M.M.Warburg & CO (AG & Co.) Kommanditgesellschaft auf Aktien | |
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Staat | Deutschland |
Sitz | Hamburg |
Rechtsform | AG & Co. KGaA |
Bankleitzahl | 201 201 00 |
BIC | WBWC DEHH XXX |
Gründung | 1798 |
Website | www.mmwarburg.com |
Geschäftsdaten 2021 | |
Bilanzsumme | 6,4 Mrd. € (Warburg-Gruppe)
4,3 Mrd. € (M.M.Warburg & CO) |
Mitarbeiter | 738 (M.M.Warburg & CO) |
Leitung | |
Vorstand | Markus Bolder Stephan Schrameier (Vorstand) |
Aufsichtsrat | Reiner Brüggestrat (Vorsitzender) |
Die M.M.Warburg & CO ist eine 1798 in Altona von den Brüdern Moses Marcus Warburg und Gerson Warburg aus der deutsch-jüdischen Bankiersdynastie Warburg gegründete unabhängige Privatbank. M.M.Warburg & CO erlangte im Verlauf seiner Geschichte erhebliche Bedeutung für die nationalen und internationalen Kapitalmärkte und ist auch heute noch eine der größten Privatbanken Deutschlands in Privatbesitz. Mehr als 80 % der Gesellschafteranteile gehören den Familien von Max M. Warburg Jr. und Christian Olearius.
Seit 2016 stehen M.M.Warburg & CO und deren Verantwortliche im Zentrum staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen zu illegalen Cum-Ex-Geschäften. Das Landgericht Bonn verurteilte die Bank zu einer Rückzahlung von 155 Millionen Euro für unrechtmäßig erhaltene Steuererstattungen. Ein verantwortlicher Generalbevollmächtigter der Bank wurde zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Im Zuge möglicher politischer Einflussnahme führt zudem die Hamburgische Bürgerschaft einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der klären soll, wieso das Hamburger Finanzamt auf weitere Steuernachforderungen in Höhe von rund 47 Millionen Euro von der Warburg-Bank verzichtete. Der von der Warburg-Bank zu verantwortende Steuerschaden soll knapp 280 Millionen Euro betragen. Die Steuerschuld aus den Aktiengeschäften wurde 2020 aus dem Privatvermögen der Eigentümer bezahlt. Das Management von M.M.Warburg & CO hat sich personell neu aufgestellt, die Bank wird nicht mehr durch die Eigentümer geführt: Seit 2022 sind Markus Bolder und Stephan Schrameier Vorstände der Warburg Bank. Aufsichtsratsvorsitzender ist Dr. Reiner Brüggestrat. Zum 31. Dezember 2022 beschäftigte die Warburg Bank 688 Personen.
Unternehmensprofil
Das Bankhaus M.M.Warburg & CO hat seinen Hauptsitz in Hamburg und unterhält mehrere Geschäftsstellen in ganz Deutschland u. a. in Frankfurt, Köln, München, Berlin, Bremen, Braunschweig, Hannover und Stuttgart. Erst seit dem Einstieg von Christian Olearius als Gesellschafter der Bank Mitte der 1980er Jahre wird auch das „O“ in M.M. Warburg & CO groß geschrieben und steht für das Namenskürzel von Christian Olearius. M.M.Warburg & CO versteht sich als kundenorientierte, unabhängige, mittelständische Privatbank mit den Kerngeschäftsfeldern Private Banking, Corporate & Investment Banking und Asset Management. Kernzielgruppen sind vermögende Privatkunden, Stiftungen, Unternehmen und institutionelle Investoren.
Die M.M.Warburg & CO ist eine Tochtergesellschaft der Finanzholding-Gesellschaft M.M.Warburg & CO Gruppe GmbH. Zum Konzern gehören des Weiteren das Bankhaus Marcard, Stein & Co und die Kapitalverwaltungsgesellschaften Warburg Invest KAG und die Warburg Research GmbH. Mit einer Bilanzsumme von 7,2 Milliarden Euro, Assets under Management and Administration von 76,2 Milliarden Euro und verwalteten Vermögen in Höhe von 33,9 Milliarden Euro ist die M.M.Warburg & CO Gruppe GmbH einer der größten privaten Finanzdienstleister Deutschlands (Stand 2020).
Geschichte
1798–1871
Die Geschichte des Bankhauses begann mit dem bereits in 6. Generation als Pfand- und Geldleiher wirkenden Gumprich Marcus Warburg (1727–1801), dessen Vorfahren 1668 aus der westfälischen Hansestadt Warburg zunächst nach Altona in die Nähe Hamburgs zogen. Gumprich Marcus Warburg übertrug seinen ungleichen Söhnen Moses Marcus Warburg (1763–1830) und Gerson Warburg (1765–1825) im Jahr 1797 sein Unternehmen. Die Brüder gründeten schließlich am 1. Januar 1798 das Bankhaus M.M.Warburg & Co. im damals noch zum dänischen Herzogtum Holstein gehörenden Altona.
1810 wurde erstmals ein Gesellschaftervertrag für die M.M.Warburg & Co. aufgesetzt. 1830 starb Bankgründer Moses Marcus Warburg. Abraham Samuel Warburg (1798–1856), Ehemann von Sara Warburg (1805–1884; Tochter von Moses Marcus Warburg) übernahm das Bankhaus und wählte als neuen Partner seinen Vetter Elias Warburg, der bereits 1837 aus unbekannten Gründen wieder aus der Bank ausschied. 1856 verstarb Abraham Samuel Warburg. Als langjährige Matriarchin der Warburg-Familie regierte nach dem Tod ihres Mannes nun Sara Warburg von 1856 bis 1864 als Alleininhaberin die Geschäfte der M.M.Warburg & Co. Saras Tochter Rosa (1833–1908) heiratete Paul Schiff, den geschäftsführenden Bankdirektor der von Salomon Meyer Freiherr von Rothschild gegründeten Wiener Credit-Anstalt. Diese persönliche familiäre Bande half Sara Warburg und dem Bankhaus Warburg bei der Bewältigung der durch den Krimkrieg ausgelösten existentiellen großen Krise für die Hamburger Wirtschaft. Am Ende des Krimkriegs stürzten die Rohstoffpreise ins Bodenlose und führte zahlreiche amerikanische Banken und Eisenbahngesellschaften in den Bankrott. Die Panik schlug Wellen bis nach Hamburg und der dort ansässigen Börse. Als auch hier Banken und Handelshäusern der Konkurs drohte, versuchte der Hamburger Senat vergeblich in Berlin, Paris und anderen Finanzmetropolen Stützungsanleihen aufzulegen. Dann bekam Paul Schiff im November 1857 vom österreichischen Finanzminister den Auftrag, Hamburg mit einer entsprechenden Anleihe zu versorgen. Österreich und die Wiener Credit-Anstalt schickten am 13. Dezember 1857 einen Zug voll Silberbarren in die Hansestadt, woraufhin sich die Unsicherheit an den Finanzmärkten schlagartig beruhigten und das Chaos beendet wurde. Das Bankhaus Warburg hatte durch diese beziehungsbasierte Rettungsaktion erhebliches Ansehen gewonnen. Hamburg erkannte die große Bedeutung der Auslandskontakte der Warburgs, die fortan stärker in die Finanzgeschäfte des Stadtstaates involviert wurden.
Sara Warburg übertrug ihren rivalisierenden Söhnen Siegmund Warburg (1835–1889) und Moritz M. Warburg (1838–1910) Geschäftsanteile und Führungsaufgaben an der familieneigenen Bank. 1863 gab die Firma ihren ursprünglichen Titel Geldwechsler auf und legte sich fortan die Bezeichnung Bankier- und Geldwechselgeschäft zu. Die M.M.Warburg & Co. war zu einer Privatbank mit guten internationalen Verbindungen gereift. Obwohl die Bank nur zehn Angestellte hatte, führte sie weltweit Devisen- und Wechselgeschäfte mit großen Handelshäusern und Banken. Zudem wuchs das lukrative Emissionsgeschäft stetig. 1864 schied Sara Warburg aus der Bank aus und übertrug die Geschäfte des Finanzinstituts endgültig auf die beiden ungleichen Söhne. Der etwas ältere Siegmund (Teilhaber von 1859 bis 1889) besaß die unbestrittene Vormachtstellung in der Bank, der Einfluss von Moritz (Teilhaber von 1862 bis 1910) war überschaubar. 1864 heiratete Moritz Warburg die Frankfurter Juwelierstochter Charlotte Esther Oppenheim (1842–1921). Daraus entstanden Beziehungen zu den führenden Frankfurter Bankhäusern, insbesondere zum Bankhaus Moritz B. Goldschmidt. Diese Zweckheiraten trugen maßgeblich zur Ausdehnung des Geschäftsbereichs der M.M.Warburg & Co. bei.
Unter Siegmunds Leitung zog die Bank 1868 standesgemäß von der Hermannstraße 47 in den neuen Hauptsitz in die Ferdinandstraße 75, einem florentinischen Stadtpalast nahe der Binnenalster. Rathaus und Börse konnten nun innerhalb einer Minute zu Fuß erreicht werden. Die Bank befand sich damit in unmittelbarer Nähe zu den Kontoren der Großreeder und Überseehandelskaufleuten. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit kaufte das Bankhaus umliegende Grundstücke auf, bis man in der Gegend rund um den Hauptsitz zwei komplette Straßenfronten besaß. 1911 wurde das alte Haus auf der Ferdinandstraße 75 abgerissen und das bis heute bestehende M.M.Warburg & CO-Haupthaus errichtet.
1871–1914
Der weitere Aufstieg der Warburg-Bank fiel zeitlich mit den Ereignissen zusammen, die 1871 zur Verschmelzung der deutschen Kleinstaaten zu einem geeinten Deutschen Kaiserreich führten. Der Deutsch-Französische Krieg (1870–1871) brachte der deutschen Wirtschaft und der M.M.Warburg & Co. einen ungeahnten Aufschwung. Der Geldbedarf der zu dieser Zeit entstehenden neuen Industrieunternehmen war enorm und konnte durch die Privatbankiers nicht mehr gedeckt werden. Aus diesem Grund nahm die Warburg-Bank den Wertpapierhandel auf und legte damit den Grundstein für den Aufstieg in die Welt der global prestigeträchtigsten Privatbanken. Infolgedessen wurden die M.M.Warburg & Co. mit der Unterstützung der Pariser Rothschild Frères an der zweiten Anleihe beteiligt, mit deren Hilfe Frankreich die im Frieden von Frankfurt vereinbarten Reparationszahlungen in Höhe von fünf Milliarden Franc an Deutschland leisten konnte. Für die Bankiers bedeutete dies einen Gewinn von gigantischem Ausmaß.
Wichtigste Partnerbanken neben den Rothschildhäusern waren zu dieser Zeit die Stern Bros. in London mit ihren Zweigniederlassungen in Frankfurt und Paris, das Bankhaus Bischoffsheim & Goldschmidt in London, Paris und Brüssel, das Bankhaus S. Bleichröder in Berlin sowie L. Behrens & Söhne in Hamburg.
Mit Max Moritz Warburg (1867–1946) und seinem jüngeren Bruder Paul Moritz Warburg (1868–1932) aus der Linie der Mittelweg-Warburgs bekam die Bank zwei neue Teilhaber der vierten Generation der Familie. Gerade das Leben und Wirken von Max M. Warburg beeinflusste die Geschichte der Bank nachhaltig. Nach Lehrjahren ab 1887 bei J. Dreyfus & Co. in Frankfurt, Wertheim & Gompertz in Amsterdam, Banque Impériale Ottomane in Paris und N M Rothschild & Sons in London kehrte Max M. Warburg 1891 als Prokurist zurück in das Hamburger Familienunternehmen.
M.M.Warburg & Co. verdiente an der Finanzierung von Eisenbahnlinien in den Vereinigten Staaten, die ihnen Kuhn, Loeb & Co. in New York vermittelten. Jacob Schiff, gebürtig aus Frankfurt stammender Teilhaber der Bank, war 1871 Lehrling bei M.M.Warburg & Co. Zudem beteiligte sie sich durch die eingeheirateten Günzburgs am Verkauf von Obligationen der Großrussischen Eisenbahn Gesellschaft und von Anteilen an der Diamantmine Bultfontein in Südafrika und verkauften russische, norwegische, chinesische und hamburgische Staatsanleihen.
1893 wurde Max M. Warburg Teilhaber der M.M.Warburg & Co. Zu dieser Zeit entwickelte Max M. Warburg eine enge geschäftliche und persönliche Beziehung zu seinem mit ihm verwandten Hamburger Reeder Albert Ballin und dessen weltgrößter Handels- und Passagierschifffahrtsflotte HAPAG. Während M.M.Warburg & Co. Ballins HAPAG ab 1901 als Teil eines Bankenkonsortiums finanzierte und Max M. Warburg in den Aufsichtsrat der HAPAG aufstieg, wurde Ballin Patenonkel von Max. M. Warburgs Sohn Erich Hermann M. Warburg (1900–1990). Auf Ballins Initiative wurde Max M. Warburg auch Aufsichtsrat bei der Hamburger Großwerft Blohm & Voss und damit zu einem maßgeblichen Mann in der deutschen Schiffahrtsindustrie. Zudem verband Warburg und Ballin ihre Tätigkeit als Berater des deutschen Kaisers Wilhelm II. In der wilhelminischen Epoche wandte sich das Bankhaus nun verstärkt nationalen und internationalen Emissionsgeschäften zu und vollzog unter dem neuen Seniorchef Max M. Warburg den Eintritt in die internationale Politik und Finanzwelt.
Der Erfolg der M.M.Warburg & Co. war eng verbunden mit der patriotischen Verbundenheit von Max M. Warburg zur deutschen Regierung um Kaiser Wilhelm II. Als liberaler Imperialist unterstützte Warburg die kolonialen Unternehmungen des deutschen Kaiserreichs und beteiligte sich an der Gründung des Hamburgischen Kolonialinstituts. 1904 wirkte M.M.Warburg & Co. an einer Anleihe der Deutschen Bank für das Osmanische Reich zur Finanzierung der Bagdad-Bahn mit. 1905 ließ sich Max M. Warburg vom Auswärtigen Amt zur Beteiligung an einer Intrige in Liberia verleiten, die damit endete, dass der größte Teil des Liberiahandels in deutsche Hände gelangte. 1905 erhielt die Bank den endgültigen Ritterschlag und wurde in das prestige- und gewinnträchtige Reichsanleihenkonsortium zugelassen, den engsten Kreis von etwa fünfzig Repräsentanten der deutschen Finanzhäuser. Mit dem Einsatz für die Kolonien gelang dem Bankhaus M.M.Warburg & Co. der Sprung in die vorderste Reihe der weltweit führenden Banken. Das Bankhaus wetteiferte mit der ebenfalls weltweit agierenden Deutschen Bank um den ersten Platz bei der Ausgabe von Wertpapieren. M.M.Warburg & Co. war an der Finanzierung wesentlicher verkehrsinfrastrukturellen moderner Bauwerke in Hamburg beteiligt: 1906 am Hamburger Hauptbahnhof, 1907 am Bau des Elbtunnels, 1908 am Bau der Mönckebergstraße mit der neuen U-Bahn und an den 1909 eingeweihten St. Pauli-Landungsbrücken. Max M. Warburg galt als „Big Linker“, einer der ganz Großen im personell verflochtenen Netzwerk der Wirtschaft und Politik. Warburg verknüpfte direkte Verbindungen zu ausländischen Regierungen. Die Bilanzsumme verdreifachte sich von 47 Millionen Mark im Jahre 1900 auf 127 Millionen Mark im Jahre 1914. Die Teilhaber an der Warburg-Bank Max M. Warburg, Fritz M. Warburg, Aby S. Warburg und Paul M. Warburg saßen in 19 Aufsichtsräten. Trotz Kriegen, Chaos und galoppierender Inflation befand sich die M.M.Warburg & Co kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf einem Allzeithoch.
1914–1918
Am 28. Juli 1914 erklärte Österreich-Ungarn dem Königreich Serbien den Krieg. Der daraufhin entstandene Erste Weltkrieg band die M.M.Warburg & Co. und Max M. Warburg noch näher an die Regierung des Deutschen Kaiserreichs. Die Arbeit der Bank drehte sich jetzt um Kriegsanleihen. M.M.Warburg & Co. hatte infolge des Krieges mehr mit Staatsunternehmen als mit Privatfirmen zu tun. Zu Kriegsanfang lehnte Max M. Warburg das Angebot ab, als deutscher Botschafter nach Washington zu gehen. Die Nahrungsmittelknappheit veranlasste die Regierung, Nahrungsmittel aus dem Ausland einzuführen. Max M. Warburg wurde 1915 in den Beirat des Kriegsernährungsamtes gewählt. In Zusammenarbeit mit dem Reeder Albert Ballin organisierte M.M.Warburg & Co. die Einfuhren, stellte Devisen zur Verfügung und leistete Vorauszahlungen. Die Bank, Warburg und Ballin ernteten für ihre Hilfsaktionen heftige Anfeindungen von amerikanischen Zionisten wie Louis Brandeis, die keinerlei Verständnis für den weiterhin bestehenden deutschen Patriotismus der jüdischen Geschäftsmänner hatten.
Der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten am 6. April 1917 war für die in Deutschland und den USA lebenden Warburgs eine familiäre und geschäftliche Katastrophe. Der in den USA lebende Felix M. Warburg musste seine Teilhaberschaft an der M.M.Warburg & Co. abgeben, die er 1914 von seinem Bruder Paul M. Warburg übernommen hatte, als dieser ins Amt des stellvertretenden Vorsitzenden der Federal Reserve berufen wurde. Erstmals in der 120-jährigen Geschichte der M.M.Warburg & Co. wurde 1917 mit dem firmenintern sehr geschätzten Carl Melchior ein Gesellschafter aufgenommen, der nicht zur Familie Warburg gehörte.
1918–1933
Nach Ende des Ersten Weltkriegs führten die Hyperinflation der Jahre 1922/1923 neben der Ruhrbesetzung und einem bürgerkriegsähnlichen Zustand der Weimarer Republik zu einem unermüdlichen Auftrieb des Antisemitismus. Sowohl in Deutschland als auch in den USA standen die M.M.Warburg & Co., Max M. Warburg sowie Paul M. Warburg und die US-Zentralbank im Fokus antisemitischer Verschwörungstheorien. Da Mitglieder der Familie Warburg zudem Staatsangehörige verschiedener Länder waren, eigneten sich die Warburgs zur Verkörperung des „Internationalen Juden“, der vorgeblich mit anderen jüdischen Mitverschwörern die Weltherrschaft anstrebe. Die Warburgs galten dabei als Drahtzieher an der Wall Street und zugleich als geheime Handlanger russischer Revolutionäre wie Leo Trotzki. Im Sommer 1922 waren die Teilhaber der M.M.Warburg & Co. aus Angst vor Attentaten dazu übergegangen, nur noch in gepanzerten Autos mit vergitterten Scheiben und von Polizeieskorten begleitet zur Arbeit zu fahren.
1924, die deutsche Währung war wieder einigermaßen stabil, beschäftigte M.M.Warburg & Co. in der Hamburger Ferdinandstraße 358 Mitarbeiter. Der Dawes-Plan vom August 1924 hatte weitreichende Konsequenzen für die Bank. Da Deutschland nun der größte Schuldner und Amerika der größte Gläubiger der 1920er Jahre war, nahm M.M.Warburg & Co. im transatlantischen Finanzwesen erneut eine Schlüsselstelle ein. Paul M. Warburg hatte mittlerweile in New York die International Acceptance Bank (IAB) gegründet und versorgte im Zusammenspiel mit der M.M.Warburg & Co. die deutsche Industrie mit Krediten. Über die Bankhäuser floss zusätzlich ausländisches Geld in Hamburger Staatsanleihen mit dem u. a. der Wiederaufbau der deutschen Handelsflotte und der HAPAG finanziert wurde.
Die mit ausländischem Geld nun vollgepumpte deutsche Industrie erlebte eine Konzentrationswelle, bei der kolossale Konzerne und Kartelle entstanden. 1926 fusionierten Daimler und Benz zur Daimler-Benz AG. Im Jahr zuvor bildeten die Bayer AG, BASF, Agfa und fünf weitere Chemieunternehmen mit der I.G. Farben den größten Konzern des Landes, der ungeheure Mengen an Arzneimitteln, Stickstoff, Magnesium, Filmen und Farben produzierte. Als Max M. Warburg 1928 in den Aufsichtsrat der IG Farben berufen wurde, war dies sein 27. Aufsichtsratmandat, das er gleichzeitig ausübte. Alle Teilhaber der M.M.Warburg & Co. zusammen hatten 1928 insgesamt 87 Aufsichtsratsmandate inne.
Bereits 1925 wurde Carl Melchior als einziges deutsches Mitglied in den Finanzausschuss des Völkerbundes eingesetzt, was das Ansehen des M.M.Warburg & Co. weiter mehrte. M.M.Warburg & Co. hatte sich zu einer der größten und renommiertesten Privatbanken der Welt entwickelt. 1929 wurden Ernst Spiegelberg aus der Bankiersfamilie Spiegelberg sowie Max M. Warburgs Sohn Erich M. Warburg (1900–1990) Teilhaber an der M.M.Warburg & Co. Es folgte 1930 Max M. Warburgs Neffe Siegmund G. Warburg (1902–1982). Damit wurde die Übergabe des Bankhauses an die fünfte Generation der Warburgs eingeleitet.
Um für das amerikanische Anleihegeschäft einen neuen Stützpunkt in Europa zu haben, gründeten die Hamburger M.M.Warburg & Co. und die von Paul M. Warburg erschaffenen New Yorker Bankäuser International Acceptance Bank und Bank of Manhattan Co. wenige Wochen vor dem Börsencrash 1929 die Warburg & Co.-Bank in Amsterdam. Paul M. Warburg war zu der Zeit auch Vorstandsvorsitzender der International Acceptance Bank und der Bank of Manhattan Co., der Vorgängerbank der Chase Manhattan. Über die Amsterdamer Vertretung waren die Warburgs nun im internationalen Emissions- und Effektenhandel vertreten. Geschäftsführer der Amsterdamer Niederlassung waren Erich M. Warburg, Ernst Spiegelberg und Leonard Keesing, der langjährige Prokurist von Kuhn, Loeb & Co. Im Beirat saßen Max M. Warburg (Vorsitzender), Paul M. Warburg (stellv. Vorsitzender) und Fritz M. Warburg.
Trotz der angespannten wirtschaftlichen Situation gelang es der Bank bis zum Schwarzen Donnerstag am 24. Oktober 1929, ihre Bilanz zu erhöhen. Doch die nun einsetzende Weltwirtschaftskrise, einsetzende politische Tumulte, die weitgehende Liquidation deutscher Wertpapiere durch Amerikaner, der Kurssturz deutscher Aktien und die Kapitalflucht nach dem Wahlerfolg der NSDAP 1930 brachte auch die M.M.Warburg & Co. in Bedrängnis. Die Zahlungsunfähigkeit der rothschild'schen Wiener Creditanstalt im Mai 1931 verursachte zudem eine weitere Bankenkrise, die auf ganz Mitteleuropa übergriff. Mit dem Zusammenbruch der von Jakob Goldschmidt geleiteten Darmstädter und Nationalbank im Juli 1931 begann schließlich auch eine Deutsche Bankenkrise und spitzte die ohnehin angespannte Lage für viele weitere Banken zu. Die amerikanischen Warburg-Brüder Felix M. Warburg und Paul M. Warburg mussten M.M.Warburg & Co. mit immensen Krediten und Darlehen in Höhe von 9,1 Millionen US-Dollar (inflationsbereinigt 2018: ca. 140 Millionen US-Dollar) unterstützen. Trotz Krise blieben die engen geschäftlichen Beziehungen mit Kuhn, Loeb & Co. und den Rothschild-Banken von überragender Bedeutung für M.M.Warburg & CO.
1933 war die M.M.Warburg & Co. mit einem Kapital von 18 Millionen Reichsmark noch vor Mendelssohn & Co. die bedeutendste und größte Privatbank Deutschlands.
1933–1945
Mit Beginn der NS-Machtergreifung und der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 entwickelte die M.M.Warburg & Co. gemeinsam mit dem Berliner Bankhaus A.E. Wassermann und der von Theodor Herzl gegründeten Anglo-Palestine Bank die Palästina Treuhandstelle zur Beratung Deutscher Juden GmbH (Paltreu). Über die 1934 als Teil des Ha’avara-Abkommens erschaffene Treuhandgesellschaft wurden drei Viertel aller Finanztransfers abgewickelt, die für die Emigration deutscher Juden und den Export deutscher Waren nach Palästina im Rahmen des Ha’avara-Abkommens nötig waren. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs flossen 140 Millionen Reichsmark durch die Bank und sorgten dafür, dass M.M.Warburg & Co. in dieser schweren Zeit genug Aufträge erhielt. Weitere Aufgabe der Gesellschaft war es, jene deutschen Juden zu beraten, die nach Palästina auswandern und einen Teil ihres Vermögens mitbringen wollten. Die Paltreu stand unter der Aufsicht des Auswärtigen Amts, des Reichswirtschaftsministeriums und der Reichsbank.
Bei Hitlers Machtergreifung besaßen die M.M.Warburg & Co.-Teilhaber 108 Aufsichtsratsmandate in deutschen Wirtschaftsunternehmen. Der Beginn der NS-Zeit brachte für M.M.Warburg & Co. trotz ihres industriellen Einflusses schwerwiegende Veränderungen. Der Poststrom versiegte zusehends, immer weniger Kunden fanden den Weg in die Bank. Innerhalb des Jahres 1933 nahm die Zahl der Kunden von 5241 auf 1875 ab und das Bankhaus wurde aus zahlreichen Wertpapierzusammenschlüssen ausgestoßen. Zum vorläufigen Niedergang des Bankhauses trugen aber nicht ausschließlich die Nationalsozialisten bei. Durch den Zahlungsaufschub für die Deutschland gewährten Kredite wurden internationale Zahlungsströme eingefroren. Außerdem litt die Bank immer noch unter dem Debakel von 1931. An ein und demselben Tage starben am 30. Dezember 1933 die beiden M.M.Warburg & Co.-Teilhaber Carl Melchior und Aby S. Warburg. Im Januar 1934 emigrierte M.M.Warburg & Co.-Teilhaber Siegmund G. Warburg nach London und eröffnete dort das Bankhaus S. G. Warburg & Co. Im Sommer 1938 emigrierte Erich M. Warburg nach New York und gründete in den Büros von Kuhn, Loeb & Co. die Investmentbank E.M. Warburg & Co.
Zwischen 1936 und 1938 verloren die verbliebenen Teilhaber der M.M.Warburg & Co. 80 von 98 Aufsichtsratsmandaten. Makabre Haupttätigkeit im Jahre 1937 war die Übernahme der Kunden von bereits arisierten jüdischen Banken wie dem Bankhaus S. Bleichröder, J. Dreyfus & Co. und 200 weiteren Privatbanken. M.M.Warburg & Co. war eine der letzten Vertrauensbanken für die jüdische Geschäftswelt. Im September 1937 teilte Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht Max M. Warburg bei einem Gespräch in Berlin mit, die Bank nicht länger im Reichsanleihen-Konsortium halten zu können. Daraufhin entschloss sich Max M. Warburg, die Bank mit Hilfe von Freunden wie Franz Schütte und Konsul Dubbers in Bremen und Mitgliedern der Familie Nottebohm und Laeisz in Hamburg in eine Kommanditgesellschaft (KG) umzuwandeln. Rudolf Brinckmann, langjähriger loyaler Generalbevollmächtigter der M.M.Warburg & Co., und der Hamburger Geschäftsfreund Johann Jacob Paul Wirtz übernahmen 1938 die Bank. Ende Mai 1938 verabschiedete sich Max M. Warburg mit einer bewegenden Rede von seinen Mitarbeitern und emigrierte im August 1938 in die USA. Die stille Beteiligung, die die Familie Warburg weiterhin an der Bank hielt, wurde bei Kriegsausbruch 1939 beschlagnahmt. Das Bankhaus musste am 27. Oktober 1941 auf Anweisung der Regierung des Deutschen Reiches in Brinckmann, Wirtz & Co. umfirmieren. Die Einlagen der stillen Teilhaber aus der Familie Warburg wurden beschlagnahmt. Rudolf Brinckmann und Johann Paul Wirtz steuerten die Bank nicht ohne Gefahr für sich selbst durch die dunklen Jahre des Krieges.
1945–heute
Wenige Tage nach der deutschen Kapitulation 1945 kehrte Erich M. Warburg am 11. Mai 1945 als Lt. Col. Eric M. Warburg, Oberster Offizier des Nachrichtendienstes der United States Army Air Forces und mittlerweile amerikanischer Staatsbürger, in das von den Briten besetzte Hamburg zurück. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs erhielten die Teilhaber der M.M.Warburg & Co. ihre eingefrorenen Vermögen zurück. Der 1938 ins amerikanische Exil emigrierte Firmenpatriarch Max. M. Warburg starb am 26. Dezember 1946 in New York.
1949 wurde durch Abschluss eines Rückerstattungsvergleichs die von Eric M. Warburg vertretene Familie Warburg wieder Gesellschafter der Bank. Ab 1956 trat er als Komplementär bei Brinckmann, Wirtz & Co. ein. Anfang 1957 trat Friedrich Priess neben Eric M. Warburg und Rudolf Brinckmann als dritter persönlich haftender Komplementär in die Bank ein. 1969 wurde die inzwischen stark gewachsene Bank zu M.M.Warburg-Brinckmann, Wirtz & Co. umfirmiert und trug damit erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder den Namen der Warburgs. Max M. Warburg Jr. trat 1978 zunächst als Direktor Sales & Trading und schließlich 1982 als Partner und damit in der 6. Generation der Warburg-Familie bei der M.M.Warburg & Co. ein. Die Familien der Hauptgesellschafter Max M. Warburg Jr. und Christian Olearius halten mehr als 80 % der Anteile an M.M.Warburg & CO (Stand März 2018).
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands nahm die Bank 1991 wieder ihren ursprünglichen Namen M.M.Warburg & Co. an, jedoch seit dem Einstieg von Olearius als Gesellschafter in die Bank wird das „O“ in M. M. Warburg & CO groß geschrieben und steht für Christian Olearius. Um die Jahrtausendwende wuchs unter der Unternehmensführung von Olearius die M.M.Warburg & CO durch die Übernahme zahlreicher deutscher Privatbanken stark an. 1997 wurden zunächst das größte niedersächsische Privatbankhaus Hallbaum aus Hannover und 1998 die traditionsreiche Hamburger Privatbank Marcard, Stein & Co akquiriert. Es folgten 1999 die Übernahme der ältesten Bremer Privatbank Carl F. Plump & CO und 2003 schließlich der Kauf der Berliner Privatbank Löbbecke. Hinzu kamen die Gründungen der ausländischen Tochtergesellschaften M.M.Warburg Bank AG (Schweiz) und M.M.Warburg & CO Luxembourg S.A., sowie mehrere Kapitalanlagegesellschaften. Ab 2009 gehörte die Schwäbische Bank mit Sitz in Stuttgart zur Warburg-Bankengruppe. Die zunächst übernommenen Tochterunternehmen Bankhaus Hallbaum, Bankhaus Löbbecke, Bankhaus Carl F. Plump & CO und die Schwäbische Bank wurden 2016 mit der Muttergesellschaft M.M.Warburg & CO verschmolzen und firmieren seitdem als Zweigniederlassungen von M.M.Warburg & CO. Im Frühjahr 2018 erwarb die Warburg Bank 75,1 % der Anteile an der NORD/LB Asset Management aus Hannover von der NORD/LB Norddeutsche Landesbank Girozentrale. Beide Banken bündelten ihre Asset-Management-Aktivitäten fortan in der Warburg Invest Holding. Im Juni 2019 übernahm Warburg die restlichen Anteile an der Holding und ist seitdem alleinige Eigentümerin der ehemaligen NORD/LB Asset Management. Diese firmiert mittlerweile als Warburg Invest. Mit einem betreuten Vermögen (Assets under Management and Administration) von mehr als 36 Milliarden Euro und rund 130 Mitarbeitern ist die Holding ein bedeutender Asset-Manager in Norddeutschland.
Im November 2019 gaben der Aufsichtsratsvorsitzende Christian Olearius sowie sein Stellvertreter Max Warburg Jr., beide Hauptgesellschafter der Bank, ihren Rücktritt zum Ende des Jahres bekannt. Grund hierfür soll Druck seitens der Bafin gewesen sein im Zusammenhang der Teilnahme der Bank an sogenannten Cum-Ex-Geschäften. Im September 2021 verließ Joachim Olearius als letztes verbliebenes Familienmitglied in der Unternehmensführung den Vorstand. Damit fand eine formale Trennung zwischen den Hauptgesellschaftern und der operativen Leitung statt.
Skandale und Gerichtsverfahren
Abacha-Skandal
Im Frühjahr 2000 wurde der Abacha-Skandal um den berüchtigten nigerianischen Militärdiktator Sani Abacha und seinen Familienclan publik, die mit Hilfe der M.M.Warburg & Co. große Summen illegal erworbener Staatsgelder ins Ausland verschoben hatten. Auf ein Rechtshilfegesuch Nigerias sperrten die Behörden insgesamt acht Konten des Familienclans bei der M.M. Warburg & Co. Luxembourg S.A. mit einer Gesamtsumme von 1,31 Milliarden D-Mark (rund 670 Millionen Euro). Des Weiteren flossen über die Schweizer M.M. Warburg & Co.-Filiale in Zürich Bestechungsgelder des Essener Anlagebauers Ferrostaal in Höhe von 300 Millionen D-Mark an den Abacha-Clan. Mehrere hauptverantwortliche Warburg-Manager verloren im Zuge des Skandals ihren Posten bei den seinerzeit noch existierenden Niederlassungen in Luxemburg und der Schweiz.
Falschberatung bei Schiffsfonds
Die M.M.Warburg & CO hat bis zum Jahr 2010 Schiffsfonds angeboten, die über komplex konstruierte Vertriebs- und Beteiligungsgesellschaften wie Vigor und Atalanta abgewickelt wurden. Für die stark risikobehafteten Vertragsabschlüsse mit Anlegern kassierte die Bank hohe, teils zweistellige Provisionen. 2015 bestätigte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe ein Urteil gegen M.M.Warburg & CO, wonach einem geschädigten Kunden die von ihm in den Schiffsfonds MT „MARGARA“ investierten 50.000 Euro plus Zinsen zurückzuzahlen waren. Das Gericht verurteilte die Bank „wegen fehlerhafter Beratung zur Leistung von Schadensersatz“, da M.M.Warburg & CO eine „ganz erhebliche Provision, und damit einen echten, aufklärungspflichtigen Kick-back bezogen“ habe.
Cum-Ex-Skandal
Seit 2016 steht die Bank aufgrund der Teilnahme an illegalen Cum-Ex-Geschäften in der Kritik. Dabei erhielten Warburg und andere Banken auf Kosten der Finanzverwaltung unberechtigterweise Millionen an Steuerrückzahlungen, obwohl überhaupt keine Steuern gezahlt wurden. Der allein von der M.M. Warburg & Co. verursachte Steuerschaden soll knapp 280 Millionen Euro betragen.
Bereits im Januar 2016 wurden im Zuge von Steuerfahndung die Räume der Bank durchsucht. Bei den Ermittlungen zu den Cum-Ex-Geschäften wurde die Warburg-Bank im Oktober 2016 von den Hamburger Steuerbehörden informiert, dass die Bescheide für die Jahre 2009 bis 2011 zum Nachteil der Bank korrigiert werden müssen. Das zuständige Finanzamt verzichtete aber zunächst auf eine Rückforderung. Am 8. November 2017 erließ der kommissarische Bundesfinanzminister Peter Altmaier eine Weisung an die Hamburger Finanzbehörde, wegen der drohenden Verjährung nicht auf die Rückzahlung zu verzichten. Da sich die Hamburger Behörde widersetzte, bekräftigte der Bundesminister am 1. Dezember seine Weisung. Erst Anfang 2018 forderte sie die bereits im Steuerbescheid festgestellte Summe von 43 Millionen Euro zuzüglich 13 Millionen Euro Zinsen zurück. Gegen den Bescheid ging Warburg CO auf dem Rechtsweg vor. Im März 2018 durchsuchten Steuerfahnder erneut die Bank sowie private Immobilien der Hauptgesellschafter Christian Olearius und Max Warburg, die auch privat Cum-Ex-Geschäfte tätigten. Im Januar 2019 wurde bekannt, dass die Bank im Dezember 2018 beim Landgericht Frankfurt am Main Klage gegen die Deutsche Bank eingereicht hat. Diese habe es bei großen Aktiengeschäften („Cum Ex“) jahrelang „pflichtwidrig“ unterlassen, fällige Steuern einzubehalten und an die Finanzämter abzuführen, so die Klageschrift. Die Deutsche Bank wies alle Vorwürfe zurück.
Nach einem SZ-Bericht hat die Wirtschaftsprüfgesellschaft Deloitte im Auftrag der Finanzaufsicht Bafin einen Untersuchungsbericht vorgelegt, der verheerend für Warburg und Olearius ausfalle: Demnach soll sich Olearius zusammen mit zwei Beschäftigten bei Cum-Ex-Aktiendeals der „besonders schweren Steuerhinterziehung“ strafbar gemacht haben, wie es in einer Zusammenfassung des Prüfreports vom 19. Februar 2019 heiße, die SZ, NDR und WDR vorliegt. Deloitte käme zu dem Ergebnis, dass Olearius auch gegen gesetzliche Vorschriften für die Führung von Banken verstoßen habe; dafür lägen „ausreichende Anhaltspunkte“ vor. Die Bafin könne deshalb wohl verlangen, ihn als Aufsichtsrat bei Warburg abzuberufen.
Im März 2020 wurde die Bank vom Landgericht Bonn dazu verurteilt, 176 Millionen Euro an Kapitalertragsteuer zurückzuzahlen. Die Bank hatte diese Gelder im Rahmen der Cum-Ex-Geschäfte zu Unrecht erhalten. M.M.Warburg & CO legte dagegen Revision ein. Einen Monat später forderte schließlich auch die Stadt Hamburg Gelder in Höhe von 160 Millionen Euro zurück. Am 14. Januar 2021 gab Warburg bekannt, 155 Millionen Euro wegen der Cum-Ex-Aktiengeschäfte für 2007 bis 2011 festgesetzten Steuern an das Finanzamt für Großunternehmen überwiesen zu haben, womit die gerichtlich angeordnete Einziehung der Steuern erledigt sei.
Am 6. November 2020 nahm der Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft seine Arbeit zur Klärung der Frage auf, warum der Hamburger Senat und die Hamburger Steuerverwaltung bereit waren, Steuern in Millionenhöhe mit Blick auf Cum-Ex-Geschäfte verjähren zu lassen und inwieweit es dabei zur Einflussnahme zugunsten der Warburg-Bank und zum Nachteil der Hamburgerinnen und Hamburger kam (PUA „Cum-Ex-Steuergeldaffäre“).
Laut einem manager-magazin-Bericht vom März 2021 zahlte Warburg für Beratungen zu Cum-Ex-Geschäften 17,5 Millionen Euro an Hanno Berger und einen damaligen Kanzleipartner. Die Bank überwies das Geld an die Sarasin-Bank, die es an eine Offshore-Firma von Berger und einem damaligen Kanzleipartner auf den Britischen Jungferninseln weiterleitete.
Im Juni 2021 wurde der ehemalige Generalbevollmächtigte von Warburg vom Landgericht Bonn im Fall von schwerer Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt zuzüglich 100.000 Euro Strafe, laut dem Handelsblatt ein Urteil mit „Signalwirkung für die gesamte Finanzbranche“. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von zehn Jahren, die Verteidiger Freispruch gefordert. In Summe der als strafbar bewerteten Handlungen war das Landgericht sogar auf eine tat- und schuldangemessene Gesamtfreiheitsstrafe von 20 Jahren gekommen, da es dem Angeklagten besonders schwere Steuerhinterziehung von 2007–2011 vorwarf und gemäß der hinterzogenen Summen für jeden einzelnen Fall bereits über vier Jahre (bis auf 2011) veranschlagt hatte; allerdings nahm die 12. Große Strafkammer des Landgerichts zu Gunsten des Angeklagten an, dass er in Mittäterschaft gehandelt habe und reduzierte die Gesamtstrafe auch aufgrund des Alters auf fünf Jahre und sechs Monate. Gegen dieses erste Urteil im Rahmen der Cum-Ex-Aufarbeitung hatte der Angeklagte Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt, die im April 2022 verworfen wurde. Auch eine ebenfalls beim BGH eingelegte Verfahrensrüge wurde vom Senat im Juli 2022 ablehnend beschieden. Eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht, die sich gegen einen Vorsitzenden Richter im Verfahren wandte, der bereits vorher Cum-Ex-Prozesse geleitet und deswegen diesen Prozess nicht unvoreingenommen geführt habe, hatte keinen Erfolg.
Auch gegen die pensionierte Leiterin des Hamburger Finanzamts für Großunternehmen, die die Steuerschuld in Höhe von knapp 47 Millionen der M.M. Warburg & CO verjähren ließ, wird ermittelt. Unklar ist, ob Daniela P. persönliche Kontakte zur Familie hatte und zur Petersilienhochzeit von Christian Olearius’ inzwischen verstorbener Tochter Katharina eingeladen worden war. Hierüber gab es einen Aktenvermerk der Warburg-Betriebsprüfer; die Bank dementierte das. Inzwischen wurde bekannt, dass sie am 17. November 2016 – kurz nachdem die Hamburger Finanzbehörde entschieden hatte, auf die 46 Millionen zu verzichten – einer Vertrauten schrieb, dass „der teuflische Plan aufgegangen“ sei.
Im September 2021 ließ die Staatsanwaltschaft Köln Privatwohnungen und Räume der Hamburger Finanzbehörde durchsuchen. Die Ermittlungen richteten sich neben der Finanzbeamtin auch gegen die SPD-Politiker Johannes Kahrs und Alfons Pawelczyk wegen Begünstigung der Warburg-Bank.
Im April 2023 ließ das Landgericht Bonn eine Anklage der Kölner Staatsanwaltschaft gegen Olearius zu. Sie legt ihm 15 Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung zwischen 2006 und Ende 2019 zur Last, die er gemeinsam mit anderen Beteiligten begangen haben soll. Zwei Fälle seien im Versuchsstadium geblieben. Das Gericht ließ die Anklage zu 14 Fällen zu. Der entstandene Steuerschaden soll knapp 280 Millionen Euro betragen.
Am 12. Januar 2022 legte der ehemalige Geschäftsführer einer Warburg-Tochter in Luxemburg während eines Prozesses vor dem Landgericht Bonn ('dritten Cum-Ex-Strafprozess') überraschend ein Geständnis ab. Er gilt als der erste geständige Cum-Ex-Akteur der Warburg-Gruppe. Am 9. Februar 2022 wurde er wegen der Cum-Ex Geschäfte zu 3 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt.
Am 4. April 2023 kündigte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu Vorgängen rund um die Cum-Ex-Geschäfte der Warburg-Bank einen Untersuchungsausschuss gemäß Art. 44 GG an. Die Linke zeigte sich ebenfalls offen für die Forderung. Laut Antragsentwurf soll sich der Untersuchungsausschuss vor allem mit der Rolle des inzwischen zum deutschen Bundeskanzler aufgestiegenen SPD-Politikers Olaf Scholz als Hamburger Bürgermeister und Bundesfinanzminister bei der steuerlichen Behandlung der Cum-ex-Geschäfte der Hamburger Warburg-Bank beleuchten.
Literatur
- Alfred Vagts: M. M. Warburg & CO. Ein Bankhaus in der deutschen Weltpolitik 1905–1933. In: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 45, 1958, Heft 3, S. 289–388.
- E. Rosenbaum, A. J. Sherman: Das Bankhaus M.M.Warburg & Co. 1798–1938. Christians, Hamburg 1976, ISBN 3-7672-0420-7.
- Eckart Kleßmann: M. M.Warburg & Co 1798–1998. Die Geschichte eines Bankhauses. Dölling und Galitz, Hamburg 1998, ISBN 3-933374-27-8.
- Ron Chernow: Die Warburgs – Odyssee einer Familie. Siedler-Verlag, München 1994, ISBN 3-88680-521-2.
- Ron Chernow: The Warburgs. The Twentieth-Century Odyssey of a Remarkable Jewish Family. Random House, New York 1993, ISBN 0-679-74359-6.
Weblinks
- Website von M.M.Warburg & CO
- M.M.Warburg & CO in der Unternehmensdatenbank der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
- Frühe Dokumente und Zeitungsartikel zur M.M.Warburg & CO in den Historischen Pressearchiven der ZBW
Einzelnachweise
- 1 2 Stammdaten des Kreditinstitutes bei der Deutschen Bundesbank
- ↑ Pressemitteilung vom 26. Juli 2022
- ↑ Volker Mester: Warburg streicht Jobs... Hamburger Abendblatt, 20. April 2023
- ↑ Warburg-Partnerin Manuela Better verlässt die Bank. FAZ (online), 26. Juli 2022
- ↑ Neuer Chefaufseher und neuer Vorstand für M.M. Warburg. manager magazin (online), 31. Januar 2022
- ↑ Ex-Volksbankchef ist Aufsichtsratsvorsitzender der Warburg Bank. Die Welt (online), 31. Januar 2022
- ↑ Ermittlungen zu Cum-Ex-Geschäften: Warburg-Gesellschafter geht gegen Anklage vor. Legal Tribune Online, 16. August 2022
- ↑ Cum-Ex-Aktiengeschäfte Warburg zahlt Steuern zurück und verklagt ehemalige Berater und Geschäftspartner. Handelsblatt, 14. Januar 2021
- ↑ Cum-Ex-Ausschuss in Hamburg: Zwölf Zeugen befragt. NDR.de, 15. April 2023
- ↑ Staatsanwaltschaft fordert 190 Millionen Euro zurück. tagesschau.de, 11. August 2022
- ↑ Cum-ex-Affäre: Landgericht Bonn lässt Anklage gegen ehemaligen Warburg-Chef zu. Der Spiegel, 12. April 2023.
- ↑ https://www.mmwarburg.de/de/publikationen/thema-cum-ex/
- ↑ M.M.Warburg & CO Berichte
- ↑ https://www.lto.de/recht/kanzleien-unternehmen/k/m-m-warburg-bank-vorstand-aufsichtsrat-reiner-brueggestrat-stephan-schrameier/
- ↑ Volker Mester: Warburg streicht Jobs... Hamburger Abendblatt, 20. April 2023
- ↑ Geschäftsbericht 2020 Online-Geschäftsbericht 2020, M.M.Warburg & CO, abgerufen am 3. Oktober 2021
- ↑ M.M.Warburg & CO: Dies ist die Warburg Gruppe. Abgerufen am 23. Mai 2022.
- 1 2 Heinz-Roger Dohms: Warburg-Bank: Aus der Reserve Die ZEIT, 6. September 2017.
- ↑ Pressemitteilung vom 16. Mai 2017.
- ↑ Pressemitteilung vom 10. Mai 2021.
- ↑ Julius H. Scheps: Die Warburgs – Ron Chernows große Geschichte einer Hamburger Familie Die Zeit, 2. Dezember 1994.
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- ↑ E. Rosenbaum, A.J. Sherman: Das Bankhaus M.M. Warburg & Co. 1798–1938. Verlag Hans Christians, Hamburg, 1976, Seite 55–57
- ↑ E. Rosenbaum, A.J. Sherman: Das Bankhaus M.M. Warburg & Co. 1798–1938. Verlag Hans Christians, Hamburg 1976, Seite 66, 67.
- ↑ Ron Chernow: Die Warburgs – Odyssee einer Familie. Siedler-Verlag, München 1994, Seite 29 / Seite 196.
- ↑ Ron Chernow: Die Warburgs – Odyssee einer Familie. Siedler-Verlag, München 1994, Seite 42
- ↑ E. Rosenbaum, A.J. Sherman: Das Bankhaus M.M. Warburg & CO 1798–1938. Verlag Hans Christians, Hamburg 1976, Seite 82,83
- ↑ Boris Barth: Weder Bürgertum noch Adel – Zwischen Nationalstaat und kosmopolitischem Geschäft – Zur Gesellschaftsgeschichte der deutsch-jüdischen Hochfinanz vor dem Ersten Weltkrieg. Geschichte und Gesellschaft, Ausgabe 25, 1999, Seite 100
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- ↑ Gabrielle Hoffmann: Max M. Warburg. Ellert & Richter Verlag, Hamburg, 2009, S. 55
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- ↑ Cum-Ex-Prozess: Früherer Warburg-Banker legt Geständnis ab. In: tagesschau.de. 29. April 2022, abgerufen am 13. April 2023.
- ↑ Cum-Ex-Skandal: Ex-Warburg-Banker zu Haftstrafe verurteilt. In: tagesschau.de. 29. April 2022, abgerufen am 13. April 2023.
- ↑ dpa: Bundestag: Union will Untersuchungsausschuss zum Steuerskandal um Warburg-Bank. In: zeit.de. 4. April 2023, abgerufen am 13. April 2023.
- ↑ Union will in Cum-ex-Affäre Bundestags-Untersuchungsausschuss beantragen. In: Der Spiegel. 4. April 2023, abgerufen am 5. April 2023.
- ↑ Florian Gathmann: Scholz und die Warburg-Bank: So will die Union den Kanzler in der Cum-ex-Affäre vor sich hertreiben. In: Spiegel Online. 13. April 2023, abgerufen am 13. April 2023.
Koordinaten: 53° 33′ 8,6″ N, 9° 59′ 52,2″ O