Der XVII. Große Preis von Frankreich (nominell XXV Grand Prix de l’Automobile Club de France) fand am 21. Juni 1931 auf dem 12,5 km langen Autodrome de Linas-Montlhéry in Frankreich statt. Als Grande Épreuve war er Wertungslauf zur Grand-Prix-Europameisterschaft 1931 und wurde gemäß den dafür geltenden Bestimmungen ohne vorgegebene Rennformel für die Wagen (einzuhalten war lediglich eine Mindestbreite von 100 cm) über eine Renndauer von 10 Stunden ausgetragen, wobei sich jeweils zwei Piloten am Steuer eines Wagens abwechselten.

Sieger wurde die Fahrerpaarung Louis Chiron/Achille Varzi auf Bugatti Type 51.

Rennen

Das zweite Grande Épreuve der Saison erzielte gegenüber dem Großen Preis von Italien mit einem Feld von 23 Wagen sogar noch einmal eine deutliche Steigerung. Noch stärkeres Anzeichen für die beginnende Gesundung der offiziellen Grand-Prix-Rennen nach der Abschaffung beinahe jeglicher technischer Restriktionen für die Wagen war jedoch die Teilnahme aller drei offizieller Werksmannschaften von Bugatti, Alfa Romeo und Maserati mit jeweils drei Wagen – eine vergleichbare Besetzung hatte seit 1914 kein französischer Grand Prix mehr gesehen.

Bugatti setzte dabei für das Heimrennen mit Louis Chiron und Achille Varzi die wohl stärkste Fahrerpaarung der Saison auf dem neuen Erfolgsmodell Bugatti Type 51 mit DOHC-Reihenachtzylinder von 2,3 Litern Hubraum ein. Zwei weitere baugleiche Wagen wurden mit Albert Divo und Guy Bouriat sowie William Grover-Williams (unter dem Pseudonym „W. Williams“) und Caberto Conelli besetzt. „Williams“ dürfte seinen Einsatz als offizieller Werksfahrer der Vermittlung des Kontakts zum britischen Reifenhersteller Dunlop zu verdanken haben, nachdem sich im Training mit den verwendeten Michelin-Reifen ein weiteres Debakel abgezeichnet hatte.

Auch Alfa Romeo trat mit drei seiner neuesten Grand-Prix-Rennwagen von ebenfalls 2,3 Litern Hubraum an, die nach dem vorangegangenen Erfolg beim italienischen Grand Prix als Typ Alfa Romeo „Monza“ in die Geschichte eingegangen sind. Die Fahrerpaarungen lauteten dieses Mal Giuseppe Campari/Baconin Borzacchini, Tazio Nuvolari/Giovanni Minozzi und schließlich Ferdinando Minoia/Goffredo Zehender. Die einzige echte Neuheit kam jedoch dieses Mal von Maserati, wo man nach den enttäuschenden Ergebnissen zum Saisonbeginn in der Zwischenzeit den Motor eines der drei Tipo 26M auf 2,8 Liter Hu8braum aufgebohrt hatte. Dieses Auto wurde in Montlhéry Luigi Fagioli und Ernesto Maserati zur Verfügung gestellt, während die Paarungen René Dreyfus/Pietro Ghersi und Clemente Biondetti/Luigi Parenti dagegen mit der seit dem Vorjahr praktisch unveränderten 2,5-Liter-Version des 26M vorlieb nehmen mussten.

Mit Rudolf Caracciola und Otto Merz mit ihrem von der Mercedes-Benz-Werksmannschaft betreuten mächtigen Mercedes SSKL-Rennsportwagen mit 7,1-Liter-Reihensechszylinder war daneben zum ersten Mal seit dem Ersten Weltkrieg auch wieder eine deutsche Mannschaft bei einem französischen Grand Prix am Start. Der Rest des Felds setzte sich schließlich aus Privatfahrern zusammen, die trotz der Länge des Rennens meist ohne größere Boxencrew auskommen mussten und allein schon deswegen nur eher geringe Erfolgsaussichten besaßen.

Vor einer Rekordkulisse von über 100.000 Zuschauern startete Fagioli auf dem neuen Maserati am besten und führte den Pulk durch die erste Runde. Bald konnte er sich zusammen mit Chiron (Bugatti) etwas absetzen und in der Folge boten die beiden immerhin etwa eine Stunde lang einen packenden Kampf um der Spitze, bei dem die Führung einige Male wechselte. Mit einigem Abstand waren auch dahinter der Maserati von Dreyfus/Ghersi mit den beiden übrigen Werks-Bugattis von Divo/Bouriat und „Williams“/Conelli noch eng beisammen, während die Alfa Romeo dem hohen Anfangstempo nicht ganz folgen konnten oder wollten.

Mit zunehmender Renndauer wurden jedoch die Bremsen immer mehr zum Thema, deren erstes Opfer der Maserati von Fagioli/Ernesto Maserati wurde. Nun trat der große Vorteil der Bugattis zutage, wo die Bremstrommeln in den Leichtmetallfelgen der Räder fest integriert waren, so dass sie bei jedem Reifenwechsel gleich automatisch mit ausgetauscht wurden. Bei Maserati und Alfa Romeo nahm dagegen allein das Erneuern der Beläge jeweils mehrere Minuten in Anspruch, ganz zu schweigen von einem vollständigen Wechsel der Bremstrommel. Beim Maserati von Dreyfus/Ghersi musste schließlich sogar Teile der Bremsanlage aus dem stillgelegten Auto von Fagioli/Maserati eingebaut werden, dennoch fiel auch dieser Wagen nun immer weiter zurück.

So lagen schließlich zum Ende der sechsten Rennstunde die drei Bugattis mit einer Runde Vorsprung auf den Alfa Romeo von Nuvolari/Minozzi gemeinsam in Front, der bald darauf durch den Ausfall von „Williams“/Conelli allerdings auf Rang drei vorrücken konnte. Aber auch im Lager von Alfa Romeo wurde die Bremsensituation nun zunehmend kritisch, so dass sich bald nur noch Campari/Borzacchini mit mehreren Runden Rückstand auf Verfolgung der beiden Bugatti befanden, während das Auto von Nuvolari/Minozzi nun sogar hinter den privat eingesetzten Maserati der beiden Briten „Tim“ Birkin und George Eyston zurückfiel.

Wie beim Rennen zuvor in Monza hatte das Publikum in der Zwischenzeit längst mit der Abwanderung begonnen, als 40 Minuten vor Rennende auch der zweitplatzierte Bugatti von Divo/Bouriat die Fahrt mit einer gerissenen Motorhalterung nicht mehr fortsetzen konnte. Um den sicheren Sieg nicht doch noch zu gefährden, wurde daraufhin für Varzi im letzten verbliebenen Wagen des Teams der Schongang verordnet, dennoch konnte er nach Ablauf der zehn Stunden am Ende die Linie noch mit drei Runden Vorsprung auf den Alfa Romeo von Campari/Borzacchini überqueren. Dritte wurden Biondetti/Parenti auf Maserati, denen es kurz vor Schluss gelungen war, ihre britischen Markenkollegen Birkin/Eyston noch abzufangen. Auf Rang fünf folgte Robert Sénéchal auf seinem ehemaligen Grand-Prix-Delage aus 1927, der das Rennen ganz allein durchgefahren hatte und dabei wie üblich durch seinen bekannt spektakulären Fahrstil – der auch ihm selbst stets großen Spaß bereitete – besonders aufgefallen war.

Ergebnisse

Meldeliste

Team Nr. Fahrer Info Chassis Motor Reifen
William Scott 2  William Scott
 Sydenham Armstrong-Payn
Delage Type 15 S 8 Delage 1.5L I8 Kompressor D
60  Roger Williams
 Tim Rose-Richards
DNA Delage Type 2 LCV Delage 2.0L V12 Kompressor
 SA Alfa Romeo 4  Ferdinando Minoia
 Goffredo Zehender
Alfa Romeo Monza Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor P
18  Giuseppe Campari
 Baconin Borzacchini
44  Tazio Nuvolari
 Giovanni Minozzi
André Vagniez 6  Francois Givaudan
 André Vagniez
DNA Bugatti T37A Bugatti 1.5L I4 Kompressor
Karl Donajowski 8  Kaye Don DNA
 Officine Alfieri Maserati 10  Luigi Fagioli
 Ernesto Maserati
Maserati 8C-2800 Maserati 2.8L I8 Kompressor P
20  René Dreyfus
 Pietro Ghersi
Maserati 26M Maserati 2.5L I8 Kompressor
46  Clemente Biondetti
 Luigi Parenti
Jack Dunfee 12  Jack Dunfee
 Donald Appleyard

DNSa
Sunbeam GP 1925 Sunbeam 2.0L I6 Kompressor
Vicomte Luis Monteiro 14  Luis Monteiro
Deperi
DNA Démo De Coucy 1.2L I4 Kompressor
 Henri Stoffel 16  André Boillot
 Henri Stoffel
DNA Peugeot 174S Peugeot 4.0L I4 M
Vicomte Roger Pierre d’Arnoux 22  Georges d’Arnoux
 Max Fourny
Bugatti T35C Bugatti 2.0L I8 Kompressor
René Ferrant 24  René Ferrant
 Louis Rigal
Peugeot 174S Peugeot 4.0L I4
 Boris Iwanowski 26  Boris Iwanowski
 Henri Stoffel

DNSa
Mercedes-Benz SSK Mercedes-Benz M06 7.1L I6 Kompressor
34  Emilio Eminente
 Edmond Bourlier
Bugatti T35B Bugatti 2.3L I8 Kompressor
 Automobiles Ettore Bugatti 28  Albert Divo
 Guy Bouriat
Bugatti T51 Bugatti 2.3L I8 Kompressor M Db
32  Louis Chiron
 Achille Varzi
42  William Grover-Williams
 Caberto Conelli
 Earl Howe 30  Earl Howe
 Brian Lewis
Bugatti T51 Bugatti 2.3L I8 Kompressor D
 Robert Sénéchal 36  Robert Sénéchal
 Henri Frètet

DNSc
Delage Type 15 S 8 Delage 1.5L I8 Kompressor
 Jean-Pierre Wimille 38  Jean-Pierre Wimille
 Jean Gaupillat
Bugatti T51 Bugatti 2.3L I8 Kompressor M
 Henry Birkin 40  Henry Birkin
 George Eyston
Maserati 26M Maserati 2.5L I8 Kompressor D
Jean Pesato 48  Jean Pesato
 Pierre Félix
Alfa Romeo 6C-1750 Alfa Romeo 1.8L I8 Kompressor
Enzo Grimaldi 50  Enzo Grimaldi
 René Bourgait
Bugatti T35C Bugatti 2.0L I8 Kompressor
 Marcel Lehoux 52  Marcel Lehoux
 Philippe Étancelin

DNSa
Bugatti T51 Bugatti 2.3L I8 Kompressor
 William Grover-Williams 54  William Grover-Williams
 Arthur Duray
DNSd Bugatti T35C Bugatti 2.0L I8 Kompressor D
 Édouard Brisson 56  Édouard Brisson
 Joseph Cattaneo
DNA Stutz Stutz 5.3L I8
 Rudolf Caracciola 58  Rudolf Caracciola
 Otto Merz
Mercedes-Benz SSKL Mercedes-Benz M06 RS 7.1L I6 Kompressor C
a 
Bevor es zum Fahrerwechsel kam, war das Auto bereits aus dem Rennen.
b 
Die ursprünglich verwendeten Michelin-Reifen erwiesen sich bereits im Training als den Belastungen nicht gewachsen. Der privat gemeldete britische Fahrer „W. Williams“ stellte dem Team daher testweise einen Bestand seiner Dunlop-Reifen zur Verfügung und wurde zum Dank ins Werksteam aufgenommen. Zum Rennen wurden daraufhin weitere Reifen aus England eingeflogen.
c 
Sénéchal fuhr das Rennen ohne Ablösung durch.
d 
Weil er in die Bugatti-Werksmannschaft aufgenommen wurde, zog Williams das privat gemeldete Auto zurück.

Startaufstellung

Die Startpositionen wurden in der Reihenfolge der vorab zugeteilten Startnummern vergeben.

 Scott Minoia Fagioli
 Dunfee
 Campari Dreyfus d´Arnoux
 Ferrant Iwanowski
 Divo Howe Chiron
 Eminente Sénéchal
 Wimille Birkin Williams
 Nuvolari Biondetti
 Pesato Grimaldi Lehoux
 Caracciola

Rennergebnis

Pos. Fahrer Konstrukteur Runden Stopps Zeit Start Schnellste Runde Ausfallgrund EM-Punkte
1  Louis Chiron
 Achille Varzi
 Bugatti 101 10:08:31,4 h 12 1
1
2  Giuseppe Campari
 Baconin Borzacchini
 Alfa Romeo 97 + 4 Runden 5 2
2
3  Clemente Biondetti
 Luigi Parenti
 Maserati 95 + 6 Runden 19 3
3
4  Henry Birkin
 George Eyston
 Maserati 94 + 7 Runden 16 4
4
5  Robert Sénéchal
 (Henri Frètet)
 Delage 91 + 10 Runden 14 4
8
6  Ferdinando Minoia
 Goffredo Zehender
 Alfa Romeo 90 + 11 Runden 2 4
4
(7)  Albert Divo
 Guy Bouriat
 Bugatti 90 + 11 Runden 10 Ölleitung 4
4
8  René Dreyfus
 Pietro Ghersi
 Maserati 88 + 13 Runden 6 4
4
9  René Ferrant
 Louis Rigal
 Peugeot 85 + 16 Runden 8 4
4
10  Jean Pesato
 Pierre Félix
 Alfa Romeo 84 + 17 Runden 20 4
4
11  Tazio Nuvolari
 Giovanni Minozzi
 Alfa Romeo 84 + 17 Runden 18 4
4
12  Earl Howe
 Brian Lewis
 Bugatti 78 + 23 Runden 11 4
4
 Jean-Pierre Wimille
 Jean Gaupillat
 Bugatti 71 DNF 15 Aufhängungsbruch 5
5
 Emilio Eminente
 Edmond Bourlier
 Bugatti 69 DNF 13 Wagenbrand 5
5
 Georges d’Arnoux
 Max Fourny
 Bugatti 67 DNF 7 Mechanik 5
5
 William Grover-Williams
 Caberto Conelli
 Bugatti 66 DNF 17 Schraubenbruch der Antriebswelle 5
5
 Enzo Grimaldi
 René Bourgait
 Bugatti 47 DNF 21 Mechanik 6
6
 Luigi Fagioli
 Ernesto Maserati
 Maserati 46 DNF 3 5:29,0 min1 Bremsdefekt 6
6
 Rudolf Caracciola
 Otto Merz
 Mercedes 38 DNF 23 Kompressorschaden 6
6
 William Scott
 Sydenham Armstrong-Payn
 Delage 21 DNF 1 Achsbruch 7
7
 Marcel Lehoux
 (Philippe Étancelin)
 Bugatti 16 DNF 22 Motorschaden 7
8
 Boris Iwanowski
 (Henri Stoffel)
 Mercedes 13 DNF 9 Achsbruch 7
8
 Jack Dunfee
 (Donald Appleyard)
 Sunbeam 1 DNF 4 defekte Achswelle 7
8

1 Luigi Fagioli

Commons: Großer Preis von Frankreich 1931 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Das erste als Grand Prix de l’ACF organisierte Rennen fand 1906 statt. In den 1920er Jahren wurden jedoch rückwirkend auch den „großen“ Stadt-zu-Stadt-Rennen der Anfangsjahre zwischen 1895 und 1903 dieser Titel verliehen, obwohl das Gründungsdatum des ACF sogar erst nach dem Rennen Paris–Bordeaux–Paris 1895 liegt. Durch diese Zählweise wurde die Veranstaltung von 1906 nachträglich zum offiziell neunten Grand Prix de l’A.C.F ernannt. Diese Nummerierung wurde auch nach der 1968er Umbenennung des Grand Prix de l’ACF zum Grand Prix de France durchgängig weiter fortgeführt.
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