Klosterschule
Schulform Gymnasium
Gründung 1872
Adresse

Westphalensweg 7

Ort Hamburg
Land Hamburg
Staat Deutschland
Koordinaten 53° 33′ 20″ N, 10° 1′ 29″ O
Träger Freie und Hansestadt Hamburg
Schüler 897 (Schuljahr 2021/22)
Lehrkräfte 81 (2019)
Leitung Annette Brandt-Dammann
Website klosterschule-hamburg.de

Die Klosterschule (KS oder KLS) ist ein Gymnasium im Hamburger Stadtteil St. Georg. Die Schule wurde 1872 als erste höhere Mädchenschule Hamburgs unter dem Namen Unterrichtsanstalten des Klosters St. Johannis gegründet und 1923 verstaatlicht. 1934 zog die Schule in das von Fritz Schumacher entworfene Schulgebäude am Westphalensweg um, das heute unter Denkmalschutz steht. Seit 1968 sind auch Jungen an der Klosterschule zugelassen. 2015 wurde die Klosterschule mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet.

Geschichte

1866 verkaufte die vom Senat kontrollierte Stiftung des Klosters St. Johannis Teile des Kloster-Grundbesitzes an ein Konsortium. Das verkaufte Vorwerk Harvestehude umfasste das Gebiet zwischen Rothenbaumchaussee, Isebek und Hallerstraße, und sollte für Straßen und Bauplätze parzelliert werden. Der Kaufpreis betrug vier Millionen Mark Banco, nach Preisen von 2019 sind das knapp 17 Millionen Euro. Bürgermeister Kirchenpauer hegte im Zuge des Ausbaus des Hamburger Schulwesens ohnehin den Plan, eine höhere Schule für Mädchen einzurichten. Als Patron der Stiftung St. Johannis konnte er 1871 durchsetzen, dafür das Geld aus dem Grundstücksverkauf zu verwenden.

1872 nahm die Unterrichtsanstalt des Klosters St. Johannis als höhere Mädchenschule mit Lehrerinnenseminar ihren Betrieb auf, vorerst in Privaträumen. 1874 zog die Klosterschule in das für sie neugebaute Gebäude am Holzdamm ein. 1910 wurde die Schule zur Vollanstalt mit realgymnasialem Zweig ausgebaut. 1923 wurde die Schule während der Weltwirtschaftskrise und Inflation verstaatlicht.

Nach der „Machtergreifung“ erfolgte 1933 ein Umbau des Kollegiums. An der Klosterschule gab es fünf Lehrer, die bereits vor 1933 NSDAP-Mitglieder gewesen waren. Damit existierte an der Klosterschule die „älteste nationalsozialistische Zelle an den höheren Schulen Hamburgs überhaupt“. Auf Betreiben dieser Gruppe wurde der sozialdemokratische Lehrer Walter Bacher aus dem Schuldienst entlassen. 1934 erfolgte die Zusammenlegung mit der Deutschen Oberschule auf dem Lübeckertorfeld (DOL), in deren aufgestocktes Gebäude am Westphalensweg die vereinte Schule unter dem Namen „Klosterschule“ einzog. Bis 1937 gab es an der Schule die Zweige Realschule, Realgymnasium und Deutsche Oberschule für Mädchen (OfM). Bei den schweren Bombenangriffen auf Hamburg 1943 wurde das ursprünglich geneigte Dach beschädigt und nach Kriegsende als Flachdach wiederhergestellt.

1957 wurde die Schule zum Gymnasium, 1968 wurde die Koedukation eingeführt. 1981 sollte die Klosterschule wegen zu geringer Anmeldezahlen keine neuen 5. Klassen mehr aufnehmen und später geschlossen werden. Die Schließungspläne von Schulsenator Joist Grolle betrafen neben der Klosterschule in ganz Hamburg 105 Schulen. Nach Protesten und teilweiser Schulbesetzung wurde der Beschluss zur Schließung der Klosterschule aufgehoben.

Ab 1993 war die Klosterschule ein Ganztagsgymnasium in Angebotsform („Offene Ganztagsschule“). 1997 wurde der Neubau für die Ganztagsaktivitäten (Haus C) eingeweiht. 2005 wurde das Gymnasium zur gebundenen Ganztagsschule und damit zum Vorbild für andere Hamburger Schulen. 1996 wurde in Hamburg das neunstufige Gymnasium wieder eingeführt, 2010 reduzierten sich die Stufen mit Einführung des G12-Abiturs wieder auf acht. 2007 wurde ein Erweiterungsbau (Haus B) fertiggestellt, der den Schumacher-Altbau (Haus A) mit dem 1995/97 erbauten Erweiterungsgebäude (Haus C) verbindet. 2015 wurde die Klosterschule mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet. 2016 wurde ein neugebautes Oberstufengebäude eröffnet (Haus D). Ab 2016 gab es im Zuge des Zustroms von Flüchtlingen und Migranten an der Klosterschule Flüchtlingsklassen, die in Schulcontainern (Haus K) untergebracht wurden.

Architektur

Das erste nach der Gründung bezogene Schulgebäude existiert heute noch, es befindet sich am Holzdamm 5, direkt neben dem Hotel Atlantic. Das Gebäude nach Entwürfen von Hermann Hastedt wurde 1873/74 mit roher Backstein-Fassade gebaut, die später einen Farbanstrich erhielt. An der Rautenbergstraße 9 kam 1884 ein Anbau hinzu. Am Holzdamm 5 zog später die Staatliche Handelsschule Holzdamm ein.

Das heutige Hauptgebäude der Schule befindet sich in Hamburg-St. Georg auf einem Grundstück von etwa 15.000 m². Das massiv gefertigte Hauptgebäude (Haus A) ist dunkelrot verklinkert und in der typischen Formensprache öffentlicher Hamburger Gebäude in der Ägide des Stadtbaudirektors Fritz Schumacher gestaltet. Das 1923 fertiggestellte Gebäude ist streng symmetrisch entworfen, die Fassade mit Pfeilern gegliedert. Klassen- und Fachräume gehen beidseitig von Mittelkorridoren ab, die nur am Stirnende des Gebäudes und im Treppenhaus belichtet werden. Auch größere Räume wie Turnhalle und Aula sind in die geschlossene Kubatur des Baus integriert und nicht unmittelbar von außen ablesbar.

Das Hauptgebäude wurde ursprünglich für das Lyzeum am Lübeckertorfeld (Werksliste 213) errichtet und als Teil eines Ensembles mit zwei weiteren Schumacher-Bauten geplant: die Technische Staatslehranstalt (Werksliste 116) gehört zur Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg und die Kaufmännische Schule (Werksliste 214) wurde zur Beruflichen Schule Am Lämmermarkt (beides Stand 2019). Diese drei Gebäude beziehen sich in Achsen und Dimensionen aufeinander, durch in der Nachkriegszeit dazwischengeschobene Neubauten sind diese Zusammenhänge nicht mehr erkennbar.

Der Erweiterungsbau (Haus B und C) wurde von 2006 bis 2007 errichtet. In dem dreistöckigen Gebäude sind neben Klassenräumen auch eine Großküche, ein Speiseraum und Räume für die Freizeitgestaltung enthalten. Die Fassade ist mit Edelstahl verkleidet, der die Farben des Altbaus aufgreift. Damit wurden der Schule 1400 m² Nutzfläche bei Baukosten von 4,7 Mio. Euro hinzugefügt. Der Erweiterungsbau ist an den Fritz-Schumacher-Altbau mit einem Skywalk im ersten Obergeschoss angeschlossen. Der zweistöckige Neubau von 1995 mit Backsteinfassade und Sprossenfenstern wurde dabei überbaut, ist aber noch seitlich sichtbar.

Das 2016 eingeweihte Oberstufengebäude (Haus D) ist ein zweigeschossiges Gebäude aus Massivholz, das acht Kursräumen Platz bietet. Das Gebäude steht nordöstlich am Rand des Schulgeländes und ist mit den Bestandsgebäuden nicht baulich verbunden. Das Treppenhaus befindet sich in der Mitte des leicht versetzt angeordneten Hauses.

Heutiges Profil

Auf Grund des besonderen Profils hat die Klosterschule ein recht weites Einzugsgebiet, wenn auch viele Schüler aus den benachbarten Stadtteilen St. Georg, Hohenfelde, Rothenburgsort und Hamm kommen. Der Hintergrund der Schülerschaft ist entsprechend gemischt. Dennoch wurde für das Gymnasium 2013 ein hoher Sozialindex (5 auf einer Skala von 1 bis 6) errechnet. Im Schuljahr 2016/17 hatten 45 % der Schüler der Klosterschule einen Migrationshintergrund.

An der Klosterschule wurden in der Oberstufe im Schuljahr 2019/20 sechs Profile angeboten:

  • Musik und Kultur (Musik, PGW, Theater)
  • Kunst und Kultur (Bildende Kunst, Philosophie, Geschichte, Deutsch)
  • Demokratie und Verantwortung (PGW, Biologie, Kunst)
  • Macht und Inszenierung (Geschichte, Darstellendes Spiel, PGW)
  • Mensch und Gesundheit (Biologie, Sport, Chemie, PGW)
  • Modell und Wirklichkeit (Physik, Philosophie, Informatik)

Bekannte Ehemalige

Lehrerinnen und Lehrer:

  • Valentin Noodt (1825–1892), Pädagoge, Sohn von Valentin Noodt (Erster Direktor der Klosterschule von 1872 bis 1889)
  • Alfred Kleeberg (1887–1957), Pädagoge (Ab 1933 Schulleiter der Deutschen Oberschule auf dem Lübeckertorfeld, dann von 1934 bis 1945 Schulleiter der Klosterschule)
  • Alice Pollitz (1890–1970), Pädagogin (Schulleiterin des Neuen Lyzeums am Westphalensweg von 1923 bis 1933)
  • Walter Bacher (1893–1944), Widerstandskämpfer (1927 bis 1933 Lehrer an der Klosterschule)
  • Käthe Thiemann (1911–2001), Pädagogin (Lehrerin an der Klosterschule ab 1949, dort von 1960 bis 1973 Schulleiterin)

Schülerinnen und Schüler:

Literatur

  • 125 Jahre Klosterschule. Schulverein des Gymnasiums Klosterschule Hamburg e. V., Hamburg 1997, ISBN 3-9805698-1-0.
  • Renate Hauschild-Thiessen: Die Klosterschule von 1872 bis zum ersten Weltkrieg. Ein Beitrag zur Geschichte der höheren Mädchenbildung in Hamburg. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, Band 58 (1972), S. 1–44 (Digitalisat).
Commons: Klosterschule (Hamburg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Behörde für Schule und Berufsbildung zusammen mit dem Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfBQ): Schulinfosystem SISy, Angaben zur Klosterschule aus dem Schuljahr 2021/22. (Abgerufen im Januar 2022)
  2. Kollegiumsliste auf der Website des Gymnasiums
  3. 1 2 3 Renate Hauschild-Thiessen: Die Klosterschule von 1872 bis zum ersten Weltkrieg. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, Band 58 (1972), S. 1–44.
  4. Mark Banco war eine Silber-basierte Verrechnungseinheit in Hamburg, wobei 59 1/3 Mark Banco einem Zollpfund (=0,5 kg) Feinsilber entsprachen (siehe Handbuch des Bank- und Börsenwesens, S. 6). Daher sind 4 Mio. Mark Banco = 67.416 Zollpfund, das sind 33.708 kg Feinsilber, mit einem Silberpreis von ca. 500 € / kg Feinsilber (Stand Oktober 2019) also 16,854 Mio. €.
  5. 1 2 3 4 5 6 Verzeichnis der Schulen von 1933 bis 1945, Auszug aus Uwe Schmidt: Hamburger Schulen im ‚Dritten Reich‘, S. 852.
  6. Siehe dazu Eintrag Erwin Gottsleben. In: Hans-Peter de Lorent: Täterprofile, Band 2. Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg 2017.
  7. Klostergymnasium, Westphalenweg 7. In: archINFORM.
  8. 1 2 3 4 5 Geschichte der Klosterschule (Memento vom 17. Oktober 2019 im Internet Archive) auf der Website des Gymnasiums
  9. Michael Schwellen: „Schmeißt den SEPL in die Elbe!“ In: Die ZEIT, Nr. 23/1981, 29. Mai 1981.
  10. Hanna Kastendieck und Hanna-Lotte Mikuteit: Klosterschule in St. Georg: Eine Schule fürs Leben. In: Hamburger Abendblatt, 13. Mai 2011.
  11. 1 2 Lageplan (Memento vom 18. Oktober 2019 im Internet Archive) auf der Schulwebsite
  12. 1 2 Benjamin Svensson: Einweihung des neuen Oberstufengebäudes (Memento vom 18. Oktober 2019 im Internet Archive), auf der Schulwebsite, 4. März 2016.
  13. „Ich bin doch selbst das Kind von Migranten“ (Memento vom 4. Juni 2016 im Internet Archive). Interview mit Schulleiter Ruben Herzberg, geführt von Oliver Driesen, 18. Mai 2016.
  14. Ralf Lange: Architekturführer Hamburg. Edition Menges, Stuttgart 1995, ISBN 978-3-930698-58-5, S. 74. (Eintrag „B6 Ehem. Klosterschule“)
  15. 1 2 3 Ralf Lange: Schumachers Schulen: Klosterschule. In: Deutsche Bauzeitung, Nr. 08|2008, 30. Oktober 2008.
  16. Klosterschule, Projekte bei Thüs Farnschläder Architekten, Hamburg. Der Neubau von 1995 stammte von denselben Architekten, damals noch unter dem Namen Giffey + Thüs.
  17. Neubau: So soll er aussehen (Memento vom 18. Oktober 2019 im Internet Archive) auf der Schulwebsite, ohne Datum.
  18. Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfBQ) an der Behörde für Schule und Berufsbildung, Hamburg: Regionaler Bildungsatlas, Angaben zum Gymnasium Klosterschule aus dem Schuljahr 2017/18
  19. Meine Geest wie ich sie sehe, Interview mit Ruben Herzberg (* 1951), Schulleiter der Klosterschule von 1994 bis 2018 und Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde von 2007 bis 2011.
  20. Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Robert Heinemann (CDU) vom 28.02.13 und Antwort des Senats. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode, Drucksache 20/7094, Anlage 4b: Alte und neue Sozialindizes der staatlichen weiterführenden Schulen, S. 27.
  21. Peter Ulrich Meyer: So hoch ist der Migrantenanteil an Hamburger Schulen. In: Hamburger Abendblatt. 19. April 2018 (abendblatt.de – An den Hamburger Gymnasien lag der Anteil durchschnittlich bei 37,3 %).
  22. Studienstufe (Memento vom 18. Oktober 2019 im Internet Archive) auf der Schulwebsite
  23. Zur Erinnerung an den ersten Direktor der Unterrichts-Anstalten des Klosters St. Johannis Herrn Dr. Valentin Noodt. Schlotke, Hamburg 1890.
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