Als Napoleons Ägyptenfeldzug oder Ägyptische Expedition wird die militärische Unternehmung der Ersten Französischen Republik unter dem Kommando Napoleon Bonapartes in Ägypten in den Jahren von 1798 bis 1801 bezeichnet.

Begleitet wurden Bonaparte und sein Expeditionsheer von der Commission des sciences et des arts, einer Expertengruppe von 167 Wissenschaftlern, Ingenieuren, Künstlern etc.; die meisten von ihnen waren 1798 in Kairo auch Gründungsmitglieder des Institut d’Égypte, einer wissenschaftlichen Einrichtung zur Erforschung Ägyptens. Die Ergebnisse der Expedition wurden in der mehrbändigen Text- und Bildsammlung Description de l’Égypte (dt. Beschreibung Ägyptens) dokumentiert, die den Grundstein für die spätere Ägyptologie legte.

Die vom Direktorium vorgegebenen Ziele der Expedition waren: aus Ägypten eine französische Provinz zu machen, die britische Vormachtstellung im Mittelmeerraum zu beenden und im levantinischen Handel Frankreich eine herrschende Rolle zu sichern. Ägypten gehörte zum Osmanischen Reich, die Macht aber übten seit dem 17. Jahrhundert die Beys der Mameluken aus.

Für die militärische, zumeist positiv formulierte Unterrichtung des Direktoriums war Stabschef Louis-Alexandre Berthier zuständig. Mit seinem späteren Außenminister Talleyrand hielt Bonaparte einen ständigen, geheim gehaltenen Kontakt zur Vorbereitung eines Staatsstreiches nach seiner Rückkehr, der dann am 9. November 1799 durchgeführt wurde.

Ausgangslage

Vorgeschichte

Die 1517 von den Osmanen unterworfenen Machthaber, die Mamluken, hatten seit dem 17. Jahrhundert ihre Macht in Ägypten allmählich wieder ausgebaut und die eigene Position durch neue Sklaven aus dem Kaukasus wieder gestärkt. Bald war der osmanische Gouverneur nur noch der formale Repräsentant der schwindenden Macht des Sultans im fernen Konstantinopel, während Mamluken-Beys wieder hohe Verwaltungsposten einnahmen. Ab 1768 erhob sich dann Ali Bey (1728–1773) zur Revolte. Er wurde von seinem eigenen Schwiegersohn Abu Dahab geschlagen. Nach dessen Tod 1775 stritten verschiedene Mamluken-Fraktionen um die Macht.

Schließlich gelang es 1791 den miteinander verbündeten Mamluken-Emiren Murad Bey Muhammad und Ibrahim Bey, die mit den Osmanen verbündeten Mamluken-Fraktion um Ismail Bey endgültig von der Macht zu verdrängen.

Nach der Hinrichtung König Ludwigs XVI. im Jahr 1793 hatten fast alle Monarchien Europas, darunter Spanien, Portugal und die meisten deutschen und italienischen Staaten, Frankreich den Krieg erklärt. Großbritannien befand sich durch die französische Kriegserklärung vom 1. Februar 1793 ebenfalls im Kriegszustand. Der hohe Enthusiasmus der Revolutionstruppen sorgte jedoch für zahlreiche militärische Erfolge der Franzosen (siehe Koalitionskriege).

1795 wurden die Niederlande von der französischen Armee besetzt und standen nun unter französischer Kontrolle. Preußen und Spanien schlossen im selben Jahr einen Friedensvertrag mit Frankreich. Unter französischem Druck erklärte Spanien im August 1796 Großbritannien sogar den Krieg. 1797 wurde der Frieden von Campo Formio zwischen Frankreich und Österreich geschlossen. Großbritannien und das Russische Reich waren damit 1798 die einzigen europäischen Großmächte, die sich noch im Krieg mit der französischen Republik befanden. Zu ihren Verbündeten zählten nur noch Portugal, das wenig einflussreiche Königreich von Neapel-Sizilien und die Insel Malta.

Die Entscheidung für Ägypten

Schon lange vor dem Feldzug Napoleons befand sich Ägypten im Blickfeld französischer Expansionsbestrebungen im Mittelmeerraum (Näheres hier). Seit der Zeit der Kreuzzüge bestand ein Interesse Frankreichs an den Ländern der Levante (Syrien, Ägypten). Im Sechsten Kreuzzug 1248 bis 1254 hatte Ludwig IX. von Frankreich vergeblich die Eroberung Ägyptens versucht. Anknüpfend an diese historischen Gegebenheiten hatte 1672 der als Diplomat in Paris agierende Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz dem französischen König Ludwig XIV. die Besetzung Ägyptens nahegelegt. Allein zwischen 1774 und 1798 setzte sich die französische Regierung mit mehr als einem Dutzend Vorschlägen von Diplomaten, Politikern und Unternehmern auseinander, die alle auf eine Einnahme des Landes am Nil abzielten. 1789 hatten einige Ägypter selbst bzw. zumindest der von einer rivalisierenden Fraktion bedrängte Mamluken-Emir Ismail Bey den französischen Konsul in Ägypten um die Entsendung französischer Militärberater und Ausbilder gebeten; der Ausbruch der Französischen Revolution verhinderte das jedoch. Frankreich hatte somit zwei formale Anlässe zum Eingreifen: Zum einen war das Königreich Frankreich seit 1536 Verbündeter des Osmanischen Sultans und konnte behaupten, dessen Autorität wiederherstellen zu wollen. Zum anderen konnte Frankreich seit der Französischen Revolution argumentieren, auch den Ägyptern die Freiheit vom Joch der feudalen Mamlukenherrschaft bringen zu wollen. Bei der Entscheidung des Jahres 1798 handelte es sich um ein komplexes Gemenge geostrategischer, wirtschaftlicher, politischer und persönlicher Interessen, verbrämt mit den Idealen der Französischen Revolution.

Das Direktorium gab nach einigem Widerstand (besonders von de la Révellière-Lepaux) seine Zustimmung zu der Expedition. Der Präsident des Direktoriums schrieb aus Gründen der Geheimhaltung eigenhändig den Befehl an Napoleon. Es wurde festgehalten, dass die Expedition aus 36.000 Mann der alten, italienischen Armee, Offizieren und Generälen nach seiner Wahl, verschiedenen Wissenschaftlern und Handwerkern und der Flotte des Vizeadmirals Brueys bestehen sollte. Das Schatzamt wurde angewiesen, Napoleon jede Dekade 1,5 Millionen Francs zu senden. Darüber hinaus wurde ihm erlaubt, 3 der 8 Millionen aus dem „Berner Schatz“ zu entnehmen, den Frankreich sich für sein militärisches Eingreifen zur Errichtung einer Helvetischen Republik von der unterlegenen Eidgenossenschaft hatte zahlen lassen.

Großbritannien hatte im Verlauf des 18. Jahrhunderts einen Teil seiner Kolonien in Nordamerika verloren, zuvor aber Frankreich aus Indien vertrieben und dominierte damit große Teile des Asienhandels. Der überwiegende Teil des britischen Indienhandels fand auf dem Seeweg um das Kap der Guten Hoffnung statt. Wollte die britische Regierung jedoch Eilnachrichten nach Kalkutta schicken, dann konnte sie Tausende von Kilometern abkürzen, indem sie einen Boten durch das Mittelmeer nach Alexandria in Ägypten schickte, den Nil hinauf nach Kairo und von dort aus bis zum Roten Meer, wo der Bote auf dem Seeweg weiter nach Indien reiste. Eine Einnahme Ägyptens hätte Großbritannien deshalb von der schnellsten Kommunikationsroute mit Indien, dem „Juwel in der Krone des Empire“, abgeschnitten.

Wirtschaftlich stand Ägypten im Ruf legendärer Fruchtbarkeit. In einem durchschnittlichen Jahr importierte Frankreich aus ägyptischen Häfen Waren im Wert von rund drei Millionen Livres. Dabei handelte es sich sowohl um heimische Produkte (wie Reis, Getreide, Natron, Baumwolle, Flachs, Sennesblätter, Büffel- und Kamelhäute) als auch um Waren aus dem Inneren Afrikas (wie Tamarinden, Elfenbein, Straußenfedern, Goldstaub, Kaffee, Gummi arabicum, Asa foetida, Weihrauch und Myrrhe), die aus dem Raum des Indischen Ozeans über Sues nach Ägypten gelangten. Eine Einnahme Ägyptens hätte Frankreich die Kontrolle über diese Warenströme gegeben.

Napoleon selbst hatte schon seit seiner Kindheit vom Orient geträumt. Aus der Histoire philosophique et politique des établissements et du commerce des Européens dans les deux Indes (dt. Geschichte beider Indien) des Abbé Raynal hatte er in seiner Jugend eine Passage kopiert, in der Ägypten als der Schlüssel einer Verbindung zwischen Afrika und Asien mit Europa dargestellt wurde. Napoleon folgte mit seinem Interesse der Strömung seiner Zeit; die Beschäftigung mit Ägypten war in Frankreich spätestens seit der Veröffentlichung des Romans Sethos, anecdotes de l’ancienne Égypte des Abbé Terrasson im Jahr 1731 in Mode gekommen. Gärten von wohlhabenden Parisern waren mit Sphingen und Obelisken geschmückt; freimaurerische Symbolik griff das Pyramidenmotiv auf. Reiseberichte wie die des Dänen Frederic Louis Norden oder des Engländers Richard Pococke (übersetzt 1755 und 1772) fanden ein ebenso großes Publikum wie die Lettres sur l’Égypte (1786) von Claude-Étienne Savary und die Voyage en Syrie et en Égypte (1787) von Constantin François Volney. Volneys Ideal einer kulturellen Weiterentwicklung Ägyptens im Sinne der Aufklärung diente später vor allem den mit Napoleon nach Ägypten gereisten Gelehrten der Legitimation. Sie nahmen in ihren Reiseberichten und wissenschaftlichen Abhandlungen ein ums andere Mal auf Volneys Voyage Bezug.

In Deutschland bestand unter den jungen Intellektuellen, die für die Französische Revolution schwärmten, große Sympathie für Bonapartes Expedition. Die Schriftstellerin der Deutschen Romantik Karoline von Günderrode pries in ihrem hymnischen Gedicht Buonaparte in Ägypten […] Frankreichs Liebling, die Säule der würdigeren Freiheit, rufet er der Vorzeit Begeisterung zurück, Zeiget dem erschlafften Jahrhundert römische Kraft […]

Letztendlich bot der Ausflug in den sagenumwobenen Orient dem jungen General Bonaparte nach dem Abschluss des Italienfeldzuges auch eine willkommene Gelegenheit, seinen eigenen Ruhm und damit seine Macht zu steigern. Für das an der Spitze des Staates stehende Direktorium war es hingegen attraktiv, den politisch immer einflussreicher werdenden Napoleon für einige Zeit aus Paris fernzuhalten.

Von allen Überlegungen zur Eroberung Ägyptens war aber das wahrscheinlich stärkste Motiv Bonapartes, die Chance der „Selbststilisierung zum Herrscher“ und damit das Signal an die Franzosen, zur Übernahme der Herrschaft bereit zu sein. Das Zeitalter der Pharaonen zu idealisieren und die darauf folgenden Epochen als Zeiten des Verfalls zu erklären, war die Aufgabe der Begleitung von Wissenschaftlern, Künstlern und Berichterstattern, die – ähnlich wie es das Vorbild Alexander der Große bei der Eroberung Persiens vorgemacht hatte – die Expedition als Erfolg hochstilisierten und damit Bonaparte den Mythos eines Retters verliehen.

Die Ägyptische Expedition

Die Vorbereitung der Expedition

Die Vorbereitungen für die Expedition waren verteilt auf Toulon, Marseille, Genua, Korsika und Civitavecchia und wurden im Wesentlichen von Napoleons Stabschef Louis Berthier organisiert. Toulon fungierte dabei als Heimathafen für die Kriegsflotte, die das Übersetzen des französischen Heeres über das Mittelmeer begleiten sollte. Handelsschiffen wurde das Verlassen der Häfen von Toulon und seiner Umgebung verboten, um genügend Transportschiffe zur Verfügung zu haben. 280 Handelsschiffe beförderten 28.200 Mann Infanterie, Ingenieure und Kanoniere, 2.800 Kavalleristen sowie 60 Feld- und 40 Belagerungsgeschütze des französischen Expeditionsheers. 13 Linienschiffe, vier Fregatten und einige Kanonenboote unter dem Oberbefehl von François-Paul Brueys d’Aigalliers begleiteten die Flotte. Divisionskommandeure waren Desaix (Avant-Garde), Reynier (rechter Flügel), Kléber (Zentrum), Menou (linker Flügel), Bon (Reserve) und Murat (Kavallerie). Dabei waren auch 150 französische Künstler, Wissenschaftler und Forscher.

Am 19. Mai verließ, nach nur zweimonatiger Vorbereitungszeit, der erste Teil des Expeditionsheers den Hafen von Toulon. Napoleon war an Bord des Flaggschiffes L’Orient. Am 21. Mai schloss sich von Genua aus eine Flotte von 72 Schiffen an. Am 28. Mai stießen von Korsika her 22 Schiffe hinzu, am 30. Mai weitere 56 Schiffe, die von Civitavecchia ausgelaufen waren. Damit war das französische Expeditionsheer komplett und nahm Kurs in Richtung Sizilien. Bereits am 5. Juni umrundete es die Südspitze von Sardinien.

Verlauf

Am 9. Juni traf die Flotte vor Malta ein. Tags darauf wurden französische Soldaten auf die Insel entsandt. Der Malteserorden unternahm keine Anstrengungen, gegen ein christliches Heer zu kämpfen. Am 11. Juni wurde an Bord der L’Orient das Kapitulationspapier unterschrieben. Napoléon hielt sich in Malta am 12. und 13. Juni an Land auf. Die Flotte segelte danach mit ihm weiter nach Ägypten und landete mit der gesamten Streitmacht bei Abukir. Am 2. Juli 1798 wurde Alexandria eingenommen. In der Schlacht bei den Pyramiden am 21. Juli 1798 etwas südlich von Gizeh wurde das osmanisch-ägyptische Heer zusammen mit einer Mamluken-Eliteeinheit unter Mourad Bey und Ibrahim Bey, insgesamt rund 5.000 Mann (zuzüglich 12.000 Dienern bzw. Waffenträgern), vernichtend in die Flucht geschlagen. Danach wurden Kairo und ganz Ägypten besetzt.

Napoléon erklärte in zwei Proklamationen an die Ägypter und an die Einwohner von Kairo, das Ziel der französischen Invasion sei die Befreiung des Landes von der Sklaverei und Ausbeutung der „Sippschaft“ (race) der Mamluken und ihrer selbstherrlichen Beys. Die Einwohner, ihre Familien, ihre Häuser und Eigentum würden geschützt. Ihre Lebensgewohnheiten, ihre Religion würden geachtet und zur Selbstverwaltung würden Dīwāne eingerichtet, besetzt mit einheimischen Würdenträgern.

Bereits am 1./2. August 1798 wurde die vor der ägyptischen Küste liegende französische Flotte von den Briten unter Admiral Nelson in der Seeschlacht bei Abukir vollständig vernichtet, so dass ein Rücktransport unmöglich und die Verbindung mit Frankreich unterbrochen waren. Napoleon ließ einen Aufstand in Kairo am 22. und 23. Oktober 1798 niederschlagen. 14 Anführer wurden gefangen genommen, 5 Scheichs wurden hingerichtet, ungefähr 2.500 Aufständische sollen getötet worden sein. An anderer Stelle wird von 2.000 exekutierten Aufständischen berichtet. Jean-Joseph Ader schrieb von 3000 Getöteten (bei 300 Toten auf französischer Seite) und sechs Hingerichteten.

Außenminister Talleyrand war unterdessen nicht, wie abgesprochen, nach Konstantinopel zur Hohen Pforte gereist, um ihr zu versichern, dass die Expedition nicht gegen das Osmanische Reich gerichtet sei. Unter britischem und russischem Druck erklärte das Osmanische Reich (damals unter Sultan Selim III.) schließlich doch Frankreich den Krieg.

Das Direktorium in Paris rechnete inzwischen mit einer Niederlage Bonapartes. Es wurde ihm überlassen, sich gegen Konstantinopel zu wenden, um eine Teilung des Osmanischen Reiches zu betreiben oder seine Stellungen in Ägypten zu behaupten. In jedem Falle erwarte man von ihm Maßnahmen und ruhmreiche Resultate.

Im Februar 1799 führte Napoleon mit 14.000 Mann einen Feldzug nach Syrien zur Verteidigung der Eroberung Ägyptens gegen ein sich formierendes osmanische Heer. Die anfänglichen Erfolge bei der Belagerung von al-Arisch, in Gaza, Hebron, Jaffa und am Berg Tabor endeten vor der Stadt Akkon, die Napoléon vom 20. März bis 21. Mai 1799 erfolglos belagerte.

Ein besonders dunkles Kapitel des Ägyptenfeldzugs war die Belagerung von Jaffa. Nach einer britischen Beschreibung ließ Bonaparte dort, neben 3.000 Mann der Festungsverteidiger, 1.400 weitere Gefangene exekutieren, die er zuvor bei al-Arisch gefangen genommen und freigelassen hatte, mit der Auflage, nicht mehr gegen die Franzosen zu kämpfen. Die Wut der Franzosen auf die Verteidiger von Jaffa war auch durch die Ermordung eines Parlamentärs aufgestachelt worden, dessen abgeschlagenen Kopf man aufgespießt auf der Festungsmauer den Franzosen präsentierte.

Angesichts hoher Verluste in den Kämpfen, einem Ausbruch der Beulenpest unter seinen Soldaten und den durch die Hitze verursachten Strapazen musste sich Napoleon schließlich nach Ägypten zurückziehen, wo er aber am 25. Juli 1799 die Osmanen in der Schlacht bei Abukir vernichtend schlug.

Da sich die Lage für Frankreich innenpolitisch durch die Misswirtschaft der Regierung und militärisch durch die Konfrontation mit der Zweiten Koalition dramatisch verschlechtert hatte und Österreich begann, seine italienischen Eroberungen und Republikgründungen wieder zunichtezumachen, kehrte Napoleon am 23. August 1799 unaufgefordert und mit vorgeschobenen Begründungen (seine Kritiker bezeichneten es als Desertion) nach Frankreich zurück. Er verließ seine Armee, ohne sie in einem Tagesbefehl darüber zu informieren, und übertrug das Oberkommando in Ägypten seinem dienstältesten General Kléber.

Dieser handelte mit den Osmanen den freien Abzug aus Ägypten aus. Als Großbritannien aber die bedingungslose Kapitulation forderte, wurde der Krieg fortgesetzt. Kléber schlug die Osmanen am 20. März 1800 bei Heliopolis vernichtend, besetzte Kairo nach Niederschlagung eines erneuten Aufruhrs wieder und bestrafte es mit einer hohen Kontribution. Am 14. Juni 1800 wurde er in Kairo von einem Muslim ermordet. Sein Nachfolger wurde Menou.

Am 8. März 1801 landeten 17.000 Mann britische Truppen unter dem Kommando der Generäle Abercrombie und Hutchinson bei Abukir. Das osmanische Heer unter Yussuf Pascha zählte mehr als 20.000 Krieger, darunter 6.000 Albaner und Janitscharen. Die französischen Truppen, die mehrere Städte und Festungen besetzt hielten, sollen 16.000 Mann stark gewesen sein. Am 21. März verloren sie bei Alexandria eine erste Schlacht, die Stadt selbst wurde eingeschlossen. Am 9. Mai fiel Ramanja, am 27. Juni kapitulierte Kairo und am 31. August Alexandria. Die französischen Truppen mussten Ägypten verlassen, konnten aber ihre Ausrüstungen mitnehmen. Die wissenschaftlichen Begleiter der Expedition sollten ihre Unterlagen und Aufzeichnungen abgeben. Sie protestierten heftig und drohten damit, diese eher ins Meer zu werfen als sie den Engländern zu übergeben. Schließlich durften sie sie behalten.

Auf britischen Schiffen wurden die Franzosen nach Frankreich zurückgebracht. Die Regierungen beider Länder nahmen Verhandlungen auf; im März 1802 wurde der Friede von Amiens unterzeichnet.

Von den anfänglich fast 30.000 Teilnehmern der Expedition starben fast 20.000 Mann, darunter die Generäle Kléber, Caffarelli du Falga und Bon sowie der Admiral Brueys. Frankreich verlor einen Großteil seiner Mittelmeerflotte (11 Linienschiffe und 2 Fregatten) sowie große Mengen an Waffen und Ausrüstung.

Nachwirkungen

Napoleons Reformen bestanden aus der Modernisierung der ägyptischen Verwaltung, der Einführung eines neuen Postdiensts, der Förderung des Baus von Windmühlen und der Bekämpfung der Beulenpest. Außerdem wurde der Buchdruck eingeführt und ganz Ägypten kartografiert.

Durch die Niederlagen gegen die Franzosen wurde die Vorherrschaft der Mameluken schwer erschüttert, was den Aufstieg des osmanischen Befehlshabers des albanischen Korps, Muhammad Ali Pascha, zum Gouverneur der Provinz (Ernennung 1805) ermöglichte. Murad Bey, der sich 1799 auf die Seite der Franzosen geschlagen hatte, starb 1801, seine Fraktion wurde von Alfi Bey weitergeführt, der aber 1807 zusammen mit den Briten von Muhammad Ali geschlagen wurde. Ibrahim Bey, der die Franzosen konsequent bekämpft hatte, floh vor Muhammad Ali nach Oberägypten und dann in den Sudan, wo er 1816 starb. 1811 ließ Muhammad Ali in Kairo und Esna viele Mamluken töten. Nur Wenige konnten in den Sudan entkommen.

Für die mit den Franzosen aus Ägypten geflohenen christlichen Melkiten entstand 1821 mit der Kirche St-Nicolas in Marseille das erste Kirchengebäude der Melkitischen Griechisch-katholischen Kirche des Orientalischen Ritus in Europa.

Für die Wissenschaft

War die Expedition auch letztlich ein militärischer Fehlschlag, führte sie doch zu bedeutenden wissenschaftlichen Entdeckungen, da durch die an der Expedition teilnehmenden Wissenschaftler die altägyptische Kultur weithin bekannt wurde und so ein starkes Interesse an der Frühgeschichte geweckt wurde. Die Resultate dieser Forschungen wurden in der umfangreichen Text- und Bildsammlung „Description de l’Égypte“ veröffentlicht. Bedeutendste einzelne Entdeckung war der Fund des Steins von Rosetta am 15. Juli 1799, der letztlich die Entzifferung der altägyptischen Hieroglyphen durch Jean-François Champollion ermöglichte.

Für Algerien

Ein weiteres Nachspiel hatte die Ägyptische Expedition in Algerien. Der Dey von Algier hatte Frankreich zur Finanzierung der Ägyptenexpedition, aber auch zur Finanzierung weiterer Kriege Napoleons drei Kredite gewährt. Nach dem Sturz des Kaisers verweigerten die französischen Könige die Rückzahlung. 1827 ließ der inzwischen ungehaltene Dey dem französischen Gesandten einen Schlag mit dem Fliegenwedel versetzen, was Frankreich schließlich 1830 als Vorwand zur Eroberung Algiers diente. Zuvor hatte sich Frankreich in einem Abkommen mit Ägyptens Machthaber Muhammad Ali den Rücken geschützt.

Literatur

Quellen
  • ʿAbd-ar-Raḥmān Ibn-Ḥasan al-Ǧabartī (Abdarrahman Al-Gabarti): Bonaparte in Ägypten. Aus der Chronik des Abdarrahman Al-Gabarti (1754–1829). Übersetzt von Arnold Hottinger. Artemis-Verlag, Zürich/ München 1983, ISBN 3-7608-4532-0.
  • Joseph Laporte: Mon voyage en Égypte et en Syrie: carnets d’un jeune soldat de Bonaparte. Presses universitaires de France, Paris 2007, ISBN 978-2-13-056459-1 (Faksimile der Handschrift der Bibliotheca Bodmeriana mit einer Einleitung von Jean Tulard).
  • Dominique Vivant Denon: Voyage dans la Basse et la Haute Egypt. 3 Bände, Erstausgabe, L’édition originale de Paris, London 1802 (Band 1 und Band 2, jeweils Erstausgabe, London 1802, sowie die Ausgabe London 1817 und Anhang in Gallica, dem Digitalisierungsprojekt der Französischen Nationalbibliothek).
  • Francois Labrique, Uwe Westfehling (Hrsg.): Mit Napoleon in Ägypten. Die Zeichnungen des Jean-Baptiste Lepére. von Zabern, Mainz 2010, ISBN 978-3-8053-4103-5.
Darstellungen
  • Juan Ricardo Cole: Napoleon’s Egypt: Invading the Middle East. Palgrave Macmillan, New York (NY) 2008, ISBN 978-0-230-60603-6. In deutscher Übersetzung 2010 unter dem Titel Die Schlacht bei den Pyramiden: Napoleon erobert den Orient. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2202-9.
  • Nina Burleigh: Mirage: Napoleon’s Scientists and the Unveiling of Egypt. HarperCollins publications, New York 2007, ISBN 978-0-06-059767-2; Reprint: Harper Perennial, New York 2008, ISBN 978-0-06-059768-9.
  • Robert Solé: Bonaparte à la conquête de l’Egypte. Éditions du Seuil, Paris 2006, ISBN 2-02-066453-4.
  • Yves Laissus: L’Égypte, une aventure savante: avec Bonaparte, Kléber, Menou 1798–1801. Fayard, Paris 1998, ISBN 2-213-60096-1.
  • Melanie Ulz: Auf dem Schlachtfeld des Empire. Männlichkeitskonzepte in der Bildproduktion zu Napoleons Ägyptenfeldzug. Jonas, Marburg 2008, ISBN 978-3-89445-396-1.
  • Mustafa El-Attar: Napoleon in Ägypten: Geschichtserfindung und historische Wahrheit. ImPrint-Verlag, Münster 2007, ISBN 978-3-936536-10-2.
  • Charles Gillispie: Napoleons Ägypten-Feldzug – Nutzen für die Wissenschaft. In: Spektrum der Wissenschaft. Dezember 1994, S. 72–80 (online).
  • J. Christopher Herold: Bonaparte in Egypt. Harper & Row, New York 1962; Reprint: Pen & Sword Books, Barnsley 2005, ISBN 1-84415-285-5.
  • Henry Laurens: L’expédition d’Egypte, 1798–1801 (= Points. Histoire. Band 244). Éditions du Seuil, Paris 1997, ISBN 978-2-02-030698-0.
  • Jean-Joël Brégeon: L’Egypte de Bonaparte (= Collection Tempus. Band 116). Imprimerie Perrin, Paris 2005, ISBN .2-262-02427-8.
  • Paul Strathern: Napoleon in Egypt. Jonathan Cape, London 2007, ISBN 978-0-224-07681-4; Reprint: Bantam Books, New York (NY) 2009, ISBN 978-0-553-38524-3.
  • Irene A. Bierman (Hg.): Napoleon in Egypt. Ithaca Press, Los Angeles 2003, ISBN 0-86372-299-7.
  • Clément de La Jonquière: L’expédition d’Égypte, 1798–1801. 5 Bände, H. Charles-Lavauzelle, Paris 1899–1907.

Filme

  • Napoleon in Ägypten (Originaltitel: Napoleon’s Obsession: The Quest for Egypt). Dokumentarfilm, 45 min, Regie: Peter Spry-Leverton, USA 2000.
  • Die ägyptische Expedition des Generals Bonaparte (Originaltitel: Bonaparte: La Campagne d’Egypte). Doku-Drama, 2 mal 52 min, Regie: Fabrice Hourlier, FR 2016.
Commons: Ägyptische Expedition – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Christopher Buchholz: Französischer Staatskult 1792–1813 im linksrheinischen Deutschland. mit Vergleichen zu den Nachbardepartements der habsburgischen Niederlande (= Europäische Hochschulschriften. Reihe III: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften. Band 749). Lang, Frankfurt am Main/ New York 1997, ISBN 3-631-31904-5, S. 162–165. Buchholz zitiert hier die Ergebnisse der 1989 erschienene Bearbeitung der Expedition von Henry Laurens und bisher unberücksichtigten Anweisungen Talleyrands …über die Korrespondenz mit Bonaparte vom 27. Dezember 1798
  2. Abdarrahman Al-Gabarti beschreibt diese Kämpfe und die erste Phase der französischen Expedition ausführlich in: Bonaparte in Ägypten. Zürich/ München 1983.
  3. Burleigh: Mirage. Kindle-Ausgabe, Locations 77–86, sowie ausführlicher Y. Laissus: L’Égypte, une aventure savante: … Paris 1998, S. 12–22.
  4. Robin Leonard Bidwell: Dictionary of modern Arab history: an A to Z of over 2000 entries from 1798 to the present day. Kegan Paul, London/ New York 1998, ISBN 0-7103-0505-2, S. 205.
  5. an anderer Stelle werden weitaus höhere Beträge genannt
  6. Adolphe Thiers: Geschichte der Französischen Revolution. Band 6, 2. Auflage, Osiander, Tübingen 1849, S. 174.
  7. Vgl. hierzu und zum folgenden Cole: Napoleon’s Egypt. Kindle-Ausgabe, Locations 186–203.
  8. Vgl. hierzu und zum folgenden Y. Laissus: L’Égypte, une aventure savante: … Paris 1998, S. 17 sowie 23f.
  9. Y. Laissus: L’Égypte, une aventure savante: … Paris 1998, S. 23.
  10. „L’Égypte, située entre deux mers, en réalité entre l’Orient et l’Occident; Alexandre le Grand conçoit le plan d’y transporter le siège de son empire et de faire l’Égypte le point central du commerce du monde. Ce conquérant éclairé comprit que le seul moyen de réunir toutes ses conquêtes en un État, l’Égypte le lui offrirait en reliant l’Afrique et l’Asie à l’Europe.“ Hier zitiert nach Y. Laissus: L’Égypte, une aventure savante: … Paris 1998, S. 18.
  11. Vgl. hierzu und zum folgenden Y. Laissus: L’Égypte, une aventure savante: … Paris 1998, S. 14f.
  12. C. Buchholz: Französischer Staatskult 1792–1813 im linksrheinischen Deutschland. … Frankfurt am Main/ New York 1997, S. 155 ff., Das Reich der Pharaonen als Vorbild für die Neuordnung Frankreichs durch Napoleon.
  13. Abel Hugo: France militaire. Histoire des armées françaises de terre et de mer, de 1792 à 1837. Band 2, Delloye, Paris 1838, S. 246–250.
  14. Abel Hugo: France militaire … Band 2, Paris 1838, S. 273 ff.
  15. Franz Herre: Napoléon Bonaparte. Wegbereiter des Jahrhunderts. München 1988, zitiert eigene Angaben Napoleons auf S. 79.
  16. Ader (1826): Histoire de l’expédition d’Egypte et de Syrie. S. 150 (online).
  17. Henry Laurens: L’expédition d’Egypte 1798–1801. Paris 1989, S. 210 ff.
  18. David G. Chandler: Dictionary of the Napoleonic Wars. Macmillan, New York 1979, ISBN 0-02-523670-9, S. 213.
  19. siehe auch en:Suleiman al-Halabi.
  20. A. Hugo: France militaire … Band 3, Paris 1838, S. 194.
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