Waldheim-Affäre
Die Waldheim-Affäre oder Waldheim-Debatte (auch: Affäre/Causa/Fall Waldheim) war eine internationale Debatte um die vermutete Beteiligung Kurt Waldheims an Kriegsverbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus. Sie begann 1986 im Wahlkampf des früheren UN-Generalsekretärs für das Bundespräsidentenamt Österreichs, dauerte bis zum Ende seiner Amtszeit 1992 und wirkte darüber hinaus fort.
Waldheim hatte seine Tätigkeiten als Offizier der Wehrmacht von 1942 bis 1944 in biografischen Angaben ausgelassen und bestritt nach deren Bekanntwerden jede Beteiligung an NS-Verbrechen und jede damalige Kenntnis davon. In- und ausländische Medien und der Jüdische Weltkongress (WJC) verbreiteten dazu Informationen, die für gegensätzliche politische Ziele benutzt wurden: Waldheims Verteidiger kritisierten eine ausländische Einmischung und kampagnenartige Verurteilung eines durchschnittlichen Opportunisten, Waldheims Gegner sahen darin eine Abwehr berechtigter Vorwürfe. Einige Historiker haben antisemitische Reaktionsmuster im Affärenverlauf analysiert.
Als Bundespräsident blieb Waldheim außenpolitisch weitgehend isoliert. Die USA erließen im April 1987 ein privates Einreiseverbot für den „mutmaßlichen Kriegsverbrecher“. 1988 ermittelte eine auf seinen Wunsch von der Regierung eingesetzte internationale Historikerkommission, dass er keine Verbrechen begangen, aber Detailkenntnisse von Mordbefehlen, Deportationen und Morden in seiner Umgebung gehabt hatte. Er habe deren Ausführung einige Male erleichtert, etwa durch Weitergabe von „Feindlageberichten“.
Infolge der Affäre diskutierte das Land erstmals offen die Beteiligung von Österreichern an NS-Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus. Dies bewirkte eine Abkehr von der staatlichen Opferthese, wonach Österreich 1938 „erstes Opfer Adolf Hitlers“ gewesen sei, stärkte aber auch die seitdem rechtspopulistische FPÖ. Ab 1992 beschloss der Nationalrat die Entschädigung vertriebener Juden und Zwangsarbeiter, ab 2001 die Restitution.