Der Bunte Löwe ist eine gemeine Figur in Wappen, nämlich ein mehrmals (meist neunmal) von Silber und Rot oder auch von Rot und Silber geteilter, rotgezungter und golden bewehrter steigender Löwe (umgangssprachlich: ein weiß-rot oder rot-weiß waagerecht in zumeist fünf Streifenpaaren gestreifter, aufgerichteter und in Schreitrichtung sehender Löwe, mit roter Zunge und goldenen Krallen), stets in blauem Schild. Er findet sich fast ausschließlich in Wappen mit aktuellem oder historischen Bezug zu Hessen oder Thüringen und heißt dann Hessischer Löwe (auch „Hessenlöwe“) bzw. Thüringer Löwe (auch „thüringischer Löwe“).

Geschichte

Seit dem frühen 13. Jahrhundert ist der Bunte Löwe als Wappentier bekannt. Er ist das Wappen der Ludowinger, der thüringischen Herrscher-Dynastie. Wie Siegel seit 1200 beweisen, führten bereits die Landgrafen von Thüringen im Schild den steigenden Löwen. Während sphragistisch die Krone und die typische Streifung des Wappentieres nicht bezeugt sind, überliefert das Wappenschild für den 1234 in den Deutschen Orden eingetretenen Landgrafen Konrad von Thüringen (1206–1240) die Teilung des Löwen, anfangs wohl von Rot und Weiß, und seine Bekrönung. Literarische Belege bis zum letzten Viertel des 13. Jahrhunderts kommen hinzu; das Lied von Troje (um 1210) spricht ebenso wie Konrad von Mure und das Epos vom „Turnier von Nantheiz“ von den Schildfarben. In bewusster Traditionswahrung übernahm der erste hessische Landgraf Heinrich I. aus dem Hause Brabant nicht nur den Thüringer Löwen als Wappen, sondern auch die Helmzier, die silbernen (mitunter auch goldenen), außen mit beblätterten Zweigen besteckten Büffelhörner; 1492 wird von Birkenblättern gesprochen.

Älteste Darstellung des Bunten Löwen in einem Wappen ist der Schild (im Sinne einer Schutzwaffe) des Konrad von Thüringen, etwa aus dem Jahr 1234. Der Schild zeigt einen in Blau steigenden, siebenmal rot-weiß geteilten Löwen, zwischen seinen Hinterpranken das Wappen des Deutschen Ordens. Er hing zeitweilig in der Marburger Elisabethkirche als Totenschild; mittlerweile ist er als Exponat einer Sammlung des Universitätsmuseums für Kunst und Kulturgeschichte der Philipps-Universität Marburg im Marburger Schloss ausgestellt.

Geringfügig jünger (vermutlich 1240, dem Todesjahr Konrads) ist das Wappen des Konrad von Thüringen am Fuße seines Grabmals im Landgrafenchor der Marburger Elisabethkirche – links daneben das Wappen des Deutschen Ordens.

Die Entstehung des obigen Wappenbildes ist umstritten. Eine Erklärung besagt, die Gestaltung beruhe auf der Wappenvereinigung nach der Heirat Ludwigs des Vierten von Thüringen mit Elisabeth von Ungarn, der Tochter des ungarischen Königs Andreas II. im Jahr 1221. Ludwig IV. war von 1217 bis 1227 Landgraf von Thüringen und Pfalzgraf von Sachsen. Hessen und Thüringen bildeten zu dieser Zeit noch eine gemeinsame Landgrafschaft.

Nach der Aufteilung der Landgrafschaft in Hessen (das eigenständige Landgrafschaft wurde) und Thüringen im Langsdorfer Frieden 1263, wurde der Bunte Löwe zur Kennzeichnung beider Territorien verwendet. Die Markgrafen von Meißen hatten durch das Erbe Thüringen erworben und führten nun den Titel eines Landgrafen von Thüringen weiter. Auch das Kurfürstentum Hessen und die preußische Provinz Hessen führten den Bunten Löwen.

Hessischer und Thüringer Löwe

Beide finden sich in den Wappen hessischer und thüringischer Landkreise, Städte und Gemeinden. Die Reihenfolge der Farbstreifen ist nicht einheitlich; historisch überwiegt Silber als oberster Streifen deutlich. Erst im späteren 20. Jahrhundert etablierte sich die folgende Konvention, die auch den heutigen Landeswappen Hessens und Thüringens entspricht:

  • Der Hessische Löwe beginnt mit Silber am Kopf.
  • Der Thüringer Löwe beginnt mit Rot am Kopf.

Dies ist jedoch nicht normativ; in Blasonierungen ist die Streifenreihenfolge auch dann ausdrücklich (als „Teilung“) anzugeben, wenn der Löwe als hessisch oder thüringisch bezeichnet wird. Ob ein Bunter Löwe als Hessischer bzw. Thüringer Löwe bezeichnet wird, richtet sich ausschließlich nach dem Verwendungszusammenhang (ausdrückliche Nennung in der Blasonierung, Wappengeschichte usw.), nicht nach der Farbe des obersten Streifens. Wenn der Verwendungszusammenhang nicht bekannt ist (oder weder hessisch noch thüringisch ist), ist nur die neutrale Bezeichnung „Bunter Löwe“ angebracht.

In heutigen Wappen hessischer Orte findet sich fast ausnahmslos die Variante mit silbernem Kopf, während in thüringischen Ortswappen beide Formen vorkommen. Speziell führen thüringische Orte, die früher zu Hessen gehörten oder im Wappen historische Verbindungen zu hessischen Herrschaftshäusern darstellen, dezidiert den hessischen Löwen im Wappen. In anderen thüringischen Ortswappen wird der Löwe auch dann „Thüringer Löwe“ genannt, wenn sein Kopf silbern ist.

Im Wappen des Freistaates Thüringen begleiten den Löwen acht silberne Sterne. Diese weisen seit 1945 auf die acht Landesteile hin (nach dem Vorbild des Landeswappens von 1921 ohne Löwen mit sieben Sternen für die seinerzeit sieben Landesteile) und werden in Ortswappen nicht zusammen mit dem Löwen übernommen.

Beispiele

Landeswappen von Hessen und Thüringen

Hessischer Löwe in hessischen Landkreiswappen

Hessischer Löwe in hessischen Ortswappen

Bunter Löwe mit rotem Kopf in hessischen Ortswappen

Hessischer Löwe im thüringischen Landkreis Schmalkalden

Der frühere Landkreis Herrschaft Schmalkalden gehörte bis 1944 zur preußischen Provinz Hessen-Nassau. 1945 wurde er nach Kriegsende als Kreis Schmalkalden dem Regierungsbezirk Erfurt zugeordnet und gehört daher heute zu Thüringen, als Teilgebiet des heutigen Landkreises Schmalkalden-Meiningen.

Thüringer Löwe in thüringischen Landkreiswappen

Thüringer Löwe in thüringischen Ortswappen

Bunter Löwe mit silbernem Kopf in thüringischen Ortswappen

Bunter Löwe außerhalb Hessens und Thüringens

Anmerkungen

  1. Der Schild ist u. a. Gegenstand von Helmut Nickel: Über das Hochmeisterwappen des Deutschen Ordens im Heiligen Lande. In: Der Herold, Viertelsjahrschrift für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften. 13, 33. Jg., Heft 4, 1990, S. 106 (Scan [PDF]).
  2. Die in der Zeichnung des Schilds dargestellte Krone und die ausgestreckte Zunge sind in dem Foto des Schilds vorhanden, jedoch nur schwer erkennbar. Es kann davon ausgegangen werden, dass Max Reinhart, Autor der Skizze, sich streng an der Vorlage orientiert hat.

Einzelnachweise

  1. Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Leipzig 1984, S. 83, (3., unveränderte Auflage. Battenberg, Regenstauf 2011, ISBN 978-3-86646-077-5).
  2. Klemens Stadler: Die Gemeindewappen des Landes Hessen. Neuausgabe des Sammelwerks Deutsche Ortswappen von Prof. Otto Hupp im Auftrage der HAG Aktiengesellschaft in Bremen, bearbeitet von Dr. Klemens Stadler, Zeichnungen von Max Reinhart (= Deutsche Wappen – Bundesrepublik Deutschland. Band 3). Angelsachsen-Verlag, Bremen 1967, S. 6.
  3. Schild des Landgrafen Konrad von Thüringen. In: bildindex.de
  4. Thüringen-Signet auf markenwelt-thueringen.de, abgerufen am 12. Februar 2023.
  5. Hessenlöwe auf hessen.de, abgerufen am 11. Februar 2023.
  6. Hauptsatzung der Stadt Frankenberg (Eder). (PDF) 28. April 2016, S. §1 (2), abgerufen am 10. September 2017. – Wappenbeschreibung: „Als Wappen führt die Stadt Frankenberg (Eder) in Blau einen aus goldenem Dreiberg hervorwachsenden, golden gekrönten und golden bewehrten, dreifach von Silber und Rot geteilten Löwen.“
  7. [Das Wappen ist geviert und zeigt oben vorn in Gold eine schwarze Henne auf einem grünen Dreiberg, oben hinten in Blau einen unbekrönten bunten Löwen; im rechten unteren Feld in Rot mit acht silbernen Sternen belegt ein silberner Löwe; das linke untere Feld ist neunmal von Schwarz und Gold geteilt, belegt mit einem schrägrechten grünen Rautenkranz. (genehmigt am 5. Mai 1992)]
  8. Blasonierung Bill Clinton auf americanheraldry.org, abgerufen am 2. August 2022 (engl.)
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.