Nationaldichter (auch „nationaler Dichter“) ist ein ehrendes Attribut ohne feste Definition. Manchmal handelt es sich um den idealen Dichter, dem zugeschrieben wird, Geist, Kultur und Traditionen eines Landes oder eines Volkes in seinen schriftlichen Werken festgehalten zu haben. In den meisten Ländern werden mit diesem Attribut mehrere Autoren und Autorinnen (z. B. Božena Němcová (Tschechien) oder Emily Dickinson (USA)) versehen.

Es gibt sowohl offizielle Ernennungen in der Tradition der Dichterkrönung (Gottfried Keller zum Beispiel wurde 1889 vom Schweizer Bundesrat in den Rang eines Nationaldichters erhoben, auch die britische Königin ernennt stets einen Poet Laureate) als auch inoffizielle Zuschreibungen in den Massenmedien. Selbst lokale Berühmtheiten wie der Frankfurter Adolf Stoltze tragen manchmal das Attribut. Gemeinsame Eigenschaft ist die populäre Anerkennung durch die öffentliche Meinung.

Typische Vertreter

Einige herausragende, staatlich finanzierte Kulturinstitute zur Förderung der entsprechenden Sprachen sind nach Nationaldichtern benannt:

Weitere Beispiele

Afrika

Asien

Europa

Nord- und Mittelamerika

Ozeanien

Südamerika

Hintergrund

Eine historische Wurzel für die Kanonisierung als „Nationaldichter/in“ scheint die neuartige Auffassung vom „Volk“ in der Romantik (einflussreich: Johann Gottfried Herder) zu sein. Sie wirkte vor allem auf diejenigen – oft kleinen – europäischen Völker, welche unter Fürsten- oder Fremdherrschaft standen und denen die in der eigenen Sprache wirkungsvoll schreibenden Autoren eine Stimme gaben.

Im 18. und 19. Jahrhundert war die Vereinnahmung der jeweiligen „Nationaldichter“ bzw. der Nationalliteratur ein häufiges Element der nationalistischen Propaganda. In der Zeit des Nationalsozialismus gab es Versuche, qualitativ minderwertige völkische Autoren wie beispielsweise Dietrich Eckart mit Hilfe gleichgeschalteter Medien in den Rang des Nationaldichters zu erheben, wodurch der Begriff im deutschen Sprachgebiet zum Teil entwertet wurde.

Einzelnachweise

  1. The Lusiads. In: World Digital Library; 1800–1882. Abgerufen am 31. August 2013.
  2. Vgl. die Bezeichnung der französischen Sprache als langue de Molière (die Sprache Molières). Wiktionary: langue de Molière.
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