Schulterstücke (in Österreich: Achselschlinge; in Deutschland bis 1920 amtlich Achselstücke) sind Abzeichen für Offiziere und höhere Militärbeamte, seltener auch für Unteroffiziere, die an der Uniformjacke an der Schulter befestigt werden. Früher allgemein verbreitet, werden die oft aus Gold- bzw. Silbergeflecht oder schlicht aus Metalltresse (Russland) gefertigten Schulterstücke in vielen Armeen nur noch an der Paradeuniform getragen. Die Paspelierung und die Unterlage von Schulterstücken waren in deutschsprachigen Streitkräften mit Beginn des 20. Jahrhunderts in Waffenfarben gehalten.
Die Schulterstücke sind begrifflich zu unterscheiden von den aus Tuch gefertigten Schulterklappen (in Deutschland bis 1920 amtlich Achselklappe; Österreich: Achselspange), die früher ausschließlich Teil der Unteroffiziers- und Mannschaftsuniform waren. Inzwischen werden Schulterklappen international auch von Offizieren getragen, überwiegend zum täglichen Dienst und am Kampfanzug. Ebenso haben Schulterklappen Einzug im zivilen Bereich gehalten (siehe unten).
Ebenso sind Schulterstücke nicht mit Epauletten zu verwechseln.
Entwicklung im deutschen Kaiserreich
Feldachselstücke aus Metalltresse wurden von Offizieren seit dem Deutschen Krieg 1866 in der preußischen Armee im Felde und beim kleinen Dienst anstelle der Epauletten getragen. Sie wurden nach dem Frieden für die Offiziere beibehalten und 1889, inzwischen aus Plattschnüren hergestellt, für sämtliche Militärbeamte im Frieden eingeführt. Seitdem nannte man sie dann Achselstücke.
Bei den Husaren trugen Unteroffiziere und Mannschaften anstelle von Achsel- bzw. Schulterklappen zwei oder drei weiße oder gelbe Plattschnüre (Achselschnüre), die ähnlich wie Achselstücke aussahen, aber nicht mit diesen verwechselt werden dürfen.
Für Generale des deutschen Heeres bestanden die Achselstücke aus geflochtener goldener mit Silber durchwirkter Schnur. Stabsoffiziere trugen Achselstücke, die aus silberner, mit farbiger Seide in den Landesfarben durchwirkter Drahtschnur geflochten waren. Hauptleute, Rittmeister und Leutnante trugen Achselstücke aus mehreren nebeneinander liegenden silbernen, mit farbiger Seide durchwirkten Schnüren (Plattschnüre).
Weiterentwicklung und Vorbild für andere Staaten
Die Rangabzeichen bzw. Schulterstücke (sowie der Uniformschnitt) der Streitkräfte des deutschen Kaiserreiches wurden (in modifizierter Form) von der Reichswehr, der Wehrmacht und den Streitkräften der DDR übernommen. In der Bundeswehr ist die Bezeichnung „Schulterklappen“ verbindlich für Rangabzeichen, die auf dem Schulterteil von Uniformmantel, Uniformrock oder Jacke beziehungsweise Gesellschaftsanzug getragen werden.
Auch die Truppen des Osmanischen Reiches zogen mit Schulterstücken in den Ersten Weltkrieg, die mit den deutschen Rangabzeichen identisch waren. Die Rangabzeichen der im Ersten Weltkrieg auf deutscher Seite kämpfenden Polnischen Legion waren zumindest ähnlich. Auch für die Rangabzeichen der ehemaligen Königreiche Jugoslawien und Bulgarien sowie für die südamerikanischen Staaten Chile, Ecuador und Venezuela waren die deutschen Schulterstücke zumindest optisches Vorbild. Auch die höheren Unteroffiziersdienstgrade der dänischen Armee während des Zweiten Weltkrieges trugen Schulterstücke.
In Russland hielten sogar einige deutsche Rangbezeichnungen Einzug in die Sprache, so z. B. Ефрейтор (sprich: Jefreitor) oder Ротмистр (sprich: Rottmistr).
Vorbild für den zivilen Bereich
Der Bundesgrenzschutz trug noch bis um die Jahrtausendwende Schulterstücke ähnlich der Wehrmacht und der deutschen Polizei. Gleichzeitig legen in vielen Freiwilligen Feuerwehren Nord- und Ostdeutschlands auch Unterführer und Mannschaften Schulterstücke an. Ebenso üblich war dies bei der Deutschen Reichsbahn in der DDR und bei Ordnungspolizei des Dritten Reiches.
Literatur
- Hein, Das kleine Buch vom Deutschen Heere, Reprint der Ausgabe von 1901, Weltbild Verlag GmbH, Augsburg 1998, ISBN 3-8289-0271-5
- Adolf Schicht, Jürgen Kraus: Die deutsche Reichswehr. Die Uniformierung und Ausrüstung des deutschen Reichsheeres 1919–1932 (= Kataloge des Bayerischen Armeemuseums Ingolstadt, Bd. 3, hrsg. von Ernst Aichner), Verlag Militaria, Wien 2005, ISBN 3-902526-00-9