Oranienplatz
Platz in Berlin

Drachenbrunnen an der
nördlichen Seite des Platzes
Basisdaten
Ort Berlin
Ortsteil Kreuzberg
Angelegt 19. Jahrhundert
Einmündende Straßen
Oranienstraße,
Dresdener Straße,
Naunynstraße,
Segitzdamm,
Legiendamm,
Leuschnerdamm,
Erkelenzdamm
Nutzung
Nutzergruppen Straßenverkehr, Fußgänger, ÖPNV
Platzgestaltung Peter Joseph Lenné,
Erwin Barth

Der Oranienplatz ist ein Stadtplatz im Berliner Ortsteil Kreuzberg (SO 36) des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Er bildet das Zentrum der historischen Luisenstadt.

Lage und Erschließung

Die Straßenzüge Oranienstraße in Ost-West-Richtung (OSO–WNW) und Dresdener Straße in Nord-Süd-Richtung (NNW–SSO) kreuzen den Oranienplatz.

Außerdem münden folgende Straßen in den Oranienplatz:

Geschichte

Der Platz wurde 1841–1852 nach Entwürfen von Peter Joseph Lenné angelegt und durch den Bau des Luisenstädtischen Kanals zweigeteilt. Beide Teile wurden 1906 mittels einer breiten Straßenbrücke mit vier gigantischen steinernen Bogenlampen-Kandelabern im Jugendstil verbunden, die auf Pläne des Architekten Bruno Schmitz basierte. Der Gartenarchitekt Hermann Mächtig gestaltete zu dieser Gelegenheit den Platz entsprechend um.

In der Mitte des rechteckigen Oranienplatzes überspannte die Oranienbrücke den Luisenstädtischen Kanal, auf der sowohl die Oranien- als auch die Dresdener Straße mit ihren Straßenbahnlinien den Kanal überquerten. Zu Postkutschenzeiten führte hier auf der alten Dresdener Straße der Weg von Berlin über Mittenwalde nach Sachsen. Mit ihren von Hugenotten angelegten Gärten bildete die Oranienstraße (bis 1849: Orangenstraße) damals die südöstliche Stadtgrenze. Nach der Märzrevolution 1848 entstand als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zwischen Spree und Landwehrkanal der Luisenstädtische Kanal, der aber kaum ein Fließgewässer darstellte. So beschloss der Magistrat, das stehende und stinkende Gewässer mit dem Erdaushub der U-Bahn-Baustelle zu verfüllen. Zwischen den Ufermauern entstand 1926–1928 nach Plänen von Erwin Barth der Kanalpark. Die Oranienbrücke mit ihren auffälligen Jugendstilkandelabern, eine von neun Kanalquerungen, wurde bei diesen Umbauten abgetragen.

Die West-Berliner Autobahnplanungen der 1960er Jahre sahen vor, die Südtangente als Bundesautobahn 106 und die Osttangente als Bundesautobahn 102 auf dem Oranienplatz in einem Autobahnkreuz aufeinandertreffen zu lassen. Die in den Flächennutzungsplänen von 1965 und 1985 vorgesehenen massiven Eingriffe in die gewachsene Stadtstruktur werden nicht mehr verfolgt.

Angesichts seiner starken Frequentierung im Herzen Kreuzbergs wurde der Platz mit seiner linsenförmigen Mittelinsel mehrfach umgestaltet. Die letzte Umgestaltung wurde 2007 abgeschlossen.

Seit den 1990er Jahren ist der Oranienplatz ein Gartendenkmal.

Zwischen 2012 und 2014 befand sich auf dem Oranienplatz ein nicht genehmigtes Protestcamp von Flüchtlingen, die für die Änderung des Asylbewerber­gesetzes und für eine Aufenthaltsgenehmigung demonstrierten. Eine Räumung durch die Polizei war in dieser Zeit Gegenstand intensiver öffentlicher Diskussionen zwischen dem Berliner Senat und dem von der Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) geführten Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg sowie in der rot-schwarzen Regierungskoalition im Senat selbst. Die Räumung erfolgte im April 2014 trotz bestehender Vereinbarungen, die aus offiziellen Verhandlungen zwischen den protestierenden Flüchtlingen und dem von Dilek Kolat vertretenen Senatsressort resultierten. Nach mehreren Protesten, unter anderem einem Hungerstreik, wurde im selben Monat am Oranienplatz ein Infopoint eröffnet, der als „Informations- und Protestplattform für die Rechte der Flüchtlinge“ fungiert. Als Ergebnis der obengenannten Verhandlungen und schriftlicher Vereinbarungen mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg besteht das Recht auf eine Nutzung des Platzes, um die Interessen von Flüchtlingen zu vertreten. Dieses Recht beinhaltet unter anderem das Aufstellen einer geeigneten Örtlichkeit hierfür.

Bebauung

An der nördlichen Seite des Platzes steht seit 1986 der Drachenbrunnen. Dieser aus Granitblöcken geschlagene und mit einem runden Bassin ausgestattete Schmuckbrunnen entstand nach einem Entwurf des Künstlers Wigand Witting.

Alle Ecken des Platzes sind mit Wohnmietshäusern bebaut, die teilweise um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert errichtet wurden. Die Häuser Nummer 1–10, 14/16 und 17 sind gelistete Baudenkmale.

Das Haus Oranienplatz 15 (historische Adresse: Elisabethufer 37) gehörte dem Historienmaler Georg Friedrich Bolte und später dessen Sohn Johannes Bolte, die mit ihren Familien dort wohnten.

In den meisten Häusern rund um den Platz befanden sich anfangs Läden, so auch im Eckhaus Oranienplatz 14 / Erkelenzdamm 1. Hier wurde 1860 die Oranien-Apotheke eröffnet, die unter anderem Hoflieferant des Kaisers und Königs für die deutschen Kolonialgebiete und Schutztruppen war. Die Einrichtung mit Holzmobiliar, kleinteiligen Apothekerschränkchen und einer hohen Stuckdecke entsprach den damaligen Vorstellungen einer Verkaufseinrichtung und ist über die Jahrhunderte erhalten geblieben. Die Apotheke musste im Jahr 2015 schließen, die neuen Pächter der Räumlichkeiten gestalteten die historische Einrichtung unter ihrem weitestgehenden Erhalt zum Café Ora um. Seit 2020 wird das Ora als Restaurant betrieben.

Drei der Gebäude entstanden auch als Warenhäuser: Oranienplatz 2 Damenkonfektionshaus Massen, 1903/1904 von Breslauer & Salinger sowie Oranienplatz 4–10, ein Kaufhaus der Konsumgenossenschaft Berlin, erbaut 1931–1933 von Taut & Hoffmann. In dem Eckhaus Nr. 17/Oranienstraße 40 war ab 1913 das Kaufhaus Brenninkmeyer beheimatet. Später befand sich dort im Erdgeschoss die Lebensmittel-Supermarktkette Plus und in den Obergeschossen Frank’s Billardsalon und die Hard-Rock-Diskothek Trash. Beide Lokalitäten waren in der Berliner Szene gut bekannt und mussten hintereinander in den Jahren nach der Jahrtausendwende schließen. Nach Jahren des Leerstandes wurde das Baudenkmal von dem bayerischen Investor Dietmar Müller-Elmau zwischen 2014 und 2017 zum Hotel Orania.Berlin umgebaut.

U-Bahnhof am Oranienplatz

Ursprünglich war geplant, die spätere U-Bahn-Linie U8 nicht über den Moritzplatz, sondern über den Oranienplatz zu führen. Der entsprechende Bahnhof in der Dresdener Straße am Oranienplatz war bereits vor dem Ersten Weltkrieg im Bau, doch die Bauarbeiten mussten wegen des Krieges abgebrochen werden. Eine einstweilige Verfügung der Stadt Berlin führte ab 1921 zur Fertigstellung des Bahnhofs im Rohbau, um die Straße für den Verkehr wieder freizugeben. Dennoch entschied sich die Stadt Berlin 1927 für eine Strecke über den Moritzplatz, weil dies eine bessere Verbindung zum Straßenbahnnetz und zum dortigen Wertheim-Warenhaus ermöglichte.

Nachträglich wurde ein eingleisiger Tunnel zum Rohbau errichtet. Von der Heinrich-Heine-Straße bis zum Alfred-Döblin-Platz erhielt der Tunnel Abstellgleise, auch diente er zunächst als Materiallager der BVG. Um 1940 wurde er zum Luftschutzraum umgebaut. Im Bahnhofsrohbau richtete die Bewag in den 1920er Jahren eine Schaltstation ein, die dort bis 1988 bestand.

Aufgrund von Statikproblemen und der unzureichenden Tragfähigkeit für die darüberliegende Dresdener Straße wurde der Tunnel Anfang 2015 verfüllt.

Umbau

In den Jahren 2007/2008 wurde der Oranienplatz in Anlehnung an den historischen Grundriss umgebaut. Durch den Umbau sollte die ursprüngliche Gestalt und Aufteilung der Platzfläche wieder erlebbar gemacht werden. Die Aufenthalts- und Fußgängerverkehrsflächen wurden vergrößert und Pflanzungen ergänzt oder erneuert.

Siehe auch

Commons: Oranienplatz – Album mit Bildern
Commons: Oranienplatz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 Luisenufer und Elisabethufer bildeten die beiden Uferpromenaden des Luisenstädtischen Kanals. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden einzelne Uferabschnitte 1937 nach nationalsozialistischen „Märtyrern“ benannt, die vor 1933 in Auseinandersetzungen ums Leben kamen: Der nördliche Teil des Luisenufers in Kösterdamm nach Helmut Köster (1902–1932), der südliche Teil in Curthdamm nach Udo Curth (1909–1932), der Nordteil des Elisabethufers in Schröderdamm nach Friedrich Schröder (1908–1932) und der Südteil in Hoffmanndamm nach Hans Hoffmann (1913–1931). Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde diese Aufteilung beibehalten; die Namen wurden 1947 durch die von vier Gewerkschaftsführern (Carl Legien, Martin Segitz, Wilhelm Leuschner, Anton Erkelenz) ersetzt.
  2. Übergangsbereich traditionell inoffiziell „Bullenwinkel“ genannt. Nach BVV-Beschluss vom 28. Januar 2021 Maria-von-Maltzan-Platz; Benennung Maria-von-Maltzan-Platz. (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2022. Suche in Webarchiven.)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF) In: Amtsblatt für Berlin, 26. März 2021, S. 841.
  3. Gartendenkmal Oranienplatz, Stadtplatz, 1848–1852 von Peter Joseph Lenné, 1894 und 1907 von Hermann Mächtig, 1904 von Bruno Schmitz, 1929–1932 und 1956/1957 Neugestaltung vom Gartenamt Kreuzberg, 2006–2008 Wiederherstellung
  4. Drachenbrunnen. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung; abgerufen am 2. Juli 2015.
  5. BD Oranienplatz 1–10, 14/16 und 17 mit ihren Teilen Oranienplatz 1 / Oranienstraße 42 BD Oranienplatz 1 / Oranienstraße 42, Mietshaus, 1860 von W. Werner, Oranienplatz 3 BD Oranienplatz 3, Mietshaus, 1859 von L. Schütz und Hauschulz, Oranienplatz 5 Oranienplatz 5, Wohnhaus, 1829 von Hecht; 1872 von Clemens; Badeanstalt, 1888 von C. Lange, Oranienplatz 7 BD Oranienplatz 7, 1850 nach Plänen von J. G. Lindner und Schellhorn gebaut, Oranienplatz 14 BD Oranienplatz 14, Mietshaus, 1860 von L. Adler und A. Berger sowie BD Erkelenzdamm 1 / Oranienplatz 14, Oranienplatz 16 und Schellhorn BD Oranienplatz 16, 1859/1860 von Leberecht Adler und J. J. Meyer. Denkmalliste des Landes Berlin.
  6. Tina Hüttl: Wie aus einer Apotheke ein glücklicher Ort wird. In: Berliner Zeitung. 27./28. Juni 2015, S. 8.
  7. Das Restaurant Ora in Kreuzberg ist zurück: Die Kunst der Stunde. In: Tip Berlin, 17. August 2020.
  8. BD Oranienplatz 2, Damenkonfektionshaus Massen, 1903/1904 von Breslauer & Salinger. Denkmalliste des Landes Berlin.
  9. Oranienplatz 4–10, Kaufhaus der Konsumgenossenschaft, 1931–1933 von Taut & Hoffmann. Denkmalliste des Landes Berlin.
  10. Dietmar Müller-Elmau im Interview mit Antje Lang-Lendorff: „Ich liebe den Widerspruch“. Im gläsernen Kamin knistert ein Feuer, vor dem Eckfenster zum Oranienplatz steht ein schwarzer Steinway-Flügel. Dietmar Mueller-Elmau, Betreiber des Hotels Orania in Kreuzberg, sieht sein Haus als öffentliches Wohnzimmer unter anderem für Künstler aus der Umgebung. Kritikern dagegen ist das im August eröffnete Nobelhotel im linken Kiez ein Dorn im Auge, es steht für sie für die Aufwertung des Stadtteils. Es gab Farbanschläge, Scheiben wurden beschädigt. Ein Gespräch über Gentrifizierung und die Freiheit der anderen. In: taz.de. 18. November 2017, abgerufen am 19. November 2017.
  11. Multimillionär baut am Oranienplatz. In: Berliner Zeitung.
  12. Statt Hütten ein Hotel. In: Tagesspiegel Online, 21. April 2014, abgerufen am 2. Juli 2015.
  13. Der Bau der A.E.G.-Schnellbahn. In: Vossische Zeitung, Nr. 284 (Sonntagsausgabe), 19. Juni 1921, Erste Beilage.
  14. Berliner Verkehrsblätter. 3/2015, S. 56.
  15. Die „Blinden Tunnel“ Berlins. (Memento des Originals vom 11. Februar 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. bei: berliner-unterwelten.de, abgerufen am 25. Februar 2015.
  16. Berliner Verkehrsblätter. 7/2014, S. 133.
  17. Tunnelanlage Dresdener Straße in Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg – Verfüllung. Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz

Koordinaten: 52° 30′ 8″ N, 13° 24′ 57″ O

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