Brotariertum

Das Brotariertum vereinigt in sich die Vorzüge aller Religionen und Weltanschauungen, jedoch ohne deren Hang zur ernsthaften Auseinandersetzung mit den Sinnfragen des Lebens und Ablebens. Das Brotariertum ist die weltweit größte Glaubensgemeinschaft, auch wenn dies den wenigsten Gläubigen bewusst ist. Näheres zu den Anhängern des Brotariertums enthält dieser Artikel.

Brotarier auf dem Weg zum Misthaufen

Entstehung und Frühphase des Brotariertums

Als die ersten Menschen sesshaft wurden und anfingen, Ackerbau und Viehzucht statt Rumrennen und Mammuts-Erschlagen zu betreiben, fanden sie schnell heraus, dass in einigen der Pflanzen Stoffe enthalten sind, die bei adäquater Behandlung und Extraktion zu allerlei Schabernack verwendet werden konnten. Die einzige Pflanzenart, die nichts davon enthielt, war das Getreide.

Die frühe Verwendung von Pflanzenextrakten

Damit die Getreidefelder nicht völlig umsonst bestellt wurden, einigten sich die Menschen darauf, aus Getreide auch etwas zu machen. So entstand das Brot, das streng genommen keinen Zweck erfüllte und nach dem Backen direkt auf den Misthaufen geworfen wurde, weil selbst die Schweine es nicht fraßen.

Diese völlige Zweckfreiheit machte das Brot gerade für den eher weniger ernst veranlagten Teil der Menschheit interessant. So verwundert es nicht, dass das Brot bald zum Zentrum einer erst kleinen, dann größeren, aber nie feinen Religion wurde.

Erste Belege für eine aktive Religionsgemeinschaft sind Steinsetzungen kleineren und größeren Ausmaßes. Aktuelle Forschungsergebnisse belegen, dass diese Steinkreise nicht etwa astronomischen oder repräsentativen Zwecken dienten, sondern als Aufbewahrungsstätten für Brot. Da Brot leicht verschimmelt, musste es durch die Steine vor schädlichen Säften und Energien (Mikroorganismen waren damals noch nicht bekannt) geschützt werden. Dieses Prinzip wurde übrigens bis in die Neuzeit beibehalten und erst in jüngster Zeit durch die Erfindung des Brotkastens ersetzt.

In dieselbe Zeit datieren die sog. Kornkreise, bei denen es sich um pure Einbildung handelt. Denn Korn ist nicht kreis- sondern reis-förmig. Da Reis selbst jedoch kaum zur Brotherstellung taugt, haben Kornkreise oder auch Kornreise nichts, aber auch gar nichts mit dem Brotariertum zu tun. Das sei an dieser Stelle mal klargestellt. Häretiker-Bande, verfluchte.

Quellen der Offenbarung

Nicht-Brotarier bei einer typischen Beschäftigung.
Die ersten Brotschutzanlagen waren noch etwas löchrig.

Was dem Muselmann seine Suren, dem Christianer seine Bergpredigt und dem Konfusianer seine Nr. 25 süß-sauer, ist für das Brotariertum die Backanleitung der Brotbackmischung „Holzlucke rustikal“ von Dr. Otter. In dieser Komposition aus sensibelster Lyrik („Man nehme …“) und handfester Lebenshilfe („Achtung: Ofen nicht über 500°C vorheizen!“) findet der Anhänger Trost, Freude, Liebe, Hoffnung und die Geborgenheit eines Jahrtausende alten Erfolgsrezepts.

Ursprünglich gereimt in jambischen Trimetern wurde die Backanleitung in den Wirren des dreimonatigen Brot-Kriegs (s.u.) von den siegreichen Reformkräften der modernen Sprechweise behutsam angepasst ohne den Zauber der salbungsvollen Worte zu zerstören. In dieser Form bis auf uns gekommen, fand der Offenbarungstext Einzug in jeden Haushalt des Erdenrunds.

Kritiker des Rezepts weisen darauf hin, dass die Offenbarung des Brots kaum zu unterscheiden sei von den vedischen Schriften eines Brahmaputra oder den Elegien des Anaximenes von Erysipel. Sie vermuten daher ein Plagiatierung, können allerdings nicht sicher sagen, wer hier von wem abgekupfert hat.

Religiöse Handlungen

Das Brotariertum ist reich an kultigen und ritigen (hä?) Elementen, die den Zusammenhalt der Brotarier fördern sollen, es erfahrungsgemäß aber nicht schaffen.

Kultus

Zentrales Kultorgan ist das Brot – in jeder Form, in jeder Größe, Farbe oder Geschmacksrichtung. Dem Brot ist mindestens täglich, besser noch wöchentlich, Ehrerbietung zu erweisen. Dies kann durch einfaches Verspeisen, durch Rösten oder Toasten, durch das Beschmieren mit Fett- und Fleischwaren oder mit Milchnebenprodukten sowie durch minutenlanges Anstarren geschehen.

In Ermangelung von Brot in fester Form kann auch flüssiges Brot als Kultobjekt herhalten. Auch hier gilt es, möglichst häufig mit dem Objekt in Körperkontakt zu treten und so den Bezug zwischen dem Individuum und der dumpfbackigen Menge, dem Kosmos und all dem Zeug herzustellen, zu festigen und zu pflegen.

Ritus

Als Initiationsritus wird die Brotation gepflegt. Der Brotand bastelt sich aus handelsüblicher Alufolie ein Hütchen, das ihn fürderhin vor schädlichen Strahlen aus dem Kosmos und vor dem Tintentod schützt. Der Ursprung dieses Ritus liegt in den Anfängen der Menschheit und findet sich in abgewandelter Form in allen Religionen wieder.

Die Zeremonien werden von den Zeremonienmeistern (und –meisterinnen! Ihr Chauvis!) begleitet. Als qualifiziert gelten Brotarier (und Brotarierinnen), die 20 Sekunden lang die Luft anhalten oder in der Nase bohren können, ohne sich ernsthaft zu verletzen. Alle Zeremonien können auch ohne diese Begleitung durchgeführt werden, es macht aber dann nicht so viel Spaß.

Im weiteren Sinne gehören die Brotarierparties zu den Riten des Brotariertums. Mehr Informationen dazu gibt es hier.

Dogmatik

Das Brotariertum kennt einige wenige Lehr- und Grundsätze (Dogmen), die auf das Leben der Brotarier meist keine Auswirkungen haben.

  • Dogma vom Non-Monobrotismus
    Es gibt nicht nur ein Brot, sondern so viele man tragen kann. Das gilt auch für Bier.
  • Dogma von der Einzigartigkeit des Brotes
    Das Brot ist einzigartig, jedes. Das gilt auch für Bier.
  • Dogma vom unbefleckten Vermengnis
    Ins Brot kommt nur Getreide, Wasser und Hefe. Das gilt auch für Bier, besonders für Hefeweizen.
  • Dogma von der Unfehlbarkeit des Brotes
    Das Brot hat immer recht. Das gilt auch für Bier.
  • Dogma von der Verdaulichkeit des Brotes
    Bier verlässt den Brotarier in derselben Gestalt, in der es in ihn hineingeschüttet wurde. Das gilt nicht für Brot.
  • Dogma von der Überlegenheit des Brotariertums über alle anderen Religionen, Weltanschauungen, Ideologien, Ismen und Asmen
    Das gilt für Brot, das gilt für Bier und das gilt auch sonst.

Verwirrung und Verwirrte

Das Brotariertum ist sowohl für seinen Hang zu unerklärlichen Phänomenen und zu merkwürdigen (Selbst-)Erfahrungen (Mystik) als auch für seine verworrenen Geheimlehren (Gnostik) und deren Lehrer (Gnostiker) allgemein bekannt und selbst bei Brotariern gefürchtet. Diese Tendenzen werden jedoch gerne verborgen (Kryptizismus).

Mystik

Schon die Brotation ist eine Erfahrung, deren tieferer Sinn sich dem Brotanden selbst ebenso verschließt wie den blöd herumstehenden und grölenden Brotariern. Weitere Grenzerfahrungen des Brotariertums können auf jeder Brotarierparty gesammelt werden. Dazu gehören die unerklärlichen Kopfschmerzen am nächsten Morgen/Mittag/frühen Abend (“Eins von den 30 Broten gestern war wohl schlecht.”) und das Phänomen des 3-tägigen Schlafentzugs. Bei psychisch weniger stabilen Brotariern konnten auch schon visuelle Jenseitserfahrungen (“Ich sehe ein großes Feuer.”) oder zwangsneurotische Emotionsausbrüche (“Wenn ich jetzt nicht sofort ein Brot bekomme, fange ich an zu weinen!”) beobachtet werden.

Gnostik

Sind zwei oder mehr Brotarier zusammen, fängt sicher einer von ihnen an zu dozieren. Meist geht es um die geheimnisvollen Zusammenhänge von Zündzeitpunkt und Tauchrohrdurchmesser, die Unmöglichkeit der parallelen Ansteuerung von mehr als zwei elektrischen Verbrauchern ohne den Kabelbaum zum Glühen zu bringen oder einfach um den Hinweis, dass das Brot/Bier alle ist, woraufhin allgemeine Panik, Verwirrtheit und Weltuntergangsstimmung ausbrechen.

Selten - sehr selten - wird unter Brotariern auch nützliches Wissen transferiert, so z.B. wie man die gif-Animation hinbekommt, die für diesen Artikel benötigt wurden.

Kryptizismus

Mit dem Aluhütchen schützt sich der Brotarier nicht nur vor kosmischen Stahlen, er kann sich auch prima darunter verstecken. Weitere Gegenstände, die gerne versteckt werden:

  • Das Mopped (vor dem Auge des Gesetzes, v.a. vor dem Auge der StVZO)
  • Die Ernsthaftigkeit (auch die letzten Reste dieser schlechten Angewohnheit werden verborgen)
  • Das Bier (vor anderen Brotariern)
  • Guter Geschmack und Sittsamkeit (sofern vorhanden, was aber meist nicht der Fall ist)

Historische Quellen

Der größte Feind der Religion ist eine andere Religion. Deshalb – und auch weil das Brotariertum anerkanntermaßen die beste aller Religionen und Weltanschauungen ist – wurde das Brotariertum in den letzten Jahrtausenden von allen anderen Religionen verfolgt und verfemt. Das hat allerdings kaum weiter zu Streitereien geführt, da die meisten Brotarier gar nicht wussten, dass sie dem Brotariertum angehören. Die Brotarier-Verfolgungen sind daher als die unblutigsten und langweiligsten Verfolgungen aller Zeiten in die Annalen der Religionshistoriker eingegangen.

Schon in der Bibel finden sich Hinweise auf das Brotariertum. Unter Stichwörtern wie „Hure Babylon“ oder „Sodom und Gomorrha“ können heute noch die faszinierenden Geschichten dieser Glaubengemeinschaft und die heroischen Taten ihrer Anhänger nachgelesen werden. Nicht umsonst priesen schon die judäischen Könige und Propheten das Brotariertum als „abschreckendes Beispiel für unsere Frauen und Kinder“. Genützt hat es bekanntlich wenig, die Frauen machten weiterhin ihren Nachbarn schöne Augen und die Kinder gehen bis heute auf Konzerte der Brotarier und kreischen sich die Seelen aus dem Leib.

Autoren der klassischen Antike beschrieben die Anhänger des Brotariertums als „lustigen und meist betrunkenen Haufen von arbeitsscheuen Tun-nicht-Guten“. Andere wieder sahen in den Brotariern einfach nur „kranke Menschen, denen man mal kräftig in den Allerwertesten treten müsse.“ Einig waren sie sich alle, dass im Brotariertum auch die edelsten Charaktere innerhalb von Stunden zu albernen Renegaten verkommen.

Im ausgehenden Mittelalter führte der Streit um die Frage, ob sich das Brot um die Sonne oder die Sonne um das Brot dreht, zu heftigen Auseinandersetzungen unter den Nicht-Brotariern und in der Folge zum Brot-Krieg von Anno Tobak, einem kleinen und bis dahin unbekannten Ort auf der Zeitachse. Schließlich konnten sich die Reformatoren durchsetzen mit ihrer Forderung, die klügsten Köpfe des Universums für die Klärung dieser Frage an einem Ort zu versammeln, der sog. Universität. In der Folge kam es zu zahlreichen, meist unschönen Enthauptungen von Wissens-, Mandats- und Bedenkenträgern, deren Köpfe in der Universität aufgestellt wurden. Dennoch: Eine schlüssige Antwort auf die Kernfrage blieb die Wissenschaft bis heute schuldig.

Mit der Aufklärung begann eine nüchterne Sicht auf das Brotariertum. Immanuel Kant wurde durch das Brotariertum zu seinem Werk „Kritik ohne jede Vernunft“ inspiriert, Leibniz (nicht der mit dem Keks) wusste nach dem Besuch einer Brotarier-Party, dass wir in der „besten aller möglichen Welten“ leben und auch Friedrich Nietzsche konnte nach der Fertigung seines ersten Aluhütchens nicht mehr leugnen, dass es besser ist, „mit der Peitsche zum Weib zu gehen – auf dein Wohl, Zarathustra“.

Das Brotariertum in der Neuzeit

Während sich die meisten anderen Religionen mit modernen Errungenschaften wie Wissenschaft, Technologie und Unterwäsche aus Satin rumärgern müssen, zeigt sich das Brotariertum völlig unbeeindruckt von den Entwicklungen der letzten 5- bis 10-tausend Jahre. Müssen also die Vertreter herkömmlicher Religionen regelmäßig die Verwahrlosung der Sitten, den Werteverfall im Allgemeinen und flottierende Gottlosigkeit im Besonderen anprangern, können die Zeremonienmeister des Brotariertums Ruhe bewahren. Sind doch Sitten- und Werteverfall gerade die Zeichen der Erhabenheit des Brotariertums über den Religions-Plebs.

Das Brotariertum erhielt durch die Relativitätstheorie und die Heisenberg’sche Unschärferelation sogar ungeahnten Auftrieb. Es ließ sich auf submolekularer Ebene nachweisen, dass die Brot- und Bieratome die jüngsten und damit am weitesten entwickelten Elementarteilchen des Kosmos sind. Daraus ergibt sich völlig unscharf, dass das Brotariertum relativ die beste aller Religionen ist. Pech für die anderen, aber nicht zu ändern.

Derzeit arbeiten Forscher an einer Superversion des Brotariertums. Durch die Verschmelzung von Brot- und Bieratom soll eine Überreligion entstehen, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. Die Brotariergemeinschaft sieht dem Treiben eher amüsiert zu und kippt sich lieber noch einen hinter die Binde.

Antworten auf die drängenden Fragen des Lebens und Ablebens

Bieratom in x-facher Vergrößerung

Im Gegensatz zu allen anderen Religionen gibt es im Brotariertum auf einfache Fragen einfache Antworten. Dies sind die häufigsten Fragen:

  • Gibt es einen Gott?
    Wenn du willst, ja. Sonst nich’.
  • Was ist der Sinn des Lebens?
    42
  • Gibt es ein Leben nach dem Tod?
    Wozu? Lebe in der Zeit, dann hast du vor dem Tod.
  • Wo gehen wir hin?
    Zum Saufen.
  • Was ist der Zweck meines Daseins?
    Dasein und Saufen.
  • Was muss ich tun, wenn ich gesündigt habe?
    Was ist Sünde? Im Zweifel: Saufen.
  • Sehe ich scheiße aus mit dem Aluhütchen?
    Ja
  • Erst |Brot essen und dann Bier trinken – oder umgekehrt?
    Noch so’ne blöde Frage und du musst dir eine neue Religion suchen.
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