Der Grand Prix de France (abfällig auch Grand Prix des Vieux Tacotsa) fand am 23. Juli 1911 auf dem 54,6 km langenb Circuit de la Sarthe bei Le Mans in Frankreich statt. Das Rennen wurde über zwölf Runden ausgetragen, was einer Renndistanz von 655,2 km entsprach.

Veranstalter war der Automobile Club de la Sarthe et de l’Ouest (ACSO), der regionale Automobilclub im Westen Frankreichs. Entgegen dem Titel war es von daher kein offizieller Großen Preis von Frankreichc, denn der wurde bis 1967 unter der Bezeichnung Grand Prix de l’ACF ausschließlich vom übergeordneten nationalen französischen Automobilclub ausgerichtet.

Rennen

Nachdem in den beiden Vorjahren mangels Teilnahmeinteresse der Automobilhersteller kein Großer Preis mehr zustande gekommen war, unternahm der Automobile Club de France für 1911 den Anlauf, seinen alljährlichen Grand Prix de l’ACF wieder ins Leben zu rufen. Allerdings blieb das Meldeergebnis erneut deutlich hinter den Erwartungen zurück, sodass für den ACF ein extremer Gesichtsverlust drohte. Um am Ende nicht mit ganz leeren Händen dazustehen, wurde das Angebot des ACSO bereitwillig aufgenommen, unter seiner Regie stattdessen ein Rennen um den Grand Prix de France auszurichten.

Insgesamt blieb die Besetzung des Teilnehmerfelds schwach. Sechs der 14 Wagen waren sogenannte Voiturettes, sodass in der eigentlichen Grand-Prix-Klasse nur acht zumeist ältere Modelle an den Start gingen. Der Fiat des späteren Siegers Victor Hémery war ein gewöhnlicher Tourenwagen, der von einem Pariser Kunden nicht abgenommen worden war und nun ohne die ursprünglich vorgesehene Karosserie ins Rennen geschickt wurde.

Der Start zum Rennen erfolgte am Sonntagmorgen um 7:00 Uhr, wobei die Teilnehmer wie üblich in festen Zeitintervallen einzeln auf die Strecke geschickt wurden. Am Ende der ersten Runde lag Georges Deydier auf Cottin & Desgouttes vor Jacques Fauquet (Rolland-Pilain) und Maurice Fournier (Corre-La Licorne) in Führung. In der zweiten Runde setzte sich Fournier an die Spitze. Im vierten Umlauf übernahm Arthur Duray auf Lorraine-Dietrich die Führung.

Fournier lag bis Mitte der sechsten Runde auf Rang zwei, als er um ca. 11:20 Uhr bei Pontlieue halten musste, um Kühlwasser nachzufüllen. Nachdem er das Rennen wieder aufgenommen hatte, wurde er vom Viertplatzierten Victor Hémery im Fiat eingeholt. Hémery versuchte Fournier auf der Geraden in Richtung der route d’Arnage zu überholen. Als die beiden Wagen bei ca. 100 km/h Seite an Seite die leichte Linkskurve nahe Ruaudin, etwa 5 km südlich von Le Mans nahmen, brach an Fourniers Corre-La Licorne eine Achse. Der Wagen überschlug sich, wodurch Fournier und sein Beifahrer Georges Louvel herausgeschleudert wurden und auf einem Feld mit dem Namen Les Hunaudières zum Liegen kamen. Der Fahrer war auf der Stelle tot, sein Co-Pilot erlag wenige Stunden später im Krankenhaus in Le Mans seinen Kopfverletzungen.

Das Rennen wurde trotz des Unfalls nicht unterbrochen. Hémery setzte sich in der siebenten Runde in Führung und siegte zusammen mit seinem Beifahrer Antonio Fagnano nach zwölf Runden überlegen vor Ernest Friederich (Bugatti Voiturette) und Fernand Gabriel (Rolland-Pilain). Seine Durchschnittsgeschwindigkeit betrug nach über sieben Stunden Renndauer 91,2 km/h. Friederich und Gabriel hatten trotz der Streckenlänge von über 50 km zwei bzw. drei Runden Rückstand auf den Sieger und fuhren nicht die komplette Distanz, sondern wurden nach Hémerys Zieldurchfahrt ebenfalls abgewinkt.

Fourniers Unglücksstelle wurde Jahre später Teil des Circuit de la Sarthe, auf dem seit 1923 das 24-Stunden-Rennen von Le Mans ausgetragen wird. Sie liegt nahezu exakt an der heutigen Mulsanne-Kurve am Ende der Hunaudières-Geraden.

Ergebnisse

Meldeliste

Team Nr. Fahrer Chassis Motor Reifen
 Corre-La Licorne 2  Maurice Fournier Corre-La Licorne
 Edmund Gentil 3  Phillipe Barriaux Alcyon
 Automobiles Lorraine-Dietrich 5  Arthur Duray Lorraine-Dietrich
 Automobiles et Moteurs Cote 6  Paul Leduc Côte
16  Jules Olier
19  Cyril de Vère
 Automobiles Excelsior 9  Paul Rivière Excelsior
 Société Générale des Automobiles Porthos 10  Henri Robert Debray Porthos
 Rolland-Pilain 11  Victor Rigal Rolland-Pilain
15  Jacques Fauquet
18  Fernand Gabriel
 Automobiles Cottin et Desgouttes 12  Georges Deydier Cottin & Desgouttes
 Victor Hémery 13  Victor Hémery Fiat S.61 Corsa oder Fiat 90 HP Fiat 10L I4 C
 Usines Bugatti 14  Ernest Friederich Bugatti T13 Bugatti 1.4L I4 M

Rennergebnis

Pos. Fahrer Konstrukteur Runden Stopps Zeit Start Schnellste Runde Ausfallgrund
1  Victor Hémery  Fiat 12 2 7:06:30,000 9 29:36,000
2  Ernest Friederich  Bugatti 10 2 + 2 Runden 10 40:22,800
3  Fernand Gabriel  Rolland-Pilain 9 2 + 3 Runden 13 32:11,000
4  Arthur Duray  Lorraine-Dietrich 8 1 DNF 3 31:50,000 Kraftübertragung
 Paul Leduc  Côte 8 DSQ 14 29:56,000
 Phillipe Barriaux  Alcyon 6 DNF 2 34:12,000 Ausfall
 Maurice Fournier  Corre-La Licorne 5 DNF 1 30:29,000 tödlicher Unfall von Fournier
 Victor Rigal  Rolland-Pilain 5 DNF 7 31:01,600 Unfall
 Jacques Fauquet  Rolland-Pilain 2 DNF 11 30:05,000 Chassis gebrochen
 Paul Rivière  Excelsior 2 DNF 5 42:00,000 Motorschaden
 Georges Deydier  Cottin & Desgouttes 1 DNF 8 29:45,600 Chassis gebrochen
 Henri Robert Debray  Prothos 1 DNF 6 43:00,000 Motorschaden
 Jules Olier  Côte 1 DNF 12 44:00,000 Motorschaden
 Cyril de Vère  Côte 1 DNF 4 Ausfall
Commons: Großer Preis von Frankreich 1911 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Grand Prix de France/Grand Prix des Vieux Tacots. (Nicht mehr online verfügbar.) www.teamdan.com, archiviert vom Original am 4. Juli 2017; abgerufen am 8. März 2020 (englisch).

Einzelnachweise

  1. 1 2 Robert Dick: Mercedes and Auto Racing in the Belle Epoque 1895–1915 (englisch), S. 251
  2. 1 2 3 4 Maurice Fournier. www.motorsportmemorial.org, abgerufen am 8. März 2020 (englisch).
  3. Über den Fiat S.61
  4. Startliste mit Fiat S.61
  5. Grand Prix de France. In: Prager Tagblatt, 24. Juli 1911, S. 4 (online bei ANNO).
  6. Der Grand Prix der Sarthe. In: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ / Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des („)Neuen Wiener Tagblatt(“) / Neues Wiener Tagblatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes / Wiener Mittagsausgabe mit Sportblatt / 6-Uhr-Abendblatt / Neues Wiener Tagblatt. Neue Freie Presse – Neues Wiener Journal / Neues Wiener Tagblatt, 24. Juli 1911, S. 14 (online bei ANNO).

Anmerkungen

a 
„Großer Preis der alten Kisten“
b 
nach anderen Angaben 54,006 km oder 54,313 km lang (vgl. Le Mans Grand Prix de l’A.C.F. Circuit (1911–1913)) (englisch)
c 
Gleiches gilt auch für die Grands Prix de France von 1912, 1913, 1949, wie auch die unter diesem Titel laufende Serie von acht Rennen 1952.
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