Großer Preis von Großbritannien 1955
Renndaten
6. von 7 Rennen der Automobil-Weltmeisterschaft 1955
Name: VIII RAC British Grand Prix
Datum: 16. Juli 1955
Ort: Liverpool, Großbritannien
Kurs: Aintree Circuit
Länge: 434,52 km in 90 Runden à 4,828 km
Wetter: sonnig, trocken, heiß
Pole-Position
Fahrer: Vereinigtes Konigreich Stirling Moss Deutschland Mercedes
Zeit: 2:00,4 min
Schnellste Runde
Fahrer: Vereinigtes Konigreich Stirling Moss Deutschland Mercedes
Zeit: 2:00,4 min
Podium
Erster: Vereinigtes Konigreich Stirling Moss Deutschland Mercedes
Zweiter: Argentinien Juan Manuel Fangio Deutschland Mercedes
Dritter: Deutschland Karl Kling Deutschland Mercedes

Der Große Preis von Großbritannien 1955 fand am 16. Juli 1955 auf dem Aintree Circuit bei Liverpool statt und war das sechste Rennen der Automobil-Weltmeisterschaft 1955.

Berichte

Hintergrund

Das Rennen war der erste Große Preis von Großbritannien auf dem Aintree Circuit und das vorletzte Rennen der Saison 1955. Der amtierende Weltmeister Juan Manuel Fangio hatte in diesem Grand Prix die Möglichkeit, seinen Titel vorzeitig zu verteidigen.

Mercedes hatte die letzten beiden Rennen überlegen jeweils mit Doppelsiegen gewonnen und trat diesmal mit einem zusätzlichen vierten Wagen für Piero Taruffi an. Maserati ging ebenfalls mit einem zusätzlichen Wagen für André Simon an den Start. Für Gordini fuhren neben Robert Manzon und Hernando da Silva Ramos der Franzose Mike Sparken, der sein einziges Formel-1-Rennen bestritt. Mike Hawthorn fuhr wieder als Stammfahrer bei Ferrari neben Maurice Trintignant und Eugenio Castellotti. Vanwall nahm nach einem Rennen Pause erstmals mit zwei Wagen teil, mit den Fahrern Ken Wharton und Harry Schell. Wie in vorangegangenen britischen Rennen waren viele britische Fahrer in privaten Wagen gemeldet, unter ihnen Peter Collins und Roy Salvadori. Die bevorzugten Wagen dieser Fahrer waren Maserati 250F und Connaught Type B. Diese Wagen wurden auch vom offiziellen Team Connaught eingesetzt für die Fahrer Kenneth McAlpine und Jack Fairman. Dieses Team nahm traditionell nur am Großen Preis von Großbritannien teil. Einige Connaughtwagen hatten ähnlich wie Mercedes eine stromlinienförmige Vollverkleidung.

Außerdem war der Australier Jack Brabham in einem Cooper T40 für das Rennen gemeldet. Für Brabham begann eine erfolgreiche Karriere, in der er 1959, 1960 und 1966 Weltmeister wurde. Mit seinem Wagen des britischen Teams Cooper begann eine neue Ära der Formel-1-Geschichte, der Monopostos mit Mittelmotor. Es war das erste Mal in der Formel-1-Geschichte, dass bei einem Wagen der Motor wie seinerzeit beim Auto-Union-Rennwagen hinter dem Fahrer eingebaut war. Der Wagen hatte auch eine Vollverkleidung und kam lediglich bei diesem Rennen zum Einsatz; er war nicht konkurrenzfähig. Erst einige Jahre später revolutionierte Cooper maßgeblich die Konstruktion von Formel-1-Autos und war am Ende der Ära der Wagen mit Frontmotor beteiligt.

Lance Macklin, Leslie Marr, McAlpine, Tony Rolt und Peter Walker fuhren jeweils ihre letzten Formel-1-Rennen.

Training

Erneut dominierte Mercedes das Training und positionierte seine vier Wagen in den Top-5. Stirling Moss war bei diesem Training schneller als Fangio und sicherte sich seine erste Pole-Position. Es war zudem die erste eines britischen Fahrers.

Wie im vorherigen Rennen war es einzig Maserati, die mit Mercedes mithielten. Jean Behra schob sich mit Platz drei zwischen die vier Mercedes. Vor ihm lag Fangio, hinter ihm Kling und Taruffi. Dahinter auf Startplatz sechs stand der zweite Maserati von Roberto Mieres. Schell erreichte in seinem Vanwall die siebtbeste Zeit, was für Vanwall im Vergleich zu den vorherigen Rennen eine deutliche Verbesserung darstellte. Der beste Ferrari war der von Castellotti auf Position zehn, zeitgleich mit dem Gordini von Manzon, dahinter die Ferrari von Trintignant und Hawthorn. Es wurde damit deutlich, dass der Ferrari nicht siegfähig war und Duelle im Mittelfeld zu bestreiten hatte.

Connaught und die Fahrer mit privaten Wagen waren im hinteren Mittelfeld positioniert, Brabham im Cooper qualifizierte sich als Letzter mit großem Abstand zur Konkurrenz.

Rennen

Beim Start überholte Fangio Moss und behielt in den ersten drei Runden die Führung. Fairman war wegen Motorproblemen bei seinem Connaught nicht zum Rennen angetreten.

Moss griff Fangio in Runde drei an und überholte ihn, um das erste Mal im Rennen die Führung zu übernehmen. In Runde zehn fielen mit den Wagen von Simon und Behra zwei Werksmaserati aus, wodurch Mercedes mit allen vier Wagen in Führung lag. Castellotti im Ferrari schied in Runde 17 als vierter Fahrer mit technischen Problemen aus, eine Runde später übernahm Fangio wieder die Führung.

Während Mercedes das Rennen überlegen anführte und erneut nur Musso im Maserati in der Lage war, mit dem vierten Mercedes von Taruffi mitzuhalten, litt die Konkurrenz unter vielen technischen Problemen. 15 Wagen mussten auf diese Weise das Rennen aufgeben, unter ihnen Trintignant, Brabham, Mieres und Collins, nur neun Wagen erreichten das Ziel.

Das Rennen war geprägt vom Duell zwischen Fangio und Moss. Fangio ging erneut in Runde 18 in Führung, Moss überholte ihn erneut in Runde 26. Anschließend behielt Moss Platz eins bis zur letzten Runde, als Fangio nochmals einen Angriff startete. Beide Fahrer fuhren gleichauf über die Ziellinie, Moss verteidigte seine Führung und siegte.

Dies war der erste Formel-1-Sieg für Moss und der erste Sieg eines britischen Fahrers. Moss gewann in seiner Karriere 15 weitere Rennen, für Mercedes war es sein einziger. 57 Jahre später gewann erneut ein britischer Fahrer in einem Mercedes, Lewis Hamilton beim Großen Preis von Ungarn 2013. Moss erreichte neben dem Rennsieg und der Pole-Position auch die schnellste Rennrunde.

Kling komplettierte die Podiumsplatzierungen mit Platz drei, Taruffi auf Platz vier sicherte den vierfachen Triumph von Mercedes. Musso bekam als einziger Fahrer der Mercedes-Konkurrenz Punkte für Position fünf. Hawthorn übergab seinen Wagen wegen Übelkeit nach einer durchzechten Nacht dem bereits ausgeschiedenen Castellotti, der das Rennen anschließend auf Platz sechs beendete.

In der Fahrerwertung blieben die ersten fünf Positionen unverändert, Fangio verlor nur wenig von seinem Vorsprung und war ein Rennen vor Saisonende Weltmeister, da es für Moss nicht möglich war, elf Punkte Rückstand im letzten Saisonrennen aufzuholen. Damit verteidigte Fangio seinen Fahrertitel von 1954 und wurde als erster Fahrer dreimaliger Weltmeister. Zwei weitere Titel holte Fangio in den darauffolgenden Jahren. Moss wurde in diesem Rennen Vizeweltmeister 1955.

Für Mercedes war es die zweite Fahrerweltmeisterschaft. In der Formel-1-Weltmeisterschaft 2014, 59 Jahre später, gewann Lewis Hamilton erneut für Mercedes den Fahrertitel.

Meldeliste

Team Nr. Fahrer Chassis Motor Reifen
 Officine Alfieri Maserati 2  Jean Behra Maserati 250F Maserati 2.5 L6 E
4  Luigi Musso P
6  Roberto Mieres
8  André Simon
 Daimler-Benz AG 10  Juan Manuel Fangio Mercedes-Benz W 196 Mercedes-Benz 2.5 L8 C
12  Stirling Moss
14  Karl Kling
50  Piero Taruffi
 Scuderia Ferrari 16  Mike Hawthorn Ferrari 555 Supersqualo/Ferrari 625F1 Ferrari 2.5 L4 E
 Eugenio Castellotti
18  Maurice Trintignant P
20  Eugenio Castellotti Ferrari 625F1 E
 Equipe Gordini 22  Robert Manzon Gordini Type 16 Gordini 2.5 L6 E
24  Hernando da Silva Ramos
26  Mike Sparken
 Vandervell Products Ltd 28  Ken Wharton Vanwall VW 55 Vanwall 2.5 L4 P
 Harry Schell
30  Harry Schell
 Connaught Engineering 32  Kenneth McAlpine Connaught Type B Alta 2.5 L4 D
34  Jack Fairman
 Rob Walker Racing Team 36  Tony Rolt Connaught Type B Alta 2.5 L4 D
 Peter Walker
 Leslie Marr 38  Leslie Marr Connaught Type B Alta 2.5 L4 D
 Cooper Car Co 40  Jack Brabham Cooper T40 Bristol 2.0 L6 D
 Owen Racing Organisation 42  Peter Collins Maserati 250F Maserati 2.5 L6 D
 Gilby Engineering 44  Roy Salvadori Maserati 250F Maserati 2.5 L6 D
 Stirling Moss Ltd. 46  Lance Macklin Maserati 250F Maserati 2.5 L6 D
 Goulds‘ Garage 48  Horace Gould Maserati 250F Maserati 2.5 L6 D

Anmerkungen

  1. Mike Hawthorn fuhr den Wagen 60 Runden, Eugenio Castellotti 27 Runden.
  2. Ken Wharton fuhr den Wagen 50 Runden, Harry Schell 22 Runden.
  3. Tony Rolt fuhr den Wagen 10 Runden, Peter Walker 9 Runden.

Klassifikationen

Startaufstellung

Pos. Fahrer Konstrukteur Zeit Ø-Geschwindigkeit Start
1  Stirling Moss  Mercedes 2:00,4 144,36 km/h 1
2  Juan Manuel Fangio  Mercedes 2:00,6 144,12 km/h 2
3  Jean Behra  Maserati 2:01,4 143,17 km/h 3
4  Karl Kling  Mercedes 2:02,0 142,47 km/h 4
5  Piero Taruffi  Mercedes 2:03,0 141,31 km/h 5
6  Roberto Mieres  Maserati 2:03,2 141,08 km/h 6
7  Harry Schell  Vanwall 2:03,8 140,39 km/h 7
8  André Simon  Maserati 2:04,0 140,17 km/h 8
9  Luigi Musso  Maserati 2:04,2 139,94 km/h 9
10  Eugenio Castellotti  Ferrari 2:05,0 139,05 km/h 10
11  Robert Manzon  Gordini 2:05,0 139,05 km/h 11
12  Mike Hawthorn  Ferrari 2:05,4 138,60 km/h 12
13  Maurice Trintignant  Ferrari 2:05,4 138,60 km/h 13
14  Tony Rolt  Connaught 2:06,6 137,29 km/h 14
15  Ken Wharton  Vanwall 2:08,4 135,36 km/h 15
16  Lance Macklin  Maserati 2:08,4 135,36 km/h 15
17  Kenneth McAlpine  Connaught 2:09,6 134,11 km/h 17
18  Hernando da Silva Ramos  Gordini 2:10,6 133,08 km/h 18
19  Leslie Marr  Connaught 2:11,6 132,07 km/h 19
20  Roy Salvadori  Maserati 2:11,6 132,07 km/h 20
21  Jack Fairman  Connaught 2:11,6 132,07 km/h 21
22  Horace Gould  Maserati 2:11,8 131,87 km/h 22
23  Mike Sparken  Gordini 2:12,6 131,08 km/h 23
24  Peter Collins  Maserati 2:13,4 130,29 km/h 23
25  Jack Brabham  Cooper 2:27,4 117,92 km/h 24

Rennen

Pos. Fahrer Konstrukteur Runden Stopps Zeit Start Schnellste Runde Ausfallgrund
1  Stirling Moss  Mercedes 90 3:07:21,2 1
2  Juan Manuel Fangio  Mercedes 90 + 0,2 2
3  Karl Kling  Mercedes 90 + 1:11,8 4
4  Piero Taruffi  Mercedes 89 + 1 Runde 5
5  Luigi Musso  Maserati 89 + 1 Runde 9
6  Mike Hawthorn
 Eugenio Castellotti
 Ferrari 87 + 3 Runden 12
7  Mike Sparken  Gordini 81 + 9 Runden 23
8  Lance Macklin  Maserati 79 + 11 Runden 16
9  Ken Wharton
 Harry Schell
 Vanwall 72 + 18 Runden 15
 Maurice Trintignant  Ferrari 60 DNF 13 Motorschaden
 Roberto Mieres  Maserati 48 DNF 6 Motorschaden
 Kenneth McAlpine  Connaught 31 DNF 17 Öldruck
 Jack Brabham  Cooper 31 DNF 25 Motorschaden
 Peter Collins  Maserati 29 DNF 24 Kupplung
 Hernando da Silva Ramos  Gordini 27 DNF 18 Motorschaden
 Roy Salvadori  Maserati 24 DNF 20 Getriebe
 Horace Gould  Maserati 22 DNF 22 Bremsen
 Harry Schell  Vanwall 21 DNF 7 Gaspedal
 Tony Rolt
 Peter Walker
 Connaught 19 DNF 14 Kraftübertragung
 Leslie Marr  Connaught 18 DNF 19 Bremsen
 Eugenio Castellotti  Ferrari 17 DNF 10 Kraftübertragung
 André Simon  Maserati 10 DNF 8 Getriebe
 Jean Behra  Ferrari 10 DNF 3 Ölleck
 Robert Manzon  Gordini 5 DNF 11 Kraftübertragung
 Jack Fairman  Connaught 0 DNS Motorprobleme

WM-Stand nach dem Rennen

1955 erfolgte die Punktevergabe nach folgendem Schema:

Platz 1 Platz 2 Platz 3 Platz 4 Platz 5 Schnellste Runde
8 6 4 3 2 1
  • Es zählten nur die fünf besten Ergebnisse aus sieben Rennen. Streichresultate sind in Klammern gesetzt.
  • Die mit * gekennzeichneten Zahlen schließen den Punkt für die schnellste Runde ein.
  • gleichfarbig markierte Felder weisen auf geteilte Fahrzeuge hin.
Pos. Fahrer Konstrukteur Punkte
1.  Juan Manuel Fangio Mercedes 9* 1* 9* 8 6 33
2.  Stirling Moss Mercedes 1 6 6 9* 22
3.  Maurice Trintignant Ferrari 3,3 8 11,3
4.  Giuseppe Farina Ferrari 3,3 3 4 10,3
5.  Bob Sweikert Kurtis-Kraft 8 8
 Eugenio Castellotti Lancia / Ferrari 6 2 8
7.  Roberto Mieres Maserati 2 1 4* 7
8.  Luigi Musso Maserati 4 2 6
9.  Karl Kling Mercedes 1 4 5
10.  Jimmy Davies Kurtis-Kraft 4 4
11.  Johnny Thomson Kuzma 3 3
 Tony Bettenhausen Kurtis-Kraft 3 3
 Paul Russo Kurtis-Kraft 3 3
 Jean Behra Maserati 2 1 3
 Paul Frère Ferrari 3 3
 Piero Taruffi Mercedes 3 3
17.  José Froilán González Ferrari 2 2
 Cesare Perdisa Maserati 2 2
 Luigi Villoresi Lancia 2 2
20.  Umberto Maglioli Ferrari 1,3 1,3
21.  Hans Herrmann Mercedes 1 1
 Walt Faulkner Kurtis-Kraft 1 1
 Bill Homeier Kurtis-Kraft 1 1
 Bill Vukovich Kurtis-Kraft 1* 1

Einzelnachweise

  1. "GP Stories - Die Rennen des Jahres 1955" (www.motorsport-magazin.com am 5. August 2013)
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