Die Großen Seen (englisch Great Lakes) sind eine Gruppe fünf zusammenhängender Süßwasserseen in Nordamerika. Sie stellen flächenmäßig das größte Süßwasserseen-System der Erde dar, vom Volumen her nur vom wesentlich kleineren, aber auch wesentlich tieferen Baikalsee knapp geschlagen. Entstanden sind sie wie fast alle Seen in oder nahe der borealen Ökozone nach der letzten Eiszeit. Die Großen Seen entwässern gemeinsam eine Fläche von 765.000 km² (3,1 Prozent der Fläche Nordamerikas) über den Sankt-Lorenz-Strom in den Nordatlantik.

Geographie

Zu den Großen Seen gehören folgende fünf Seen:

Hydrologisch gesehen bilden Huron- und Michigansee zusammen nur einen See mit der nur 8 Kilometer breiten Mackinacstraße als Engstelle. Der größte Höhenunterschied zwischen den einzelnen Seen liegt bei etwa 110 Meter, etwa 51 Meter davon entfallen auf die Niagarafälle zwischen dem Erie- und dem Ontariosee. Aufgrund ihrer Größe entstehen auf den Großen Seen Gezeiten von bis zu 5 Zentimeter Höhe, vernachlässigbar gegenüber Schwankungen durch Wettereinflüsse von max. 2 Meter. Der Michigansee liegt als einziger der Großen Seen vollständig in den USA, die anderen vier liegen entlang der kanadisch-US-amerikanischen Grenze. Durch den Sankt-Lorenz-Strom werden sie in den Atlantik entwässert.

Über 35.000 Binneninseln beziehungsweise Binnen-Inselgruppen befinden sich im Gebiet der Großen Seen. Im kanadischen Teil des Huronsees liegt beispielsweise Manitoulin Island, die mit 2766 Quadratkilometern flächenmäßig größte Binnenseeinsel der Erde.

Im Winter erzeugt die Wasseroberfläche der Großen Seen den Lake Effect, der dadurch entstehende Snow Belt erstreckt sich über fünf Bundesstaaten.

Geologie

Die Umgebung der Großen Seen und das Tiefland des Sankt-Lorenz-Stromes sowie seine sich noch weithin im Schelf untermeerisch fortsetzende Trichtermündung stellen geologisch eine Einheit dar.

Glaziale Ausräumung, Auflagerung von Moränenschutt und Krustenbewegungen bestimmen die Gestalt des Seengebietes, dessen Hohlformen allerdings schon durch großräumige tektonische Einmuldungen im Tertiär und zu Beginn des Pleistozäns angelegt wurden.

Eine mächtige paläozoische Schichtenfolge, die aus verschiedenen widerstandsfähigen Sandsteinen und Kalken bestehende Onondaga-Formation, umrahmt die Seen im Süden. Zwischen Ontario- und Eriesee und nördlich des Michigansees erstreckt sich die aus hartem Dolomitgestein und weichem Schiefer bestehende Niagara-Schichtstufe. Am Nordrand der Großen Seen tritt der Kanadische Schild an die Oberfläche.

Vergleich der Seen

See Oberer See Huronsee Michigansee Eriesee Ontariosee gesamt
Oberfläche
Anteil USA
Anteil Kanada
82.103 km²
52.256 km²
29.847 km²
59.586 km²
23.235 km²
36.351 km²
58.016 km²
58.016 km²
0 km²
25.667 km²
12.945 km²
12.722 km²
19.011 km²
9.042 km²
9.969 km²
244.383 km²
155.494 km²
88.889 km²
Wasservolumen 12.100 km³ 3.540 km³ 4.918 km³ 484 km³ 1.639 km³ 22.681 km³
Höhe über
Meeresspiegel
183 m 176 m 174 m 75 m
Durchschnittliche
Tiefe
149 m 59 m 85 m 19 m 86 m
Maximale Tiefe 406 m 229 m 282 m 64 m 244 m
Millionenstädte Chicago Toronto
Großstädte
(ab 300.000)
Milwaukee Cleveland Mississauga
Hamilton
(ab 100.000)
(unter 100.000)
Thunder Bay
Duluth
Sault Ste. Marie
Sarnia Green Bay
Gary
Buffalo
Toledo
Erie
Rochester
Oshawa
Kingston

Wirtschaft und Infrastruktur

Die Großen Seen sind ein wichtiges Reservoir für die Wasserversorgung der USA und Kanadas. Mit etwa 244.000 Quadratkilometern bilden sie die größte Süßwasserfläche der Erde. Der Baikalsee ist zwar viel kleiner (31.722 km²), enthält aber wegen seiner großen Tiefe mehr Süßwasser als die Großen Seen.

Durch die starke Besiedlung und Industrialisierung des Gebiets kam es zu einer immer höheren Schadstoffbelastung und zur Massenvermehrung von eingeschleppten Tier- und Pflanzenarten, zum Beispiel dem Meerneunauge, der Schwarzmund-Grundel und der Dreikantmuschel. Die USA und Kanada schlossen am 1. April 1972 ein Wasserschutzabkommen (Great Lakes Water Quality Agreement); es wurde 1978 überarbeitet und 1987 und 2012 ergänzt. Die International Joint Commission erforscht und dokumentiert die Entwicklung der Biotope und der Wasserqualität. 1972 trat in den USA der Clean Water Act zum Schutz von Oberflächengewässern in Kraft.

Der 1848 fertiggestellte Illinois Waterway, ein 541 km langes System von Flüssen und Kanälen zwischen dem Michigansee und dem Mississippi River, ermöglicht es Binnenschiffen, bis zum Golf von Mexiko zu fahren.

In den 1930er Jahren wurde der Ogoki River zum Ogoki Reservoir aufgestaut, um Wasser über den Nipigonsee an den Oberen See zu leiten. Somit besteht seither auch eine hydrologische Verbindung zum Albany River und damit zur Hudson Bay, diese wird jedoch wirtschaftlich nicht genutzt.

In den Jahren 1951 bis 1959 wurde der Sankt-Lorenz-Seeweg zwischen dem Oberen See und Montreal ausgebaut; seitdem können auch Hochseeschiffe (Seawaymaxklasse oder kleiner) vom Atlantischen Ozean bis zu 3700 Kilometer in das Landesinnere Nordamerikas fahren. Auf den Seen verkehren zahlreiche Massengutschiffe (englisch Lake freighter, siehe Große-Seen-Schiff und Interlake Steamship Company).

Biologie

Die Niagarafälle stellten bis zur Fertigstellung des Wellandkanals eine Barriere für Meeresfische dar. Seitdem konnte u. a. das Meerneunauge, ein bis zu einem Meter großer fischähnlicher Parasit, in die vier oberen Großen Seen gelangen und bereitet durch invasive Vermehrung im dortigen Ökosystem Probleme.

Siehe auch

Literatur

  • Katrin Schmidt: Die Großen Seen: USA, Kanada. Dumont Reise, Köln 2002
Wiktionary: Große Seen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Große Seen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Die maximale Fallhöhe der Niagarafälle beträgt 51 Meter, und zwar auf kanadischer Seite. Sehr häufig wird die Fallhöhe falsch mit 99 Meter angegeben. Dies ist der Höhenunterschied zwischen Erie- und Ontariosee. Häufig findet man auch Höhen zwischen 57 und 59 Metern durch teilweises Einrechnen der oberhalb gelegenen Katarakte.
  2. William Ashworth: The Late, Great Lakes: An Environmental History. Wayne State University Press, 1987, ISBN 978-0-8143-1887-4, S. 27
  3. Great Lakes water quality agreement. canada.ca, abgerufen am 4. September 2021.
  4. www.ijc.org: The IJC and the Great Lakes Water Quality Agreement
  5. Hörbuch bei Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte, 394 min. Signatur DS 1276. Fernleihe für alle deutschsprachigen Länder. Städte: Chicago, Milwaukee, Minneapolis, Detroit, Buffalo, Toronto und Montreal, sowie Landschaften.

Koordinaten: 45° 48′ 38″ N, 84° 40′ 57″ W

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