Graue Wölfe (türkisch Bozkurtlar oder Bozkurtçular) ist die Bezeichnung für türkische Rechtsextremisten wie Mitglieder der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) oder der Partei der Großen Einheit (BBP). Sie haben in der Vergangenheit und besonders in den 1970er Jahren zahlreiche Gewalttaten und Morde begangen. Sie bezeichnen sich selbst als „Idealisten“ (Ülkücüler).

In Deutschland wird die Partei durch drei Dachorganisationen vertreten, denen bundesweit rund 303 Vereine, mit mehr als 18.500 Mitgliedern, angehören. Sie ist damit die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland.

Die älteste in Deutschland aktive Organisation ist die Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland (ADÜTDF) bzw. Türkische Föderation (Türk Federasyon), die als Gründungsmitglied der Türkischen Konföderation in Europa (Avrupa Türk Konfederasyon [!]) angehört. Weiterhin werden Mitglieder des Verbandes der türkischen Kulturvereine in Europa (ATB) und der Union der türkisch-islamischen Kulturvereine in Europa (ATIB) der Bewegung zugerechnet. Auch unorganisierte Nationalisten begreifen sich teilweise als „Idealisten“. Die Jugendorganisation der Grauen Wölfe ist die „Idealisten-Jugend“ (Ülkücü Gençlik).

Nach der Präsidenten- und Parlamentswahl in der Türkei 2018 bestand der Eindruck, dass die Türkei versucht, die Extremistengruppe Graue Wölfe in Deutschland hoffähig zu machen. Cemal Çetin, Vorsitzender des Dachverbandes der Grauen Wölfe in Europa und frisch gewählter Abgeordneter der MHP, gehörte der türkischen Delegation beim NATO-Gipfel im Juli 2018 an.

Herleitung

Der Wolf ist an die Wölfin (alttürkisch Kök Böri, „Blauer oder himmlischer Wolf“) aus einer national gefärbten türkischen Mythologie angelehnt, die entsprechend der Ergenekon-Legende die Vorfahren der Türken aus dem sagenhaften Ergenekon-Tal herausgeführt hätte. In der Geschichte der türkischen Völker spielt der Wolf eine bedeutende Rolle. So wurde die Wölfin Asena zum Teil der historischen Abstammungslegende der Türken gemacht, die auf einen von chinesischen Autoren des Frühmittelalters überlieferten Ursprungsmythos der Tujüe zurückgeht.

Ideologie

Die Ideologie ist der türkische Rechtsextremismus. Als Feindbilder sehen die Grauen Wölfe die kurdische Arbeiterpartei PKK, welche auf einschlägigen Webseiten als „Babymörder“ bezeichnet wird, und jegliche Kurden, welche eine „Gefahr“ für die Türkei darstellen. Ebenfalls als Feindbilder gelten des Weiteren Juden, Christen, Armenier, Griechen, Kommunisten, Freimaurer, Israel bzw. „Zionisten“, die EU, der Vatikan und die Vereinigten Staaten.

Der „Wolfsgruß“ ist die Grußform der Grauen Wölfe, die einen Wolf darstellt. Laut dem deutschen Verfassungsschutz soll Alparslan Türkeş auf die Frage nach der Bedeutung mal geantwortet haben:

„Schau her, der kleine Finger symbolisiert den Türken, der Zeigefinger den Islam. Der beim Wolfsgruß entstehende Ring symbolisiert die Welt. Der Punkt, an dem sich die restlichen drei Finger verbinden ist ein Stempel. Das bedeutet: Wir werden den Türkisch-Islamischen Stempel der Welt aufdrücken.“

Necdet Sevinç, ein Vordenker der MHP, charakterisierte in „Notizen an einen Idealisten“ (Ülkücüye Notlar) den Ülkücü folgendermaßen:

„Ein Idealist ist in der Regel kein Mann des Denkens, sondern immer ein Mann der Tat […] Alle Denkweisen, Handlungen und Meinungen, die von Handlungs- und Denkweise der Idealisten abweichen, sind ungültig.“

Ziel der Grauen Wölfe ist eine sich vom Balkan über Zentralasien bis ins chinesische Autonome Gebiet Xinjiang erstreckende Nation, die alle Turkvölker vereint, diese Ideologie wird auch als Panturkismus bezeichnet. Zentrum der von ihr beanspruchten Gemeinschaft aller Turkvölker ist eine starke, unabhängige und selbstbewusste Türkei.

„In diesem Streben nach „Turan“, der zentralasiatischen Urheimat der Türken, konkretisieren sich die pantürkischen Ziele der „Idealisten“, die sämtliche türkischstämmigen Völker Asiens in einem großtürkischen Reich vereinigt sehen möchten.“

Schwur der Idealisten

In den meisten „Idealistenvereinen“ (Ülkü Ocakları) wird ein Eid gehalten, der „Schwur der Idealisten“ (Ülkücü yemini). Der Schwur weist patriotische Komponenten mit religiösen Elementen auf und ist eine Art Fahneneid und Treueschwur, der bei gleichzeitiger Präsentation der Nationalflagge geleistet wird. Der komplette Schwur lautet:

„Bei Allah, dem Koran, dem Vaterland, der Fahne wird geschworen. Meine Märtyrer, meine Frontkämpfer [Veteranen] sollen sicher sein. Wir, die idealistische türkische Jugend, werden unseren Kampf gegen Kommunismus, Kapitalismus, Faschismus und jegliche Art von Imperialismus fortführen. Unser Kampf geht bis zum letzten Mann, bis zum letzten Atemzug, bis zum letzten Tropfen Blut. Unser Kampf geht weiter, bis die nationalistische Türkei, bis Turan erreicht ist. Wir, die idealistische türkische Jugend, werden nicht zurückschrecken, nicht wanken [zusammenbrechen], (sondern wir werden unsere Ziele) erreichen, erreichen, erreichen [bestehen bzw. Erfolg haben]. Möge Allah die Türken schützen und erhöhen. Amen.“

In diesem Eid, in dem vor allem eine ungebrochene Kampfbereitschaft zum Ausdruck kommt, wird mit knappen Formulierungen die Bekämpfung einer Reihe gegnerischer, politischer oder wirtschaftlicher „Systeme“ angestrebt. Dies ohne darauf einzugehen, dass die im Eid genannten Feindbild-Elemente „Faschismus“ (antidemokratische, antiliberale und antikommunistische Haltung) und „Imperialismus“ (expansive Bestrebung nach Vereinigung aller Turkvölker) Bestandteile der eigenen Ideologie darstellen.

Im Gegensatz dazu ist die Formulierung „Idealistische Jugend“ positiv konnotiert. Besonders bei (vor allem männlichen) türkischen Jugendlichen, deren Sozialisierung in der Gesellschaft nicht gelingt, besteht die Gefahr, dass ihre Mitgliedschaft in einem „Idealistenverein“ die sozialen Defizite weiter verstärkt.

Der „Schwur der Idealisten“ legt die Schlussfolgerung nahe, dass aus der Sicht der „Idealisten“ die Bekämpfung der angeführten Feindbilder auch außerhalb der Türkei zu erfolgen habe. Die „Idealisten“ sind in der Bekämpfung ihrer „Feinde“ gleichermaßen konsequent wie auch oft skrupellos; zu diesen Feinden zählen vor allem die ethnisch nicht-türkischen Bevölkerungsgruppen der Türkei, die sich nach Ansicht der Grauen Wölfe nicht zur türkischen Nation bekennen oder gar dieser schaden wollen.

Aktivitäten

Gewalttaten

In den 60er Jahren konzentrierte sich die Bewegung unter der Führung von Alparslan Türkeş darauf, die Jugend für die sogenannte „panturanistische Ideologie“ zu gewinnen. Es wurden die ersten Kommandolager gegründet, in denen Jugendliche eine militärische und politische Ausbildung erhielten.

In Kommandolagern bildete die Partei Schätzungen zufolge bis zu 100.000 Kommandoangehörige aus. Diese Kommandos erhielten den Namen Bozkurtçular („Graue Wölfe“). Ab 1968 begannen die Grauen Wölfe mit Gewaltaktionen gegen die erstarkende türkische Linke. Die „Kommandos“ hatten Ende der 1970er Jahre die meisten politischen Morde zu verantworten.

Nach Angaben der türkischen Behörden begingen die Grauen Wölfe allein zwischen 1974 und 1980 insgesamt 694 Morde.

Auch der Pogrom von Kahramanmaraş 1978 und der Pogrom von Çorum 1980, bei denen hunderte türkische Aleviten ums Leben kamen, wurde von den Grauen Wölfen durchgeführt.

Sie führten außerdem zusammen mit dem türkischen Geheimdienst den Bombenanschlag auf das Alfortville-Völkermordmahnmal 1984 durch.

Mehmet Ali Ağca, der das Attentat 1981 auf Papst Johannes Paul II. beging, war Mitglied der Grauen Wölfe. Ağca ermordete auch Abdi İpekçi, den Chefredakteur der Zeitung Milliyet, der sich für Frieden mit Griechenland einsetzte. Ein weiteres Mitglied soll 1984 ein Attentat auf den Frauenladen TIO in Berlin-Kreuzberg ausgeführt haben, bei dem die türkisch-kurdische Jurastudentin Seyran Ateş lebensgefährlich verletzt wurde.

Die chinesische Regierung verbindet des Weiteren die Grauen Wölfe sowie die türkische Regierung mit den Rebellengruppen und terroristischen Vereinigungen der Uiguren in Xinjiang, die ein islamisches „Ost-Turkestan“ errichten wollen und wirft ihnen Geschichtsfälschung, Propaganda und Lügen vor.

Der Bombenanschlag in Bangkok 2015 mit 20 Toten und 125 Verletzten wurde von Adem Karadag, einem Mitglied der Grauen Wölfe, begangen.

Politische Betätigung

In der Türkei

Im Jahre 1969 wurde von Alparslan Türkeş die MHP gegründet. Symbol der Partei ist eine Fahne mit drei Halbmonden, die der Fahne der Okkupationstruppen der osmanischen Besatzungsarmee entnommen sind.

1975 wurde die MHP zum Bündnispartner der konservativen Gerechtigkeitspartei (Adalet Partisi), die bis 1960 Demokratische Partei (Demokrat Parti) hieß, unter dem damaligen Ministerpräsidenten und späteren Staatspräsidenten Süleyman Demirel und damit Regierungspartei. Alparslan Türkeş wurde stellvertretender Ministerpräsident und hatte hierdurch staatliche Rückendeckung für Aktionen der Grauen Wölfe gegen die linke Opposition.

In den 1970er und 1980er Jahren haben die Grauen Wölfe als paramilitärischer Arm der MHP die Militäroffensive der türkischen Regierung gegen die kurdische PKK unterstützt. 1980 wurde die MHP, wie alle anderen Parteien, nach dem damaligen Militärputsch verboten. Der Vorsitzende wurde mit einem später aufgehobenen Politikverbot belegt. Dennoch machten viele Anhänger der Grauen Wölfe im Laufe der 1980er Jahre Karriere beim Militär und anderen staatlichen Einrichtungen. Ende der 1980er wurde das Verbot der MHP offiziell wieder aufgehoben. Im Laufe der späten 1980er und 1990er Jahre wandelte die Partei sich. Sie ist heute überwiegend religiös orientiert und nationalistisch einzustufen.

Laut Aussagen eines Migrationsforschers im Sommer 2016 wurde bekannt, dass sich die Grauen Wölfe mit den Anhängern der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP solidarisierten, obwohl sie früher mit diesen verfeindet waren. Sie sähen in diesem Bündnis eine „Perspektive“.

Die AKP ist für die Parlamentswahlen 2018 eine Allianz mit der MHP, einer vom Gründer der Grauen Wölfe, Alparslan Türkes, gegründeten Partei eingegangen. Die CHP ist für die Wahlen eine Allianz mit der Iyi Partei eingegangen, die von der ehemaligen MHP-Politikerin Meral Akşener geführt wird.

In Österreich

In Linz kam es 2014 und 2015 zu Kritik am dortigen Bürgermeister, da dieser Kontakte zum den Grauen Wölfen zuzurechnenden Verein Avrasya unterhielt. Diese Kontakte wurden auch nicht beendet, als der Verein Avrasya in sozialen Netzwerken Drohungen gegen Kurden verbreitete. 2016 wurde der Verein aus dem Linzer Integrationsbeirat ausgeschlossen, nachdem ein Funktionär in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen faschistische Gesten gezeigt hatte.

Seit 1. März 2019 sind in Österreich sowohl Zeichen der Grauen Wölfe als auch der Wolfsgruß verboten. Das türkische Außenministerium protestierte gegen das Verbot und fand es insbesondere skandalös, dass die Grauen Wölfe in einer Liste mit der PKK genannt werden.

In Deutschland

Auch in Deutschland sind die Grauen Wölfe in Parteien mit dem Ziel aktiv, die deutsche Politik im eigenen Sinn zu beeinflussen.

2011 kam es im Essener Integrationsrat zum Eklat, als die Allianz der Essener Türken sich gegen eine Resolution zu den Grauen Wölfen positionierte. Der grüne Ratsherr Burak Çopur zeigte sich fassungslos, dass auch der Vorsitzende des Integrationsrates und sein Stellvertreter dagegen stimmten. „Das Abstimmungsverhalten zeigt, dass der Integrationsrat unterwandert ist, er ist ein Hort der Grauen Wölfe.“

Die Sozialverwaltung der Stadt Köln sagte nach einigen Diskussionen zu, eine Studie über den Einfluss rechtsextremer Gruppen wie der Grauen Wölfe auf türkeistämmige Jugendliche durchzuführen. Zunächst wollte sich der Vorsitzende des Integrationsrates in Köln, Tayfun Keltek (SPD), nicht für die Studie aussprechen.

Zafer Toprak ist 2001 in die CDU eingetreten und saß für die CDU in Hamm im Integrationsrat. Als die CDU erfuhr, dass er ein aktiver Grauer Wolf ist, wurde er 2015 aus der CDU ausgeschlossen.

Zwischen dem 25. Juli 2014 und dem 26. April 2015 organisierte die Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu (ADÜTÜF) 29 und die Avrupa Türk Konfederasyon (ATK) 2 Wahlkampfveranstaltungen zugunsten der MHP, der Partei der türkischen Ultranationalisten, die den Grauen Wölfen nahesteht.

Obwohl die „Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e. V.“ (ADÜTF) öffentlich gesetzeskonformes Verhalten demonstriere, hält das Bundesamt für Verfassungsschutz sie als Verbreiter rechtsextremen Gedankenguts schon wegen ihrer hohen Mitgliederzahl für gefährlich, da ihr Weltbild gegen Grundsätze des Grundgesetzes verstoße und in sozialen Netzwerken Gewaltaufrufe insbesondere gegen Kurden verbreitet werden. Auch über die verbandlich organisierte Ülkücü-Bewegung hinaus findet ihre Ideologie Anhänger unter Türkischstämmigen, wobei – neben Kurden und Juden – auch Deutschland in den Fokus der Stimmungsmache gerückt werde. „Die antisemitischen Stereotypen der türkischen Rechtsextremisten reichen von traditionellen Verschwörungstheorien – mit Juden als „finsteren Strippenziehern“ eines internationalen Imperialismus – bis hin zu einer religiös-islamisch begründeten Ablehnung der Juden als Un- beziehungsweise Falschgläubige,“ heißt es weiter. Unter der nicht dachverbandlich organisierten Ülkücü-Bewegung seien unter anderem bei Turan e. V. „eindeutige Bekenntnisse zum türkischen Rechtsextremismus zu finden“.

Gemäß der Bundeszentrale für politische Bildung sind die Grauen Wölfe mit mehr als 18.000 Mitgliedern die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland.

Im November 2020 forderte der Deutsche Bundestag in einem gemeinsamen Antrag von Union, SPD, FDP und Grünen die Bundesregierung auf, ein Verbot von Vereinen der Grauen Wölfe zu prüfen und ihnen „mit Mitteln unseres Rechtsstaats entschlossen entgegenzuwirken“.

Mit Köksal Kuş, übernahm im Januar 2021 ein Aktivist der Grauen Wölfe den Vorsitz der Union Internationaler Demokraten (abgekürzt UID), einer in ganz Europa und insbesondere in Deutschland aktiven Lobby-Organisation der türkischen Regierungspartei AKP.

Im Januar 2022 enthüllte Der Spiegel, dass einige Funktionäre der DİTİB Sympathisanten der Grauen Wölfe sind.

In der Schweiz

Laut einem Bericht aus dem Jahr 2007 zählte das Schweizerische Bundesamt für Polizei, zu diesem Zeitpunkt, rund zehn Vereine der Grauen Wölfen, in der Schweiz. Davon sind alleine im Kanton St. Gallen drei dieser Vereine ansässig. Einer in der Stadt St. Gallen einer in Wil (SG) und der dritte in Heerbrugg. Deshalb reichte damals der St. Galler Kantonsrat Lukas Reimann bei der Regierung die Anfrage ein, wie die Bevölkerung geschützt werden kann. Das St. Galler Justiz- und Polizeidepartement gab daraufhin bekannt, dass man der Sache nachgehe. Es bestehe allerdings kein akuter Handlungsbedarf.

Die Grauen Wölfe waren im Juni 2018 bei der Beaufsichtigung der Stimmabgabe zu den türkischen Präsidenten- und Parlamentswahlen in den Wahllokalen beteiligt. Sie brachten die Wahlurnen auch aufs Rollfeld auf dem Flughafen.

Im Jahr 2021 wurde von Monika Rüegger eine Interpellation für ein Verbot der Grauen Wölfe eingereicht. Ein Jahr zuvor am 30. November 2020 wurde vom Nationalrat Denis de la Reussille ebenfalls schon eine Interpellation für ein Verbot eingereicht. Es kam trotz dieser Interpellation zu keinem Verbot in der Schweiz.

In Frankreich

In Frankreich fallen die Grauen Wölfe besonders durch ihre aggressive Haltung und Angriffe mit Eisenstangen und Messern gegen Franzosen armenischer Herkunft auf, die nach dem Völkermord besonders in Frankreich Zuflucht gefunden hatten. Die französische Staatsführung beschloss im November 2020 das Verbot der Grauen Wölfe.

Kritische Betrachtung

Die sich selbst als „türkische Idealisten“ ansehende Gruppierung steht in Europa unter Beobachtung. Der Verfassungsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen wirft ihr vor, „zur Entstehung einer Parallelgesellschaft in Europa“ beizutragen, und sieht in ihr „ein Hindernis für die Integration der türkischstämmigen Bevölkerung“.

Im Juni 2009 trat Ali H. Yıldız, Vorstandsmitglied des Deutsch-Türkischen Forums (DTF), einer Unterorganisation der CDU, von seinem Amt zurück, weil sich das DTF nicht klar genug von den Grauen Wölfen distanziere. Er erklärte: „Es kann nicht sein, dass wir uns auf der einen Seite gegen Pro Köln zusammenschließen und auf der anderen Seite die türkische NPD über die CDU Köln hofieren.“ Eine weitere Zusammenarbeit mit Sympathisanten der türkischen Rechtsextremen sei mit seinem Gewissen nicht zu vereinbaren. Sein Kölner Parteifreund Kubilay Demirkaya beschrieb die Grauen Wölfe als: „Antisemiten, rassistisch, rechtsradikal, nationalistisch, haben diverse Feindbilder, zu denen gehören Juden, Amerikaner, Europäer, Kurden, Israel. Also es ist schon eine gefährliche Mischung, die sich in Deutschland breitmacht.“

Eine Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung empfahl 2006 CDU-Politikern, „aus politstrategischen Gesichtspunkten“ im Einzelfall abzuwägen, „inwieweit eine zielgerichtete Zusammenarbeit“ mit den Grauen Wölfen möglich sei. Allerdings fordern Stimmen im Deutsch-Türkischen Forum regelmäßig, dass Graue Wölfe in einer demokratischen Partei nichts zu suchen haben und ausgeschlossen werden sollten.

In einer Antwort zu einer Kleinen Anfrage in Bezug zu den Grauen Wölfen der Fraktion Die Linke schrieb die Bundesregierung 2015:

„Der Ideologie der Ülkücü-Bewegung liegt eine Überhöhung der türkischen Ethnie, Sprache, Kultur und Nation zugrunde. Besonders ethnische Minderheiten in der Türkei werden als spaltende Kraft der Einheit der Türkei gesehen und deshalb abgelehnt. Die Ideologie der Ülkücü ist wesentlich von Feindbildern und Verschwörungstheorien geprägt. Das Spektrum der ‚inneren‘ und ‚äußeren‘ Feinde reicht dabei von den Kurden, Griechen und Armeniern bis zu den Juden, von den Europäern über die Chinesen bis zu den USA und dem Vatikan. Je nach aktueller politischer Lage wird ein Feindbild besonders in den Fokus genommen. Diese Überhöhung der eigenen Ethnie bei gleichzeitiger Herabsetzung anderer Ethnien widerspricht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.“

Angehörige

  • Ozan Arif (1949–2019), Musiker und Poet
  • Nihal Atsız (1905–1975), Autor und Vordenker der Ülkücü-Bewegung
  • Abdullah Çatlı (1956–1996), Angehöriger einer paramilitärischen Organisation der Grauen Wölfe
  • Alparslan Türkeş (1917–1997), Gründer und Parteiführer der MHP bis 1997
  • Devlet Bahçeli (* 1948), seit 1997 Parteiführer der MHP
  • Muhsin Yazıcıoğlu (1954–2009), war Abgeordneter der MHP und Berater des Vorsitzenden Alparslan Türkeş
  • Sedat Peker (* 1971), Krimineller, Extremist und Panturkist
  • Meral Akşener (* 1956), Innenministerin von 1996 bis 1997, Führerin der Iyi Partei
  • Haluk Kırcı (* 1958), Mörder, Schriftsteller
  • Alaattin Çakıcı (* 1953), Mafiaboss
  • Cemal Çetin, Präsident der Avrupa Türk Konfederasyon und Abgeordneter des türkischen Parlaments für die MHP
  • Mesut Özil (* 1988), Fußballspieler, bis 2018 Mitglied der Deutschen Fußballnationalmannschaft

Sonstiges

Der Regisseur Chris Nahon hat in seinem Thriller Das Imperium der Wölfe (2005), nach dem Roman von Jean-Christophe Grangé, die Herrschaftsstrukturen der Grauen Wölfe in Paris und der Türkei sehr frei dargestellt.

Siehe auch

Literatur

  • Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.): Türkischer Rechtsextremismus. Die „Grauen Wölfe“ in Deutschland. Ideologie, Organisation, Kennzeichen. Köln August 2023 (verfassungsschutz.de [PDF; 1,4 MB; abgerufen am 22. September 2023]).
  • Kemal Bozay: Graue Wölfe – die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland. Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung. 24. November 2017 (bpb.de [abgerufen am 22. September 2023]).
  • Claudia Dantschke (Projektleitung): „Der ideale Türke“. Der Ultranationalismus der Grauen Wölfe in Deutschland. Eine Handreichung für Pädagogik, Jugend- und Sozialarbeit, Familien und Politik. Modellprojekt „Demokratie stärken - Auseinandersetzung mit Islamismus und Ultranationalismus“ der ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur gGmbH. Arbeitsstelle Islamismus und Ultranationalismus der ZDK gGmbH, ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur, Berlin 2013, ISBN 978-3-9816079-0-1.
  • Emre Arslan: Der Mythos der Nation im transnationalen Raum. Türkische Graue Wölfe in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 3-531-16866-5
  • Jean-Christophe Grangé: Das Imperium der Wölfe. Roman. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2005, ISBN 3-404-15411-8.
  • Fikret Aslan, Kemal Bozay: Graue Wölfe heulen wieder. Türkische Faschisten und ihre Vernetzung in der BRD. Unrast, Münster 2000, ISBN 3-89771-004-8.
  • Barbara Hoffmann, Michael Opperskalski, Erden Solmaz: Graue Wölfe. Koranschulen. Idealistenvereine. Türkische Faschisten in der Bundesrepublik. Köln 1981, ISBN 3-7609-0648-6.

Einzelnachweise

  1. Alex Peter Schmid, A. J. Jongman, Michael Stohl: Political Terrorism. Transaction Publishers, 2005, S. 674.
  2. Roger Griffin: The Nature of Fascism. Routledge, 1993, S. 171.
  3. Leonard Weinberg, Ami Pedahzur, Arie Perliger: Political Parties and Terrorist Groups. Routledge, 2003, S. 45.
  4. 1 2 Albert J. Jongman, Alex Peter Schmid, Political Terrorism: A New Guide to Actors, Authors, Concepts, Data Bases, Theories, & Literature. S. 674.
  5. 1 2 Graue Wölfe – die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland. Bundeszentrale für politische Bildung, 24. November 2017, abgerufen am 26. Januar 2020.
  6. Verbot gefordert: Aus für Graue Wölfe auch in Deutschland? Frankfurter Rundschau, abgerufen am 7. November 2020.
  7. CDU-Politiker wollen „Graue Wölfe“ verbieten. In: Der Spiegel. Nr. 46, 2020 (online).
  8. „Bis zu 20.000 türkische Ultranationalisten in der Bundesrepublik“. Welt Online, abgerufen am 7. November 2020.
  9. Anna Feist, Herbert Klar, Steffen Judzikowski: Webstory „Graue Wölfe“. (Memento vom 28. Juli 2016 im Internet Archive) ZDF; abgerufen am 29. November 2016.
  10. zeit.de
  11. Bundesministerium des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2011 - Vorabfassung. Berlin 2012, S. 309 (verfassungsschutz.de [PDF; 2,5 MB; abgerufen am 31. Juli 2012]).
  12. Renate Lääts: Wölfe und Halbmonde: Die Symbolik der „Ülkücü-Bewegung“. (Nicht mehr online verfügbar.) 17. November 2015, archiviert vom Original am 12. Juli 2018; abgerufen am 12. Juli 2018.
  13. Necdet Sevinç: Ülkücüye Notlar. Istanbul 1976, S. 28.
  14. Archivlink (Memento vom 12. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
  15. Militaristischer „Idealisten-Eid“ auf ADÜTDF-Veranstaltung im Raum Stuttgart. (Memento vom 12. Februar 2013 im Webarchiv archive.today; PDF; 375 kB) Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, Juli 2005.
  16. Faruk Şen: Türkei. Land und Leute. München 1986, S. 110 ff.
  17. ipcs.org. (PDF) 6. November 2014, archiviert vom Original am 6. November 2014; abgerufen am 15. August 2018.
  18. Turkey’s mediator stance on the rocks over anti-Chinese protests|WCT. 19. Oktober 2015, archiviert vom Original am 19. Oktober 2015; abgerufen am 15. August 2018.
  19. US & Terrorism In Xinjiang. South Asia Analysis Group, 6. November 2014, archiviert vom Original am 6. November 2014; abgerufen am 15. August 2018.
  20. Behind the China Riots – Oil, Terrorism & 'Grey Wolves’. In: NAM. 6. November 2014, archiviert vom Original am 6. November 2014; abgerufen am 15. August 2018.
  21. Migrationsforscher Faruk Sen: AKP-Anhänger und Graue Wölfe verbünden sich in Deutschland. In: Neues Deutschland, 27. Juli 2016; via Presseportal.de
  22. Allianz gegen Erdogan. In: SZ-Online. Abgerufen am 7. Juli 2018.
  23. Türkischer Verein: Kritik an roten Freunden der grauen Wölfe. Der Standard, 30. Oktober 2014
  24. Aufregung um Linzer SPÖ und „Graue Wölfe“. Der Standard, 27. November 2015
  25. „Avrasya“ an Armenier: „Dann seid ihr dran“. Der Standard, 10. April 2015
  26. Wolfsgruß im ehemaligen KZ: „Avrasya“ aus Beirat ausgeschlossen. Der Standard. 22. März 2016
  27. 58. Verordnung des Bundesministers für Inneres, mit der die Symbole-BezeichnungsV geändert wird, 27. Februar 2019, Republik Österreich; Anhang mit den neu verbotenen Symbolen: ris.bka.gv.at (PDF)
  28. Türkei an Österreich: Verbot von Symbol der Grauen Wölfe „skandalös“. DerStandard, 15. Februar 2019
  29. Wolf Wiedmann-Schmidt, Maximilian Popp, Katrin Elger, Maik Baumgärtner: Türkischer Extremismus in Deutschland: Erdoğan lässt die Wölfe von der Kette. In: Der Spiegel. Abgerufen am 24. Juli 2021.
  30. Christina Wandt: „Integrationsrat ist ein Hort der Grauen Wölfe“. In: Der Westen, 18. November 2011, abgerufen am 19. November 2020
  31. Studie über Graue Wölfe geplant. In: Kölner Stadtanzeiger, abgerufen am 9. April 2013.
  32. Alexander Schäfer, Jan Schmitz: CDU schließt "Grauen Wolf" aus der Partei aus. Westfälischer Anzeiger, 16. Januar 2017, abgerufen am 25. Juli 2018.
  33. Drucksache 18/5466. (PDF) Bundestag, 3. Juli 2015, S. 6–7, abgerufen am 21. Juli 2018.
  34. „Ülkücü“-Bewegung – Türkischer Rechtsextremismus. (Memento vom 26. Juli 2018 im Internet Archive) (PDF; 4,45 MB) In: Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2017, Stand: Juli 2018, S. 243–248.
  35. Bundestag fordert Prüfung eines Verbots der Grauen Wölfe. Zeit Online, 18. November 2020; abgerufen am 19. November 2020.
    Sandra Schmid: Bundestag will Einfluss türkischer Extremisten zurückdrängen. Deutscher Bundestag, 18. November 2020, abgerufen am 19. November 2020.
  36. AKP-Lobby in Deutschland: Nun mit „Grauem Wolf“ an der Spitze. Tagesschau (ARD), 27. Januar 2021.
  37. »Wo stehen wir? An Erdoğans Seite«. Spiegel Online, 25. Januar 2022; abgerufen am 29. Januar 2022.
  38. 20min.ch 2007; abgerufen am 10. April 2022.
  39. Rechtsextreme Basler Türken überwachten Stimmabgabe. In: TagesWoche. 4. Juli 2018 (tageswoche.ch [abgerufen am 27. Juli 2018]).
  40. parlament.ch Website des schweizerische Parlaments. Abgerufen am 10. April 2022.
  41. crimeschweiz.com abgerufen am 10. April 2022.
  42. Michaela Wiegel: Schluss für die „Grauen Wölfe“ in Frankreich. In: FAZ, 4. November 2020.
  43. Frankreich verbietet Organisation Graue Wölfe. orf.at, 4. November 2020; abgerufen am 6. November 2020.
  44. Türkischer Nationalismus: ‘Graue Wölfe’ und ‘Ülkücü’ (Idealisten)-Bewegung (Memento vom 30. November 2004 im Internet Archive). Bericht des Verfassungsschutzes des Landes Nordrhein-Westfalen, Oktober 2004 (PDF-Datei; 294 kB).
  45. Helmut Frangenberg: Türkische Rechtsextreme. „Graue Wölfe“ in Kölner CDU (Memento vom 7. Juni 2009 im Internet Archive). In: Kölner Stadt-Anzeiger, 4. Juni 2009. Abgerufen am 27. November 2010.
  46. Spiegel TV: Die grauen Wölfe, 18. November 2007, RTL
  47. Türkische Rechtsextreme schleichen sich in CDU.
  48. Studie schließt Kooperation mit Grauen Wölfen nicht aus
  49. NRW-CDU duldet radikale Türken in ihren Reihen Der Westen 31. Mai 2014.
  50. Drucksache 18/5466. (PDF) Bundestag, 3. Juli 2015, S. 4, abgerufen am 21. Juli 2018.
  51. Porträt - Die Wölfin. Abgerufen am 7. Juli 2018.
  52. Wer entmachtet Erdoğan? Die CHP, HDP oder die „Mutter der Grauen Wölfe“? In: alsharq.de. Archiviert vom Original; abgerufen am 7. Juli 2018.
  53. az: «Dann feuerte ich ihnen je drei Kugeln in den Kopf». In: Solothurner Zeitung. (solothurnerzeitung.ch [abgerufen am 10. Juli 2018]).
  54. Türkei: Die Rückkehr der Mafia in die türkische Politik. In: Frankfurter Rundschau. (fr.de [abgerufen am 10. Juli 2018]).
  55. Far-right ally of Turkish President visits convicted mafia boss who threatened Demirtas. In: Kurdistan24. (kurdistan24.net [abgerufen am 10. Juli 2018]).
  56. Türkischer Extremismus: Merkels Handschlag mit dem Grauen Wolf. In: Zeit Online. Juli 2018, abgerufen am 21. Juli 2018.
  57. «Graue Wölfe»-Symbole: Fotos von Özil mit Tattoo sorgen für Empörung. In: ZDF. 23. Juli 2023, abgerufen am 24. Juli 2023.
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