Der Hauptfriedhof (auch Neuer Friedhof) von Heilbronn wurde 1882 eröffnet, ist der größte Friedhof im Stadtgebiet und wird bis heute belegt. Auf dem rund 15 ha großen Gelände mit viel altem Baumbestand befinden sich das älteste Krematorium Württembergs sowie zahlreiche historische Grabdenkmale. Der Friedhof steht als Kulturdenkmal unter Denkmalschutz.
Geschichte
Der 1530 eingerichtete Alte Heilbronner Friedhof an der Weinsberger Straße in Heilbronn war nach mehreren Erweiterungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder überbelegt, so dass 1877 der Bedarf nach einem neuen Friedhof bestand. Mit Hinblick auf die vorherrschende Windsituation sollte der Friedhof nur im Norden oder Osten der Stadt angelegt werden. Der Stadtbauplan von Reinhard Baumeister von 1873 hatte bereits das Gelände „auf der Bühn“ auf dem Heilbronner Lerchenberg östlich der Innenstadt zur Anlage eines neuen Friedhofs vorgesehen, das die Stadt durch den Erwerb mehrerer Parzellen für rund 50.000 Mark jedoch zunächst in ihren Besitz bringen musste. 1880 gab es einen Planungswettbewerb für den neu anzulegenden Friedhof, den der Landschaftsgärtner Robert Wagner aus Stuttgart gewann. Im Januar 1881 erging der Auftrag zur Vermessung der Wege, im August 1881 zur Bepflanzung der Grünanlagen. Der neue Friedhof wurde am 1. Dezember 1882 feierlich eröffnet, zugleich wurde der alte Friedhof geschlossen. Die erste Beisetzung in einem Reihengrab erfolgte bereits am 3. Dezember 1882, beigesetzt wurde der 19-jährige Graveur Johann Martin Schweikert. Die erste Beisetzung in einem Familiengrab war am 8. Dezember 1882 die des Landgerichtspräsidenten und Reichstagsabgeordneten Gottlieb von Huber. Einige bedeutende Persönlichkeiten, die zuvor noch auf dem Alten Friedhof beigesetzt worden waren, wurden später auf den Hauptfriedhof umgebettet.
Der Haupteingang zum Friedhof befindet sich im Norden der Anlage an der äußerst östlichen Wollhaustraße. 1882 und 1885 wurden nach Plänen des Stadtbaumeisters Philipp Sulzberg (1829–1889) zwei neoklassizistische Bauten mit von Säulen getragenen Vordächern beim Eingang errichtet, die als Leichenhalle, Aussegnungshalle und Verwaltungsgebäude dienen. Das vom späteren Heilbronner Oberbürgermeister Emil Beutinger (1875–1957) geplante und bis 1905 erbaute Krematorium zählte zu den damals modernsten Anlagen dieser Art. Der ebenfalls im Stil des Neoklassizismus ausgeführte tempelartige Bau, zu dessen Bauschmuck Feuerschalen und ein Vogel Phoenix zählen, war das erste Krematorium in Württemberg. Bis heute wurden rund 54.000 Kremierungen in diesem Krematorium durchgeführt.
Geländegestaltung und Grabarten
Den Kern des Friedhofs bildet eine Fläche von vier mal fünf nahezu quadratischen Feldern mit überwiegend Reihengräbern. Die Felder sind durch ein rechtwinkliges Netz von Wegen erschlossen. Südlich an diese Grabfelder schließen sich auf einer leichten Anhöhe Reihen mit Familiengräbern an. Südlich davon erfolgte später eine Erweiterung des Friedhofs um locker gruppierte und mit geschwungenen Wegen erschlossene Grabfelder.
Auf dem Friedhof gibt es mehrere Arten von Gräbern:
- Reihengräber (für Erd- und Feuerbestattungen von jeweils einem Sarg oder einer Urne, Ruhezeit 18 Jahre, danach Umwandlung in Wahlgrab möglich)
- Kinderreihengräber (für Kinder bis zum 6. Lebensjahr, Ruhezeit 10 Jahre, Ruhezeit kann jeweils um 10 Jahre verlängert werden)
- Wahlgräber (ein- oder mehrstellige Grabstätten, Nutzungsrecht 25 Jahre, Nachbestattungen möglich sofern die restliche Nutzungsdauer noch mindestens der Ruhezeit entspricht)
- Urnengräber an historischen Grabstätten (Nutzungsrecht kann bereits zu Lebzeiten erworben werden, keine individuelle Gestaltung möglich)
- Urnengräber für anonyme Bestattung
- Schmetterlingsgräber (für frühgeborene Kinder mit einem Gewicht von weniger als 500 Gramm)
Persönlichkeiten, die dort ihre letzte Ruhe fanden
Auf dem Friedhof befinden sich unter anderem Gräber der Heilbronner Bürgermeister Karl Wüst, Paul Göbel, Emil Beutinger und Paul Meyle sowie der Ehrenbürger Georg Härle, Gustav Binder, Wilhelm Happel und Friedrich Niethammer. Außerdem befinden sich dort unter anderem Grabanlagen der bekannten Industriellenfamilien Knorr, Cluss, Ackermann, Rauch und Dittmar sowie der Verlegerfamilie Kraemer und der Bankiersfamilie Rümelin.
Zu den weiteren bekannten auf dem Heilbronner Hauptfriedhof beigesetzten Personen zählen die Stadtärzte Adolf Schliz, Alfred Schliz und Ludwig Heuss, der Knorr-Generaldirektor Gustav Pielenz, der Gastwirt Louis Hentges, der Fabrikant Andreas Faißt, der Salzwerk-Gründer Theodor Lichtenberger, der Fabrikant Louis Link, der Lehrer Christian Leichtle und der Komponist Robert Edler.
Zahlreiche Grabanlagen aus der Zeit des Klassizismus und des Jugendstils gelten inzwischen als künstlerisch wertvoll und wurden von bekannten Künstlern gestaltet. Emil Kiemlen schuf die Knorr-Grabanlage, Daniel Stocker die Gutbrod-Grabanlage, Ernst Yelin die Ackermann-Grabanlage, Adolf von Donndorf die Faißt-Grabanlage, Ludwig Eisenlohr das Karl-Wüst-Grabmal und Hermann Hahn das monumentale Grabmal für den jung gefallenen Kaufmann Rudolf Sperling.
An der zentralen Wegkreuzung des Hauptfeldes befindet sich ein Gedenkstein für die 13 getöteten Heilbronner Lehrer und Schüler der Heilbronner Tragödie am Dachstein an Karfreitag 1954, wobei 11 der 13 Opfer dort auch beigesetzt sind. Auf dem Hauptfriedhof sind außerdem Soldatengräber des Ersten und Zweiten Weltkriegs, ein Gräberfeld ehemaliger polnischer und litauischer Zwangsarbeiter sowie ein „Euthanasie“-Mahnmal.
- Grabmal für Karl Wüst
- Jugendstil-Grabmal des Frauenarztes Gutbrod mit Marmor-Relief
- Grabmal der Industriellen-Familie Knorr
- Grabmal Sperling, Reliefplastik
- Grabmal Schliz
- Grabmal Pielenz
- Soldatengräber
- Dachstein-Gräber
Literatur
- Julius Fekete, Simon Haag, Adelheid Hanke, Daniela Naumann: Stadtkreis Heilbronn (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Baden-Württemberg. Band I.5). Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-1988-3, S. 141.
Einzelnachweise
- ↑ Christhard Schrenk (Hrsg.): Heilbronn in frühen Farbfotografien, Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn, Bd. 55, Heilbronn 2008, S. 57.
- ↑ Ausführliche Beschreibung des Krematoriums mit Grundrissen bei Bauten der Architekten Beutinger & Steiner, B.D.A., Darmstadt–Heilbronn. In: Der Profanbau. Zeitschrift für Geschäftshaus-, Industrie- und Verkehrs-Bauten. Nr. 19, 1. Oktober 1907, S. 285ff.
- ↑ Archivierte Kopie (Memento des vom 17. Oktober 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Archivierte Kopie (Memento des vom 3. Juni 2020 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Weblinks
Koordinaten: 49° 8′ 10″ N, 9° 14′ 13″ O