Wiederbeliebung

Die Wiederbeliebung bezeichnet Ersthilfemaßnahmen bei Störungen des menschlichen Gefühlshaushaltes, wie sie bei Liebesentzug und fehlenden Fähigkeiten und Möglichkeiten der Gefühlsartikulation auftreten. Gerade in Zeiten der globalen sozialen Abkühlung gewinnen diese Maßnahmen rapide an Bedeutung. Wenn die Nestwärme fehlt, stellen sich neben geistigen Gebrechen (religiöse oder politische Radikalisierung, Facebook-Freundschaften, Briefmarkensammeln) schnell auch körperliche Störungen ein, die nicht selten im Zusammenbruch enden. Findet in diesen Fällen keine Wiederbeliebung statt, enden solche Zusammenbrüche meist tödlich.




Diagnose und Sofortmaßnahmen

Schritt 1: Erkennen der Herzensversteinerung

Fühlt sich ein Mensch erst einmal ungeliebt oder beständig zurückgewiesen, ist schnell das Herz von dieser Situation betroffen. Der anfängliche Herzschmerz wird dabei – so überhaupt vorhanden – vom sozialen Umfeld der oder des Betroffenen meist zu spät oder gar nicht erkannt. Schnell wird der Schmerz chronisch und führt zur zunehmenden Abkühlung und schließlich Versteinerung des Herzens – bis es schließlich ganz stehen bleibt.

In der Regel bemerkt das Umfeld der Betroffenen die Krise erst, wenn das akute Stadium erreicht ist - nämlich dann, wenn sie zusammenbrechen. Fälschlicherweise werden häufig Kreislaufprobleme hierfür verantwortlich gemacht - ein Trugschluss mit fatalen Folgen. Gerade Mädchen und junge Frauen neigen zum Zusammenbruch infolge anhaltenden Liebesentzuges, manchmal aber auch nur, weil sie den Unterricht schwänzen wollen.

Gerade im Umgang mit Pubertierenden ist höchste Vorsicht geboten: Junge Herzen reagieren in der Regel anfälliger auf Störungen in der Liebeszufuhr, erholen sich jedoch schneller. Während es für einen Mitvierziger mit Herzversteinerung häufig schon zu spät ist, wenn der Zusammenbruch kommt, hat die Altersgruppe zwischen 15 und 25 recht gute Genesungsaussichten.

Herzensversteinerung - Was tun?

Herzensversteinerungen sind relativ leicht zu erkennen, meist genügt ein schlichtes Berühren der potentiell Gefährdeten am Hals. Die Betroffenen reagieren in der Regel abwehrend, bei akuter Erkrankung bleiben alle Reaktionen aus. In diesem Fall ist sofort Schritt 2 einzuleiten.
Will man sich als Ersthelfer absichern, können zusätzlich die Augen des Betroffenen untersucht werden. Trägt dieser Kontaktlinsen, ist höchste Eile geboten: Personen mit starkem Liebesentzug unterziehen sich der allmorgendlichen Tortur des Linseneinsetzens in der Hoffnung, endlich wieder mit anderen Menschen in Kontakt treten zu können. Kontaktlinsen müssen als eine Art Hilfeschrei verstanden werden, mit dem die gepeinigte Seele auf sich aufmerksam zu machen versucht. Wiederbeliebende Maßnahmen sind in diesem Fall unabdingbar.


Schritt 2: Mitfühlendes Zuhören

Der Volksmund weiß Bescheid: Ein Blick sagt mehr als tausend Worte - Recht hat er, und sei es auch nur der Blick auf ein lauschendes Ohr, in das der oder die Betroffene ihren Kummer hineinsprechen kann. Es ist gar nicht so sehr die tatsächliche Anteilnahme am Schicksal des an Lieblosigkeit Erkrankten, sondern die Geste, die zählt (anders wäre professionelle Wiederbeliebung wohl kaum denkbar; welcher Arzt, Apotheker oder Sanitäter kann sich schon wirklich auf die oft banalen und selten unterhaltsamen Problemchen seiner Kunden einlassen?).
Ein immer wieder vorgebrachter Einwand ist die häufige Bewusstlosigkeit der Betroffenen. Ersthelfer verzichten leider oft auf mitfühlendes Zuhören, weil die Erkrankten scheinbar nichts vorzubringen haben und von der Maßnahme keine Notiz nehmen. Dies ist allerdings ein Irrtum: Selbst Bewusstlose schätzen unterbewusst die reine Geste. Wie Erhebungen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Herzbrüchiger zeigen, können sich über 75% der geretteten Lieblosen daran erinnern, wenn ihnen trotz scheinbarer Bewusstlosigkeit ein lauschendes Ohr zur Seite stand.
Mitfühlendes Zuhören - Was tun?

Bewusstlos oder nicht - das eigene Ohr ist in vielen Fällen der Schlüssel zur schnellen Genesung des Verlieblosungsopfers. Meist hilft es schon, sich über den Erkrankten zu beugen, den Kopf leicht zu drehen und ihm so die Verbalisierung der Misere zu ermöglichen. Nähe ist dabei entscheidend: Lieblose sind oft völlig entkräftet, wodurch ihnen lautes Sprechen schwerfällt.


Schritt 3: Gefühlsstau beseitigen

Häufig erfolgt der Zusammenbruch erst, wenn die Herzsubstanz bereits stark angegriffen ist. In solchen Fällen genügt mitfühlendes Zuhören nicht mehr zur Wiederbeliebung, stattdessen muss das Herz selbst wieder in Gang gebracht werden. Hierzu muss zunächst der Gefühlsstau gelöst werden, der zu Verhärtung beziehungsweise Versteinerung des Herzens geführt hat. Die Betroffenen selbst sind dazu nur in den seltensten Fällen in der Lage, weshalb hier die Ersthelfer aktiv werden müssen.
Ein deutlicher Vorwurf muss gegen die Populärmusik erhoben werden, die - bewusst oder unbewusst - medizinisch unzutreffende Darstellungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht. Wenn beispielsweise Udo Lindenberg behauptet "Ein Herz kann man nicht reparier'n / ist es einmal entzwei, dann ist alles vorbei" irrt er sich. Die medizinische Wirklichkeit sieht anders aus, allerdings scheitert sie oft daran, dass ein engagierter Ersthelfereinsatz solcher Zeilen wegen unterbleibt - und dann ist auch die Medizin machtlos.
Gefühlsstau beseitigen - Was tun?

Wie in jeder guten Beziehung gilt: Auch wenn das Reden nicht mehr hilft, lässt sich auf mechanischem Wege noch so einiges drehen. Mit beherztem Körpereinsatz lässt sich auch der hartnäckigste Gefühlsstau beseitigen. Hierzu sucht man zunächst das Herz. Bei den meisten Menschen sitzt es an der gleichen Stelle, weshalb es hilfreich ist, die eigenen Gefühle zu erforschen. Klopft ihr Herz vor Aufregung, weil Sie einen Gefühlsstau lösen müssen? Perfekt! Wo ihr Herz schlägt, sollte es auch bei ihrem Patienten schlagen - was es leider nicht tut. Deshalb: Hände auflegen und dann drücken im Rhythmus von Lindenbergs "Ein Herz kann mann nicht reparieren" - medizinisch mag es ein Quell von Unwahrheiten sein, aber der Beat stimmt.


Schritt 4: Schneewittchentherapie

Mit der Behandlung der organischen Krise ist es jedoch nicht getan. Die meisten Lieblosen weisen neben versteinerten Herzen auch eklatante mentale Liebesdefizite auf. Im Rahmen von Ersthilfemaßnahmen ist es natürlich kaum möglich, diese völlig abzubauen, jedoch gilt hier wie überall sonst auch: Der stete Tropfen höhlt den Stein. Da die Situation kritisch ist, sollte der Tropfen möglichst groß sein. Parallel zur Beseitigung des Gefühlsstaus im Herzen ist das Geben langer, intensiver und möglichst gefühlvoller Küsse die wirksamste Methode bei der Wiederbeliebung.
Wie viele wirksame Therapien birgt auch diese einige Gefahren. Unerfahrene Ersthelfer neigen zu Extremen: Entweder sind die applizierten Küsse scheu und kaum spürbar wie die eines scheuen Teenies beim Erstversuch, oder aber so rabiat, dass dem Behandelten Luft und Spucke wegbleiben und in seltenen Fällen der zerbissenen Lippen wegen sogar Blut fließt. Wie stets im Leben gilt auch bei der Schneewittchentherapie: Mittelmaß ist langweilig, aber auf lange Sicht die Siegerallee. Und hierzu ist eines unerlässlich: üben, üben und nochmals üben.
Schneewittchentherapie - Was tun?

Kein Kunststück, aber eine Herausforderung. Die Schneewittchentherapie verlangt von den Ersthelfern ganzen Körpereinsatz und ebensoviel Überwindung wie von der Prinzessin angesichts des Frosches. Tödlichen Pannen kann nur durch frühzeitiges, intensives und kontinuierliches Üben vorgebeugt werden, weshalb ja die Geschlechtertrennung an Schulen abgeschafft wurde.


Sonderfälle und erweiterte Maßnahmen

Lepidopteration

Die Lepidopteration ist der Rolls Royce unter den Wiederbeliebungsmaßnahmen. Dabei werden mithilfe eines Lepidopterators Schmetterlinge in den Bauchraum des Erkrankten eingebracht, um die so genannten Frühlingsgefühle auszulösen, die zu schlagartiger Gesundung führen können - allerdings nur bei sachgemäßer Handhabung der dazu notwendigen Geräte und der parallelen Anwendung der bereits beschriebenen Maßnahmen. Generell sollten Lepidopteratoren nur von Personen verwendet werden, die in der Anwendung dieser Apparate ausgebildet sind. Insofern wird dem durchschnittlichen Ersthelfer von der Verwendung abgeraten, selbst wenn ein Lepidopterator zur Verfügung steht.

Die Gabe von Schmetterlingen zur Bekämpfung von Verlieblosungserscheinungen ist nicht unumstritten. Besonders jüngere Patienten reagieren überdurchschnittlich oft mit ausgeprägten Suchterscheinungen, die wiederum zu medizinisch und ethisch entschieden zu verurteilender selbstständiger Einbringung von Schmetterlingsraupen oder -kokons über den Bauchnabel in den eigenen Bauchraum führen. Meist versuchen die Süchtigen, ihr Verhalten zu verstecken, indem sie Tarnpiercings über der Einbringungsstelle anbringen. Diese sollen den Blick auf sich ziehen und so von dem erschreckenden Beweis für die Suchthandlung ablenken.

Auch hier muss sich die Populärmusik den Vorwurf der Mitschuld gefallen lassen. Zwar verarbeitet Herbert Grönemeyer mit seinem "Flugzeuge im Bauch" die eigene Lepidoptera-Abhängigkeit, schafft jedoch zugleich einen Anreiz für junge Menschen, sich doch den Gefahren der Selbsteinbringung von Schmetterlingen in den eigenen Bauchraum auszusetzen. Als akutmedizinische Maßnahme hat die Lepidopteration dennoch ihre Berechtigung, da Sanitäter und Ärzte in liebesbedrohlichen Situationen wie der nachhaltigen Herzensversteinerung nicht auf dieses hochwirksame Mittel verzichten können, wenn sie Leben und Liebe retten wollen.
Lepidopteration - Was tun?

Lepidopteration ist nichts für schwache Nerven. Zunächst werden die - vorzugsweise weiblichen - Erkrankten so entblößt, dass der Bauch freiliegt (alles andere ist Zugabe). Anschließend wird der Lepidopterator anschlossen und ein Knopf gedrückt. Fertig. In der Regel wirkt die Maßnahme Wunder und die eben noch niedergeschlagenen Verlieblosungsopfer hüpfen plötzlich herum wie das blühende Leben selbst. Das große Problem ist für den engagierten, aber ungeübten Ersthelfer, den richtigen Knopf des Apparates zu erwischen, der zuvor idealerweise auch an der richtigen Stelle angebracht wurde. Die Hürden sind enorm, und mit Schmetterlingen in der Lunge ist niemandem geholfen - deshalb gibt es auch kein Lied darüber.


Herzensbruchbehandlung

Ein gesondert zu betrachtender Notfall ist das gebrochene Herz. Ausgehend von den eingangs beschriebenen Symptomen findet keine Abkühlung und Versteinerung des Herzens statt, sondern ein spontaner Verlust der strukturellen Integrität – der Volksmund spricht hierbei gerne vom gebrochenen Herzen.

Wie jeder andere Bruch auch muss eine solche Verletzung zunächst provisorisch geschient und bandagiert werden, um Folgeverletzungen auszuschließen. Unabdingbar ist jedoch, dass das gebrochene Herz möglichst schnell unter klinischen Bedingungen weiterbehandelt wird, um eine Heilung zu ermöglichen.

Problematisch an Herzbrüchen ist, dass sie sich nicht unmittelbar in Zusammenbrüchen wie etwa bei der Herzversteinerung auswirken müssen. Der konkrete Erkrankungsverlauf ist stark abhängig von den individuellen Gegebenheiten - gerade im Jugendalter rufen Herzbrüche nicht selten ein Verhalten hervor, das als "Verstimmung" fehlgedeutet wird. Erst Jahre später nach der dritten an häuslicher Gewalt gescheiterten Ehe wird deutlich, dass der oder die Betroffene fünfzehn Jahre zuvor eine Verletzung davontrug, die nie richtig ausheilen konnte. Zwar bemühen sich Sozialarbeiter und Gerichtspsychologen, dies bei der Urteilsfindung zu berücksichtigen ("Schwere Kindheit/Jugend"), jedoch ist dann aus medizinischer Sicht wenig zu machen (außer bei der Frau, deren Kiefer man wieder zusammenpuzzeln kann und die vielleicht nur auf ein Auge verzichten muss).
Herzensbrüche - Was tun?

Da das Vorgehen bei Herzensbrüchen nur schwer trainiert werden kann, empfiehlt es sich, die Bandagierungstechniken vorab zu üben. Idealerweise stellt dazu ein Partner Fuß oder Hand zur Verfügung - alles andere ist Verhandlungssache. Diese Maßnahme hat nachweislich präventiven Charakter: Personen, die am jeweils anderen Bandagierungstechniken üben, leiden deutlich weniger unter Verlieblosungserscheinungen.


Kritik an der Wiederbeliebung

Wiederbeliebung stößt bei vielen Menschen auf Ablehnung, die in dem Satz kulminiert: "Was interessiert mich der Gaza-Streifen, ich hab selber Problemzonen genug". Diese Ignoranz gegenüber dem Leid anderer ist verantwortlich für die enorme Zahl von an Lieblosigkeit Verstorbenen, deren Zahl in den letzten Jahren beängstigend angestiegen ist. Die meisten Hilfsverweigerer geben dabei an, dass vor allem die Angst vor körperlichem Kontakt eine große Rolle bei der Verweigerung von Wiederbeliebungsmaßnahmen spielt – die Leute haben einfach Angst, "sich was einzufangen". Die Gefahr, den Wiederbeliebten nach erfolgreichen Ersthilfemaßnahmen nicht mehr loszuwerden und dann permanent Liebesbriefchen, Blumengeschenke und Einladungen ins Theater zu bekommen, wird dabei von den potentiellen Ersthelfern gnadenlos überschätzt. Natürlich sind viele Wiederbeliebte dankbar und suchen häufig nach Nähe, jedoch ist dieser Wunsch meist allgemein und nicht speziell auf den Ersthelfer bezogen. Zudem sind die meisten Wiederbeliebten wie auch schon zuvor vor allem mit sich selbst beschäftigt. Die Gefahr, sich mit wiederbeliebenden Maßnahmen einen nervigen Möchtegern-Romeo an Land zu ziehen, sind daher weitaus geringer als von vielen Wiederbeliebungs-Gegnern angenommen. Und selbst wenn: Nichts wiegt das schöne Gefühl auf, einem anderen Menschen geholfen zu haben.
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