Bundesrepublik Nigeria | |||||
Jamhuriyar Taraiyar Nijeriya (Haussa) Njíkötá Óchíchìiwù Naíjíríà (Igbo) Àpapọ̀ Olómìnira ilẹ̀ Nàìjíríà (Yoruba) Federal Republic of Nigeria (Englisch) République fédérale du Nigeria (Französisch) | |||||
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Wahlspruch: „Unity and Faith, Peace and Progress“ engl. für „Einheit und Glaube, Friede und Fortschritt“ | |||||
Amtssprache | Englisch, Französisch | ||||
Hauptstadt | Abuja | ||||
Staats- und Regierungsform | präsidentielle Republik (Bundesrepublik) | ||||
Staatsoberhaupt, zugleich Regierungschef | Präsident Bola Tinubu | ||||
Parlament(e) | Repräsentantenhaus und Senat | ||||
Fläche | 923.768 (31.) km² | ||||
Einwohnerzahl | 230,8 Mio. (Schätzung Anfang 2023) | ||||
Bevölkerungsdichte | 231 Einwohner pro km² | ||||
Bevölkerungsentwicklung | +2,44 % (2016) | ||||
Bruttoinlandsprodukt
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2020 | ||||
Index der menschlichen Entwicklung | 0,535 (163.) (2021) | ||||
Währung | Naira (NGN) | ||||
Unabhängigkeit | 1. Oktober 1960 (vom Vereinigten Königreich) | ||||
Nationalhymne | Arise Oh Compatriots, Nigeria’s Call Obey | ||||
Nationalfeiertag | 1. Oktober (Unabhängigkeitstag) | ||||
Zeitzone | UTC+1 | ||||
Kfz-Kennzeichen | NGR | ||||
ISO 3166 | NG, NGA, 566 | ||||
Internet-TLD | .ng | ||||
Telefonvorwahl | +234 |
Nigeria [niˈgeːʁi̯a] (amtlich englisch Federal Republic of Nigeria [naɪ̯ˈdʒɪ(ə)ɹɪ̯ə], Bundesrepublik Nigeria, veraltet Nigerien) ist ein Bundesstaat in Westafrika. Es ist mit über 200 Millionen Einwohnern (2018) mit Abstand das bevölkerungsreichste Land Afrikas und weltweit das Land mit der sechstgrößten Bevölkerung. Im Zeitraum von 1989 bis 2019 hat sich die Bevölkerungszahl des Landes verdoppelt.
Nigeria grenzt an den Atlantik und die Länder Benin, Niger, Tschad und Kamerun. Hauptstadt des Landes ist Abuja. Die ehemalige Hauptstadt und Wirtschaftszentrum Lagos gilt mit rund 16 Millionen Einwohnern, nach Kinshasa, als zweitgrößte Stadt Afrikas. Weitere Städte mit mehr als einer Million Einwohnern sind zudem Abuja, Ibadan, Benin City, Kano, Port Harcourt, Onitsha und Kaduna.
Bevor Nigeria britische Kolonie war, existierten unterschiedliche Staaten und Königreiche auf seinem derzeitigen Grundgebiet. Die heutige Grenzlinie beruht hauptsächlich auf den Beschlüssen europäischer Mächte auf der Berliner Konferenz 1884. Sie teilten unter anderem das Reich der Yoruba im Westen und das der Hausa im Norden in einen britischen (Nigeria) und einen französisch-kontrollierten Bereich (Dahomey/Benin und Niger) auf. 1960 wurde Nigeria unabhängig und wechselte nach einem Bürgerkrieg von 1967 bis 1970 jahrzehntelang zwischen demokratisch gewählten Regierungen und Militärregierungen. 1999 wurde Nigeria erneut demokratisiert, wobei erst die Wahlen ab den 2010er Jahren als halbwegs fair eingestuft werden.
Nigeria ist ein Land mit großer kultureller Vielfalt: Zahlreiche westafrikanische Religionen werden praktiziert und es werden 514 verschiedene Sprachen und Idiome gesprochen. Die drei größten Volksgruppen sind die Igbo, Yoruba und Hausa. Englisch ist Amtssprache und weit verbreitete lingua franca.
Seit 2014 ist Nigeria vor Südafrika die größte Volkswirtschaft Afrikas. Es wird von der Weltbank als Schwellenmarkt angesehen.
Geographie
Nigeria liegt in Westafrika am Atlantischen Ozean und umfasst ein Gebiet von 923.768 Quadratkilometern mit einer Ost-West- und Nord-Süd-Ausdehnung von 1200 beziehungsweise 1100 Kilometern. Ein markantes Merkmal des Landes sind der südöstlich verlaufende Strom Niger und sein südwestlich verlaufender Nebenfluss Benue, die in Nigeria zusammenfließen und im Nigerdelta in den Golf von Guinea münden. Das Nigerdelta gehört zu den größten Flussdeltas der Erde und dehnt sich auf einer Fläche von ca. 70.000 km² aus. Das entspricht ungefähr der Größe Bayerns.
Der rund 850 km lange Küstenstreifen am Golf von Guinea ist geprägt von Lagunen (im Westen zum Beispiel die Lagune von Lagos) und von Mangrovensümpfen. Er erreicht im Nigerdelta seine größte Ausdehnung. Der früher fast 100 Kilometer breite Gürtel von tropischem Regenwald im Landesinneren wurde weitgehend gerodet und durch Sekundärwald ersetzt. Weiter nördlich erstreckt sich eine Middle Belt genannte Region, in der sich die Feuchtsavanne des Sudans ausbreitet, an die sich die Trockensavanne des Sahel anschließt. Eine eigene Vegetationszone bildet das im Osten Nigerias gelegene Jos-Plateau, ein bis zu 1829 Meter hohes Hochland.
Die höchste Erhebung Nigerias ist mit einer Höhe von 2419 Metern der im Gebirgsland nahe der Grenze zu Kamerun gelegene Berg Chappal Waddi. Das einzige bekannte vulkanische Gebiet Nigerias bildet das Biu-Plateau.
Geologie
Nigeria verdankt seine Bodenschätze wie Erdöl, Erdgas, aber auch Kalkstein, Kohle, Schiefer, Marmor und Granit seiner geologischen Situation mit drei prägenden Kratonen (Westafrika, Kongo und São Francisco) und dem Zusammenfluss von Niger und Benue und ihren Sedimenten von ca. 100 Mio. Jahren.
Klima
In Nordnigeria herrscht Wüstenklima mit höheren Temperaturen und weniger Niederschlag als im Süden. Im Norden des Landes fallen zwischen 400 und 600 mm Niederschlag, in der Regenzeit des westafrikanischen Monsuns. Südlich der Sahelzone schließt sich die Savannenlandschaft des Sudans an, in der jährlich zwischen 600 und 1600 mm Niederschlag fallen.
Südlich der Savannenlandschaft schließen sich die Regenwaldgebiete an. Diese belegen zusammen mit den Küstenregionen ca. 20 % der Landesfläche Nigerias. Sie umfasst die Luvseite der Oberguineaschwelle, erstreckt sich bis zu den Küstenregionen und ist im Durchschnitt ca. 100 km breit. In dieser Region betragen die Niederschläge zwischen 1600 und 2500 mm, wobei in einigen Küsten- und Hochgebirgsregionen über 4000 mm erreicht werden können.
Im Süden herrscht ein tropisch feucht-heißes Klima mit einer ergiebigen Regenzeit, die von April bis Oktober dauert. Die Luftfeuchtigkeit liegt ganzjährig hoch, zwischen 85 und 95 %. Die mittleren Temperaturen im südlichen Bereich Nigerias betragen ca. 30 °C. Nachts kühlt es meist nur wenig ab.
Die Regenzeit des westafrikanischen Monsuns dauert von Juni bis September und die Trockenzeit mit Dürreperioden dauert von November bis März; der Harmattan bringt in dieser Zeit trockene heiße Luft aus der Sahara. Die Temperaturen können im Norden bis auf 50 °C ansteigen. Allerdings ist hier die Luftfeuchtigkeit wesentlich niedriger und angenehmer. Die Temperaturunterschiede betragen bis zu 20 °C zwischen Tag und Nacht. Die Regenzeit ist in Nordnigeria weniger ausgeprägt.
Wetter in Lagos (Küstenregion) | |||||||||||||
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Jan | Feb | Mar | Apr | Mai | Jun | Jul | Aug | Sep | Okt | Nov | Dez | Jahr | |
Gemittelte Maximal-Temperatur (°C) | 32 | 33 | 33 | 32 | 31 | 29 | 28 | 28 | 29 | 30 | 31 | 32 | 30,7 |
Gemittelte Minimal-Temperatur (°C) | 22 | 23 | 24 | 24 | 23 | 23 | 22 | 22 | 22 | 22 | 23 | 22 | 22,7 |
Gemittelter Niederschlag (mm) | 14 | 42 | 77 | 142 | 205 | 312 | 257 | 112 | 167 | 136 | 54 | 19 | 1.538 |
Wahrscheinlichkeit für blauen Himmel (%) | 45 | 32 | 19 | 13 | 13 | 23 | 30 | 32 | 29 | 28 | 37 | 51 | 29,3 |
Windgeschwindigkeit (m/s) | 2,4 | 2,9 | 3,2 | 3,1 | 3,0 | 3,4 | 3,9 | 3,9 | 3,5 | 2,9 | 2,3 | 2,1 | 3,05 |
Wetter in Sokoto (äußerster Norden, Sahelzone) | |||||||||||||
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Jan | Feb | Mar | Apr | Mai | Jun | Jul | Aug | Sep | Okt | Nov | Dez | Jahr | |
Gemittelte Maximal-Temperatur (°C) | 32 | 35 | 38 | 40 | 39 | 36 | 33 | 32 | 33 | 35 | 35 | 32 | 35 |
Gemittelte Minimal-Temperatur (°C) | 17 | 20 | 24 | 26 | 27 | 26 | 24 | 23 | 24 | 23 | 20 | 18 | 22,7 |
Gemittelter Niederschlag (mm) | 0 | 0 | 1 | 4 | 21 | 58 | 128 | 160 | 79 | 6 | 0 | 0 | 459,5 |
Wahrscheinlichkeit für blauen Himmel (%) | 67 | 60 | 48 | 38 | 35 | 40 | 39 | 35 | 37 | 44 | 52 | 61 | 46,3 |
Windgeschwindigkeit (m/s) | 4,7 | 4,5 | 4,0 | 3,7 | 3,9 | 3,9 | 3,3 | 2,6 | 2,3 | 2,6 | 3,5 | 4,3 | 3,61 |
Hydrologie
Nigeria ist in zwei Haupteinzugsgebiete aufgeteilt – das des Tschadsees und das des Niger. Dabei nimmt das Nigereinzugsgebiet etwa 63 % des Landes ein. Hauptzufluss des Niger ist der Benue, dessen Zuflüsse sich über Kamerun hinaus bis in den Tschad und das Schari-Einzugsgebiet erstrecken.
Das Tschadbecken wird aus dem nordöstlichen Viertel Nigerias gespeist. Das Bauchiplateau bildet die Wasserscheide zwischen den Flusssystemen des Niger/Benue und des Komadugu Yobe. Die flachen Ebenen im Nordosten Nigerias gehören geographisch zum Tschadbecken, in dem der Flusslauf des El Beid die Grenze zu Kamerun, vom Mandara-Gebirge bis zum Tschadsee, bildet. Das Flusssystem des Komadugu Yobe lässt in der Regenzeit die international bedeutenden Hadejia-Nguru-Feuchtgebiete und Ox-bow-Lakes rund um den Nguru-See entstehen. Weitere Flüsse des Nordostens sind der Ngadda und der Yedseram, die beide die Sambisa-Sümpfe durchfließen und dadurch ein Flusssystem bilden.
Daneben gibt es noch zahlreiche Küstenflüsse.
Einzugsgebiet | Fläche in km² | Landesfläche in % |
---|---|---|
Niger | 584.404 | 63,3 |
Tschadsee | 179.300 | 19,4 |
Cross River | 40.300 | 4,4 |
Ogun | 22.540 | 2,4 |
Ouémé (Okpara) | 9.700 | 1,1 |
Imo | 9.100 | 1,0 |
Osun | 9.014 | 1,0 |
Weitere Küstenflüsse | 69.410 | 7,5 |
Nigeria gesamt | 923.768 | 100 |
Vegetationszonen, Flora und Fauna
Nigeria umfasst fünf unterschiedliche Vegetationszonen, in denen sich eine reiche Flora und Fauna entwickeln konnte. Diese reicht von den ausgedehnten Mangrovenwäldern in den Küstenregionen über die tropischen Regenwälder der Bergregionen bis zu den Savannen des Sudans und Sahels. Dieser natürliche Reichtum ist ein Produkt der unterschiedlichen klimatischen Verhältnisse, die eine Vielzahl unterschiedlicher Ökosysteme entstehen ließ. Der Niederschlag ist höchst ungleich verteilt und wird durch einen scharfen meridionalen Gradienten gekennzeichnet. Der Niederschlag im Norden unterstützt die Entwicklung der Biome in der Sahelzone im Nordosten, die ca. 10 % der Landesfläche Nigerias einnimmt. Sie wird durch ausgedehnte Grassavannen bestimmt, die mit weitständigen Trockenwäldern durchsetzt sind, deren dominante Baumarten der Gattung der Akazien (Acacia sp.) angehören. Vom WWF wird diese Vegetationszone als Ökoregion der Sahel-Akazien-Savanne bezeichnet.
Südlich der Sahelzone schließt sich die Savannenlandschaft des Sudans an. Sie umfasst ca. 70 % der Landesfläche, diese umfasst verschiedene Ökosysteme, die große Teile des nigerianischen Teils der Oberguineaschwelle bis zum Hochland von Adamaua umfassen. Die Flora in dieser Vegetationszone wird von aufgelockerten und weitständigen Wäldern charakterisiert, die mit Buschwäldern durchsetzt sind und mit einem Unterwuchs von langhalmigen Gräsern und breitblättrigen Kräutern unterlegt sind. Entlang der Flüsse breiten sich Galeriewälder aus. Vom WWF wird diese Vegetationszone als Ökoregion der Westlichen Sudan Savanne bezeichnet. In der Westlichen Sudan Savanne lebt eine große Anzahl verschiedener Tierarten, von denen viele endemisch in dieser Savannen-landschaft sind. Größere Populationen des Buschbocks (Tragelaphus scriptus), des Warzenschweins (Phacochoerus africanus), des Steppenwarans (Varanus exanthematicus), des Anubispavians (Papio anubis) und des Mantelpavians (Papio hamadryas) leben in dieser Ökoregion. Die einstmals großen Bestände an afrikanischen Säugetieren, wie dem Elefanten, überleben nur in den eingerichteten Schutzzonen. Eine Übergangszone zwischen den Savannen des Sudans und den Regenwaldgebieten bildet die Guineasavanne, sie zeichnet sich durch einen dichteren Baumbestand und durch sehr hohe Grassavannen aus. Sie beschränkt sich auf die Bundesstaaten Ondo, Edo, Anambra, Oyo, Kaduna und Enugu.
Südlich der Savannenlandschaft des Sudans und der Guineasavanne schließen sich die Regenwaldgebiete an. In den Hochgebirgsregionen mit hohen Niederschlägen bildet sich ein Gebirgsregenwald aus und bildet dadurch die vierte Vegetationszone Nigerias. Die Ausdehnung des Primärregenwaldes hat sich jedoch in den letzten 100 Jahren um ca. 90 % verringert. Unberührte Regenwaldflächen finden sich nur noch auf dem Obudu- und Mambilla-Plateau sowie in den Oban-Hügeln.
Die Küstenregionen bilden die fünfte Vegetationszone Nigerias und umfassen unter anderem das Nigerdelta und die ausgedehnten Mangrovenwälder, unterschiedliche Formen der Lagunen- und der Küstenlandschaften. Die Mangrovenwälder in Nigeria erstrecken sich auf einer Fläche von 11.134 km² (nach US-AID 9723 km²) entlang einer 708 km langen Küstenlinie. Die Ausdehnung der Mangrovenwälder hat in den letzten 50 Jahren jedoch stark abgenommen, durch die starke Bevölkerungszunahme und durch wirtschaftliche Aktivitäten, wie der Ölförderung. Trotzdem gehören die Küstenregionen Nigerias zu den artenreichsten Ökosystemen der Erde.
Die Flora Nigerias ist naturgemäß artenreicher, so sind 848 Algen- und 5103 Gefäßpflanzenarten dokumentiert. Von diesen sind jedoch nur ein Bruchteil endemisch in Nigeria. Ursprünglich aus Nigeria stammende Saatpflanzen sind die Sorghumhirse (Sorghum bicolor), Augenbohne (Vigna unguiculata), der westafrikanische Reis Oryza sativa, Bambara-Erdnuss (Vigna subterranea), Erdbohnen (Macrotyloma geocarpum) und die Afrikanische Yambohne (Sphenostylis stenocarpa). Die Biodiversitäts-Studie von 1992 listet weiterhin 3423 Pilz-, 500 Virus- und 55 Bakterienarten, jedoch ist über diesen Teilaspekt der Biodiversität wenig bekannt.
In Nigeria sind mehr als 1340 an Land lebende Wirbeltierarten bekannt, darunter 274 Säugetier-, 885 Vogel-, 109 Amphibien- und 135 Reptilienarten. Darunter befinden sich die nördlichste Gorillaart Afrikas, der vom Aussterben bedrohte Cross-River-Gorilla (Gorilla gorilla diehli). Andere nahezu endemisch vorkommende Primatenarten sind der Nigerdelta-Stummelaffe (Piliocolobus epieni), Nigeria-Blaumaulmeerkatze (Cercopithecus sclateri) und die Rotbauchmeerkatze (Cercopithecus erythrogaster). Weiterhin sind darüber hinaus ca. 20.000 Insektenarten (darunter über 1000 Schmetterlingsarten allein in beiden Sektoren des Cross-River-Nationalparks), 77 Weichtier- und fünf Stachelhäuterarten in Nigeria bekannt. In den Binnengewässern Nigerias sind ca. 247 Fischarten und in den marinen ozeanischen Küstengewässern 648 Fischarten dokumentiert.
Naturschutz
Die Größe der geschützten Gebiete in Nigeria entspricht ca. 3,22 Prozent der Landesfläche, deren Kernzonen die sieben nationalen Naturschutzgebiete der Nationalpark Tschadbecken, der Cross-River-Nationalpark, der Gashaka-Gumti-Nationalpark, der Kainji-Nationalpark, der Kamuku-Nationalpark, der Okomu-Nationalpark und der Old-Oyo-Nationalpark bilden. Das Yankari Game Reserve verlor 2006 seinen Status als Nationalpark. Neben den Nationalparks bilden Klassifikationen der Naturschutzgebiete die Game Reserves (Jagdschutzgebiete), Forest Reserves und die Sacred Coves. Drei grenzüberschreitende Biosphärenkorridore konnten zusammen mit Kamerun geschaffen werden, diese verbinden das Afi Mountain Wildlife Sanctuary und Mbe Mountains Community Wildlife Sanctuary mit dem Okwangwo-Sektor des Cross-River-Nationalparks und dem Takamanda-Nationalpark, sowie den Oban-Sektor des nigerianischen Nationalparks mit dem Korup-Nationalpark. Der dritte Biosphärenkorridor verbindet den Nationalpark Tschadbecken mit dem Waza-Nationalpark. Seit 2001 gehört Nigeria zu den Unterzeichnerstaaten der Ramsar-Konvention. Es wurden 2008 insgesamt elf Schutzgebiete der Feuchtgebiete mit internationaler Bedeutung ausgewiesen, dieses sind: Apoi Creek Forest Reserve, Baturiya Wetlands Game Reserve, Dagona Sanctuary Lake, Foge Islands, Lake Chad Wetlands in Nigeria, Lower Kaduna-Middle Niger Floodplain, Maladumba-See, Nguru Lake (and Marma Channel) complex, Oguta-See, Pandam and Wase Lakes Wildlife Park und das Upper Orashi Forest Reserve.
Umweltprobleme
Schwerste Schäden entstanden im Nigerdelta durch den Öldiebstahl Einheimischer. Pipelines von den Bohrplattformen zu den Ölhäfen werden von Ortsansässigen mit bescheidenen technischen Mitteln angezapft. Schätzungsweise 10 % des nigerianischen Erdöls „verschwindet“ auf diese Weise. Wasser und Luft sowie Nahrungsmittel werden verseucht. Laut einer im August 2011 veröffentlichten Studie des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) werden bis zu eine Million Menschen durch die gravierende Umweltverschmutzung bedroht.
Als besonders „schmutzig, gefährlich und lukrativ“ gelten illegale Ölraffinerien, in denen lokale Betreiber gestohlenes Erdöl in Benzin und Diesel umwandeln. Dabei werden in der Regel Sicherheits- und Umweltaspekte ignoriert (z. B. wird kein Schwefel aus den erstellten Brennstoffen entfernt). Beim Raffinieren von Erdöl fällt auch zwangsläufig Schweröl an, das in regulären Anlagen unter hohem technischem Aufwand zu leichteren Brennstoffkomponenten „gecrackt“ wird. Illegale Raffinerien verfügen nicht über diese technischen Möglichkeiten und „entsorgen“ das Schweröl dort, wo es anfällt. Die leichteren Komponenten von Erdöl (Methan bis Butan, Isobutan) bedeuten dagegen immer ein gewisses Explosionsrisiko, das bei illegalen Anlagen öfters zu Katastrophen führt. 2022 beklagte Nigeria 125 Tote durch Explosionen lokaler, illegaler Raffinerien. Oktober 2023 explodierte eine illegale Ölraffinerie in Ibaa (nahe Port Harcourt) und tötete 37 Menschen, darunter zwei schwangere Frauen. Ein wichtiger Aspekt bei der am 24. Januar 2023 eingeweihten Dangote-Raffinerie ist darum, dass das Erdöl von den Offshore-Plattformen im Nigerdelta über eine 1.100 km lange unterseeische Pipeline entlang der Küste nach Lagos transportiert wird. Damit hofft man Öldiebstahl und Umweltschäden zu minimieren.
Bevölkerung
Jahr | Bevölkerung |
---|---|
1950 | 37.860.000 |
1960 | 45.138.000 |
1970 | 55.981.000 |
1980 | 73.461.000 |
1990 | 95.270.000 |
2000 | 122.352.000 |
2010 | 158.578.000 |
2020 | 206.140.000 |
2030 | ca. 263 Mio. |
2050 | ca. 401 Mio. |
Demographie
- Bevölkerungsentwicklung in Millionen Einwohnern
- Bevölkerungsdichte Nigerias
- Alterspyramide von Nigeria, 2020
- Die größten Städte Nigerias; rote Fläche entspricht der Einwohneranzahl
- Völker in Nigeria; Grün: Völker im Norden, Blau: Völker in Südwesten, Rot: Völker im Südosten
- Regionen der 8 größten Völker Nigerias
- Religionen in Nigeria
Die letzte Volkszählung fand vom 21. bis 28. März 2006 statt; sie ergab eine Gesamtbevölkerung von 140 Millionen. Die vorletzte Volkszählung von 1997 ergab eine Einwohnerzahl von 88,9 Millionen. Für 2016 wurde die Bevölkerung von der nationalen Statistikbehörde auf ca. 190 Millionen geschätzt. Nigerias Bevölkerung soll sich bis Mitte des Jahrhunderts noch einmal auf ca. 400 Millionen verdoppeln. 2016 lebten 48,6 % der Bevölkerung in Städten.
Die Lebenserwartung der Einwohner Nigerias ab der Geburt lag 2020 bei 55 Jahren (Frauen: 56, Männer: 54,1), was eine der niedrigsten Lebenserwartungen weltweit ist. Die Geburtenrate je 1000 Menschen ist 37,5. Die Anzahl der Geburten pro Frau lag 2020 statistisch bei 5,2. Die Zahl sinkt jedoch langsam seit Beginn der 1980er Jahre. Das Medianalter lag 2020 bei geschätzten 18,1 Jahren. Dementsprechend sind 43,7 % der Bevölkerung unter 15 Jahre alt.
Nigeria hat eine große Diaspora-Bevölkerung. Große Gruppen an Auslandsnigerianern leben in den Vereinigten Staaten (280.000), dem Vereinigten Königreich (210.000) und in Italien (60.000). Das Land erlebt deshalb einen starken Brain-Drain. Aufgrund der diversen Konflikte im Land sind zudem Personen aus Nigeria in die benachbarten Staaten Kamerun, Niger und Tschad geflüchtet. Da der Süden des Landes besser entwickelt ist, ziehen viele Menschen aus anderen Landesteilen aus wirtschaftlichen Motiven in den südlichen Teil des Landes.
Stadtentwicklung
Die mit Abstand größte Agglomeration des Landes ist die ehemalige Hauptstadt Lagos. Das Wirtschaftszentrum des Landes hat rund 16 Millionen Einwohner.
Rang | Stadt | Einwohner | Provinz |
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1 | Lagos | 15.946.000 | Lagos |
2 | Kano | 4.348.000 | Kano |
3 | Ibadan | 3.875.000 | Oyo |
4 | Abuja | 3.840.000 | Abuja |
5 | Port Harcourt | 3.480.000 | Rivers |
6 | Benin City | 1.953.000 | Edo |
7 | Onitsha | 1.285.000 | Anambra |
8 | Kaduna | 1.158.000 | Kaduna |
Volksgruppen
In Nigeria leben mehr als 250 Ethnien. Die größten und politisch einflussreichsten Völker in Nigeria sind die im Norden lebenden Hausa und Fulbe (muslimisch), die zusammen 29 Prozent der Bevölkerung ausmachen und zur Gruppe Hausa-Fulani zusammengefasst werden, die Yoruba mit 21 Prozent im Südwesten und die Igbo (christlich) mit 18 Prozent im Süden. Hinzu kommen weitere Ethnien, unter ihnen die Ijaw (10 %) im Süden, die Kanuri (4 %) im Nordosten, die Ibibio (3,5 %) im Südosten und die Tiv (2,5 %) im Osten, sowie zahlreiche kleinere Völker wie die Umon. Im Jahre 2017 waren 0,6 % der Bevölkerung im Ausland geboren. Die größten Gruppen kommen aus Benin (360.000), Ghana (230.000) und Mali (170.000).
Es gibt eine Gemeinde von etwa 50.000 Libanesen in Nigeria, hauptsächlich im Raum Lagos. Viele von ihnen sind erfolgreiche Unternehmer.
- Hochzeit bei Yoruba
- Braut und Bräutigam bei den Igbo
- Fulani-Paar
- Yoruba-Bräutigam mit dem schulterbetonenden „Agbada“
- Das „Gele“, Kopfbedeckung für Damen bei Festlichkeiten
- Typische Yoruba-Kopfbedeckung für Männer: das unsymmetrische „Fila Gobi“
- Ijaw-Herrenkleidung einschließlich typischem Hut (hier der ehemalige Präsident Jonathan)
- Bauminister Fashola (Bildmitte) mit Agbada-Toga und Fila Gobi-Mütze
- Kinder in traditionell schwarz-weiß gestreifter Kleidung der Tiv
- Das Dashiki, ein halblanges Unisex-Hemd, im Straßenbild allgegenwärtig
- Hausa-Mann mit Sikani-Hemd (lange Ärmel, zugeknöpft, Seide oder Brokat)
Sprachen
Amtssprache Englisch
Amtssprache ist die Sprache der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien, Englisch.
Alltagssprachen
Gesprochen werden vor allem Yoruba, Hausa, Igbo, Fulfulde und Kanuri sowie eine dreistellige Zahl anderer Sprachen – insgesamt 514 verschiedene Sprachen und Idiome; von diesen haben Ibibio, Tiv, Ebira, Igala, Edo, Izon, Nupe, Idoma und Efik jeweils mehr als eine Million Sprecher. Yoruba und Igbo gehören zur selben Sprachfamilie und ihr Wortschatz ähnelt sich (siehe Tabelle).
Deutsch | Yoruba | Igbo | Hausa |
---|---|---|---|
Mund | Ẹnu | Ọnu | Baki |
Ohr | Etí | Nti | Kunne |
Nase | Imú | Imi | Hanci |
Vor allem im Schmelztiegel Lagos wird Englisch gesprochen, das aber dort Eigentümlichkeiten aufweist ("we go work", "I no pay", "How you dey?"). Englisch ist die einzige Sprache, in der alle Ethnien miteinander kommunizieren können. Durch den Vormarsch neuer Medien, dem Erfolg von "Nollywood" sowie durch verbesserte Transportbedingungen in Nigeria verstärkt sich das Maß, in dem diese Ethnien zusammentreffen und miteinander kommunizieren müssen. Informationsquellen im Internet sind auf Englisch reichhaltig und divers, während auf Yoruba oder Hausa vor allem an Fachinformationen wenig verfügbar ist. Landesweite Fernsehsender richten ihr Englisch auf einen strikt befolgten britischen Standard aus, was von Landsleuten gerne bespöttelt wird. Der US-Sender CNN wird überall empfangen. Lokale Sprachen sind eher in den Regionalprogrammen zu hören. Auf diese Weise drängt Englisch zunehmend die lokalen Sprachen zurück. Ältere Nigerianer äußern manchmal die Befürchtung, dass Jüngere nur noch Englisch und nicht mehr ihre eigenen Sprachen sprechen würden. Eigens entwickelte Fernsehprogramme sollen diesem Trend entgegenwirken, der Erfolg ist aber fraglich.
Pidgin-Englisch
Im Nigerdelta, wo vor der Ankunft der Europäer zahlreiche unterschiedliche Sprachen gesprochen wurden, entwickelte sich bereits früh eine neue Kreolsprache, die nigerianische Pidginsprache, welche auf dem Englischen basiert.
Arabisch
In Nordnigeria ist aus religiös-kulturellen und historischen Gründen die Arabische Sprache in Gebrauch.
Französisch
Die französische Sprache spielt durch die geographische Situation eine Rolle (sämtliche Nachbarstaaten haben das Französische als Amtssprache) und ist in gebildeten Kreisen als Fremdsprache verbreitet.
Schrifttum
Der Alphabetisierungsgrad betrug 2015 59,6 % (bei Männern 69,2 %, bei Frauen 49,7 %). 2022 beherrschen 71 % der Nigerianer das Alphabet, diese Zunahme überrascht vor dem Hintergrund der jahrelangen Einschüchterung durch Boko Haram, der Kinder vom Schulgang und von westlicher Bildung gerade abhalten wollte. Analphabetismus ist laut Statistik vor allem noch im "armen Norden" verbreitet – dabei muss angemerkt werden, dass es in vielen Ortschaften im Norden Nigerias oft "nur" Koranschulen gibt, die die arabische Schrift, aber kein Alphabet (oder Naturwissenschaften) lehren. Absolventen dieser Koranschulen sind damit nicht notwendigerweise völlig ungebildet, sondern haben durchaus Möglichkeiten, beispielsweise das Internet zu frequentieren und sich zu informieren bzw. schriftlich auszudrücken. Der Alphabetisierungsgrad könnte damit als "culturally biased", also als kulturell einseitiger Wert verstanden werden, der bei den Hausa und Fulani einen unrealistisch schlechten Wert liefert.
Die Hausa-Sprache wird in der arabischen Schrift geschrieben (dem sogenannten Adschami). Die Schriften der Igbo und der Yoruba hingegen basieren auf dem lateinischen Alphabet.
Religionen
Quelle | Muslime | Christen | Sonstige |
---|---|---|---|
Statista / CIA World Factbook | 53,5 % | 45,9 % | 0,6 % |
World Religion Database | 45,9 % | 46,2 % | 7,6 % |
Pew / Templeton | 51,1 % | 46,9 % | 2,0 % |
In Nigeria besteht eine kaum überschaubare Vielfalt an religiösen Gemeinschaften.
In Nigeria gibt es keine zentrale Erfassung der Religionszugehörigkeit, z. B. in Einwohnermeldeämtern. Darum unterscheiden sich Schätzungen zum Bevölkerungsanteil mitunter deutlich.
In westlichen Medien wird Nigeria gelegentlich, übermäßig dramatisiert, als religiös zerrissenes Land dargestellt. Umfragen zeigen ein anderes Bild.
Nach einer Umfrage des African Polling Institute (API) vom August 2022 finden 67 % der Nigerianer, dass die Religionszugehörigkeit eines Präsidentschaftskandidaten (Moslem / Christ) bei ihrer eigenen Wahlentscheidung keine Rolle spielt. 82 % der Nigerianer befürworten, dass der nächste Präsident und sein Vizepräsident unterschiedlichen Religionen angehören ("gemischtes Ticket"). Es fällt dabei auf, dass ein rein moslemisches Ticket (Präsident und Vizepräsident Moslem) im moslemischen Norden von über 89 % der Befragten abgelehnt wird.
In vielen nigerianischen Familien gibt es sowohl Moslems als auch Christen.
Islam
Die Muslime leben vor allem im Norden des Landes, muslimische Mehrheiten gibt es aber auch in den überwiegend von Yoruba bewohnten und an Lagos heranreichenden südwestlichen Bundesstaaten Oyo, Ogun und Osun. Traditionell ist der Islam in Nigeria sehr stark von den sufischen Bruderschaften geprägt. In den 1940er und 1950er Jahren erlebten die Sufi-Orden der Qādirīya und Tidschānīya eine starke Popularisierung. In dem Gebiet des Zusammenflusses von Niger und Benue ist besonders die von Ibrahim Baye Niass gegründete Niass-Tidschānīya verbreitet. Qādirīya und Tidschānīya bekämpften sich allerdings in den 1950er und 1960er Jahren gegenseitig, wobei es auch zu gewaltsamen Zusammenstößen kam.
Unter dem Einfluss von Abubakar Gumi, der 1962 zum Ober-Kadi von Nord-Nigeria ernannt wurde und in Büchern und im Radio die Praktiken und religiösen Konzepte der sufischen Bruderschaften heftig kritisierte, verschob sich die islamische Identität in Nigeria ab 1970 weg von der Sufik hin zu einer explizit anti-sufischen Haltung. Eine wichtige Rolle spielte hierbei die im März 1978 in Jos gegründete Organisation Yan Izala, die sich zwischen 1978 und 1980 gewaltsame Auseinandersetzungen mit den beiden sufischen Bruderschaften lieferte und 1985 von staatlicher Seite als Körperschaft anerkannt wurde. In Städten wie Kano nahm der Islamismus stark zu, und wahhabitische Klassiker aus Saudi-Arabien erlebten eine starke Verbreitung. Nach der Islamischen Revolution in Iran hielten außerdem schiitische-revolutionäre Lehren Einzug in Nigeria, was den Konflikt zwischen den verschiedenen islamischen Gruppen noch einmal verkomplizierte. Eine erste Initiative zur Überwindung der Zwietracht unter den nigerianischen Muslimen war der sogenannte Sokoto Accord von 1988.
Aufgrund dieser speziellen religiösen Prägung ist in Nigeria die Vielehe weit verbreitet. Schätzungen zufolge lebt im Nordosten des Landes bei 40 Prozent der verheirateten Frauen mindestens eine weitere Ehefrau mit demselben Mann. Die meisten polygamen Ehen werden statistisch von wohlhabenden Männern höheren Alters geführt, die wenigsten von mittellosen jungen Männern. Der PDP-Präsidentschaftskandidat für 2023, Atiku Abubakar, hat beispielsweise 4 Frauen, 1 Ex-Frau und mit ihnen 28 Kinder.
Christentum
Von den bis zu 48 % Christen sind 74 % Protestanten, 25 % Katholiken und 1 % gehören anderen Konfessionen an. Einzelnen christlichen Schätzungen zufolge sollen hingegen Christen mit 50,8 % eine hauchdünne Mehrheit im Land stellen. Als Dachverband der nigerianischen Christen, die vor allem im Süden des Landes leben, fungiert der Christian Council of Nigeria innerhalb des Dachverbandes der Christian Association of Nigeria.
Im Süden Nigerias sind Kirchen im Straßenbild allgegenwärtig und sie erfreuen sich regen Zulaufs. Viele Gottesdienste stehen in pfingstlerischer, von Missionaren aus den USA übernommener Tradition. Beim stundenlangen, scheinbar chaotisch verlaufenden und Dezibel-reichen Gottesdienst werden die Hände nach oben zum Podium hin gestreckt. Gläubige beten oft in 24-Stunden-Sessions. Für Todestage verblichener Verwandter finden eigene Gottesdienste statt. Es werden "Wunderheilungen" vorgenommen, auch solche von Homosexualität. Entsprechend gibt sich so mancher Pfarrer den Titel eines "Propheten". Teilnehmer werden in manchen Gottesdiensten gelegentlich von einer Ekstase befallen, erholen sich aber glücklicherweise rechtzeitig, wenn diese vorbei sind. – Ernsthafterer Natur sind das Aussetzen und Foltern von vermeintlichen "Hexenkindern", Teufelsaustreibungen und andere okkulte Praktiken, mit denen nigerianische Pfingstler in Verbindung gebracht werden.
Einheimische Religionen
Obwohl kaum noch ein Zehntel der Bevölkerung traditionellen Religionen angehört, sind die Übergänge zwischen ihnen und dem afrikanischen Volksislam, dem Christentum westafrikanischer Kirchen und ihren lokalen Varianten fließend. Ahnenkult und Fetischismus spielen sowohl bei nigerianischen Christen als auch Muslimen eine große Rolle. In Nordnigeria gehören die Besessenheitskulte der Bori- und Dodo-Geister zu den von der muslimischen Mehrheit verschmähten Traditionen. Im Süden wird der Einfluss der Religion der Yoruba bei den Festlichkeiten in der heiligen Stadt Ile-Ife ersichtlich.
Interreligiöse und intrareligiöse Konflikte
Seit Mitte 2010 terrorisierte Boko Haram den Nordosten Nigerias. In den folgenden 12 Jahren fielen dieser Gruppierung dem "Nigeria Security Tracker" des Council on Foreign Relations zufolge über 41.600 Menschenleben zum Opfer (Stand Oktober 2022). Millionen Menschen flohen nach Süden oder in die großen Städte, wie Maiduguri. Boko Haram griff auch Kirchen an.
Die Formel „Moslems gegen Christen“ greift jedoch zu kurz. Trotz der mörderischen Feindseligkeit von Boko Haram gegenüber Christen waren die meisten ihrer Opfer immer Muslime, nicht zuletzt, weil der Aufstand in einem überwiegend muslimischen Teil des Landes, hauptsächlich im Bundesstaat Borno im äußersten Nordosten Nigerias, stattfindet. Es wird davon ausgegangen, dass die Tötung einer so großen Zahl von Muslimen durch Boko Haram, die auf einer weit gefassten Definition von Apostasie beruht, einer der Gründe für die Spaltung der Gruppe im Jahr 2016 war. Die Daten des Nigeria Security Tracker (NST) zeigen (Stand März 2022), dass die Angriffe von Boko Haram auf Kirchen im Laufe der Zeit abgenommen und die Angriffe auf Moscheen zugenommen haben. Die geringere Zahl der christlichen Todesopfer durch Boko Haram spiegelt wahrscheinlich die Tatsache wider, dass die meisten von ihnen geflohen sind.
Spätestens seit März 2022 befindet sich Boko Haram im Niedergang. 40.000 ihrer Kämpfer ergaben sich 2022. Seit 2021 erscheint der Islamische Staat in Westafrika (ISWAP) dominanter als Boko Haram. ISWAP wird beispielsweise der Kirchenanschlag von Owo zu Pfingsten 2022 zugeschrieben.
Geschichte
Frühgeschichte
Archäologische Forschungen haben gezeigt, dass Menschen bereits 9.000 v. Chr. in Iwo-Eleru lebten. Mikrolithische und keramische Industrien wurden von Savannenhirten mindestens ab dem vierten Jahrtausend v. Chr. entwickelt und von späteren landwirtschaftlichen Gemeinschaften weitergeführt.
Die älteste bekannte nigerianische Kultur ist die Nok-Kultur, die zwischen 1500 v. Chr. und 200 n. Chr. auf dem Jos-Plateau im Nordosten Nigerias lebte. Die Nok waren Pioniere der antiken Metallurgie, und die von ihnen entwickelten fortschrittlichen Metallgusstechniken wie das Wachsausschmelzverfahren (cire perdue) für Werkzeuge und Waffen gehören zu den ersten bekannten Anwendungen dieses Handwerks.
Vordringen des Islam
Mit der Ausbreitung des Islam ab dem 7. Jahrhundert n. Chr. wurde das Gebiet als Sudan oder Bilad Al Sudan ("Land der Schwarzen", arabisch: بلاد السودان) bekannt. Da die Völker teilweise mit der arabisch-muslimischen Kultur Nordafrikas verbunden waren, wurden sie von den arabischen Sprechern als ein erweiterter Teil der muslimischen Welt angesehen.
Die Geschichte von Kanem-Bornu reicht bis ins 9. Jahrhundert zurück. Der Tschadsee zog Siedlungen an und förderte den Austausch. Es gibt Hinweise darauf, dass Kanem Kontakt zu den christlichen Königreichen Nubiens hatte, bevor Muslime im 11. Jahrhundert in der Herrscherfamilie von Kanem Fuß fassten.
Das Königreich Nri des Igbo-Volkes konsolidierte sich im 10. Jahrhundert und bestand fort, bis es 1911 seine Souveränität an die Briten verlor.
Die Yoruba-Königreiche von Ife und Oyo im Südwesten Nigerias wurden im 12. bzw. 14. Jahrhundert bekannt. Die ältesten Spuren menschlicher Besiedlung am heutigen Standort von Ife stammen aus dem 9. Jahrhundert, und die materielle Kultur umfasst Terrakotta- und Bronzefiguren.
Erster Kontakt mit den Europäern, Nigeria als "Sklavenküste"
Im 16. Jahrhundert waren portugiesische Entdecker die ersten Europäer, die im Hafen von Lagos und in Calabar entlang der Sklavenküste einen bedeutenden, direkten Handel mit den Völkern im Süden Nigerias aufnahmen.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gründete Usman dan Fodio das Kalifat von Sokoto. Das Reich mit Arabisch als Amtssprache wuchs rasch an. Das riesige Binnenreich verband Nigerias Osten mit dem Westsudan und eroberte Teile des Oyo-Reiches. Als das Sokoto-Kalifat 1903 in verschiedene europäische Kolonien zerfiel, war es einer der größten vorkolonialen afrikanischen Staaten.
Großbritannien machte mindestens seit 1700 Geschäfte mit der afrikanischen Westküste. Nach dem Verbot des Sklavenhandels (nicht der Sklaverei) im Jahr 1807 durch Großbritannien betrieben europäische Unternehmen und Schmuggler den atlantischen Sklavenhandel weiter.
Britische Kolonialherrschaft
Kronkolonie Lagos (seit 1861)
Großbritanniens Westafrika-Geschwader verfolgte zu Beginn des 19. Jahrhunderts portugiesische, amerikanische, französische und kubanische Sklavenschiffe. Die Inseln, Lagunen und Deltaarme der nigerianischen Küste erwiesen sich mit ihren unzähligen Buchten, mäandernden Kanälen und grassierenden Tropenkrankheiten als schwierig zu kontrollieren. Lagos blieb darum bis ins Jahr 1840 ein lebhafter Umschlagsplatz im Sklavenhandel.
1841 bestieg Oba Akitoye den Thron von Lagos und versuchte, dem Sklavenhandel ein Ende zu setzen. 1852 unterzeichneten Akitoye und der britische Konsul John Beecroft einen Vertrag zwischen Großbritannien und Lagos. Die Situation blieb für Großbritannien unbefriedigend. Großbritannien annektierte Lagos im August 1861. Lagos wurde zu einem wesentlichen Handelszentrum, da die Händler erkannten, dass sie mit dem Schutz der Royal Navy rechnen konnten, um sie z. B. vor Piraten zu schützen.
Südnigeria (seit 1900)
Großbritannien hatte, nach den Erfahrungen im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, eine Kolonisierung von küstenfernen Regionen im "Hinterland" vermieden. Dies änderte sich in den 1860er Jahren, als europäische Mächte zum "Wettlauf um Afrika" ansetzten.
Entlang der heutigen nigerianischen Küste gab es seit 1830 zahlreiche privatwirtschaftlich finanzierte Vorstöße ins Landesinnere. Um profitabel wirtschaften zu können, schlossen sich die diversen Handelsgesellschaften zu monopolistisch auftretenden Konzernen zusammen. Dies war 1879 die Royal Niger Company unter Führung von George Taubman Goldie. 1886 vermeldete die RNC, dass sie nun "allein im unbestrittenen kommerziellen Besitz der Niger-Benué-Region" sei.
Dieses Monopol ermöglichte es Großbritannien, sich während der Verhandlungen auf der Berliner Konferenz 1885 Forderungen nach einer Internationalisierung des Handels am Niger zu widersetzen. Am 1. Januar 1900 übertrug die RNC ihre Gebiete an die britische Regierung für die Summe von 865.000 £.
Die Briten besiegten im Anglo-Aro-Krieg (1901–1902) die Aro-Konföderation und breiteten ihren Einfluss der Küste entlang nach Südosten aus. Dabei wurde das Gebiet östlich des Niger bis zum Cross River dem britischen Herrschaftsbereich hinzugefügt. 1906 wurde die Kronkolonie Lagos mit dem Protektorat Südnigeria vereinigt. In Lekki, nahe Lagos, fand die Nigerian Bitumen Corporation unter Geschäftsmann John Simon Bergheim 1908 bei Probebohrungen Erdöl. 1909 wurden im Südosten Nigerias, in Enugu, Kohlevorkommen entdeckt und gefördert. Zwei Jahre später wurde diese Region, das Nti-Königreich, direkt der britischen Kolonialverwaltung unterstellt.
Nordnigeria (seit 1903)
Bis ca. 1890 herrschte im Nordosten des heutigen Nigeria seit Jahrhunderten das Königreich Bornu-Kanem am Tschadsee. Im Jahr 1893 eroberte Rabih az-Zubayr, ein sudanesischer Warlord, Bornu. Die Briten erkannten Rabih als "Sultan von Borno" an, bis die Franzosen Rabih am 22. April 1900 in der Schlacht von Kousséri töteten. Großbritannien, Frankreich und Deutschland teilten sein Herrschaftsgebiet auf, wobei die Briten den heutigen Nordosten Nigerias erhielten. Sie restituierten formal das Borno-Reich vor der Eroberung 1893 unter britischer Führung. Der nordöstlichste Bundesstaat von Nigeria, Borno, referiert auf das Borno-Reich.
Im Jahr 1902 begannen die Briten, nach Nordwesten in das Sokoto-Kalifat vorzustoßen. Am 13. März 1903 unterwarf sich der letzte Wesir des Kalifats der britischen Herrschaft. Zungeru wurde Hauptstadt von Nordnigeria. Der nordwestlichste Bundesstaat Nigerias, trägt weiterhin den Namen "Sokoto".
Vereinigung zu „Kronkolonie und Protektorat“ 1914, Gouverneur Lugard
Am 1. Januar 1914 vereinigten die Briten die Protektorate Südnigeria und Nordnigeria formell zu „Kronkolonie und Protektorat Nigeria“. Verwaltet wurde es nun direkt von der britischen Regierung, statt, wie zuvor in Nord- und Südnigeria, vom Kolonialamt (Colonial Office) in London. Der erste Gouverneur von Nigeria war Frederick Lugard. Nigeria erhielt gemeinsame Telegrafen, Eisenbahnen, Zölle und Verbrauchsteuern, einen Obersten Gerichtshof, eine einheitliche Zeit, eine gemeinsame Währung und einen gemeinsamen öffentlichen Dienst. Lugard führte damit ein, was für die Infrastruktur eines modernen Staates erforderlich war.
Lugard war der Schöpfer, theoretische Vordenker und Praktizierer der "Indirect rule", nach der in Kolonien die bestehenden Herrschaftsstrukturen, Gesetze und Traditionen weitgehend intakt belassen und in das Kolonialsystem integriert wurden.
Lugard hielt sich an das Prinzip der Indirect Rule im Norden Nigerias, während er im Süden die direkte Kolonialherrschaft ausübte. Lugards Politik der Isolierung des Nordens vom Süden, die auch von seinen Nachfolgern beibehalten wurde, hatte einen Anteil an der Uneinigkeit Nigerias bis heute.
Erster Weltkrieg, Zeit zwischen den Weltkriegen
Im August 1914 griff eine britisch-nigerianische Militäreinheit Kamerun an. Die deutsche kaiserliche Schutztruppe ergab sich nach 18 Monaten einer Übermacht von Briten, Nigerianern, Belgiern und Franzosen.
Im Versailler Frieden wurde die deutsche Kolonie Kamerun als Völkerbund-Treuhandgebiet zwischen den Briten und Franzosen aufgeteilt. Der britische Teil, die British Cameroons, wurde von Nigeria aus mit verwaltet.
Lugards Nachfolger (1919–1925), Sir Hugh Clifford legte den Schwerpunkt auf die wirtschaftliche Entwicklung, während er die Beteiligung der Europäer auf kapitalintensive Tätigkeiten beschränkte. Clifford verhinderte eine Ausdehnung der richterlichen Befugnisse der nördlichen Emire. Im Süden baute er eine Elite auf, die in Schulen nach europäischem Vorbild ausgebildet wurde. Das Kolonialamt im fernen London akzeptierte zwar, dass im Süden Änderungen fällig waren, verbot aber eine grundlegende Änderung im Norden.
1922 erließ Clifford eine Verfassung. In ihr wurde die Zahl der Mitglieder des neuen Legislativrats auf sechsundvierzig festgelegt. Die vier gewählten Mitglieder stammten aus Lagos (3) und Calabar (1). Der Legislativrat erließ Gesetze für die Kolonie und das Protektorat Südnigeria. Er genehmigte auch den Jahreshaushalt für das gesamte Land. Die vier gewählten Mitglieder waren die ersten Afrikaner, die in ein parlamentarisches Gremium in Westafrika gewählt wurden. Herbert Macaulay gründete 1923 die erste nigerianische politische Partei - die Nigeria National Democratic Party.
Zweiter Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg dienten 45.000 nigerianische Soldaten in den britischen Streitkräften in Afrika und Südostasien. Nigerianische Regimenter bildeten die Mehrheit der 81. und 82. westafrikanischen Divisionen der britischen Armee. Drei Bataillone des Nigeria-Regiments kämpften im Äthiopienfeldzug gegen das faschistische Italien. März 1941 stieß das Nigeria-Regiment im von Mussolini beherrschten Äthiopien innerhalb von 10 Tagen 930 km bis nach Daghabur vor. Dies war zu diesem Zeitpunkt der schnellste militärische Vorstoß der Weltgeschichte. Der Äthiopienfeldzug wurde auch dadurch zum ersten Erfolg der Alliierten gegen die Achsenmächte.
Die ersten nigerianischen Offiziere wurden gegen Ende des Krieges ausgewählt.
Nachkriegszeit, der Weg zur Unabhängigkeit
Nach dem Zweiten Weltkrieg führte die britische Regierung in schneller Folge mehrere Verfassungen für Nigeria ein.
1946 verabschiedete die britische Regierung in Westminster 1946 eine neue Verfassung für Nigeria. Die tatsächliche Macht blieb in den Händen des Generalgouverneurs und des von ihm ernannten Exekutivrats, der Legislativrat wurde erweitert. Auf einer interparlamentarischen Konferenz im Jahr 1950 wurde eine neue Verfassung ausgearbeitet. Sie sah regionale Autonomie und eine föderale Union vor und schuf eine Zentralregierung mit einem Ministerrat. Die Regionalregierungen verfügten über weitreichende gesetzgeberische Befugnisse, die vom neu geschaffenen Bundesrepräsentantenhaus nicht außer Kraft gesetzt werden konnten.
Die nächste Revision der Verfassung wurde nach Oliver Lyttelton, 1. Viscount Chandos, Lyttelton Constitution genannt. Sie wurde 1954 in Kraft gesetzt. Nigeria erhielt ein gewisses Maß an Selbstverwaltung. Im Januar 1956 wurde das erste Ölfeld in Nigeria, das Oloibiri Oilfield im Südosten des Landes nahe der Nigermündung, entdeckt.
Seit 1957 regierte eine Allparteienkoalition aus NPC, NCNC und AG unter dem bescheiden auftretenden Premierminister Abubakar Tafawa Balewa. Von 1958 an rekrutierte die nigerianische Armee nicht mehr, wie zuvor, ausschließlich Männer aus dem Norden, sondern aus dem ganzen Land. In den Folgejahren strömten dadurch überwiegend Offiziersanwärter aus dem Süden in die zahlreichen Positionen der scheidenden britischen Offiziere, da sie im Allgemeinen besser ausgebildet waren.
Unabhängigkeit, Erste Republik (1960–1966)
Am 1. Oktober 1960 erlangte Nigeria die vollständige Unabhängigkeit, ansonsten herrschte aber weitgehend Kontinuität. Der seit 1957 amtierende Premierminister Abubakar Tafawa Balewa blieb Premierminister, die britische Monarchin Elizabeth II. blieb nominelles Staatsoberhaupt, Lagos blieb Hauptstadt und die Regierungsweise nach britischem Vorbild weitgehend zentralistisch. NCNC-Vorsitzender Nnamdi Azikiwe löste den kolonialen Generalgouverneur James Wilson Robertson im November 1960 ab. NPC und NCNC waren weiterhin Regierungsparteien, die AG saß nun in der Opposition.
1963 erhielt Nigeria die vierte Verfassung nach dem Zweiten Weltkrieg. Nigeria wurde zur Republik. Das britische Regierungssystem wurde beibehalten, so dass die Befugnisse des Präsidenten vor allem zeremonieller Natur waren. Abubakar Tafawa Balewa blieb weiterhin Premierminister und aus dem Gouverneur der britischen Königin Nnamdi Azikiwe wurde ein Präsident.
Am 1. Mai 1965 wurde Sir Christopher Welby-Everard pensioniert, der Generalstabschef von Nigeria und letzter britischer Amtsträger aus kolonialen Zeiten. Ihm folgte Johnson Agulyi-Ironsi, ein erfahrener Offizier, ehemaliger Militärattaché in London und 1964 Kommandeur der UN-Schutztruppe im Kongo. Damit wurde der zwanzigjährige Übergang Nigerias von "Kronkolonie und Protektorat" zur Unabhängigkeit abgeschlossen. Ausgehend von der Kontinuität der politischen Parteien und Repräsentanten, sowie des seit 20 Jahren herangezogenen Offizierscorps musste es so aussehen, als ob dieser allmähliche Übergang gelungen sei. Das Gegenteil sollte sich bald zeigen.
Putsch und Gegenputsch (1966)
Am 15. Januar 1966 putschten jüngere Offiziere, überwiegend Igbos, und ermordeten die zwei führenden Politiker aus dem Norden, Balewa und Bello. Zudem wurde die Führungsriege der nigerianischen Armee beinahe vollständig liquidiert. Armeechef Agulyi-Ironsi, ein Igbo, schlug den Putsch nieder, setzte die Verfassung außer Kraft und löste das Parlament auf. Danach ließ er jedoch die Putschisten nicht vor Gericht stellen. Gleichzeitig begann er als Alleinherrscher, aus Nigeria einen Einheitsstaat zu machen. Es musste wirken, als ob die Igbo das Land übernehmen würden.
Am 29. Juli 1966 putschten Soldaten im südwestlich gelegenen Abeokuta und ermordeten Agulyi-Ironsi. Im ganzen Land brachen Pogrome gegen die Igbo aus, Quellen sprechen von 30.000 Opfern, überwiegend Kinder. In dieser Situation bestimmten die Putschisten Yakubu Gowon zum neuen Militär- und Staatsführer. In Gowons Militärregierung fällt eine der schlimmsten humanitären Katastrophen moderner Zeitrechnung: der Biafra-Krieg.
Bürgerkrieg (1967–1970), Biafra
Im September 1966 erreichten die Pogrome gegen die Igbo ihren Höhepunkt. Schätzungsweise 1 Million Igbo flüchteten aus dem ganzen Land in den Südosten, wo sie sich sicher glaubten.
Im Mai 1967 rief der Gouverneur der Ostregion, Oberstleutnant Emeka Ojukwu, diese als unabhängigen Staat „Republik Biafra“ aus. Biafra wurde belagert und vom Handel abgeschnitten. Die kriegerischen Handlungen endeten schließlich im Januar 1970.
Die Region Biafra, die bereits eine Flüchtlingswelle ungekannten Ausmaßes verkraften musste, konnte durch die Handelsblockade nicht mehr ihre Einwohner ernähren. Schätzungen über die Zahl der Toten durch Hunger und Kriegshandlungen während des Bürgerkriegs reichen von einer bis zu drei Millionen. Aufnahmen von hungernden Kindern in Biafra gingen um die Welt und prägten das Bild vom nach-kolonialen Afrika.
Diktatur Gowon (1966–1975)
In den Nachkriegsjahren erlebte Nigeria einen dynamischen Wirtschaftsaufschwung, in dessen Verlauf der Handlungsspielraum der nigerianischen Bundesregierung dank der gestiegenen Öleinnahmen in starkem Maße zunahm. In dieser Zeit nahm die Korruption von und durch Beamte der Bundesregierung zu.
Diktator Gowons Nationalisierungsdekret von 1972 verschloss viele Sektoren der nigerianischen Wirtschaft für alle ausländischen Investitionen und verbot in mehreren anderen Bereichen ausländische Beteiligungen über eine Minderheitsbeteiligung hinaus. Dieses Dekret erwies sich als nachteilig für Investitionen in die nigerianische Wirtschaft.
Die Skandale der Gowon-Administration lösten innerhalb der Armee große Unzufriedenheit aus. Am 29. Juli 1975, als Gowon an einem OAU-Gipfel in Kampala teilnahm, verkündigte Oberst Joseph Garba Gowons Sturz.
Erneut Putsch und Gegenputsch
Die Putschisten ersetzten Gowons autokratische Herrschaft durch ein Triumvirat von drei Brigadegenerälen. Das Triumvirat führte Sparmaßnahmen ein, um die Inflation einzudämmen, richtete ein Büro zur Untersuchung korrupter Praktiken ein, ersetzte alle Militärgouverneure durch neue Offiziere und entließ 11,000 Beamte aus dem öffentlichen Dienst.
Oberst Buka Suka Dimka unternahm im Februar 1976 einen Putschversuch. Nach dessen Niederschlagung wurde General Olusegun Obasanjo zum militärischen Staatsoberhaupt ernannt.
Die Zweite Republik (1979–1983), Präsident Shagari
1979 traten fünf politische Parteien zu einer Reihe von Wahlen an, bei denen Alhaji Shehu Shagari von der National Party of Nigeria (NPN) zum Präsidenten gewählt wurde. Alle fünf Parteien erhielten eine Vertretung in der Nationalversammlung. Obasanjo übergab die Macht friedlich an Shagari.
Im Januar 1983 beschloss Shagari angesichts einer Wirtschaftsflaute unter der Parole „Ghana must go!“ die Deportation von westafrikanischen Immigranten. Eine Million Ghanaer mussten plötzlich und unter Häme das Land verlassen und den größten Teil ihrer Habseligkeiten zurücklassen. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in Ghana nach 1983 deutlich günstiger als in Nigeria verlaufen sollte und Nigerianer ihrerseits in Ghana nach Arbeit und Einkommen suchen würden.
Obwohl Shehu Shagari von einer persönlichen Verwicklung in korrupte Praktiken freigesprochen wird, war die Zweite Republik von Korruptionsvorwürfen geplagt, darunter auch von Vorwürfen des Wahlbetrugs bei den Wahlen 1983. Zusammen mit dem Verfall der Weltmarktpreise für Erdöl und der Verschlechterung der Staatsfinanzen führte dies dazu, dass sich das Regime bei den Bürgern unbeliebt machte.
Putsch 1983, Diktatur Buhari, Putsch 1985 und Diktatur Babangida (1985–1992)
Der Militärputsch von 1983 führte zur Einsetzung von Generalmajor Muhammadu Buhari als Staatschef. Buharis Regierung schnitt jedoch kaum besser ab als die seines Vorgängers. 1985 wurde er von General Ibrahim Babangida gestürzt, der den Regierungsrat der Streitkräfte gründete und Militärpräsident und Oberbefehlshaber der Streitkräfte wurde. Im Jahr 1989 begann Babangida mit der Planung des Übergangs zur Dritten Nigerianischen Republik. Babangida überlebte einen Putschversuch von 1990 und verschob die versprochene Rückkehr zur Demokratie auf 1992.
Die kurzlebige Dritte Republik (1993)
Diktator Babangida erlaubte die Gründung politischer Parteien und bildete vor den Parlamentswahlen 1992 mit der Sozialdemokratischen Partei und der Nationalen Republikanischen Konvention ein Zweiparteiensystem.
Die Präsidentschaftswahlen von 1993, die am 12. Juni stattfanden, zeigten, dass das Duo Moshood Abiola und Baba Gana Kingibe von der Sozialdemokratischen Partei Bashir Tofa und Sylvester Ugoh von der Nationalen Republikanischen Konvention mit über 2,3 Millionen Stimmen besiegte. Babangida erklärte die Wahlen jedoch für ungültig, was zu massiven Protesten der Zivilbevölkerung führte. Im August 1993 löste Babangida schließlich sein Versprechen ein, die Macht an eine zivile Regierung abzugeben, aber erst nachdem er Ernest Shonekan zum Chef der nationalen Übergangsregierung ernannt hatte. Babangidas Regime gilt als das korrupteste und als verantwortlich für die Entstehung einer Korruptionskultur in Nigeria.
Putsch 1993 und Diktatur Abacha (1993–1998)
Shonekans Übergangsregierung, die kürzeste in der politischen Geschichte des Landes, wurde 1993 durch einen Staatsstreich unter der Führung von General Sani Abacha gestürzt. Dies war der siebte nigerianische Staatsstreich in weniger als 30 Jahren und auch (Stand 2023) der letzte militärische Umsturz in diesem Land.
Anders als vorige Militärdiktatoren in Nigeria wie Gowon, Murtala, Obasanjo oder Buhari kann man Abacha nur als Schreckensherrscher bezeichnen.
Nachdem er im November 1993 die Regierung und das Parlament aufgelöst hatte, machte er sich im September 1994 auch zum höchsten Richter und erhielt damit absolute Macht. Der Staat ging rücksichtslos gegen Kriminelle und Dissidenten vor. Auch der ehemalige Militärmachthaber Olusegun Obasanjo wurde wegen Hochverrats inhaftiert und beschuldigt, einen Staatsstreich geplant zu haben. 1997 starb General Shehu Yar'Adua, der ebenfalls inhaftiert war, im Gefängnis. Der Nobelpreisträger Wole Soyinka wurde in Abwesenheit wegen Hochverrats angeklagt.
Abachas Regime wurde wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt, insbesondere nach der Hinrichtung des Ogoni-Aktivisten Ken Saro-Wiwa. Die Hinrichtung von Saro-Wiwa führte später zum Ausschluss Nigerias aus dem Commonwealth.
Unter Abacha kam es zu einer rasanten Ausweitung der Veruntreuung, die in der Geschichte Nigerias als „Abacha loot“ („Abacha-Beutezug“) bekannt ist. In einer Liste der zehn sich am meisten selbst bereichernden Staatsoberhäupter rangieren Abacha und seine Familie an vierter Stelle. Sie sollen zwischen 1 und 5 Milliarden Dollar veruntreut haben.
Demokratisierung und Föderalismus 1998, die IV. Republik
Diktator Abacha starb im Jahre 1998 unter unwürdigen Umständen bei einer „Party“. Nachfolger Abdulsalami Abubakar setzte eine Verfassung durch, die freie Wahlen vorsah. Aus dem zuvor zentralistisch verwalteten Nigeria wurde eine Bundesrepublik. Eine föderative Regierungsweise ist bis zum heutigen Tag (Stand 2023) in Afrika eine Seltenheit (siehe Karte im Artikel zu "Zentralismus").
Die Ära Obasanjo (1999 bis 2007)
Am 29. Mai 1999 übergab Abubakar die Macht an den Gewinner der Präsidentschaftswahlen von 1999, den ehemaligen Militärmachthaber General Olusegun Obasanjo. Mit Obasanjos Wahl wurde der Beginn der bis heute (2022) andauernden Vierten Nigerianischen Republik eingeläutet. Dies beendete eine 39 Jahre dauernde Phase von kurzlebigen Demokratien, Militärputschen und Gegenputschen.
Obasanjo wurde 2003 in einer turbulenten Wahl mit gewalttätigen ethnischen und religiösen Untertönen wiedergewählt. 2005 zahlte die Regierung Obasanjo im Rahmen des Pariser Clubs alle Schulden (gegen eine Ermäßigung) zurück. Am 12. Juni 2006 unterzeichnete er mit dem kamerunischen Präsidenten Paul Biya das Greentree-Abkommen, das den Grenzstreit um die Bakassi-Halbinsel formell beendete.
Obasanjo versuchte, die Verfassung so zu ändern, dass ihm eine dritte Amtszeit ermöglicht würde. Dies führte zu Spannungen mit dem Parlament. In einer Autobiografie von Condoleezza Rice wird behauptet, dass der damalige US-Präsident George W. Bush Obasanjo letztlich davon überzeugte, von diesen Plänen abzusehen. Dass das Parlament dem Präsidenten trotz dessen Einfluss auf Armee und Sicherheitskräfte eine dritte Amtszeit erfolgreich verweigern konnte, belegt den gestärkten Parlamentarismus in Nigeria nach 2000. Die föderalistische Struktur der Verfassung von 1999 mit 37 etwa gleich großen Bundesstaaten, einem Senat mit jeweils drei Senatoren aus jedem Staat, sowie einer Sperrminorität von mindestens 13 Staaten bei der Präsidentenwahl muss angesichts der zahlreichen Ethnien und der religiösen Spaltung des Landes als Glücksgriff bezeichnet werden.
Die Ära Yar'Adua (2007 bis 2010)
Bei den Parlamentswahlen 2007 kam Umaru Yar'Adua von der Demokratischen Volkspartei an die Macht, der Bruder des Stellvertreters Obasanjos in dessen Zeit als Militärdiktator. Der scheidende Präsident Olusegun Obasanjo räumte Betrug und andere „Unzulänglichkeiten“ bei den Wahlen ein, erklärte jedoch, das Ergebnis entspreche den Meinungsumfragen. In einer landesweiten Fernsehansprache im Jahr 2007 fügte er hinzu, dass die Nigerianer, falls ihnen der Sieg seines handverlesenen Nachfolgers nicht gefalle, die Möglichkeit hätten, in vier Jahren erneut zu wählen. Yar'Aduas Gesundheitszustand würde diese Option allerdings bald gegenstandslos machen.
Die Ära Jonathan (2010 bis 2015)
Yar'Adua starb am 5. Mai 2010. Jonathan gewann die Präsidentschaftswahlen 2011, und die internationalen Medien berichteten, dass die Wahlen im Gegensatz zu früheren Wahlen reibungslos und mit relativ wenig Gewalt oder Wahlbetrug abgelaufen seien.
In die Amtszeit von Jonathan fallen die erfolgreiche Bekämpfung von Ebola und eine wirtschaftliche Erholung, die Nigeria zur führenden Wirtschaftsmacht in Afrika machte. Die Filmförderung der Jonathan-Administration für qualitativ hochstehende Produktionen schuf eine eigene, kommerziell erfolgreiche Filmindustrie („Nollywood“), die sich nur mit den USA und Indien („Bollywood“) vergleichen lässt.
Auf der Soll-Seite der Bilanz dagegen fällt die Terrorwelle des Boko Haram, der 2014 in Chibok 200 Schulmädchen entführte und die Ohnmacht des nigerianischen Staates deutlich machte (2022 werden ca. 100 der Mädchen immer noch vermisst). Der 2014 von Jonathan unterzeichnete "Same Sex Marriage Prohibition Act" gehört weltweit zu den repressivsten, drakonischsten Gesetzen gegen LGBT-Menschen. Jonathan ist in der IV. Republik der Präsident, unter dem die meisten (58) Hinrichtungen vollstreckt wurden (Stand Februar 2023). - Vor allem jedoch steht Jonathans Amtszeit für Untreue im Amt – der Veruntreuung von Staatsgeldern. 20 Milliarden US-Dollar sollen hierdurch dem nigerianischen Staat verlorengegangen sein. Das hohe Ausmaß an Korruption war bestimmend für die Präsidentenwahl 2015, aus der Oppositionskandidat Muhammadu Buhari siegreich hervorging. Dies ist (Stand 2022) der einzige Fall in der IV. Republik, in dem die nigerianischen Wähler einem amtierenden Präsidenten die Wiederwahl verweigerten. Immerhin lässt sich von Jonathan sagen, dass er seine Wahlniederlage klaglos eingestand.
Die Ära Buhari (2015 bis 2023)
Buhari von den "All Progressives" gilt seit der Zweiten Republik als Saubermann der nigerianischen Politik, als sparsam, aber auch als Vertreter nördlicher Interessen. Die Wahl 2015 und die Wiederwahl 2019 wurden von Beobachtern als fair bezeichnet. Die Buhari-Ära wird von einer dynamischen Strukturpolitik, wirtschaftlicher Diversifizierung, Erfolgen gegen Boko Haram und - laut Umfragen - abnehmender Korruption, aber auch von rasant zunehmender Staatsverschuldung, bewaffneter Kriminalität und Polizeiübergriffen geprägt.
Im Laufe Buharis Amtszeit sank das Pro-Kopf-Einkommen Nigerias von 5.400 USD auf 4.800 USD. Die Staatsverschuldung nahm zu: 2023 musste Nigeria 96 % seiner Staatseinnahmen für den Schuldendienst aufwenden.
Zu den Maßnahmen Buharis gegen die Korruption gehört die Suspendierung des Obersten Richters Nigerias, Walter Onnoghen. Ermittlungen des Code of Conduct Bureaus (eine Art Ethikrat) hatten ergeben, dass Onnoghen erhaltene Einnahmen nicht deklarierte. Im Dezember 2019 wurde der Generalstaatsanwalt, Mohammed Bello Adoke, wegen Korruption verurteilt. Im Juli 2020 wurde – nicht ganz ohne Ironie – der Vorsitzende der Untersuchungskommission gegen Korruption, EFCC, Ibrahim Magu, wegen Korruption verhaftet. Im Dezember 2020 folgten ihm der Vorsitzende der Renten-Taskforce, Abdulrasheed Maina, sowie ein Senator. - Nigerianer sehen, anders als in der Wahl 2015, in Umfragen des Jahres 2022 nicht mehr die Korruption als das wichtigste politische Thema, sondern platzieren es hinter "Kriminalitätsbekämpfung", "Wirtschaft" und "Stromversorgung".
Die Buhari-Administration hat wie keine Vorgängerregierung Straßen, Häfen, Brücken und Schienen renoviert und neu angelegt. Hervorzuheben sind hier der Bau und der profitable Betrieb der Normalspurbahn Lagos-Ibadan sowie die Zweite Nigerbrücke bei Onitsha und der Super-Post-Panamax-Containerhafen Lekki. Bei Rohstoffen hat die Buhari-Administration weiterverarbeitende Industrie einrichten können (z. B. Dangote-Raffinerie, Reismühle von Imota).
Buharis Strategie gegen Boko Haram war trotz mancher Rückschläge effektiv. Bereits 2016 konnte die Terrormiliz aus den wichtigsten Städten des heimgesuchten Nordens vertrieben werden (siehe Kapitel zu Boko Haram im Artikel zur Sicherheitslage in Nigeria). Zu einer weiteren Entspannung kam es Anfang 2022, als sich 40.000 Boko Haram-Kämpfer ergaben. Die Splittergruppe ISWAP bleibt dagegen aktiv. - Seit 2019 wurde Nigeria von einer Welle der Kriminalität und überhand nehmender Polizeigewalt betroffen. Siehe dazu Kapitel "Sicherheit".
In den acht Buhari-Jahren wurden 3 Menschen - 2016, alle drei wegen Raubmordes - hingerichtet, dies sind deutlich weniger als die 58 Hinrichtungen, die in fünf Jonathan-Jahren zu beklagen waren.
Im November 2022 strich das US-Außenministerium Nigeria (und Indien) von der Liste der "Schurkenstaaten" (Countries of Particular Concern). Nigeria war 2018 vom damaligen Präsidenten Trump auf die genannte Liste gesetzt worden.
2020 protestierten vor allem junge, höher gebildete Nigerianer gegen Polizeiübergriffe. Bei einer Demonstration im Oktober erschossen Sicherheitskräfte am Lekki Tollgate dutzende Teilnehmer. Die Gruppe junger, städtischer und digital kompetenter Nigerianer würde im Präsidentenwahlkampf 2023 nicht mehr die Progressiven unterstützen, sondern den Gefolgschaftskern des Überraschungskandidaten Peter Obi stellen.
Parlaments- und Präsidentenwahl 2023
Bei der Präsidentenwahl am 25. Februar 2023 wurde Bola Tinubu von den All Progressives zum nächsten Präsidenten Nigerias gewählt. Im neugewählten Senat verfügt Tinubu über eine Mehrheit von 4 Senatoren, im Repräsentantenhaus fehlen dem Präsidenten vier Stimmen zu einer Mehrheit, dies ist in der 24 Jahre alten Demokratie in Nigeria neu.
Wahljahr | Stimmenanteil
PDP |
Kandidat | Stimmenanteil
AD-APP/ ANPP/ CPC/APC |
Kandidat | Stimmenanteil
Sonstige |
Kandidat |
---|---|---|---|---|---|---|
1999 | 62,78 % | Obasanjo | 37,22 % | Shinkafi | 0,00 % | |
2003 | 61,94 % | Obasanjo | 32,19 % | Buhari | 5,87 % | |
2007 | 69,60 % | Yar'Adua | 18,66 % | Buhari | 11,74 % | Abubakar |
2011 | 58,87 % | Jonathan | 31,97 % | Buhari | 9,16 % | Ribadu |
2015 | 44,96 % | Jonathan | 53,96 % | Buhari | 1,08 % | |
2019 | 41,20 % | Abubakar | 55,60 % | Buhari | 3,20 % | |
2023 | 29,07 % | Abubakar | 36,61 % | Tinubu | 25,40 % | Obi |
Die Beobachtermission der EU kritisierte die Wahlen als intransparent. Einige Hundert der 176.800 Wahlurnen seien von bewaffneten Kriminellen verbrannt oder zerstört worden. Woanders seien Wählerstimmen gekauft worden. Die Server für die digitale Übermittlung der Wahlergebnisse seien tagelang nicht online gewesen. Eine telefonische Durchgabe der Wahlergebnisse sei ebenfalls nicht möglich gewesen.
Am 26. Mai 2023 wies der Oberste Gerichtshof Nigerias die Klage der PDP und der Labour Party gegen Tinubu und Shettima ab. Es läuft (Stand 26. Juni 2023) eine weitere Klage gegen die Wahlergebnisse vor einem "Presidential Election Petition Tribunal", bei dem sich die Wahlbehörde INEC sehr ernsthaften Vorwürfen stellen muss. Inwiefern das Tribunal rechtswirksame Beschlüsse fällen kann, ist nach Internetrecherchen nicht deutlich.
Die Ära Tinubu (seit Mai 2023), Subventionsabbau und Geldentwertung
Präsident Tinubu hob nach wenigen Tagen im Amt die staatliche Subvention für Benzin auf. Der Preis an der nigerianischen Zapfsäule stieg daraufhin auf das Dreifache, nämlich auf 537 Naira (65 Eurocent) pro Liter. Eine Tankfüllung von 40 Litern kostet damit den durchschnittlichen Nigerianer mehr als die Hälfte seines Monatseinkommens (43,000 Naira). Die Verteuerung des Benzins ist vor allem eine Existenzbedrohung für die unzähligen privaten Taxis im Land.
Trotz des Subventionsabbaus sank der Wert des Naira im Juni 2023 um 40 % seines Vormonatswertes. 1.000 Naira entsprechen am 26. Juni 2023 nur noch 1,21 Euro; 4 Wochen zuvor waren dies noch 2,02 Euro.
Im Juli 2023 betrug die Inflation für Lebensmittel 25 %, vermutlich durch die Abhängigkeit Nigerias vom Weizenimport und den Auswirkungen des Ukrainekrieges.
Tinubu entließ im Juni 2023 den Gouverneur der Zentralbank, die höchsten Offiziere der Armee und die Leiter mehrerer wichtiger Regierungsbehörden, einschließlich der Polizei, der Zollbehörde und der Kommission für Finanzkriminalität. Aufsehenerregendste Entlassung war die von Zentralbankchef Godwin Emefiele. Viele Nigerianer machen Emefiele für die wirtschaftliche Misere Nigerias verantwortlich. Die jährliche Inflation erreichte 22 %, den höchsten Stand seit 18 Jahren. Die Zentralbank wurde der Verschwendung beschuldigt. Tinubu meinte, dass das Finanzsystem unter der Aufsicht von Emefiele, der das Amt seit neun Jahren innehatte, "marode" geworden sei. Tinubu ernannte zudem Nuhu Ribadu, einen Ex-Polizisten, der einst die Kommission für Finanzkriminalität leitete, zu seinem neuen Sicherheitsberater.
Tinubu gehört zu den Kritikern des Staatsstreichs im nördlichen Nachbarland Niger am 26. Juli 2023.
Politik
Politisches System
Nigeria ist ein Bundesstaat von 36 Staaten sowie der Hauptstadt Abuja als eigenständige Einheit.
Gemäß der nach amerikanischem Vorbild entworfenen Verfassung von 1989, die jedoch erst am 17. Mai 1999 in Kraft trat, verfügt Nigeria über ein präsidiales Regierungssystem mit einem Senat (109 Senatoren: drei Senatoren für jedes Bundesland und ein Senator für Abuja) und einem Repräsentantenhaus (360 Abgeordnete). Darüber hinaus gewährleistet die Verfassung ein Mehrparteiensystem und alle vier Jahre stattfindende Wahlen für das Präsidentenamt, den gesamten Senat und das gesamte Repräsentantenhaus. Der Präsident verfügt über weitreichende Vollmachten und ist sowohl Staatsoberhaupt als auch Regierungschef und Oberbefehlshaber der Armee. Der Vizepräsident tritt im Falle des Todes oder des Rücktritts des Präsidenten ohne Wahl an dessen Stelle. Der Präsident darf, wie in den USA, nur zwei Legislaturperioden amtieren.
Der nigerianische Präsident wird in einem modifizierten Zweirundensystem gewählt. Um im ersten Wahlgang gewählt zu werden, muss ein Kandidat die relative Mehrheit der Stimmen und mehr als 25 % der Stimmen in mindestens 24 der 36 Bundesstaaten erhalten. Erreicht kein Kandidat diese Hürde, findet ein zweiter Wahlgang zwischen dem Spitzenkandidaten und dem nächsten Kandidaten statt, der die Mehrzahl der Stimmen in der höchsten Anzahl von Staaten erhalten hat. Präsidentschaftskandidaten nehmen sich einen „Running mate“ (Kandidaten für die Vizepräsidentschaft), der sowohl ethnisch, als auch religiös den Gegensatz zu ihnen selbst darstellt: ein christlicher Kandidat aus dem Süden wird einen moslemischen Running mate aus dem Norden wählen – und umgekehrt. Es gibt kein Gesetz, das dies vorschreibt, jedoch haben sich seit Existenz der Vierten Republik alle Präsidentschaftskandidaten an diese Regel gehalten. Ausnahme ist der aktuelle Präsidentschaftskandidat Tinubu, ein Moslem aus dem Süden, der keinen geeigneten christlichen Running mate aus dem moslemischen Norden finden konnte und stattdessen den mehrfachen "Governor of the Year" Kashim Shettima (Borno) selektierte.
Gouverneure der einzelnen Bundesstaaten werden, wie der Präsident, für vier Jahre gewählt und dürfen maximal zwei Legislaturperioden lang amtieren.
Der jährlich erscheinende "Report West and Central Africa, Autocracies on the Rise" der Bertelsmann Stiftung stuft Nigeria als ein autokratisches Regime ein. 2022 setzten die Autoren das Land auf einer fünfteiligen Skala von "Demokratie mit schweren Mängeln" herab auf "gemäßigte Autokratie". Dies wird damit begründet, dass die Präsidentenwahl 2019 um eine Woche verschoben und der oberste Richter Walter Onnoghen vom Präsidenten (nach dem wiederholten Nichterscheinen vor einem Ethikrat) suspendiert wurde, sowie mit der Anwesenheit von Sicherheitskräften vor den Wahllokalen. Die Nigerianer hätten dadurch das Vertrauen in die Politik verloren. Die Einschätzung der Gütersloher Stiftung steht im Widerspruch zu Wahlumfragen unter Nigerianern vor Ort und nennt keine Quellen.
Parteien
Senat und Repräsentantenhaus in Nigeria werden vor allem durch zwei Parteien dominiert, mit den Wahlen 2023 könnte es aber zu einer deutlichen Verschiebung im politischen System durch große Zugewinnen der Labour Party kommen.
Die People’s Democratic Party (PDP) war in den ersten 16 Jahren der IV. Republik Regierungspartei. Sie bemüht sich, ihr negatives Image aus der Jonathan-Ära vor der Anti-Korruptionswahl 2015 aufzubessern. Der Spitzenkandidat Abubakar scheint sich dabei eher mit den eigenwilligen Landesgouverneuren der eigenen Partei (v. a. Gouverneur Wike) auseinandersetzen zu müssen, als mit dem politischen Gegner.
Der All Progressives Congress ist ein Zusammenschluss kleinerer Parteien, der sich gegen den als korrupt geltenden Präsidenten Jonathan formierte. Die Fortschrittler brachten 2015 Muhammadu Buhari ins Präsidentenamt und sind seitdem Regierungspartei. Mit den allgemein respektierten Ministern Fashola (Öffentliche Bauten) und Amaechi (Verkehr) können sich die Fortschrittler als kompetent profilieren. 2023 konnte APC-Kandidat Bola Tinubu die Mehrheit der Stimmen erringen.
Die Labour Party war bislang in der IV. Republik ein Außenseiter. In der Präsidentenwahl 2023 errang Präsidentschaftskandidat Obi 25 % der Stimmen und eine noch nicht bekannte Anzahl an Parlamentsabgeordneten (Stand 1. März 2023). Der Umstand, dass Obi als erster aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat zur seit dem Biafrakrieg unterprivilegierten Ethnie der Igbo gehört und dennoch außerhalb der Igbo-Staaten Mehrheiten zu finden weiß, verdient besondere Beachtung.
Politische Indizes
Name des Index | Indexwert | Weltweiter Rang | Interpretationshilfe | Jahr |
---|---|---|---|---|
Fragile States Index | 98 von 120 | 12 von 179 | Stabilität des Landes: Alarm 0 = sehr nachhaltig / 120 = sehr alarmierend Rang: 1 = fragilstes Land / 179 = stabilstes Land | 2021 |
Demokratieindex | 4,11 von 10 | 107 von 167 | Hybridregime 0 = autoritäres Regime / 10 = vollständige Demokratie | 2021 |
Freedom in the World Index | 43 von 100 | — | Freiheitsstatus: teilweise frei 0 = unfrei / 100 = frei | 2022 |
Rangliste der Pressefreiheit | 46,8 von 100 | 129 von 180 | Schwierige Lage für die Pressefreiheit 100 = gute Lage / 0 = sehr ernste Lage | 2022 |
Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) | 24 von 100 | 154 von 180 | 0 = sehr korrupt / 100 = sehr sauber | 2021 |
Kritik an der CPI-Methodik
Die 11 befragten Organisationen sind nicht mit eigenem Personal in den untersuchten Ländern präsent und ihre Unparteilichkeit muss angezweifelt werden. 2 der angeblich befragten 11 Organisationen existieren nicht mehr: "Global Insight" und "Political and Economic Risk Consultancy".
Der CPI basiert laut eigener Definition „auf der gefühlten Einschätzung von Laien und Fachleuten und reduziert sich nicht auf tatsächliche Erfahrung und deren Analyse“ (siehe Transparency International). Durch die Ablehnung empirischer Werte ("nicht auf tatsächliche Erfahrung"), durch fehlende Überprüfbarkeit und durch den Umstand, dass von den Befragten keine Qualifikation verlangt wird ("Laien und Fachleute") ist die Wissenschaftlichkeit der Erhebung zweifelhaft. - Wenn die Ermittlung des CPI als Meinungsumfrage verstanden wird, ist die Stichprobe von 11 Befragten zu klein, um aussagekräftig zu sein (Meinungsumfragen basieren i. d. R. auf mindestens 1.000 Befragungen) - außerdem muss die Stichprobe immer eine Teilmenge der Grundgesamtheit sein. Die Befragten müssten also in Nigeria wohnen - was nicht der Fall ist (s. o.).
Der sich seit Jahren verschlechternde, unter 11 Nigeria-fernen Organisationen ermittelte CPI-Wert für Nigeria steht im Widerspruch zu Meinungsumfragen unter Nigerianern, laut der das Thema "Korruption" vom dominierenden Wahlkampfthema im Jahr 2015 auf die vierte Stelle hinter "Bekämpfung der Kriminalität", "Ankurbeln der Wirtschaft" und "Verbesserung der Stromversorgung" im Jahr 2022 zurückgefallen ist.
Außenpolitik
Das Verhältnis zu den westafrikanischen Nachbarstaaten ist von der engen Zusammenarbeit im Rahmen der Regionalorganisation geprägt. Dabei sind die Grenzen aufgrund der Niederlassungsfreiheit und des relativ freien Waren- und Personenverkehrs für ECOWAS-Bürger weitgehend offen. Viele Nigerianer leben in den ECOWAS-Ländern und viele Menschen aus den anderen ECOWAS-Ländern leben und arbeiten in Nigeria. Mit Niger und Tschad gibt es eine Zusammenarbeit zur Sicherung der Grenzen in der Tschadsee-Region. Zur Bekämpfung der islamistischen Terroristen (Boko Haram) arbeitet Nigeria mit den Ländern der Region eng zusammen.
Die Beziehungen zu den Nachbarn im Golf von Guinea, Äquatorialguinea und Sao Tomé und Principe sind gut. Sie werden vor allem von Fragen der Nutzung der Öl- und Gasreserven geprägt. Mit Sao Tomé und Principe besteht eine gemeinsame Wirtschaftszone zur Erschließung der Rohstoffvorkommen im Seegebiet zwischen beiden Ländern.
Nach der außenpolitischen Isolierung während der Militärherrschaft in den 1990er Jahren engagierte sich Nigeria unter der Amtszeit Obasanjos wieder stärker in internationalen Organisationen. Nigeria nimmt inzwischen eine Führungsrolle in ganz Afrika ein.
In der Gruppe der Entwicklungsländer nimmt Nigeria eine wichtige Rolle als Sprecher für afrikanische Belange ein. Darauf gründet sich der weiterhin erhobene Anspruch auf einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im Zusammenhang mit dessen Reform. 2010/2011 und 2014/2015 war Nigeria nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, für 2018/2020 bewirbt sich Nigeria um einen Sitz im UN-Menschenrechtsrat.
Nigeria ist nach Ansicht vieler Beobachter der mächtigste Staat Westafrikas. Entsprechend hat es den Vorsitz der ECOMOG, des Sicherheitsapparats der ECOWAS inne. Darüber hinaus ist es Mitglied zahlreicher internationaler Organisationen, darunter:
- Afrikanische Union
- Commonwealth
- ECOWAS
- NEPAD (welche auf Initiative Nigerias gegründet wurde)
- OPEC (seit 1971)
- OIC (seit 1986).
Nigeria ist Mitglied der Internationalen Kakao-Organisation. Außerdem strebt Nigeria einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an, in dem bisher kein afrikanisches Land dauerhaft vertreten ist.
2008 wurde ein seit 1981 bestehender, gewaltsamer Grenzkonflikt mit Kamerun endgültig beigelegt.
Menschenrechte
Auf internationaler Ebene ist Nigeria an internationale Menschenrechtsstandards gebunden und war Unterzeichner der Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam. Dennoch ist die Menschenrechtssituation in Nigeria unbefriedigend, was sich nicht zuletzt in den oben aufgeführten Indizes ungünstig niederschlägt. Vor allem die Situation in den Gefängnissen, polizeiliche Übergriffe und die Repression gegen queere Menschen verdienen besondere Beachtung.
Frauen
Politik
Die nigerianische Politik ist eine Männerbastion. Nach der Wahl von 2019 befinden sich im nigerianischen Parlament 29 Frauen und 440 Männer, dies entspricht einem Frauenanteil von 6 % (2007 waren es noch 34 Frauen und 435 Männer bzw. 7 % Frauen). - Zum Vergleich: im Parlament des nahegelegenen Ghana befinden sich 40 Frauen und 235 Männer, dies entspricht einem Anteil von 14,5 %. – Immerhin gibt es für die Wahl 2023 mit Peter Obi (Labour) den ersten aussichtsreichen Kandidaten, der sich für eine stärkere Beteiligung von Frauen an der nigerianischen Politik einsetzt und Frauen "35 - 40%" der Ministerämter in Aussicht gestellt hat.
Frauenhilfsorganisationen
Es gibt eine Anzahl säkularer sowie religiöser Frauenhilfsorganisationen. Dazu gehören u. a. der National Council of Women’s Societies, das Women’s Aid Collective und die Federation of Muslim Women’s Association in Nigeria. Wichtige Namen der Frauenbewegung sind Ayesha Imam und Joy Ezeilo.
1830 entstand in Nigeria unter Führung der Dichterin Nana Asma’u die Yan’Taru Bewegung, eine islamisch religiöse Bewegung, die sich die Weitergabe von religiösem sowie alltäglichen Wissen von Frauen an Frauen zum Ziel gesetzt hatte.
Startups von nigerianischen Frauen
Laut Weltbank erhielten alle weiblichen Startups nur 3 % der fast 2 Milliarden Dollar an Investitionen, die zwischen 2013 und 2021 in afrikanische Tech-Startups flossen. Das meiste dieser Gelder fließt laut Marktforschung in den Fintech-Bereich, insbesondere in Kenia, Südafrika und Nigeria. Die Unterrepräsentation von Frauen bei geförderten Startups ist nach Angaben der Weltbank auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen, darunter eine geringere Zahl von Gründerinnen, eine höhere Zahl von männlich geführten Unternehmen und die Voreingenommenheit der Investoren. Frauen in der Fintech-Branche oder generell in der Technologiebranche würden übermäßig "gementort" und unterdurchschnittlich finanziert.
In einem CNN-Beitrag vom Februar 2023 finden nigerianische Gründerinnen, dass sich die Dinge in ihrem Land ändern.
Das auf die finanzielle Eingliederung von Frauen ausgerichtete Fintech-Unternehmen Herconomy in Lagos begann als Empowerment-Community und wandelt sich nun zu einer Mikrofinanzbank, zu deren Hauptzielen die Finanzierung von Unternehmerinnen gehört. Ife Durosinmi-Etti, CEO bei Herconomy, meint: "Im Jahr 2021 gab es eine große Veränderung. Ich habe gesehen, dass mehr Frauen Finanzmittel erhalten haben. Zwar ist es für Frauen im Moment sehr, sehr schwierig, Finanzmittel zu erhalten. Aber einige Frauen bekommen sie, und der Markt öffnet sich. Ich sehe sogar, dass Gründerinnen in andere Start-ups investieren. Ich weiß also, dass sich die Dinge ändern, dass mehr Frauen sagen: >Oh, ich werde 3 Millionen Dollar aufbringen, und ich habe gesehen, dass nigerianische Frauen das auch tun, denn sie tun es. Sie sind Mentoren für andere Menschen.<"
Fara Ashiru-Jituboh ist Mitbegründerin und CEO von Okra, einem erfolgreichen Finanztechnologie-Startup im florierenden nigerianischen Technologiesektor. Im Jahr 2021 erhielt das Unternehmen eine Risikokapitalfinanzierung in Höhe von 3,5 Millionen Dollar, die höchste Summe, die ein von einer Frau geführtes Startup in diesem Jahr aufbrachte. Sie findet: "Wir sehen jetzt, dass Frauen anfangen, Führungspositionen zu übernehmen, Mitgründerinnen, CEO's, CTO's und COO's. Und sie werden in verschiedenen Bereichen mehr. Auch in immer mehr Teams gibt es weibliche Führungskräfte. Damit sich das beschleunigt und mehr wird, brauchen wir meiner Meinung nach eine stärkere Vertretung von Frauen, auch an der Spitze, und noch mehr weibliche Investoren."
Nigerianische Frauen in ungewöhnlichen Berufen
2023 berichtete n-tv über die "Dragon Squad", eine Gruppe von nigerianischen Türsteherinnen, die sich nicht nur in einer von Männern dominierten Branche, sondern auch gegen Bodyshaming behaupten.
LGBT
Die nigerianische Gesetzgebung von 2014 gegen Homosexuelle gehört weltweit zu den drakonischsten Repressionsgesetzen dieser Art. Homosexuelle, aber auch ihre „Unterstützer“ wie Personen, die an einer gleichgeschlechtlichen Hochzeit in einem anderen Land teilgenommen haben, oder Hotelpersonal, das einem queeren Paar ein Zimmer zur Verfügung gestellt hat, können theoretisch zu bis zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt werden.
Allerdings findet sich nach Internetrecherchen nur ein Fall, in dem Personen anhand der Anti-LGBT-Gesetze von 2014 belangt wurden (Stand 2023). Die 47 Männer wurden im Dezember 2019 nach einer Razzia in einer von lokalen Männern besuchten Bar in Lagos verhaftet. Das Bundesgericht in Lagos sprach alle Angeklagten im Oktober des nächsten Jahres frei. Der Fall galt als „Testfall“ für die Anwendung der Anti-LGBT-Gesetze in Nigeria, wurde aber abgewiesen, da die Staatsanwälte nicht zur Verhandlung erschienen waren und keine belastenden Zeugen gefunden werden konnten.
Weitere Verhaftungen oder Verurteilungen anhand der Gesetze von 2014 sind nicht bekannt. Verurteilungen gegen queere Menschen erfolgen dafür anhand der Scharia im Norden Nigerias. Noch 2022 wurden drei Männer von einem islamischen Gericht in Kano (Nordnigeria) verurteilt und anschließend gesteinigt. Touristen sollten die diesbezügliche Gesetzeslage in Nigeria auf jeden Fall sehr ernst nehmen.
Justizwesen
Die nigerianische Verfassung ist das oberste Gesetz des Landes. In Nigeria gibt es vier verschiedene Rechtssysteme: das englische Recht, das Common Law, das Gewohnheitsrecht und die Scharia. Neben dem Bundesrecht gibt es für jeden der 36 Bundesstaaten eigene Rechtsgrundlagen.
Das englische Recht in Nigeria besteht aus der Sammlung britischer Gesetze aus der Kolonialzeit.
Das Common Law ist die Sammlung maßgeblicher richterlicher Urteile im zivilrechtlichen Bereich (sogenannte Präzedenzfälle), die im betreffenden Land – hier also Nigeria – gefällt wurden. (Dieses System findet man vor allem in angelsächsischen Ländern; in Kontinentaleuropa überwiegt dagegen das kodifizierte und weitmöglichst abstrahierte Zivilrecht, wie im Code Napoléon in Frankreich oder das BGB in Deutschland.)
Das Gewohnheitsrecht leitet sich von indigenen traditionellen Normen und Praktiken ab, einschließlich der Streitbeilegungsversammlungen der vorkolonialen Yoruba-Landgeheimgesellschaften und der Èkpè und Okónkò des Igbolandes und Ibibiolandes.
Die Scharia (auch als islamisches Recht bekannt) wurde bisher nur in Nordnigeria angewendet, wo der Islam die vorherrschende Religion ist. Sie wird auch im Bundesstaat Lagos, im Bundesstaat Oyo, im Bundesstaat Kwara, im Bundesstaat Ogun und im Bundesstaat Osun von Muslimen angewandt. Die muslimischen Strafgesetzbücher sind nicht in jedem Bundesstaat dieselben und sie unterscheiden bei Strafmaß und Vergehen nach Religionszugehörigkeit (beispielsweise Alkoholkonsum und -vertrieb). Die Hisbah Gruppen fungieren als Islamische Religionspolizei.
Meinungsforschungsinstitute
Es gibt in Nigeria zwei wichtigere Meinungsforschungsinstitute: NOIPolls in Abuja mit etwa monatlich veröffentlichten Untersuchungen und das African Polling Institute. Meinungsumfragen werden auch von Bloomberg und SB Morgen durchgeführt.
Sicherheit
Die Sicherheitslage in Nigeria gilt trotz der politischen Stabilität als nicht ausreichend. 68 % der Nigerianer fühlen sich laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes NOI-Polls im Mai 2022 in ihrem Land "nicht sicher". 77 % kennen keine Alarmnummer ("helpline") für Notfälle.
Nigerianer befürchten laut obiger Umfrage, beraubt (24 %) oder entführt zu werden (ebenfalls 24 %), Opfer bewaffneter Banditen oder bestohlen zu werden (beide 8 %) oder beim Hirten-Bauern-Konflikt zu Schaden zu kommen (ebenfalls 8 %). Dahinter folgen „rituelle Morde“ (4 %) und „Boko Haram“ (3,5 %). Als aussichtsreiche Gegenmaßnahmen sehen die Befragten „mehr Sicherheitspersonal und besseres Training“ (37 %), „Verminderung der Arbeitslosigkeit“ (13 %) und „Gebete / göttliche Intervention“ (8 %).
Die Anzahl der Tötungsdelikte in Nigeria unterscheidet sich je nach Bundesstaat stark. Es fällt auf, dass Metropolen wie Lagos, Kano und Ibadan deutlich sicherer scheinen als ländliche Gegenden. Kano weist mit 1,5 Tötungsdelikten pro Jahr und 1 Million Einwohner eine bessere Statistik als Deutschland auf – was sich damit erklären lässt, dass die Religions- und Sittlichkeitspolizei der Region nicht nur die (wie immer geartete) Sittlichkeit der Einwohner überwacht und beispielsweise gegenüber Drogenkonsumenten hart durchgreift, sondern auch eine eindämmende Wirkung bei Mord und Totschlag zeitigt. Dem stehen andere, ebenfalls islamisch geprägte Städte wie Maiduguri und Kaduna gegenüber, die besorgniserregende Statistiken zu Tötungsdelikten vorweisen.
Im Hinblick auf die Morde und Entführungen in Nigeria sagte Bischof Man-Oso Ndagaoso von der Erzdiözese von Kaduna: "Alle sind nervös. Jeder von uns, der Klerus, die Laien, jeder. Die Menschen haben Angst, und das zu Recht. Die Menschen sind traumatisiert, und das zu Recht. In dieser Situation ist niemand irgendwo sicher. Wenn man sein Haus verlässt, selbst tagsüber, ist man nicht sicher, bis man zurückkommt."
Militär
Nigeria verfügt laut International Institute for Strategic Studies 2020 über 143.000 Mann in den Streitkräften (Heer 100.000 Mann, Marine 25.000, Luftwaffe 18.000) und weitere 80.000 Personen für "Gendarmerie & Paramilitary". Zum Vergleich: Polen hat laut gleicher Quelle 114.500 Mann in Streitkräften und "Paramilitary", Deutschland 183.500 Mann.
Nigeria gab 2017 knapp 0,4 Prozent seiner Wirtschaftsleistung oder 1,6 Mrd. US-Dollar für seine Streitkräfte aus. Für 2022 wurden 2,26 Milliarden US-Dollar für die nigerianischen Streitkräfte budgetiert, dies ist etwas mehr als ein Drittel des belgischen Verteidigungshaushaltes (5,99 Milliarden US-Dollar).
Chef des Verteidigungsstabes ist seit Januar 2021 General Lucky Irabor, ein Experte für Terrorismusbekämpfung. Dem Verteidigungsstab gehören daneben die Chefs des Armeestabes Generalleutnant Faruk Yahaya, des Luftwaffenstabes Air Marshal Isiaka Oladayo Amao sowie des Marinestabes Vizeadmiral Awwal Zubairu Gambo an.
Bei der Luftwaffe stehen Maschinen des Typs MiG-21 (Versionen MF, UM und bis), F-7NI (chinesische Version der MiG-21), L-39, Alpha Jet als Kampfjets, ATR 42MP zur Überwachung der Küste, Dornier 228, Aeritalia G.222 und eine C-130H Hercules als Transportmaschinen sowie Hubschrauber vom Typ A109 und Mil Mi-24 bzw. Mi-35 im Dienst.
Verwaltung
Bundesstaaten
Nigeria ist seit 1967 in Bundesstaaten eingeteilt. In mehreren Reformen wurde die Zahl der Bundesstaaten von zwölf auf heute 36 (seit 1996) erhöht. Vor der Neuordnung 1967 war Nigeria in Regionen und vor der Unabhängigkeit 1960 in Provinzen gegliedert.
Zu den Bundesstaaten kommt das Hauptstadtterritorium (Federal Capital Territory, FCT) um Abuja.
Die Landesnamen Sokoto, Borno, Kebbi und Oyo beziehen sich auf vorkoloniale Reiche in Nigeria. Niger, Benue, Anambra, Cross River, Imo, Kaduna, Ogun, Osun, Taraba, Yobe und Zamfara beziehen sich auf Flüsse. Die restlichen Bundesstaaten sind benannt nach Städten (z. B. Enugu, Kano, Lagos), nach Ethnien (z. B. Edo, Ekiti) oder geographischen Merkmalen (Plateau, Delta, Rivers).
Städte und Gemeinden, "Local Government Areas"
Auf zweiter Ebene sind die Bundesstaaten in insgesamt 774 Local Government Areas (LGA) gegliedert.
Besonders den Süden des Landes prägen eine sehr starke Urbanisierung und eine relativ große Zahl von Städten. Einer Schätzung von 2015 zufolge gibt es in Nigeria 20 Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern, darunter zehn Millionenstädte.
Die mit Abstand bevölkerungsreichste Agglomeration ist Lagos mit 13,34 Millionen Einwohnern. Weitere Städte sind Kano (4.030.000 Einwohner), Ibadan (3.060.000 Einw.), Abuja (2.710.000 Einw.) und Port Harcourt (2.010.000 Einw.).
Steuern, Zölle, Finanzverwaltung
Steuererhebung
Zuständig für die Steuererhebung ist die Federal Inland Revenue Service (FIRS).
Die Einkommenssteuer für Unternehmen, die Bildungssteuer, die Stempelgebühren, die Zölle, die Verbrauchssteuern, die Quellensteuer und die Mehrwertsteuer (7,5 %) sind die wichtigsten Steuern, die vom Federal Inland Revenue Service verwaltet werden; sie fließen also in den Staatshaushalt der Bundesregierung in Abuja.
Das State Board of Internal Revenue verwaltet vor allem die Einkommenssteuer und die Quellensteuer; diese Einnahmen tragen zusammen mit einer Art Länderfinanzausgleich zum Haushalt eines Bundesstaates bei. Die Gemeinden finanzieren sich vor allem durch Abgaben.
Die Einkommenssteuer aus unselbständiger Arbeit (Einzelpersonen und Partner) ist in dem Bundesstaat zu entrichten, in dem der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat. Die Einkommenssteuer wird vom Arbeitgeber erklärt, vom Lohn einbehalten und an die FIRS entrichtet. Mit einigen europäischen Ländern gibt es ein Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung; Deutschland scheint (Stand 2022) nicht dazuzugehören. Der Spitzensteuersatz beträgt 24 %.
Staatshaushalt
Der nigerianische Staat wendet 1,3 % des Nettoinlandsprodukts für den Schuldendienst auf (Stand 2021). 1990 waren dies noch 6,5 %. 2006 machte die nigerianische Bundesregierung Schlagzeilen, als sie die gesamten Staatsschulden auf einmal abbezahlte.
Der Staatshaushalt umfasste 2016 Ausgaben von umgerechnet 21,2 Milliarden US-Dollar, dem standen Einnahmen von umgerechnet 11,4 Milliarden US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein Haushaltsdefizit in Höhe von 2,4 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Die Staatsverschuldung betrug 2016 75,5 Mrd. US-Dollar oder 18,6 % des BIP. Rund 70 Prozent der Steuereinnahmen kommen aus dem Ölsektor.
Das Kreditrating von Standard & Poor’s für Nigeria liegt (Stand November 2022) bei B- mit stabilem Ausblick. Das Kreditrating von Moody’s für Nigeria wurde zuletzt auf B3 mit dem Ausblick "under review" festgelegt. Das Kreditrating von Fitch für Nigeria wurde zuletzt mit B mit stabilem Ausblick angegeben.
Im Staatshaushalt 2023 beträgt der Anteil folgender Bereiche:
- Armutsbekämpfung: 0,39 % des Bruttoinlandsprodukts,
- Infrastruktur: 0,51 % des Bruttoinlandsprodukts,
- Gesundheit: 0,8 % des Bruttoinlandsprodukts,
- Bildung: 1,06 % des Bruttoinlandsprodukts,
- Verteidigung und Sicherheit: 1,4 % des Bruttoinlandsprodukts.
Wirtschaft
Nigeria ist mit umgerechnet 441 Milliarden USD vor der Republik Südafrika und Ägypten die größte Volkswirtschaft Afrikas.
Das Pro-Kopf-BIP (KKP) liegt bei 9.148 USD (Stand 2022) und ist damit niedriger als in Südafrika, Ägypten oder Marokko, aber etwas höher als in Ghana oder der Elfenbeinküste.
Das Wirtschaftswachstum ist selbst für westafrikanische Verhältnisse hoch. Das nigerianische Wirtschaftswachstum lag nach 2000 in der Regel zwischen 5 % und 10 %. 2021, während der COVID-19-Pandemie war dies 3,6 %.
Historiker Hartmut Kaelble klassifizierte im August 2023 die nigerianische Wirtschaft (zusammen mit der von Pakistan und Indonesien) als "neue Aufsteiger".
Nach 2015 konnte sich die nigerianische Wirtschaft etwas diversifizieren. Außer Erdöl und Erdgas exportiert Nigeria Düngemittel und Zement/Faserzementplatten, geformte Produkte aus Polypropylen (Kunststoff), Körperpflegeprodukte, Farbe, PKW, MRAP-Panzerfahrzeuge und Malzgetränke. Nigeria ist in Afrika führend als Finanzmarkt, in der Pharmazeutik und in der Unterhaltungsindustrie. Durch sein weit entwickeltes Autobahnsystem, durch sein wachsendes Schienennetz und den neuen Super-Post-Panamax-Containerhafen Lekki ist es auch ein logistischer Knotenpunkt in der Region. Nigerias Stahlproduktion beträgt ein Sechstel der britischen Erzeugung von Stahl. Nach dem Ölgeschäft sind die Überweisungen der Auslandsnigerianer in die Heimat die zweitwichtigste Devisenquelle.
Zu den florierenden Gebieten zählen die Millionenmetropole Lagos (Finanzdienstleistungen, Unterhaltung, Medien) sowie die Hauptstadt Abuja. Weitere wirtschaftliche Zentren sind die Hafenstadt Port Harcourt (Ölförderung und -verschiffung) und Kano im Norden (Baumaterialien, Handel). Der Bundesstaat Anambra ist durch mehrere Standorte mit Fahrzeugproduktion in industrieller Hinsicht relativ weit entwickelt. Der Bundesstaat Ogun, der Lagos völlig umschließt, ist Standort von industriellen Unternehmen zum Beispiel im Pharmabereich, Panzerfahrzeugbau oder Schienenfahrzeugbau.
Energie
94 % der Nigerianer sind laut Umfrage mit dem nationalen Stromnetz verbunden, aber nur bei 57 % wird der Stromverbrauch mit einem Stromzähler erfasst. Nur 1 % der befragten Nigerianer gaben an, 24 Stunden am Tag über Strom zu verfügen. 68 % haben laut NIO 1 bis 9 Stunden am Tag Elektrizität. 66 % der Nigerianer bezahlen bis zu 10.000,- Naira (12 Euro) im Monat für die Stromversorgung, dies entspricht knapp 3 % des Durchschnittseinkommens in Nigeria. 67 % der Befragten waren bereit, für eine ununterbrochene Stromversorgung mehr zu bezahlen.
21 % der Nigerianer besitzen einen Stromgenerator, 14 % verwenden Sonnenenergie.
Soziales
Unter der Armutsgrenze
Laut des International Monetary Fund (Stand 2017) leben 32 % der Bevölkerung Nigerias in extremer Armut und muss mit weniger als 2,15 US-Dollar am Tag auskommen. Die Weltbank konstatierte im März 2022, dass die Anzahl armer Nigerianer in der Covid-Zeit um 5 Millionen auf 95,1 Millionen angestiegen sei. 40 % der Nigerianer leben demnach unterhalb der von der Weltbank hantierten Armutsgrenze von 1,90 USD.
Die vom IMF und von der Weltbank international verwendeten Grenzbeträge berücksichtigen nicht die vor Ort geltende Kaufkraft eines US-Dollars. Die Methodik ist darum nicht unumstritten. Trotz der zweifellos in Nigeria vorhandenen Slums lässt sich beispielsweise der Umstand, dass 92 % der Männer und 88 % der Frauen in Nigeria ein Mobiltelefon besitzen, nur schwer mit den von IMF bzw. Weltbank veröffentlichten Armutsquoten in Einklang bringen.
Gesundheit
Wie auch in anderen westafrikanischen Ländern, z. B. Ghana, ist das größte Problem des nigerianischen Gesundheitswesens der ständige Abfluss ("Brain drain") von Ärzten und Pflegepersonal nach Saudi-Arabien, Amerika und Europa, hauptsächlich nach Großbritannien. Jede Woche verliert Nigeria im Schnitt 12 Ärzte auf diese Weise und 88 % ihrer verbliebenen Kollegen beabsichtigten, ihnen baldmöglichst zu folgen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass mindestens 25 medizinische Fachkräfte (Ärzte, Krankenschwestern und Hebammen) pro 10.000 Menschen erforderlich sind, um eine angemessene Grundversorgung zu gewährleisten. Nach Berechnungen der WHO betrug jedoch dieses Verhältnis in Nigeria im Jahr 2018 vier zu 10.000.
Die Lebenserwartung von Nigerianern ist dementsprechend eine der niedrigsten der Welt. Die Lebenserwartung bei der Geburt beträgt in Nigeria (Stand 2022) 53 Jahre. Als Vergleich: im gesamten Westafrika ist dies 56,5 Jahre und in Afrika 62 Jahre.
Kranke, Arme und Alte sind auf Familienhilfe angewiesen, nur Regierungsbedienstete kommen in den Genuss öffentlicher Fürsorge. Niedrige Einkommen, die schnell wachsende Bevölkerung und die leere Staatskasse führten zum Scheitern aller Pläne, ein Gesundheits- und Rentensystem zu schaffen. Epidemien fordern unter der unterernährten und schlecht versorgten Landbevölkerung oft Tausende von Opfern. Der erste Ausbruch von Ebolafieber in Nigeria (in Lagos und Port Harcourt) im Zuge der Ebolafieber-Epidemie 2014 konnte jedoch recht schnell eingedämmt werden.
Die Gesundheitsbehörde National Agency for Food and Drug Administration and Control (NAFDAC) wurde 1993 gegründet und bis 2009 unter der Führung von Dora Akunyili zu einer starken Organisation ausgebaut.
Wegen des aus religiösen Gründen verhängten Impfverbots in nördlichen Teilen Nigerias wurden 2004 fast zwei Drittel der weltweit über 1250 Polio-Fälle (Kinderlähmung) in Nigeria registriert. Damals hatten die Behörden die Impfungen ausgesetzt, nachdem muslimische Geistliche das Gerücht verbreiteten, der Impfstoff mache unfruchtbar. Auch in die angrenzenden Länder wurde Polio durch dieses Verbot transportiert. Nachdem die WHO 2015 Nigeria von der Liste der Länder gestrichen hatte, in denen Polio endemisch ist, wurde August 2016 wieder bei zwei Kindern mit Lähmungserscheinungen der Polio-Virus diagnostiziert.
48 % der Nigerianer geben an, dass sie oder ein Haushaltsmitglied in den letzten drei Monaten erkrankt sind. In 88 % der Fälle sei Malaria diagnostiziert worden, in 32 % Typhus. An dritter Stelle lag Bluthochdruck mit 8 %. Bei Symptomen von Malaria wenden sich 41 % der Nigerianer an ein Krankenhaus, 22 % an eine Drogerie, 21 % an eine Apotheke und 11 % suchen Heilung durch Kräuter.
Die Kindersterblichkeit konnte stark gesenkt werden. 1950 starben ein Drittel der Kinder vor ihrem 5. Geburtstag, im Jahr 2022 sind es noch 11 %. Dies ist 10 % mehr als in anderen westafrikanischen Ländern und 50 % mehr als im afrikanischen Durchschnitt.
Jede Nigerianerin bringt im Durchschnitt 5,1 lebende Kinder zur Welt. Dieser Wert liegt etwas über dem aller Westafrikanerinnen (4,9 Kinder) und deutlich über dem aller Afrikanerinnen (4,2 Kinder). Immerhin sinkt der nigerianische Wert stärker als im Rest Westafrikas und könnte nach Projektionen 2030 bei 4,5 Kindern pro Frau liegen.
Die Trinkwasserversorgung im Land ist wie in den Nachbarstaaten Niger und Tschad sehr schlecht. Zugang zu sauberem Trinkwasser, seit 2010 ein offizielles Menschenrecht der UNO, hatte 2010 laut WHO und UNICEF nicht einmal jeder zweite nigerianische Bürger.
Nigeria kämpft seit 2017 gegen das Affenpockenvirus.
Kinder
Das Leben vieler Kinder in Nigeria ist gezeichnet von Armut, Krankheit und Entbehrungen. Viele sind gezwungen zu arbeiten. Etwa 13 % aller Kinder unter 14 Jahren verrichten Arbeit. Darunter werden auch viele von militanten Gruppen und Banden rekrutiert oder sogar in andere Länder verschleppt, um dort als Kindersoldaten in den Krieg zu ziehen. Ein besonderes Problem stellt auch die Situation der Mädchen dar. Sie werden in den Armeen und Rebellengruppen häufig Opfer sexueller Gewalt. Viele Kinder des Landes sind AIDS-Waisen.
Arbeitslosigkeit, informelle Beschäftigung
Zuverlässige Angaben über Arbeitslosigkeit, Einkommen unterhalb des Existenzminimums etc. sind für Nigeria kaum erhältlich und müssen dort, wo sie z. B. in anderen Artikeln bereitgestellt werden, mit Skepsis zur Kenntnis genommen werden. Grund hierfür ist die in Westafrika verbreitete „informelle Wirtschaft“ (nicht zu verwechseln mit „Schattenwirtschaft“). Nicht ausreichende Jobs in traditioneller Lohnarbeit zwingt Menschen, anderswo nach Arbeit zu suchen. Davon profitiert der informelle Sektor der Wirtschaft, in dem es keinen Mindestlohn gibt und die Arbeitnehmer keine Steuern zahlen, keine Urlaubs- oder Arbeitsrechte haben und häufig unter unsicheren Bedingungen arbeiten.
In jeder nigerianischen Stadt kann man Straßenhändler, Handwerker, Verkäufer, Klein- und Kleinstunternehmen, Sammeltaxis, Dreiräder und Motorräder (Okada-Fahrer), Hausangestellte, Markthändler und andere im informellen Sektor Tätige beobachten.
Aktivitäten der informellen Wirtschaft werden nicht in der Wirtschaftsstatistik berücksichtigt. Infolgedessen wird der Wohlstand der Bevölkerung, aber auch z. B. die Arbeitslosigkeit erheblich unterschätzt, wenn die massive informelle Wirtschaft nicht berücksichtigt wird.
Aussagekräftiger sind Umfragen in Nigeria. - Befragt, welche Maßnahmen in Nigeria ergriffen werden müssten, um die Auswanderung zu reduzieren, antworteten 64 % mit "Schaffung von Jobs", vor "Reduzierung der Kriminalität" (29 %), "Grundversorgung mit Wasser, Strom, etc." (26 %) und "Reduzierung der Inflation" (25 %).
Gewerkschaften
Insgesamt sind 29 Industriegewerkschaften im Dachverband Nigeria Labour Congress (NLC) zusammengeschlossen. Ferner gibt es auch Gewerkschaften leitender Angestellter sowie Gewerkschaften von Freiberuflern.
Streiks
In den letzten 23 Jahren (Stand September 2022) haben die Universitätsangestellten von Nigeria 17 Mal bzw. 57 Monate lang gestreikt. Dadurch fiel landesweit das Sommersemester 2022 aus.
Bildung
2017 betrug der Bildungsetat 5,94 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, dies ist etwas mehr als in Österreich oder den Niederlanden (beide 5,5 %) oder in Deutschland (4,8 %). Weltweit liegt Nigeria damit auf dem 37. Platz (von 180 Ländern). Nigeria bietet kostenlose, staatlich geförderte Bildung an.
Dennoch steht es nicht gut um Bildung in Nigeria. Der Schulbesuch ist auf keiner Stufe verpflichtend und bestimmte Gruppen wie Nomaden und Behinderte sind unterversorgt. Die Einschulungsquote von 93 Prozent ist im Vergleich zu den Nachbarstaaten relativ hoch. Dennoch besuchen inzwischen nur etwa 50 Prozent aller Kinder im Schulalter eine Schule. Mindestens 10,5 Millionen Kinder gehen in Nigeria nicht zur Schule – das ist die höchste Quote der Welt. Ein ganzes Drittel der nigerianischen Kinder geht nicht zur Schule. Schätzungsweise 35 % der nigerianischen Kinder, die eine Grundschule besuchen, gehen nicht weiter zur Sekundarschule. Im Jahr 2021 hat die Hälfte aller nigerianischen Kinder keine weiterführende Schule besucht.
Das Bildungssystem besteht aus einer sechsjährigen Grundschule, einer dreijährigen Junior Secondary School, einer dreijährigen Senior Secondary School und einer vier-, fünf- oder sechsjährigen Universitätsausbildung, die mit einem Bachelor-Abschluss endet. Die Regierung hat die Aufsicht über die Universitätsausbildung. Das tertiäre Bildungswesen in Nigeria besteht aus (öffentlichen und privaten) Universitäten, Polytechnischen Hochschulen, Monotechnischen Hochschulen und Pädagogischen Hochschulen. Das Land verfügt über insgesamt 138 Universitäten, von denen sich 40 in Bundesbesitz, 39 in staatlichem Besitz und 59 in privatem Besitz befinden. Nigeria belegte im Jahr 2021 Platz 118 im Global Innovation Index, gegenüber Platz 114 im Jahr 2019.
Die nigerianischen Studenten konzentrieren sich stark auf Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik (MINT), was dazu führt, dass sich viele Studenten sowohl im Grundstudium als auch im Aufbaustudium für Studiengänge wie Ingenieurwesen, Mathematik, Gesundheitsberufe usw. einschreiben. Kunst (Kunst/Angewandte Kunst), Sozialwissenschaften und andere verwandte Studiengänge sind in Nigeria nach wie vor ein sich entwickelnder Sektor mit einer Einschreibequote von weniger als 20 %.
Neben dem westlichen Schulsystem gibt es in Nigeria das islamische Schulsystem der Madrasas. Dieses hat seit den 1970er Jahren eine starke Expansion erfahren. Ein besonders wichtiges Zentrum islamischer Bildung ist Ilorin, wo die Ansaru 'l-Islam Society 1947 eine Schule aufbaute, die westliche und islamische Bildung miteinander kombiniert. Schon 1962 wurde außerdem ein Zweiginstitut der al-Azhar-Universität in Ilorin eröffnet.
Infrastruktur
Nigeria ist durch sein weit entwickeltes Autobahnsystem, durch sein wachsendes Schienennetz und den neuen Super-Post-Panamax-Containerhafen Lekki ein logistischer Knotenpunkt in der Region.
Kultur
Die nigerianische Kultur ist nicht nur von Traditionen und kulturellen Einflüssen der zahlreichen Ethnien durchsetzt, sondern auch durch islamisch-arabische Einflüsse im Norden und europäische Einflüsse im Süden geprägt.
Film
Die nigerianische Filmindustrie, genannt Nollywood, gehört zusammen mit der Indiens (Bollywood) und der USA zu den größten der Welt.
Musik
Nigerianische Musik vor 2012
Der vielleicht berühmteste Musiker Nigerias ist der Erfinder des Afrobeat Fela Anikulapo Kuti, der mit seiner Band „Africa 70“ im „Shrine“ in Lagos legendäre Konzerte gab. Weitere charakteristische Musikstile sind etwa Jùjú, Apala, Fuji oder Sakara.
Im Bereich Pop-Musik waren in Europa lebende nigerianische Musiker wie Sade Adu oder Dr. Alban in den 1980er und 1990er Jahren sehr erfolgreich. In Deutschland gehört Nneka zu den bekanntesten nigerianischen Popmusikerinnen. Einer der ganz wenigen nigerianischen Künstler, die in Nigeria leben und in Deutschland kommerziellen Erfolg hatten, ist D’Banj. Er erreichte im Sommer 2012 mit Oliver Twist sogar die deutschen und britischen Single-Charts.
Afrobeats
Im Gegensatz zu Afrobeat ist das westafrikanische Afrobeats seit 2018 weltweit erfolgreich. Daran sind vor allem nigerianische Musiker beteiligt. Dem Billboard Magazine zufolge ist der nigerianische Afrobeats das am schnellsten wachsende Genre in den Vereinigten Staaten. Afrobeats-Star CKay meinte: „Afrobeats ist der neue Pop.“
Nigerianische Musiker erhalten zunehmend internationale Anerkennung. Die Zusammenarbeit von Afrobeats-Musikern mit den größten Musikstars der Welt (z. B. Beyoncé) hat zu einer weiteren globalen Bekanntheit geführt.
Beim NBA-All-Star-Spiel am 19. Februar 2023 präsentierten die nigerianischen Afrobeats-Größen Burna Boy, Tems und Rema die prestigeträchtige Halbzeitshow.
Laut Spotify haben nigerianische Künstler im Jahr 2022 über 13 Millionen Euro mit der Streaming-Plattform verdient. Im Jahr 2022 seien die Einnahmen der nigerianischen Musikindustrie insgesamt um 63 Prozent von 2021 bis 2022 gestiegen. Die von nigerianischen Künstlern allein mit Spotify erzielten Einnahmen seien im selben Zeitraum um 74 Prozent gestiegen. Diese Zahl stelle die Einnahmen dar, die allein von Spotify generiert wurden, und berücksichtigt nicht die Einnahmen aus anderen Diensten und aufgezeichneten Umsatzströmen, Konzerttickets oder Merchandising.
Literatur
Nigeria war bereits in den 1960er Jahren ein bedeutendes Zentrum der englischsprachigen afrikanischen Literatur. Es besitzt eine Literaturszene, die – anders als die vieler anderer westafrikanischer Länder – über die Grenzen des Landes hinweg einem internationalen Publikum bekannt gemacht und teilweise auch ins Deutsche übersetzt wurde.
Zu den bekanntesten Autoren gehören Wole Soyinka, der 1986 als erster Vertreter der afrikanischen Literatur den Nobelpreis für Literatur entgegennahm, und der Romancier Chinua Achebe (Things Fall Apart), Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels. Neben seiner literarischen Tätigkeit wurde auch der Schriftsteller Ken Saro-Wiwa bekannt, der im November 1995 von der Militärregierung unter Sani Abacha erhängt wurde.
Weitere bedeutende Autoren oder Autorinnen sind Amos Tutuola (The Palm-Wine Drinkard), Chris Abani, Cyprian Ekwensi, Buchi Emecheta, Ben Okri, Christopher Okigbo, John Pepper Clark und Chimamanda Ngozi Adichie.
Bildende Kunst
Nigeria hat eine dynamische Kunstszene. Sie konzentriert sich in Lagos.
Küche
Typisch für die nigerianische Küche sind die schleimige Draw soup und Suya-Fleischspieße.
Sport
Fußball
Fußball wird weitgehend als Nigerias Nationalsport angesehen, und das Land hat seine eigene erste Fußballliga. Die nigerianische Fußballnationalmannschaft, die "Super Eagles", hat sechsmal an der Weltmeisterschaft teilgenommen: 1994, 1998, 2002, 2010, 2014 und 2018. Im April 1994 belegten die Super Eagles Platz 5 in der FIFA-Weltrangliste, die höchste Platzierung einer afrikanischen Fußballmannschaft. Sie gewannen den Afrikanischen Nationen-Pokal 1980, 1994 und 2013 und waren auch Gastgeber der U-17- und U-20-Weltmeisterschaft. Bei den Olympischen Sommerspielen 1996 gewann das Land die Goldmedaille im Fußball (mit einem Sieg über Argentinien) und war damit die erste afrikanische Fußballmannschaft, die Gold im olympischen Fußball gewann.
Die nigerianische Kadettenmannschaft von 1993 brachte einige internationale Spieler hervor.
Basketball, Cricket, Boxen
Nigeria betreibt auch andere Sportarten wie Basketball, Cricket und Leichtathletik; Boxen ist ebenfalls eine wichtige Sportart in Nigeria; Nigerias Basketball-Nationalmannschaft machte international Schlagzeilen, als sie als erstes afrikanisches Team die Männer-Nationalmannschaft der Vereinigten Staaten schlug. Nigeria war die Heimat zahlreicher international anerkannter Basketballspieler in den Top-Ligen der Welt in Amerika, Europa und Asien. Zu diesen Spielern gehören Hakeem Olajuwon, der in die Basketball Hall of Famer aufgenommen wurde, und spätere Spieler der NBA. Die Nigerian Premier League hat sich zu einem der größten und meistgesehenen Basketballwettbewerbe in Afrika entwickelt. Die Spiele wurden auf Kwese TV ausgestrahlt und hatten im Durchschnitt über eine Million Zuschauer.
In der Vergangenheit stellte Nigeria zusammen mit Gambia, Ghana und Sierra Leone Spieler für die Westafrikanische Cricket-Nationalmannschaft zur Verfügung. Seit 2002 wird das Land von seiner eigenen Nationalmannschaft vertreten, qualifizierte sich jedoch noch nicht für ein internationales Cricketturnier.
Beach-Volleyball
Nigeria stellte Frauen- und Männernationalmannschaften im Beachvolleyball, die am CAVB Beach Volleyball Continental Cup 2018–2020 teilnahmen. Die U21-Nationalmannschaften des Landes qualifizierten sich für die FIVB Beach-Volleyball-U21-Weltmeisterschaften 2019.
Schach spielende Straßenkinder
Unterhalb der Überführungen des Busterminals von Oshodi - unter Straßenkindern - ist Schach Breitensport. Im Dezember 2021 gewann der 19-jährige Obdachlose Fawaz Adeoye die Meisterschaft des Stadtteils wenige Monate nach seiner ersten Einweisung in das Spiel. Einige Jahre zuvor hatte der zuerst bildungsferne Babtunde Onakoya die nationale Meisterschaft und damit ein Informatikstudium gewonnen.
Inklusion
Special Olympics Nigeria wurde 2001 gegründet und nahm mehrmals an Special Olympics Weltspielen teil. Der Verband hat seine Teilnahme an den Special Olympics World Summer Games 2023 in Berlin angekündigt. Die Delegation wird vor den Spielen im Rahmen des Host Town Programs von Celle und Nienhagen betreut.
Invictus Games
Nigeria ist das erste afrikanische Land, das an den Invictus Games teilnimmt. Das westafrikanische Land wurde 2022 zusammen mit Kolumbien und Israel in die Invictus Community of Nations aufgenommen. Nigeria wird im September 2023 zusammen mit 21 anderen Nationen in Düsseldorf in einer Reihe von adaptiven Sportarten antreten. Für die sechste Ausgabe des einwöchigen Sportereignisses werden über 500 Teilnehmer erwartet.
Diverse
Nigeria schrieb Geschichte, als sich das erste afrikanische Bobteam für die Olympischen Winterspiele qualifizierte, und zwar mit einer Zweiermannschaft von Frauen, die sich für den Bobwettbewerb bei den XXIII. Anfang der 1990er Jahre wurde Scrabble in Nigeria zum offiziellen Sport erklärt. Ende 2017 gab es rund 4 000 Spieler in mehr als 100 Clubs im Land. 2018 wurde der nigerianische Curling-Verband gegründet, um eine neue Sportart im Land einzuführen, in der Hoffnung, dass das Spiel Teil des Lehrplans auf Grundschul-, Highschool- und Universitätsebene wird. Bei der Curling-Weltmeisterschaft 2019 im gemischten Doppel in Norwegen gewann Nigeria sein erstes internationales Spiel mit 8:5 gegen Frankreich.
Medien
Bei der Rangliste der Pressefreiheit 2017, welche von Reporter ohne Grenzen herausgegeben wird, belegte Nigeria Platz 122 von 180 Ländern. Laut dem Bericht der Nichtregierungsorganisation ist die Situation der Pressefreiheit im Land „schwierig“. Journalisten sind in Nigeria Gewalt und Einschüchterung ausgesetzt. Besonders schlecht ist die Lage für Journalisten in den Krisenregionen des Landes.
In Nigeria erscheinen etwa 25 überregionale Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von rund 1,7 Millionen Stück. Die meisten von ihnen, wie This Day, The Guardian oder Vanguard, erscheinen auf Englisch, aber es gibt auch Zeitungen in Yoruba, Hausa und Igbo. Das für Information zuständige Regierungsorgan Nigeriafirst ist mit dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung vergleichbar.
Der private Rundfunk wird von der Nigerianischen Rundfunk-Kommission (Nigerian Broadcasting Commission, NBC) kontrolliert. Die Berichterstattung über sensible Themen wird oft behindert.
Literatur
- Fatima L. Adamu: Women’s struggle and the politics of difference in Nigeria. 2006 (PDF)
- Heinrich Bergstresser, Sibylle Pohly-Bergstresser: Nigeria. (= Aktuelle Länderkunden; Beck’sche Reihe; Bd. 839.) Beck, München 1991, ISBN 3-406-33185-8.
- Heinrich Bergstresser: Nigeria: Macht und Ohnmacht am Golf von Guinea. Brandes & Apsel Verlag, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-86099-672-0.
- Tom Burgis: Der Fluch des Reichtums – Warlords, Konzerne, Schmuggler und die Plünderung Afrikas, Westend, Frankfurt 2016, ISBN 978-3-86489-148-9
- Wolf-Ulrich Cropp: Schwarze Trommeln. (= Länderkunde Nigeria) Frederking & Thaler-Verlag, München 1989, ISBN 3-89405-008-X.
- Eckart Diezemann: Nigeria. Land und Leute. Kunst und Kultur. Ortsbeschreibungen mit ausführlichem Lagos-Teil. Praktische Hinweise. Goldstadt-Reiseführer, Pforzheim 1990, ISBN 3-87269-204-6.
- Kenneth Onwuka Dike: Trade and politics in the Niger Delta, 1830–1885. An introduction to the economic and political history of Nigeria. Clarendon Press, Oxford 1956 (Inhaltsverzeichnis)
- Hassan Tai Ejibunu: Nigeria’s Delta Crisis: Root Causes and Peacelessness (Memento vom 29. November 2007 im Internet Archive). – EPU Research Papers: Issue 07/07, Stadtschlaining 2007.
- Wolfgang Gieler: Nigeria zwischen Militär- und Zivilherrschaft. Eine Analyse der politischen Entwicklung seit der Unabhängigkeit 1960–1990. Lit, Münster 1993, ISBN 3-89473-975-4 (zugl. Diss., Universität Münster, 1991).
- John Iliffe: Obasanjo, Nigeria and the World. Verlag James Curry, Woodbridge, Suffolk, England 2011, ISBN 978-1-84701-027-8.
- Sani Musa: The Nigerian Political Economy in Transition. Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 2006 (PDF)
- Nigeria-Jahrbuch. Politische und ökonomische Entwicklungen in der Bundesrepublik Nigeria. Duehrkohp und Radicke, Göttingen 2000–2003 (ISSN 1617-3554)
- Eberhard Stahn: Nigeria. Reiseführer mit Landeskunde. 4. Auflage. Mai, Dreieich 1995, ISBN 3-87936-220-3.
- Muhammad Sani Umar: „Changing Islamic Identity in Nigeria from the 1960s to the 1980s: From Sufism to Anti-Sufism“ in Louis Brenner (Hrsg.): Muslim Identity and Social Change in Sub-Saharan Africa. Hurst&Company, London, 1993. S. 154–178.
Siehe auch
Weblinks
- Website der Regierung (englisch)
- Datenbank inhaltlich erschlossener Literatur zur gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Situation in Nigeria
- Länderinformationen bei Auswärtigen Amt
- Detaillierte Sprachenkarten von Nigeria
- Emmanuel I. Ede: Nigeria. In: LIPortal (Überblicke zu Geschichte und Staat, Wirtschaft und Entwicklung, Gesellschaft und Alltag)
Einzelnachweise
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