Großmummrich
Großmummrich, der: 240 karätiger Edelstein des schwedischen Kronschatzes.
Entdeckung des Gross-Mummrichs
Es begab sich eines schönen Frühlingsmorgens des Jahres 1234 n. Chr., dass der 6jährige schwedische Infant Gustav Waasa II. beim Spaziergang vor den Toren der Burg Lillköping mittenmal laut "Auuweeeh!" schrie. Dem mit ihm lustwandelnden Hofstaat stockte schier der Atem und es hub an ein großes Hin und Her. Doch Gott sei's gelobt, der junge Thronfolger hatte lediglich einen Stein in seinem goldenen Schühchen.
Jedoch was für ein Stein! In allen zwei Reichsfarben schillernd, falkeneigroß und offenkundig nach der Hand eines kundigen Schleifers lechzend. Die königliche Gouvernante, sorgend gebeugt über das leicht blutende Prinzenfüßchen, nuschelte "Ein großer Junge weint doch nicht, du hast doch Mumm". Und der Infant, mit tränenverschmiertem Gesicht (die meisten Biographen berichten, dass es mit Gustav Waasas Geisteskräften eher schwächlich bestellt war), seinen Oberkörper vor- und zurückwiegend, murmelte immer wieder vor sich hin: "Gross! Mumm! *chhh* Ich!". Das Weitere ist Geschichte.
Wirren in dunkler Zeit
Nach seinem Auffinden ward der Gross-Mummrich alsgleich zu einem funkelnden Kleinod von magischer Schönheit geschliffen und schmückte fürderhin das kleine Szepter Gustav Waasas. Jener, auch als 14j., immer noch ein Ausbund an Dummheit und als unverheiratbar geltend, sollte nach einem Geheimplan schwedischer Diplomaten in einem der seinerzeit sehr beliebten Kinderkreuzzüge entsorgt werden. Goldbeschuht, sein Zepter in der Linken, ein geweihtes Kreuz aus Finnenknochen in der Rechten, zog Klein-Gustav denn auch an der Spitze einer singenden Schar von 12000 Zweit- und Drittgeborenen, körperlich Untüchtigen, Geistesschwächelnden und andren ihren Eltern unlieb gewordenen Kindern am 2. Jänner 1242 mit Sonnenaufgang von Lillköping aus in Richtung Jerusalem. Nach vier Stunden harten Weges kamen sie an die Gestade der Ostsee, wo sie vergebens auf ein Fährschiff warteten. Nach Verzehr all mitgebrachten Rosinenbrots und Honigmets kehrte der Tross, Fahnen schwenkend und Lieder singend, zurück nach Lillköping, wo sich die Freude über die gesunde Heimkehr in deutlichen Grenzen hielt. Gustav, die glückliche Rückkehr sowohl eigener Stärke als auch wohltätigem Einfluss seines Großmummrichs zuschreibend, stiftete Gott zu Ehren seine goldenen Schuhe den Schwestern vom Heiligen Orden und gelobte, künftig und in alle Tage nie mehr rohe Dorschleber zu schmausen, ein damals weithin verbreitetes Naschwerk für Heranwachsende.
Nur wenige Monde später erschien ihm im Traum der Erzengel Michael mit flammendem Schwert und klärte den arglosen Gustav über die bösen Pläne bei Hofe auf. Gustav, heißwangig und mit zerzaustem Haarschopf senkrecht in seiner Bettstatt sitzend, tat darauf hin einen schrecklichen Schwur: "Blut... Bluuuuut sollen sie saufen!!!"
Die folgenden Jahre, von der Geschichtsschreibung als Böse Zeit bezeichnet, zeitigten eine Vielzahl unterschiedlichster Ereignisse. Der Mord an Karl Gustav Waasa IV., die Entführung der Heilige Lynelde, die Schlacht am Kalten Berge, das Wunder von Nynköpping, die Kriege der Roten Rose gegen die Weiße Rose, die heroischen Kämpfe der Brüder Löwenherz und viele weitere spannende, unglaubliche, lehrreiche und allesamt des Schilderns werte Begebenheiten, dichtgedrängt in die wenigen Jahre zwischen 1242 und 1250; gewaltige Heldentaten, Werke zwischen gläubigem Hoffen und wahnhaftem Drängen, Geschehnisse, die tausende Seiten füllen und ein Dutzend der besten Erzähler auf Monate hinaus beschäftigen würde ... doch für die Geschichte des Großmummrich ist dies allesamt ohne jegliche Bedeutung. Denn dieser ging, am Tage nach Klein-Gustavs Traum, schlichtweg verloren und blieb dies auch, für genau 696 lange Jahre.
Der 30. April 1946
An diesem Tage wurde den Schweden wieder einmal ein neuer Thronfolger geboren (diesmal auf Schloss Haga), Karl XVI. Gustav, ein etwas froschäugiger Knabe (und wie sich später herausstellte, auch er schwer verheiratbar, weshalb man bei Hofe froh war, ihn günstig an eine deutsche Hostess verehelichen zu können). Wie in Schweden nicht unüblich, brachten königstreue Teile der Bevölkerung Ehrengeschenke nach Schloss Haga (es waren dies, jahreszeitgemäß, eine Unmenge an Ostereiern, aber auch herrliche Primelsträuße, Salzgebäck, Dörrfisch sowie 15 Eiserne Kreuze, die ertrunkenen und an die Küste angeschwemmten deutschen Seeleuten heldenmütig von den Uniformen gerissen worden waren). Am Abend jenes Tages hallten die Schritte eines könglich-schwedischen Eilpostboten durch die Gänge von Schloss Haga. "Ein Paket, ein Paket" hieß es alsbald. Und in der Tat, versehen mit dem Absender K. Blomquist, Meisterdetektiv, Lillköping, wurde der Königin Solveig, welche, noch schwächelnd und blässlich aus einem Berg seidener Kopfkissen hervorlugend, gerade dem Infanten die Brust reichte, ein braungewickeltes Päckchen überreicht. In demselben fand sich, eingewickelt in Seidenpapier, ein herrlich geschliffener funkelnder Edelstein, welcher alsgleich von Hofgemmologen anhand historischer Abbildungen als der Großmummrich identifiziert wurde. Ein beiliegendes, äußerst kurz gehaltenes Begleitschreiben Blomquists enthielt nur die Worte: "Lang lebe Schweden!" In späteren Jahren wurde der Meisterdetektiv oft gefragt, auf welche Weise er in den Besitz des Großmummrichs gelangt sei. Seine Antwort lautete stets gleich: "Eine Persönlichkeit des europäischen Hochadels beauftragte mich, ausgestattet mit einer alten Handschrift, den Stein zu suchen. Aus Rücksicht auf noch Lebende kann ich über die abenteuerlichen Umstände der Suche, welche eine Vielzahl des Schilderns werte Begebenheiten umfasst und ein Dutzend der besten Erzähler auf Monate hinaus beschäftigen würde, keinerlei Auskünfte geben". Wahrlich die Worte eines Gentleman und Mannes von Ehre.
Der Gross-Mummrich heute
Seit 1946 ist der Großmummrich wieder Bestandteil des schwedischen Kronschatzes und er wird in Schloss Drottningholm aufbewahrt. Wohlgeschützt unter einer Hülle, wird er nur alle 50 Jahre, am Geburtstag Karl Gustavs, der Bevölkerung gezeigt. Die nebenstehende Aufnahme entstand am 29. April 1996, einen Tag vor der Enthüllung.
Literatur
- "Sverige Historiken", Th. Mömmsön, Uppsala, 1872.
- "Codename "Smörrebröd". Mein geheimster Fall", K. Blomquist, Lillköping, 1968.