerichte verkauft werden. Neben Gauklern hatten auch Tänzer und Tänzerinnen, heulende Derwische und drehende Derwische den Ort in Besitz genommen.

Verfallserscheinungen

Da der die Promenade umgebende Kanal bei Niedrigwasser, anders als vorgesehen, trocken blieb, nutzten ihn die wichtigsten Anwohner des Ortes, insbesondere einige Konsuln, als Stall für ihr Vieh und ihre Pferde. Während der Zeit der Überschwemmungen mussten sie aber dem Wasser weichen. Auf Verlangen von drei oder vier Konsuln, die behaupteten, dass dieser Kanal „Fieber verursache“, wurde er schließlich zugeschüttet. Nach Auffassung von Linant de Bellefonds verlor der Esbekieh-Platz damit „eines seiner größten Schmuckstücke“.

In den 1860er Jahren wurde der Esbekieh-Platz immer mehr vernachlässigt und füllte sich mit Müll. Olympe Audouard schreibt über ihn:

„Dieser große Platz, bepflanzt mit prächtigen Sykomoren, mit Massen von Rosensträuchern und Oleandern, wäre sehr schön, wenn er den Arabern nicht als Wasserklosett dienen würde. Es ist wirklich eine unbegreifliche Sache, die Nachlässigkeit dieser Regierung, die nicht einmal eine öffentliche Assanierungsmaßnahme durchzuführen versteht, die ignoriert, dass Sauberkeit nicht nur der hauptsächliche Schönheitsfaktor von Frauen, sondern auch von Städten ist. So ist also dieser Ort, der zu einem bezaubernden Spaziergang einladen würde, ein Herd der Infektion!“

Olympe Audouard: Les mystères de l’Égypte dévoilés. 1865.

Olympe Audouard klagte außerdem darüber, dass die Promenade am Abend „erschreckend dunkel“ war: Wenn der Mondschein eine Pause einlege, könne man keine zwanzig Schritte tun, ohne gegen einen Baum zu stoßen, in ein Loch oder auf einen Schutthaufen zu fallen.

Der Ort wurde jetzt auch zum Treffpunkt zwielichtiger Gestalten. Der Belgier Hippolyte Stacquez, der sich 1862/63 in Kairo aufhielt, berichtet, dass die Cafés der Esbekieh-Promenade abends und nachts „nur von Männern mit schlechtem Ruf“ heimgesucht wurden, die sie „in Spielhöllen und Räuberhöhlen“ verwandelten. Linant de Bellefonds spricht von bedauerlichen Verstößen gegen die Moral wie Trunksucht, Ausschweifungen und Zechprellerei. Und Gustave Delchevalerie berichtet, dass der Park, als er 1868 in Ägypten ankam, sehr schlecht gepflegt war, es dort Glücksspiele gegeben habe, und man dort nicht selten am hellichten Tag Messerspiele und Morde habe erleben können.

Geschichte und Beschreibung des Gartens

Die zweite Umgestaltung: Verkleinerung der Grünfläche und Anlage eines modernen Parks

Nach Linant de Bellefonds entwickelten im Jahr 1863 Spekulanten, die die Gunst des Khediven besaßen, einen Plan, der darauf abzielte, den südlichen Teil des Esbekieh-Platzes abzutrennen, um dort Bauland zu schaffen und einen neuen Stadtteil anzulegen. Der Plan wurde von der Regierung aufgegriffen, und eine Gesellschaft gebildet, die mit der Durchführung der notwendigen Arbeiten und dem Verkauf der betreffenden Grundstücke beauftragt wurde. Die Umsetzung dieses Plans begann allerdings erst 1866. Eugène Gellion-Danglar berichtet in einem Brief vom Dezember 1866, dass plötzlich alle Holzhütten unter den Bäumen, in denen sich vorher Cafés und Restaurants befunden hatten, verschwunden waren und man begonnen hatte, die Esbekieh-Promenade mit einer Mauer zu umgeben. Nach einigen Monaten seien die Arbeiten aber aufgrund des finanziellen Zusammenbruchs der Firma, die sie durchgeführt hatte, unterbrochen worden, und die Esbekieh seither nur noch ein mit Steinen und Gipssschutt bedeckter, unpassierbarer Ort, an dem niemand mehr spazierenging. Nach Linant de Bellefonds wurde die Societé agricole, die Gesellschaft, die mit den Arbeiten beauftragt, bald wieder aufgelöst, und die ihr übertragenen Grundstücke von der Regierung wieder eingezogen.

Der französische Vicomte de Basterot, der Kairo im Herbst 1867 besuchte, berichtete, dass sich das Gelände des Esbekieh-Platzes aber immer noch einem trostlosen Zustand befand. Er äußerte sich erschüttert, dass „viele der schönsten Bäume“ gefällt worden waren und auf dem Boden lagen, man die Cafés und das Theater abgefackelt hatte, und es Pläne gab, den schönsten Teil des Gartens zu zerstören, um dort Häuser zu bauen. In der Mitte hatte man eine große Mauer errichtet, die man mit einem monumentalen Gitter zu krönen begonnen hatte. Die Knappheit an Finanzmitteln im Staatsschatz, so schreibt De Basterot weiter, habe jedoch den Herrscher dazu gezwungen, die Arbeiten an dem Projekt zu unterbrechen. „In ihrem jetzigen Zustand“, so konstatiert er abschließend, sei die Esbekieh „nichts weiter als eine schreckliche Kloake, die nur einem Zweck zu dienen scheint, nämlich Latrine für gut die Hälfte der Bevölkerung von Kairo zu sein.“

Bald darauf wurden auf der südlichen, nördlichen und östlichen Seite weitere Teile vom Esbekieh-Platz abgetrennt und in Bauland umgewandelt. Im Norden wurde ein ganzes Stadtviertel schräg verlaufenden Straßen neu geplant, nur in der Mitte des Platzes beließ man ein Areal so wie es war, und reservierte es für den neu anzulegenden öffentlichen Garten. Nach Vicomte de Basterot war das Vorbild für diesen Garten der Pariser Park Monceaux. Das im Norden abgetrennte Bauland wurde in kleine Grundstücke eingeteilt und zum Verkauf angeboten. Auf dem Gelände südlich des Parks wurden das Khedivial-Opernhaus, ein Theaterhaus und ein Zirkusgebäude errichtet.

Wie Linant de Bellefonds berichtet, reagierten viele Europäer, die die Esbekieh-Promenade von früher her kannten, mit Unverständnis auf die bauliche Verdichtung und Verkleinerung der Grünfläche am Esbekieh-Platz, zumal westlich davon mit Ismailiya ein weitläufiges neues Stadtviertel geplant wurde, in dem die neuen Bauten hätten untergebracht werden können. Auch Theophile Gautier, der sich 1848 so begeistert zu Marilhats Esbekieh-Gemälde geäußert hatte und 1869 zum ersten Mal Kairo selbst besuchte, äußerte sich enttäuscht von der neuen Anlage:

„Man hat daraus einen großen Platz im europäischen Stil gemacht, der durch breite Wege in regelmäßige Abschnitte unterteilt ist, die von hellen Schilfpalisaden oder Palmengerippen begrenzt sind, die man zu verkaufen hofft, um dort Häuser zu bauen […], während man nur einen Teil des Grundstücks für Promenaden reserviert. Aber glücklicherweise ist bis heute kein Gebäude erkennbar, und, ohne dieser Spekulation schaden zu wollen, wäre es für die Bequemlichkeit Kairos wünschenswert, dass die Dinge in demselben Zustand blieben.“

Theophile Gautier, 1869
Die beiden Gestalter des neuen Parks: Gustave-Delchevalerie (1841–1899) und Jean-Pierre Barillet-Deschamps (1824–1873)

Was die verbliebene Grünanlage betrifft, so beauftragte der der Khedive Ismail Pascha im Jahre 1868 den belgischen Kunstgärtner Gustave Delchevalerie mit ihrer Neugestaltung. Delchevalerie führte in der Anlage zunächst verschiedene Nivellierungs- und Bepflanzungsarbeiten durch und legte künstliche Hügel an. Der Park erhielt auf seiner gesamten Fläche eine neue Aufschüttung mit Muttererde. Delchevalerie achtete nach eigener Aussage darauf, dort, wo alte und schöne Bäume standen, wenig aufzufüllen und daraus die unteren Teile des neuen Parks zu machen, indem er den Boden an den kahlen Stellen stärker anhob. Ab 1870 wurde Jean-Pierre Barillet-Deschamps an den Planungen für die Parkanlage beteiligt. Er legte auf der neuen Aufschüttung, die durchschnittlich zwei Meter maß, einen 20 Feddan (= acht Hektar) großen achteckigen Park an, der von einem schönen Eisengitter mit vier monumentalen Toren an den vier Himmelsrichtungen umgeben war. Mit acht Hektar war das Grundstück des Parks um mehr als ein Drittel kleiner als vorher.

1872 konnten die Arbeiten an dem neuen Park abgeschlossen werden, und die Einweihung des öffentlichen Gartens fand im selben Jahr mit einem Volksfest statt, zu dem auch der Khedive und seine Minister erschienen. Gerhard Rohlfs, der die achteckige Anlage unmittelbar nach ihrer Fertigstellung sah, berichtet, dass sie einem Umfang von 940 Meter hatte und insgesamt ein Areal von 82.500 Quadratmetern einnahm. Die Länge der Wege betrug 2,3 Kilometer. Der Bach und die von ihm gebildeten Teiche, die zwei Meter tief waren, bedeckten eine Fläche von 5.000 Quadratmetern.

Bepflanzung

Henry de Vaujany beschreibt im Jahre 1883 den Esbekieh-Garten als eine Anlage „aus Rasenflächen, die von zahlreichen Wegen mit anmutigen Konturen durchzogen und mit Bäumen aller Art bepflanzt sind.“ Die Bäume, die Delchevalerie in dem Park anpflanzte, stammten aus allen warmen und gemäßigten Teilen der alten und der Neuen Welt. Er selbst lobte den Park als „eine der schönsten Sammlungen exotischer Pflanzen, die jemals auf ägyptischem Boden zusammengestellt wurden.“ Bäume, die er selbst für besonders hervorhob, waren eine Wüstendattel aus dem Sudan, die nach ihm die Eigenschaft hat, im Sand der Wüste ohne Bewässerung zu wachsen und dort Früchte zu tragen, eine Dalbergia melanoxylon aus Äthiopien, eine Banyan-Feige aus Indien, die dort genauso gut gedieh wie in ihrem Heimatland und „eine schöne malerische Wirkung“ hatte „mit ihren Luftwurzeln, die von den großen Zweigen auf den Boden herabsteigen und dort Wurzeln schlagen, wobei sie dann so viele neue Stämme bilden, dass ein kleiner Wald entsteht“. Darüber hinaus erwähnt er eine Bauhinia purpurea aus einer früheren Gartenbauanlage in Alexandria als einen der schönsten Zierbäume des Garten ebenso wie mehrere Flammenbäume, den er an mehreren Stellen in Alleen gepflanzt hatte.

Zwar mussten die Pflanzen teilweise auf den nitrathaltigen Abbruchschutt gepflanzt werden, was der schnellen Entwicklung der Neupflanzungen abträglich war, aber durch die Bewässerung mit Süßwasser wurde der Boden schließlich denitrifiziert und die Vegetation entwickelte sich dort nach Delchevaleries Aussage prächtig.

Delchevaleries Plan der Pflanzen und Attraktionen im Esbekieh-Park

Pflanzen (alphabetisch): Acacia albida (125), Acacia Farnesiana (142) Acacia fistulans (88), Acacia lebbek (105), Acacia mellifera (8, 61, 72), Acacia sayal (69), Acacia spirocarpa major (60), Acacia spirocarpa minor (104), Acacia vera (41, 129), Adansonia digitata (49), Albizia lebbek (92, 150), Anogeissus leiocarpa (12, 114), Araucaria Bidwilli (108), Araucaria Cunninghami (146), Araucaria excelsa (101, 132), Balanites Aegyptiaca (11), Bambusa arundinacea (15, 52, 93), Bambusa Indica (19, 94), Bambusa scriptoria (97), Bauhinia purpurea (102), Bauhinia reticulata (118), Bignoniacée (74), Bombax crispiflora (29), Bombax heptaphyllum (100), Botryodendron macrophyllum (152), Bumex lomaria (139), Carica papaya (131), Casuarina stricta (24, 90, 117), Cedrus deodora (130), Cordia mixa (79), Cordia subopposita (84, 147), Dalbergia melanoxylon (64, 82, 124), Erythrina crista-galli (20, 103, 111, 119, 133, 136, 140), Erythrina Indica (83, 112), Erythrina ruberrima (2, 23, 38), Eucalyptus globulus (34, 121), Euphorbia arborea (40), Euphorbia atropurpurea (9), Ficus Amazonica (14), Ficus Bengalensis (33, 48), Ficus Chauvieri (26), Ficus elastica (116), Ficus ferruginea (54), Ficus populifolia (77), Ficus Porteana (58), Ficus sycomorus (27), Ficus tjela (31, 47, 53, 73), Fourcroya gigantea (67, 70, 134), Gomphocarpus species (66), Grevillea robusta (122), Grewia corylifolia (62, 71), Grewia membranacea (7, 39, 68, 123, 127), Grewia populifolia (85), Grewia quadrangularis (144), Guillandina Bonduc (28), Gynérium argenteum (25), Jatropha curcas (86, 151), Kigelia Africana (22, 35, 80, 148), Kigelia pinnata (56, 137, 141), Magnolia grandiflora (32), Mangifera Indica (21), Moringa alba (45), Oreodoxa regia (95), Parkinsonia aculeata (46), Pentaptera glabra (128), Pereskia aculeata (63), Phoenix dactylifera (87), Phoenix Leonensis (10), Phyllanthus securinega (44, 76, 106, 126), Phytolacca dioïca (57), Plumiera alba (6, 37), Poinciana regia (30, 36, 43, 110, 115, 145), Poinsettia pulcherrima (91), Pomgamia glabra (13), Populus angulala (55), Populus Carolinensis (16, 51, 96), Rumex lomaria (4, 75), Salix Babylonica (98), Salix pendula (17), Salix Roxburghii (153), Sapinus sénégalensis (18), Solanum macranthum (59), Sophora tomentosa (65, 81), Sterculia platanifolia (5, 50, 149), Tamarix aegyptiaca (99), Tamarix arborea (120), Tamarix nilotica (89), Unona longifolia (3), Xylophylla latifolia (1), Zizyphus Abyssinicus (42)
Attraktionen: 154. Musikkiosk; 155. Limonadenverkäufer; 156. Bierhalle; 157. Karussell; 158. Reposoirs; 159. Brücke aus Eisen und Holz; 160. Banyan-Baum; 161. Chinesischer Pavillon; 162. Exedra; 163. Arabisches Café-chantant; 164. Schießbude; 165. Verkaufsstelle für Tabakwaren; 166. Griechisches Café-chantant; 167. Eisverkäufer unter der Grotte und dem Wasserfall; 168. Rustikale Brücke; 169. See, Tretboote; 170. Belvedere (Architektur); 171. Fotoatelier; 172. Restaurant; 173. Europäisches Café-chantant, Theater; 174. Pförtner, Wächter.
Quelle: G. Delchevalerie: Le parc public de l'Ezbékieh au Caire. 1897, S. 17, und Ders. Les Promenades et les Jardins du Caire. 1899, S. 54f.

Attraktionen

Zu dem Park gehörten ein künstlicher Felsen und eine Grotte aus Tuffsteinen, aus der das Wasser in Kaskaden hervorsprudelte. Der Wasserfall wurde von einem Reservoir mit Nilwasser auf der Spitze des Felsens gespeist, das von der Kairoer Wassergesellschaft ständig mit Wasser gefüllt wurde. Der Wasserfall wieder speiste einen kleinen Bach, der in einen zentralen Teich floss. Über der Grotte erhob sich ein Belvedere, von dem man einen schönen Ausblick nicht nur auf den Park, sondern ganz Kairo hatte. Das eiserne Gerüst für diese Konstruktion war in Paris hergestellt worden.

Der Garten enthielt noch einige andere Attraktionen. Dazu gehörten zwei Musikpavillons, einer für Militärmusik und einer für bürgerliche Musik, in denen bei Sonnenuntergang, wenn die Menschen Abkühlung suchten, Konzerte gegeben wurden. Nach Vaujany, der die Situation um 1883 beschreibt, spielte die Militärkapelle täglich von vier bis neun Uhr abends europäische und türkische Musik. Nach Rohlfs' Beschreibung handelte es sich um ein „ausgezeichnetes Militärorchester“, das „europäische Symphonien und Stücke“ spielte und „arabische Weisen“, die ihn „ungemein an Wagner'sche Compositionen“ erinnerten. Außerdem gab es in dem Park ein europäisches und ein arabisches Café-chantant, ein Freilichttheater und einen chinesischen Pavillon. In dem arabischen Café-chantant konnte man abends arabische Romanzen hören, die von einheimischen Instrumenten begleitet wurden. Später wurde im Zentrum des Parks eine Rollschuhbahn eingerichtet.

Auch gastronomisch hatte der Park Einiges zu bieten. So gab es in der Nähe des Sees ein europäisches Restaurant in einem Chalet, das die Elite der Stadtbewohner anlockte. Hier konnte man unter grünen Lauben, die dieses öffentliche Lokal umgaben, speisen. Des Weiteren gab es eine Bierhalle, ein Karussell, Schaukeln und alle Arten von Spielen für Kinder, eine Schießbude, Tretboote auf dem See, ein Fotoatelier, außerdem Buden, in denen Liköre, Speiseeis und Scherbets verkauft wurden. Gerhard Rohlfs berichtet, dass in der Bierhalle „das beste Drehersche oder Münchener Bier in Eis dem Nordländer Labung“ bot. Er fand in dem Garten „Alles vereint, was nur das Leben angenehm macht“.

Personal, Unterhalt, Beleuchtung

Um die Pflege des Gartens kümmerte sich zahlreiches Personal. Jeden Morgen wurden die mit Blumen übersäten Rasenflächen, die Blumenbeete und die Wege mit langen Schläuchen auf Rädern bewässert, wie damals üblich in europäischen Parks. Für die Speisung der Springbrunnen, das Besprengen der Wege und den Unterhalt der Teiche waren täglich 800 Kubikmeter Wasser notwendig.

Am Abend wurde der Park durch 106 blumenförmige Kandelaber beleuchtet. Sie bestanden jeweils aus fünf Zweigen mit je fünf Tulpen, so dass allabendlich mehr als 2.500 Flammen brannten. Rohlfs beschreibt die Beleuchtung des Parks als „feenhaft“.

Für die Sicherheit sorgten Pförtner, die an den vier monumentalen Eingängen postiert waren, und Polizeiwachen. Gerhard Rohlfs berichtet, dass an den Toren Eintrittsgeld erhoben wurde, um Bettler daran zu hindern, den Park zu betreten. Im Jahre 1913 betrug das Eintrittsgeld 1/2 Piaster.

Das Publikum

Gerhart Rohlfs bedauerte in den frühen 1870er Jahren, dass der „Esbekieh-Garten lange nicht so besucht“ war, „wie er es verdiente.“ Es sei „eine für Kairo zu vornehme Anstalt“. Das Eintrittsgeld sei zwar nicht unerschwinglich, aber die „Genüsse innerhalb desselben“ seien zu teuer. Das vornehme europäische Publikum halte sich aus Blasiertheit fern, das vornehme muslimische Publikum sei für solche Genüsse unempfänglich, und „der gemeine europäische Mann“ suche lieber in den übrigen Vergnügunglokalen Kairos seine Unterhaltung.

Im Laufe der Zeit wurde der Esbekieh-Garten aber von der einheimischen ägyptischen Bevölkerung besser aufgenommen. So schreibt der Baedeker-Reiseführer für Ägypten im Jahre 1877: „Der Garten, zuerst fast ausschließlich von Europäern benutzt, bekommt nach und nach bei den Arabern, von denen auch wohlhabende ihre tief verschleierten Frauen und Kinder hierher schicken, immer mehr in Aufnahme.“ Ähnlich wie Rohlfs warb der Baedeker-Reiseführer für den Besuch des Gartens: „Das Umherwandeln unter den hier vortrefflich gedeihenden Bäumen, Sträuchern und Blumen jeder Art ist köstlich (Mai und Juni ist die Hauptblüthezeit), und wer seiner Gesundheit wegen in Kairo den Winter verlebt, sollte diesen Garten fleissig benutzen.“ Bei den in Kairo ansässigen Familien blieb der Garten dagegen unbeliebt. In der vierten Auflage des Baedeker-Reiseführer, die 1897 erschien, heißt es: „Die ansässigen europäischen Familien der besseren Stände benutzen den Garten wenig.“

Die hohe Anziehungskraft, die der Park um die Jahrhundertwende für die einheimische Mittelschicht hatte, geht aus dem 1902 veröffentlichten Buch Ḥāḍir al-Miṣrīyīn au sirr taʾaḫḫurihim („Die Gegenwart der Ägypter oder das Geheimnis ihrer Rückständigkeit“) des ägyptischen Autors Muhammad ʿUmar hervor. Er kritisierte dort die Gewohnheit junger ägyptischer Männer aus der Mittelschicht, ihre Freizeit damit zu verbringen, müßig in Cafés zu plaudern und Nargile zu rauchen, und ergänzt dann:

„Es gibt in der Hauptstadt keinen Ort, der für solche Vorhaben besser geeignet ist als der Esbekieh-Garten, wo die Luft nachts vibriert und die Gänse in den Teichen schwimmen und wo sich die Figuren schöner Damen im Rhythmus der Zweigen wiegen, so dass, wenn die Brise auffrischt, ihre Köpfe sich zur Ehrerbietung verneigen, sie einander liebeswerbend und gehorsam umarmen, und das Rauschen, was man dann hört, die Sorgen verschwinden lässt und aus dem Herzen den Widerhall der Kümmernisse vertreibt.“

Muḥammad ʿUmar 1902

Entwicklung der Umgebung

Gleichzeitig mit der Anlegung des Esbekieh-Gartens wurde seine unmittelbare Umgebung in ein neues Viertel von Straßen mit von Arkaden bedeckten Gehwegen wie in der Rue de Rivoli in Paris umgestaltet. Fast alle neuen Wirtschaftsanlagen von Kairo (Hotels, Banken und öffentliche Dienstleistungsgebäude) wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts in diesem Viertel verdichtet. Westlich des Parks wurde in dem Dreieck zwischen Esbekieh, Būlāq und dem Qasr-an-Nīl-Palast außerdem ein neues Stadtviertel angelegt, das als „Ismailiyya“ bezeichnet wurde und dem heutigen Downtown-Bezirk (arab. Wusṭ al-Balad) mit Tahrir-Platz entspricht.

Mit seinem Park, dem Opernhaus, Theatern und verschiedenen Cafés hatte das Esbekieh-Viertel bereits vor der britischen Besetzung Ägyptens 1882 einen Ruf als Vergnügungsviertel. Die Eröffnung der Straßenbahn von Kairo im Jahr 1896, deren zentraler Knotenpunkt nur wenige Schritte vom Esbekieh-Park am ʿAtaba-al-Chadrā'-Platz entfernt war, verstärkte den Ruf der Gegend als Vergnügungsviertel, da sie für Bewohner aus anderen Teilen der Stadt nun leichter zugänglich wurde. Hotels und Banken wurden dagegen um die Jahrhundertwende zunehmend in den Stadtteil Ismailiyya verlagert.

Niedergang und Überreste

Im frühen 20. Jahrhundert entwickelte sich der Esbekieh-Platz immer mehr zu einem Verkehrsknotenpunkt. Nachdem der Esbekieh-Garten in den 1950er Jahren von einer breiten Verkehrsstraße, der Verlängerung der 26.-Juli-Straße, durchbrochen wurde, macht er nur noch einen kümmerlichen Eindruck. Überreste des Parks sind noch zu sehen.

Literatur

Quellen

  • Gustave Delchevalerie: Le parc public de l’Ezbékieh au Caire, suivi de Considérations générales sur les plantations et les anciens jardins vice-royaux et khédiviaux d’acclimatation en Égypte sous la dynastie de Méhémet-Aly au dix neuvième siècle de J.C., et D’une notice sur les curiosités horticoles de la vallée du Nil. Imprimerie C. Annot-Braeckman, Gent 1897.
  • Gustave Delchevalerie: Les Promenades et les Jardins du Caire. Chaumes 1899. S. 52–55 (Digitalisat).
  • Louis Maurice Adolphe Linant de Bellefonds: Mémoires sur les principaux travaux d’utilité publique exécutés en Égypte depuis les temps de la plus haute antiquité jusqu’à nos jours. Arthus Bertrand Éditeur, Paris 1872–1873. S. 595–602 (Digitalisat).
  • M.B. von Munterbach: Die Kalifenstadt am Nil. 1. : Die Stadt von außen. Straßenleben. Ein Abend auf der Esbekieh. In: Die Grenzboten: Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst Jg. 16 (1857) II. Semester. III. Band, S. 361–377.
  • Gerhard Rohlfs: Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Afrikas: Berichte aus den Jahren 1870–1875. Dürr’sche Buchhandlung, Leipzig 1876. S. 194–197 (Digitalisat).
  • Henry de Vaujany: Le Caire et ses environs: caractères, moeurs, coutumes des Égyptiens modernes. E. Plon, Paris 1883. S. 128–130 (Digitalisat).

Sekundärliteratur

  • Doris Behrens-Abouseif: Azbakiyya and its Environs from Azbak to Ismāʿīl, 1476–1879. S. 81–100.
  • Denise Brahimi: À propos de l’Esbekieh ou du bon usage des places arabes. In: L’Orient de Théophile Gautier Bulletin de la Société Théophile Gautier, Montpellier 1990. S. 295–301 (Digitalisat).
  • Adam Mestyan: Power and Music in Cairo: Azbakiyya. In: Urban History Band 40, Nr. 4 (2013), S. 681–705.
  • Ihab Morgan: Kairo: Die Entwicklung des modernen Stadtzentrums im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Peter Lang, Bern u. a. 1999. S. 121–128.
  • Joseph Ben Prestel: Emotional Cities: Debates on Urban Change in Berlin and Cairo, 1860–1910. Oxford University Press, Oxford 2017. S. 106–135.
  • Mohamed Scharabi: Kairo: Stadt und Architektur im Zeitalter des europäischen Kolonialismus. Ernst Wasmuth Verlag, Tübingen 1989. S. 105–111.
  • Jeanette Tagher: Le jardin de l’Ezbekieh. In: Cahiers d’histoire égyptienne 5–6 (1951), S. 413–421.
Commons: Esbekieh-Garten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rohlfs: Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Afrikas: Berichte aus den Jahren 1870–1875. 1876, S. 194.
  2. Behrens-Abouseif: Azbakiyya and its Environs from Azbak to Ismāʿīl. 1985, S. 22f.
  3. Leo Africanus: The history and description of Africa. Engl. Übersetzung von John Pory, ediert von Robert Brown. Hakluyt Society, London 1896. Band III, S. 874 (Digitalisat).
  4. Behrens-Abouseif: Azbakiyya and its Environs from Azbak to Ismāʿīl. 1985, S. 25.
  5. Linant de Bellefonds: Mémoires sur les principaux travaux . 1872–1873, S. 595f.
  6. 1 2 3 Linant de Bellefonds: Mémoires sur les principaux travaux . 1872–1873, S. 596.
  7. Behrens-Abouseif: Azbakiyya and its Environs from Azbak to Ismāʿīl. 1985, S. 71.
  8. Louis Reybaud: Histoire Scientifique Et Militaire De L’Expédition Française En Égypte. 4: Expédition. A.-J. Dénain, Paris 1830–1836. Band II, S. 69 (Digitalisat).
  9. Arnold Hottinger: Bonaparte in Ägypten: aus der Chronik des ʿAbdarraḥmān al-Ǧabartī (1754-1829). Artemis, Zürich/München 1983. S. 159.
  10. Louis Reybaud: Histoire Scientifique Et Militaire De L’Expédition Française En Égypte. 4: Expédition. A.-J. Dénain, Paris 1830–1836. Band II, S. 72, 75 (Digitalisat).
  11. Vaujany: Le Caire et ses environs: caractères, moeurs, coutumes des Égyptiens modernes. 1883, S. 130.
  12. Brahimi: «À propos de l’Esbekieh ou du bon usage des places arabes». 1990, S. 295.
  13. Théophile Gautier: “MARILHAT.” in Revue Des Deux Mondes. 23/1 (1848) S. 56–75, hier S. 59.
  14. 1 2 Ida Pfeiffer: Reise einer Wienerin in das Heilige Land […] unternommen im März bis Dezember 1842. Zweiter Teil. Jakob Dirnböck, Wien, 1846. S. 110f. Digitalisat
  15. 1 2 3 4 5 6 Delchevalerie: Les Promenades et les Jardins du Caire. 1899, S. 52.
  16. Edward William Lane: Cairo fifty years ago. Edited by Stanley Lane-Poole. John Murray, London 1896. S. 71 (Digitalisat).
  17. Linant de Bellefonds: Mémoires sur les principaux travaux . 1872–1873, S. 596f.
  18. 1 2 Vaujany: Le Caire et ses environs: caractères, moeurs, coutumes des Égyptiens modernes. 1883, S. 128.
  19. 1 2 Linant de Bellefonds: Mémoires sur les principaux travaux. 1872–1873, S. 597.
  20. Ida Gräfin Hahn-Hahn: Orientalische Briefe. Dritter Band. Alexander Duncker, Berlin 1844. S. 30 (Digitalisat).
  21. 1 2 Victor Schoelcher: L’Égypte en 1845. Pagnerre, Paris 1846. S. 174. Digitalisat
  22. 1 2 Charles de Pardieu: Excursion en Orient: l'Egypte, le Mont Sinaï, l'Arabie, la Palestine, la Syrie, le Liban. Garnier Frères, Paris 1851. S. 37. Digitalisat
  23. 1 2 Von Munterbach: „Die Kalifenstadt am Nil. 1. Die Stadt von außen. Straßenleben. Ein Abend auf der Esbekieh.“ 1857, S. 376.
  24. 1 2 Eugène Gellion-Danglar: Lettres sur l’Égypte contemporaine: 1865-1875. Sandoz et Fischbacher, Paris 1876. S. 13 (Digitalisat).
  25. 1 2 3 Linant de Bellefonds: Mémoires sur les principaux travaux . 1872–1873, S. 598.
  26. 1 2 Eugène Poitou: Un hiver en Égypte. Tours 1860. S. 73. Digitalisat
  27. 1 2 3 Olympe Audouard: Les mystères de l’Égypte dévoilés. E. Dentu, Paris 1865. S. 297 (Digitalisat).
  28. 1 2 Hippolyte Stacquez: L’Égypte, la Basse Nubie et le Sinai. Grandmont Donders, Liège 1865. S. 63 f. (Digitalisat).
  29. Von Munterbach: „Die Kalifenstadt am Nil. 1. Die Stadt von außen. Straßenleben. Ein Abend auf der Esbekieh.“ 1857, S. 363.
  30. 1 2 Maxime Du Camp: Le Nil. Égypte et Nubie. 2. Aufl. Bourdilliat, Paris 1860. S. 33f. (Digitalisat)
  31. Adolphe Joanne und Émile Isambert: Itinéraire descriptif, historique et archéologique de l’Orient. Hachette, Paris 1861. S. 972. Digitalisat
  32. Eugène Poitou: Un hiver en Égypte. Tours 1860. S. 74 (Digitalisat).
  33. Olympe Audouard: Les mystères de l’Égypte dévoilés. E. Dentu, Paris 1865. S. 425 (Digitalisat).
  34. 1 2 Linant de Bellefonds: Mémoires sur les principaux travaux. 1872–1873, S. 599.
  35. Olympe Audouard: Les mystères de l’Égypte dévoilés. E. Dentu, Paris 1865. S. 298 (Digitalisat).
  36. Linant de Bellefonds: Mémoires sur les principaux travaux. 1872–1873, S. 599f.
  37. 1 2 3 Linant de Bellefonds: Mémoires sur les principaux travaux. 1872–1873, S. 600.
  38. 1 2 Florimond J. de Basterot: Le Liban, la Galilée et Rome: journal d’un voyage en Orient et en Italie; Sept. 1867 - Mai 1868. Charles Douniol, Paris 1869. S. 272 (Digitalisat).
  39. Linant de Bellefonds: Mémoires sur les principaux travaux. 1872–1873, S. 601.
  40. Theophile Gautier: L'Orient. vol. II L'Egypte. Paris 1893. V. La place de l’Esbekieh
  41. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Delchevalerie: Les Promenades et les Jardins du Caire. 1899, S. 53.
  42. 1 2 3 4 5 Vaujany: Le Caire et ses environs: caractères, moeurs, coutumes des Égyptiens modernes. 1883, S. 129.
  43. 1 2 Rohlfs: Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Afrikas: Berichte aus den Jahren 1870–1875. 1876, S. 195.
  44. Delchevalerie: Les Promenades et les Jardins du Caire. 1899, S. 53f.
  45. 1 2 3 4 Rohlfs: Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Afrikas: Berichte aus den Jahren 1870–1875. 1876, S. 196.
  46. Rohlfs: Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Afrikas: Berichte aus den Jahren 1870–1875. 1876, S. 196f.
  47. 1 2 Karl Baedeker: Egypt and the Sûdân; handbook for travellers. Leipzig 1914. S. 51. Digitalisat
  48. Rohlfs: Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Afrikas: Berichte aus den Jahren 1870–1875. 1876, S. 195f.
  49. Rohlfs: Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Afrikas: Berichte aus den Jahren 1870–1875. 1876, S. 197.
  50. Karl Baedeker: Ägypten: Handbuch für Reisende (Band 1): Unter-Aegypten bis zum Fayûm und die Sinai-Halbinsel. Karl Baedeker, Leipzig 1877. S. 277f. Digitalisat
  51. Karl Baedeker: Ägypten: Handbuch für Reisende. 4. Aufl. Karl Baedeker, Leipzig 1897. S. 39. Digitalisat
  52. Muḥammad ʿUmar: Ḥāḍir al-Miṣrīyīn au sirr taʾaḫḫurihim. Maṭbaʿat al-Muqtaṭaf, Kairo 1902. S. 200. Digitalisat
  53. Morgan: Kairo: Die Entwicklung des modernen Stadtzentrums. 1999, S. 81.
  54. Mestyan: “Power and Music in Cairo: Azbakiyya.” 2013, S. 693.
  55. Prestel: Emotional Cities: Debates on Urban Change in Berlin and Cairo, 1860–1910. 2017, S. 124.
  56. Prestel: Emotional Cities: Debates on Urban Change in Berlin and Cairo, 1860–1910. 2017, S. 118.
  57. Morgan: Kairo: Die Entwicklung des modernen Stadtzentrums im 19. und frühen 20. Jahrhundert. 1999, S. 125f.
  58. Scharabi: Kairo: Stadt und Architektur im Zeitalter des europäischen Kolonialismus. 1989, S. 109.

Koordinaten: 30° 3′ 6,4″ N, 31° 14′ 52″ O

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