Der Geleitzug HX 72 war ein alliierter Geleitzug der HX-Geleitzugserie zur Versorgung Großbritanniens im Zweiten Weltkrieg. Er fuhr am 9. September 1940 im kanadischen Halifax ab und traf am 22. September in Liverpool ein. Die Alliierten verloren durch deutsche U-Boote elf Frachtschiffe mit 72.727 BRT, während es auf deutscher Seite keine Verluste gab. Damit war der HX 72 einer der verlustreichsten HX-Geleitzüge.

Zusammensetzung und Sicherung

Der Geleitzug HX 72 setzte sich aus 43 Frachtschiffen zusammen. Am 9. September 1940 verließen sie das kanadische Halifax (Lage) in Richtung Liverpool (Lage). Kommodore des Konvois war Rear Admiral H. H. Rogers, der sich auf der Tregarthen eingeschifft hatte. Zum Start übernahm die Sicherung eine lokale kanadische Eskorte mit den Korvetten French, Laurier, Reindeer und Saguenay, die bis zum 11. September am Konvoi blieb und danach abdrehte. Als einzige Sicherung für die Atlantiküberquerung verblieb nur der britische Hilfskreuzer Jervis Bay am Konvoi, bis dieser am 21. September den Bereich der Westansteuerung erreichte. Hier erfolgte die Übergabe an eine britische Local Escort Group mit den Zerstörern Shikari, Scimitar und Skate, der Sloop Lowesoft und den Korvetten Calendula, Heartsease und La Malouine.

Name Flagge Vermessung in BRT Verbleib
Baron Blythswood  Vereinigtes Königreich 3.668 am 20. September von U 99 versenkt (Lage)
Blairangus  Vereinigtes Königreich 4.409 am 21. September von U 48 versenkt (Lage)
Broompark  Vereinigtes Königreich 5.136 am 21. September von U 48 beschädigt
Bur  Norwegen 4.343
Cadillac  Vereinigtes Königreich 12.062
Canonesa  Vereinigtes Königreich 8.286 am 21. September von U 100 versenkt (Lage)
Collegian  Vereinigtes Königreich 7886
Dalcairn  Vereinigtes Königreich 4.608 am 21. September von U 100 versenkt (Lage)
Defender  Vereinigtes Königreich 8258
Eastern Glade  Vereinigtes Königreich 5.057
El Aleto  Vereinigtes Königreich 7.203
Elmbank  Vereinigtes Königreich 5.156 am 21. September von U 47 und U 99 versenkt (Lage)
Empire Airman  Vereinigtes Königreich 6.561 am 21. September von U 100 versenkt (Lage)
Frederick S. Fales  Vereinigtes Königreich 10.525 am 21. September von U 100 versenkt (Lage)
Gloucester City  Vereinigtes Königreich 3.071
Hardanger  Norwegen 4.000
Harlingen  Vereinigtes Königreich 5.415
Invershannon  Vereinigtes Königreich 9.154 am 20. September von U 99 versenkt (Lage)
Janeta  Vereinigtes Königreich 5.312
Leadgate  Vereinigtes Königreich 2.125
Leighton  Vereinigtes Königreich 7.412
Losada  Vereinigtes Königreich 6.520
Mammy  Syrien 1.656
Morska Wola  Polen 3.208
Mount Kyllene  Griechenland 3.703
Muneric  Vereinigtes Königreich 5.229
Nyanza  Vereinigtes Königreich 4.974
Oakcrest  Vereinigtes Königreich 5.407
Pazific Grove  Vereinigtes Königreich 7.117
Scholar  Vereinigtes Königreich 3.940 am 21. September von U 100 versenkt (Lage)
Selvistan  Vereinigtes Königreich 5.136
Simla  Norwegen 6.031 am 21. September von U 100 versenkt (Lage)
Snar  Norwegen 3.176
Soemba  Niederlande 6.718
Torinia  Vereinigtes Königreich 10.364 am 21. September von U 100 versenkt (Lage)
Tregarthen  Vereinigtes Königreich 5.201
Tresillian  Vereinigtes Königreich 4.743
Tudor Prince  Vereinigtes Königreich 1.914
Ullapool  Vereinigtes Königreich 4.891
Urla  Vereinigtes Königreich 5.198
Venetia  Vereinigtes Königreich 5.728
Zagloba  Vereinigtes Königreich 2.864

Verlauf

Am 20. September 1940 erfasste U 47, das zu diesem Zeitpunkt als Wetterbeobachtungsboot eingesetzt war, eher zufällig den Geleitzug. Zu diesem Zeitpunkt hatte das einzige Sicherungsschiff, der Hilfskreuzer Jervis Bay, schon abgedreht und der Konvoi fuhr ohne Eskorte in den Bereich der Westansteuerung ein. Die britische Escort Group sollte planmäßig erst am 21. September den Konvoi übernehmen und nach Liverpool bringen. U 47, das nur noch einen Torpedo an Bord hatte hielt befehlsgemäß Fühlung zum Geleitzug und sendete Peilzeichen aus. Diese Peilzeichen ansteuernd näherten sich die weiteren U-Boote U 99, U 29, U 65, U 48, U 46 und U 43 dem Geleitzug. U 99, das am nächsten dran war erreichte den Geleitzug am 20. September abends und griff sofort an. Dabei versenkte es mit Torpedos die Invershannon unter Verlust von 16 der 33 Besatzungsangehörigen und die Baron Blythswood die Eisenerz geladen hatte und 33 Mann von 34 mit auf den Grund nahm. Anschließend beschädigte U 99 die Elmbank, mit einer Holz- und Metallladung die dann später gemeinsam mit U 47 mit der Deckskanone versenkt wurde, wobei 2 der 56 Crewmitglieder fielen. Die fünf anderen U-Boote die direkt aus der Basis Lorient kamen, erreichten den Geleitzug am 21. September morgens. U 48 griff noch in den Morgenstunden an und versenkte die Blairangus mit Grubenholz an Bord unter Verlust von 7 der 34 Besatzungsangehörigen und beschädigt die Broompark. Nachdem die Escort Group eintraf erfolgten am Tage keine weiteren Angriffe mehr. Erst in den Abendstunden nach Einbruch der Dunkelheit fuhr U 100 in den Geleitzug hinein und versenkte in mehreren Anläufen über vier Stunden verteilt die Canonesa, die Torinia, die Dalcairn, die Empire Airman, die Scholar, die Frederick S. Fales und die Simla. Mit den Schiffen gingen insgesamt 46 Crewmitglieder unter. Nachdem weitere Sicherungsfahrzeuge herankamen gelang es ihnen die U-Boote abzudrängen. Am 22. September traf der Konvoi in Liverpool ein. Insgesamt wurden elf Schiffe mit 72.727 BRT versenkt.

Fußnoten

  1. Jürgen Rohwer, Gerhard Hümmelchen: Chronik des Seekrieges 1939–1945, September 1940, abgerufen am 17. September 2018.
  2. Arnold Hague Convoy Database, abgerufen am 17. September 2018.
  3. Clay Blair: Der U-Boot-Krieg, Die Jäger 1939–1942, Wilhelm Heine Verlag, München 1998, ISBN 3-453-12345-X, S. 241–242.
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