Das Gericht Duderstadt war ein historisches Verwaltungsgebiet in und um Duderstadt im kurmainzischen Eichsfeld.
Geschichte
Das Stadtgericht Duderstadt entstand aus der mittelalterlichen Mark Duderstadt. Die Mark Duderstadt gehörte seit 974 dem Stift Quedlinburg, dieses belehnte 1236 den Landgrafen Heinrich von Thüringen mit der Mark und ab 1247 Herzog Otto I. (Braunschweig). Dann war sie über hundert Jahre in welfischem Besitz der Linie Grubenhagen.
1334 bis 1366 gelangten die Mark und das benachbarte Amt Gieboldehausen (mit dem Gericht vor der Stadt und dem Gericht zu Bernshausen) dann schrittweise zum kurmainzischen Eichsfeld und es entstand das kurmainzische Amt oder Gericht Duderstadt. Bis Ende des 14. Jahrhunderts konnte Duderstadt ein beachtliches Territorium erwerben, so dass zum Stadtgericht nicht nur Duderstadt selbst, sondern die Orte Breitenberg, Brochthausen, Fuhrbach, Gerblingerode, Hilkerode, Immingerode, Langenhagen, Mingerode, Nesselröden, Tiftlingerode und Westerode gehörten. Dazu kamen noch zahlreiche heute nicht mehr existierende Siedlungen wie zum Beispiel Klingenburg, Herbigshagen, Dudenborn, Leere und Rosenthal. Die bis zum Bauernkrieg zu Duderstadt gehörenden fünf Kesperdörfer Desingerode, Esplingerode, Germershausen, Seulingen und Werxhausen wurden dem benachbarten Amt Gieboldehausen zugeschlagen.
Ursprünglich befand sich das Gericht am königlichen bzw. herzoglichen Hof bei der Servatiuskirche, an der Spitze der Gerichtsbarkeit der Mark Duderstadt stand seit dem Mittelalter ein Stadtvogt bzw. auch ein Schultheiß. Herzog Heinrich der Wunderliche verlieh der Stadt 1279 das Recht der Stadt Braunschweig. 13 64 verpfändete der Mainzer Erzbischof das Gericht in der Stadt, vor der Stadt und in Bernshausen an Tile und Otto von Kerstlingerode. Im Laufe des 14./15. Jahrhunderts gelangte die Stadt in den Besitz des Gerichts und der Stadtrat von Duderstadt konnte seine Machtbefugnisse immer weiter ausbauen und den Einfluss des Stadtvogtes einschränken, es wurde zu einem Stadtgericht. Nach der Niederschlagung des Bauernaufstandes bei Frankenhausen eroberte der Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel die Stadt Duderstadt und übergab sie wieder dem Mainzer Erzbischof Albrecht. Danach verlor der Stadtrat die Gerichtsbarkeit und an Stelle des Vogtes wurde ein Schultheiß eingesetzt. Er war der städtische Vertreter der Mainzer Kurfürsten und wurde von diesen eingesetzt. Daneben existierte der Stadtrat mit dem jeweiligen Bürgermeistern. Um 1430 fand das Gericht vor dem Koufhus (dem heutigen Rathaus) statt, später im Rathaus selbst, wo sich auch ein Folterkeller befand. In der Stadt befanden sich drei Pranger, und der Galgen stand unterhalb der Sulbergwarte.
Neben dem Stadtgericht gab es noch ein Westergericht, welches vor dem Westertor gehalten wurde. Dieses Gericht wurde von einem Gografen geleitet. Ab dem 17. Jahrhundert leitete der Vogt von Gieboldehausen das Gericht am Westertor. Folgende Richter sind in Duderstadt nachgewiesen:
- 1386 Herman von Böseckendorf (Richter und Gograf)
- 1373 und 1384 Simon Rust (Richter und Gogreve)
- 1387 Dietrich (Gogreve und Landrichter)
- 1388 Helhold von dem Hagen (Richter vor der Stadt)
- 1373 Wasmut Rieme (auf dem Westergericht zu Duderstadt)
- 1393 Wasmut von Böseckendorf (Vogt des Gerichts)
- 1405 Johann von Breitenbach (Landrichter)
Bis 1802 verbleibt das Amt im Besitz von Kurmainz. Nach der Inbesitznahme des Eichsfeldes durch das Königreich Preußen wurde das Eichsfeld in zwei Landkreise geteilt, Duderstadt war Sitz für den preußischen Landrat des preußischen Unterkreises. Während der französisch-westphälischen Besetzung war Duderstadt Sitz des Distriktes Duderstadt innerhalb des Departement des Harzes. Nachdem das Untereichsfeld 1816 dem Königreich Hannover zugeschlagen worden war, entstand das Amt Duderstadt mit den elf Ratsdörfern und fünf Kirchspieldörfern ("Kespeldörfer").
Stadtvögte
Für die Zeit der Zugehörigkeit zum Stift Quedlinburg sind keine Vögte erwähnt. Folgende braunschweigische und mainzische Vögte sind in Duderstadt bekannt:
- 13. Jh. Hermen IV. von Oldershausen, Vogt zu Duderstadt, Osterode und Herzberg
- 1266 Heidenreich oder Heinrich von Mützschefahl (Heidenricus miles advocatus, consules et burgensium universitas in duderstad)
- 1288 Willkin
- 1321 Hermann von Hagen
- 1436 Engelhard Döring
- 1446 Burkard von Enzenberg
- 1448 Bertram von Brobeck
Kurmainzer Stadtschultheiße in Duderstadt
Folgende Schultheiße sind nachgewiesen:
- 1554 Johann Möring
- 1573 Henrich von Hagen
- 1587, 1603 Johann Henniker
- 1615 Jost von Horn
- 1631–1648 Michael Sponsail
- 1638–1635 Herwig Morick
- 1651–1684 Jost Adrian von Horn
- 1684–1714 Johann Christoph Böning
- 1714–1726 Johann Heinrich Dresanus
- 1726–1754 Franz Wilhelm Wagner
- 1754–1769 Jost Adrian Schott
- 1769–1778 Friderich Godfried Gerhardi
- 1778–1792 Georg Franz Heiland
- 1792–1802 Karl-Josef Hofmann
Duderstädter Landwehr
Neben der Stadtmauer mit Wall und Graben zum Schutz der Stadt, ließ zu Beginn des 15. Jahrhunderts die Stadt um ihre Gemarkung und an den Grenzen des mainzischen Gebietes Wälle und Knicks errichten. Beiderseitige Gräben, deren Durchgänge mit Schlagbäumen und Warttürmen versehen waren, sollte die Stadt gegen feindliche Einfälle, vor allem der benachbarten Adelsgeschlechter schützen. Über 12 Warttürme sind in der näheren und weiteren Umgebung von Duderstadt bekannt: Euzenbergwarte, Pferdebergwarte, Lindenbergwarte, Hahnekratzwarte, Sulbergwarte, Rote Warte, Tettelwarte, Hilkeröder, Seulinger und Nesselröder Warte, Feuerhakenwarte und weitere. Reste der ehemaligen Landwehr, des Knicks und der Warttürme sind noch heute vorhanden.
Zum Schutz der Stadt waren alle männlichen Bürger verpflichtet, an deren Spitze der Stadthauptmann und der Schützenmeister standen. Das Besetzungsrecht der Hauptmannsstelle lag zwar beim Stadtrat, Bewerber mussten sich aber beim Mainzer Kurfürsten bewerben. Der Hauptmann wurde von der Stadt besoldet, erhielt dort freie Wohnung und Naturalabgaben, sowie einen Zuschuss des Kurfürsten. Folgende, zumeist adlige Stadthauptmänner sind bekannt:
- Hans von Hagen (1390)
- Tile (1437), Heinrich (1467) und Ernst (1525) von Westernhagen
- Hans von dem Hagen (1456)
- Burkard von Enzenberg (1479)
- Hans von Grone (1506)
- Rudolph (1517) und Philipp (1624–1628) von Bültzingslöwen
- Joachim von Bodensee und Friedrich von Wintzingerode
- Claus von Leuthorst
- Johann von Hanstein (bis 1560)
- Georg von Krain (1560, 1575)
- von Mingerode (1578)
- Jost von Eschwege (bis 1603)
- Thomas Selgen (1604–1607)
- Andreas Birkner (1608, 1613 als Gefangener auf dem Rusteberg)
- Valentin von Tastungen (1614–1623)
- Friedrich Wilhelm (1638–1671) und Ernst Christoph (1676) von Knorr
- Johann Kaspar von Hagen (1718–1732)
Literatur
- Johann Wolf: Geschichte und Beschreibung der Stadt Duderstadt. Göttingen 1803
- Christoph Lerch: Die Duderstädter Stadtschultheißen. in: Goldene Mark – 20. Jg. (1969), Verlag Mecke Duderstadt, S. 33–43, 63
- Christoph Lerch: Die Gerichtsbarkeit in der Goldenen Mark Duderstadt vom Mittelalter bis zur Gegenwart. in: Goldene Mark – 4. Jg. (1953), Verlag Mecke Duderstadt, 1. Sonderheft S. 1–52
- F. Boegehold: Die älteren Vögte von Duderstadt. in: Goldene Mark – 27. Jg. (1976), Verlag Mecke Duderstadt, S. 12–20
- L. Schmalz: Die Grundherrschaftsverfassung im Gericht Duderstadt. Auszug aus der Dissertation: Die Agrarverfassung im Gericht und Amt Duderstadt vor den liberalen Agrarreformen. in: Goldene Mark – 2. Jg. (1951), Verlag Mecke Duderstadt, Okt. S. 5–7
- Christoph LERCH: Die Duderstädter Knicks und Warten. In: Goldene Mark 26 (1975) S. 38–48
- Christoph LERCH: Die Stadt Duderstadt und ihre Dörfer. In: Goldene Mark 27 (1976) S. 1–12
- Christoph LERCH: Duderstädter Chronik von der Vorzeit bis zum Jahre 1973. Verlag Mecke Duderstadt 1979
- Ulrike Ehbrecht: Die Befestigung der Stadt Duderstadt. Verlag Mecke Duderstadt 1993
- Etwas von den Scharfrichtern in Duderstadt 1607-1806. In: Eichsfelder Heimatzeitschrift. Jg. 43 (1999), Heft 10, Mecke Druck und Verlag, Duderstadt 1999, S. 365–369
Weblinks
- pdf Liste der Bürgermeister von Duderstadt (1257 bis 1966)
Einzelnachweise
- ↑ Johann Wolf: Geschichte und Beschreibung der Stadt Duderstadt. Göttingen 1803, S. 45–53
- ↑ Johann Wolf: Politische Geschichte des Eichsfeldes mit Urkunden erläutert. Band 2, Göttingen 1793, 3. Abschnitt, §102
- ↑ Dieter Pötschke (Hrsg.): Stadtrecht, Roland und Pranger: zur Rechtsgeschichte von Halberstadt, Goslar, Bremen und märkischer Städte. In: Harz-Forschungen Band 14, Lukas Verlag Wernigerode und Leipzig 2002
- ↑ Levin von Wintzingeroda-Knorr: Die Wüstungen des Eichsfeldes: Verzeichnis der Wüstungen, vorgeschichtlichen Wallburgen, Bergwerke, Gerichtsstätten und Warten innerhalb der landrätlichen Kreise Duderstadt, Heiligenstadt, Mühlhausen und Worbis. O. Hendel, Göttingen 1903, S. 407
- ↑ Johann Wolf: Geschichte und Beschreibung der Stadt Duderstadt: mit Urkunden und drei Kupfern. Rosenbusch, Göttingen 1803. Seite 309 Online bei Google Books
- ↑ Johann Wolf: Geschichte und Beschreibung der Stadt Duderstadt. Göttingen 1803, §58, S. 296–301
- ↑ Private Webseite zur Genealogie der Familie Becker
- ↑ Johann Wolf: Eichsfeldisches Urkundenbuch nebst der Abhandlung von dem Eichsfeldischen Adel. Göttingen 1819 (Abhandlung von dem Eichsfeldischen Adel, als Beitrag zu dessen Geschichte.) Seite 16
- ↑ Johann Wolf: Geschichte und Beschreibung der Stadt Duderstadt: mit Urkunden und drei Kupfern. Rosenbusch, Göttingen 1803, Urkunde III.
- ↑ Ersch und Gruber: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste. Erste Sektion, 32. Teil, Brockhaus Leipzig 1839, Seite 35
- ↑ landesarchiv.sachsen-anhalt.de
- ↑ Johann Wolf: Geschichte und Beschreibung der Stadt Duderstadt. Göttingen 1803, §58, S. 296–301
- ↑ Bernhard Opfermann: Gestalten des Eichsfeldes. St. Benno-Verlag Leipzig und Verlag F.W. Cordier Heiligenstadt 1968, Seite 212
- ↑ Christoph Lerch: Duderstädter Chronik von der Vorzeit bis zum Jahre 1973. Mecke Verlag, Duderstadt 1979, S. 39.
- ↑ Philipp Knieb: Der Stadthauptmann von Duderstadt. in: Unser Eichsfeld. Verlag Mecke Duderstadt, 10. Jahrgang 1915, Seiten 167–169
- ↑ Bernhard Opfermann: Gestalten des Eichsfeldes. St. Benno-Verlag Leipzig und Verlag F.W. Cordier Heiligenstadt 1968, Seite 193