Der Internationale Frauenrat (englisch: International Council of Women, ICW), bis 1949 in deutscher Übersetzung meist Frauenweltbund oder auch Frauenweltrat, ist eine Nichtregierungsorganisation und internationale Vereinigung, die als Dachorganisation von national organisierten Frauenbewegungen insbesondere für die Förderung von Frauenrechten eintritt.

Sitz der internationalen Organisation ist Paris. In beratender Funktion ist der Frauenrat für folgende UN-Organisationen tätig: ECOSOC, ILO, FAO, WHO, UNDP, UNEP, UNESCO, UNICEF, UNCTAD oder UNIDO.

Organisation

Dem Rat gehören an: Nationale Dachverbände, meist mit der Bezeichnung „Frauenrat“ in Landessprache; sowie Einzelpersonen, letztere meist als Individuum, als Ehrenmitglied oder als Vertreter einer internationalen Nichtregierungsorganisation oder auch Künstlergruppe.

Im dreijährigen Turnus finden seit 1947 einwöchige Generalversammlungen mit Teilnehmern aus allen Mitgliedsverbänden statt, bei denen unter anderem Vorstand und Präsidentin des ICW gewählt werden. Die 36. Generalversammlung fand 2022 in Avignon statt; die 37. Generalversammlung ist für 2025 in Brisbane geplant.

Neben den Strukturen des ICW existieren vier Regional Councils (Regionalräte), denen jeweils nationale Dachverbände angehören:

  • Der Asia-Pacific Regional Council (APRC) für Asien und Ozeanien, gegründet 2004, setzt sich insbesondere für Umwelt- und Klimaschutz ein
  • Das European Centre of the International Council of Women (ECICW) für die Mitgliedsverbände aus der EU, gegründet 1961, ist Gründungsmitglied der European Women’s Lobby (EWL), der nach Mitgliederzahl aller durch ihn vertretenen Verbände größten europäischen NGO-Lobbyorganisation.
  • Der Regional Council Americas (RCA) für Nord- und Südamerika, wurde 1987 gegründet und ist aus politischen Gründen in fünf Teilregionen aufgeteilt.
  • Der African Regional Council of Women (ARCW) ist der neueste Regionalverband.

Im deutschsprachigen Raum wird der ICW vertreten durch den Deutschen Frauenring e.V., den Bund Österreichischer Frauenvereine (BÖFV) und den Bund Schweizerischer Frauenvereine (alliance F).

Staat vertreten durch Mitglied seit Regionalrat
Argentinien Consejo de mujeres de la Repùblica Argentina RCA (Südamerika)
Australien National Council of Women of Australia 1931 APRC
Aserbaidschan ECICW
Belgien Conseil National des Femmes Belges 1905–1974
Nederlandstalige Vrouwenraad ab 1974 ECICW
Conseil des Femmes Francophones de Belgique ab 1974 ECICW
Bangladesch Bangladesh Mahila Parishad 1970
Bolivien Consejo Nacional de Mujeres de Bolivia RCA (Südamerika)
Brunei Council of Women of Brunei Darussalam (CWBD) 1984 APRC
Cookinseln Cook Islands National Council of Women (CINCW) 1981 APRC
Costa Rica
Dänemark Kvinderadet (Women’s Council in Denmark) 1899 ECICW
Deutschland Bund Deutscher Frauenvereine 1897–1933
Deutscher Frauenring e. V. 1951 ECICW
Dominikanische Republik Consejo Nacional de Mujeres Inc. de la Republica Dominicana RCA (Zentralamerika und Karibik)
Fidschi Fiji National Council of Women APRC
Finnland Naisjärjestöjen keskusliitto (National Council of Women of Finland) 1911
Frankreich Conseil National des Femmes Françaises (CNFF) 1901 ECICW
Griechenland National Council of Greek Women (NCGW) 1908 ECICW
Guatemala Consejo Nacional de Mujeres de Guatemala 1964 RCA (Zentralamerika und Karibik)
Indien National Council of Women in India 1925 APRC
Indonesien Kongres Wanita Indonesia - Kowani (gegründet 1928) 1973 APRC
Israel Council of Women’s Organizations in Israel (CWOI) (und Na’amat) 1953 ECICW
Italien Consiglio Nazionale delle Donne Italiane - CNDI 1903 ECICW
Kambodscha Women’s Confederation of Cambodian Organisations WCCO AFESIP APRC
Kamerun Organisation des Femmes du Rassemblement démocratique du Peuple Camerounais
Kanada National Council of Women of Canada 1893 RCA (Nordamerika)
Kenia National Council of Women of Kenya
Kolumbien Consejo Nacional de Mujeres de Colombia RCA (Anden)
Republik Kongo Conseil National des Associations des Femmes du Congo - CONAFECO
Südkorea Korean National Council of Women 1959 APRC
Libanon Conseil des Femmes Libanaises
Lesotho Lesotho National Council of Women (LNCW) 1963
Litauen Lithuanian Women’s Society ECICW
Luxemburg Conseil National des Femmes du Luxembourg (CNFL) 1975 ECICW
Malaysia National Council of Women’s Organizations Malaysia 1962 APRC
Malta National Council of Women of Malta 1964 ECICW
Mazedonien Union of Women’s Organizations of the Republic of Macedonia - UWOM ECICW
Monaco Union des Femmes Monégasques ECICW
Mongolei National Network of the Mongolian Women’s NGOs 2000 APRC
Marokko Union Nationale des Femmes Marocaines 1969
Madagaskar Conseil National des Femmes de Madagascar
Nepal Rural Women’s Network Nepal (RUWON Nepal) 2007
Niederlande Nederlandse Vrouwen Raad - NVR 1898 ECICW
Neuseeland National Council of Women of New Zealand APRC
Nigeria National Council of Women’s Societies - Nigeria
Norwegen Norske Kvinners Nasjonalråd (aufgelöst) 1904–1989
Österreich Bund Österreichischer Frauenvereine 1904–1938; ab 1951 ECICW
Pakistan All Pakistan Women’s Association APRC
Papua-Neuguinea National Council of Women of Papua New Guinea APRC
Peru Consejo Nacional de Mujeres del Peru RCA (Anden)
Philippinen National Council of Women of the Philippines APRC
Russland The Women Union of Russia ECICW
Samoa National Council of Women of Samoa 1953 APRC
Schweden Svenska Kvinnors Nationalförbund (aufgelöst) 1896–1929
Schweiz Alliance F. - Alliance de Sociétés Féminines Suisses 1903
Senegal Association pour la Promotion de la Femme sénégalaise (APROFES) 1987
Slowenien
Spanien Consejo Nacional de Mujeres de Espana 1982 ECICW
Südafrika National Council of Women of South Africa 1913
Taiwan National Council of Women of Taiwan ROC 1997 APRC
Thailand National Council of Women of Thailand 1956 APRC
Tunesien Union Nationale de la Femme Tunisienne 1956
Türkei National Council of Turkish Women
Uganda National Association of Women’s Organizations in Uganda - NAWOU 1992
Ukraine National Council of Women of Ukraine
Ungarn Association of Hungarian Women 1989 ECICW
USA National Council of Women of USA, Inc. 1888 RCA (Nordamerika)
Uruguay Consejo Nacional de Mujeres del Uruguay - CONAMU RCA (Südamerika)
Vereinigtes Königreich National Council of Women of Great Britain 1898 ECICW
Vanuatu Vanuatu Council of Women APRC

Geschichte

Präsidentinnen des ICW im Zeitraum Nationalität
keine 1888–1893 -
Ishbel Maria Hamilton-Gordon 1893–1899 Schottland
May Wright Sewall 1899–1904 USA
Ishbel Maria Hamilton-Gordon 1904–1920 Schottland
Pauline Chaponnière-Chaix 1920–1922 Schweiz
Ishbel Maria Hamilton-Gordon 1922–1936 Schottland
Marthe Boël 1936–1947 Belgien
Renée Girod (interim) 1940–1945 Schweiz
Jeanne Eder-Schwyzer 1947–1957 Schweiz
Marie-Hélène Lefaucheux 1957–1963 Frankreich
Mary McGeachy 1963–1973 Kanada
Mehrangiz Dolatshahi 1973–1976 Iran
Ngarmchit Prem Purachatra 1976–1979 Thailand
Miriam Dell 1979–1986 Neuseeland
Hong Sook-ja 1986–1988 Südkorea
Lily Boeykens 1988–1994 Belgien
Kuraesin Sumhadi 1994–1997 Indonesien
Pnina Herzog 1997–2003 Israel
Anamah Tan 2003–2009 Singapur
Cosima Schenk 2009–2015 Schweiz
Jungsook Kim 2015–2022 Südkorea
Martine Marandel 2022– Frankreich

Als Gründungsdatum des ICW gibt dieser seit den 1930er Jahren das Jahr 1888 an. Tatsächlich markiert dieses Jahr aber nur den Anfang der Organisationsstruktur auf nationaler Ebene in den USA. Erst gegen die Jahrhundertwende 1900 kam es tatsächlich zu multinationaler Zusammenarbeit und konkurrierende Initiativen aus Europa schlossen sich der amerikanischen Ratsstruktur an.

Gründungsjahre

Die amerikanischen Suffragettenführerinnen Elizabeth Cady Stanton und Susan B. Anthony hatten sich in den 1880ern auf Bildungsreisen durch Europa mit dortigen Vertreterinnen für Frauenrechte verständigt; die Ideen zu grenzübergreifender Zusammenarbeit waren dennoch zunächst vage geblieben. Dies änderte sich als ihnen May Wright Sewall ihre Idee von Frauenräten (Councils) vorstellte, um Frauen zu organisieren und zu einer gesellschaftlichen Kraft zu vereinen. Gemeinsam versammelten Anthony und Sewall in der Woche ab dem 25. März 1888 ihre Mitstreiterinnen in Washington, D.C., um die offizielle Gründungssitzung des ICW abzuhalten.

Neben der größten Delegation aus den USA nahmen auch Vertreterinnen aus England, Irland, Frankreich, Norwegen, Dänemark, Finnland, Indien und Kanada teil. Unter den Teilnehmerinnen waren unter anderem Clara Barton, Frances Willard, Antoinette Brown Blackwell, Julia Ward Howe, Lucy Stone, Ishbel Maria Hamilton-Gordon (Lady Aberdeen) und Henrietta Edwards. In Washington gab sich die Organisation eine Satzung, gründete ein Nationales Komitee für die Vereinigten Staaten, und legte einen fünfjährigen Turnus für weitere Versammlungen fest. Dies wurde später um zweijährliche Treffen eines Exekutivkomitees ergänzt.

Der ICW übernahm die Veranstaltung einiger Internationaler Frauenkongresse – ein solcher hatte bereits zuvor 1878 in Paris stattgefunden. Mit dem ICW-Frauenweltkongress in Chicago (1893 im Rahmenprogramm der Weltausstellung) und der dortigen Gründung des kanadischen Mitgliedsverbands etablierte sich der ICW erst als internationale amerikanische Frauenorganisation. Bei der Zusammenkunft in London (1899) gab es auch deutlich regere Teilnahme aus Europa. Auch andere Organisationen, wie etwa 1894 und 1904 der Bund Deutscher Frauenvereine (BDF) in Berlin, hielten solche internationalen Gründungskonferenzen ab. Der BDF war ab 1897 bis zu seiner Selbstauflösung 1933 eine Mitgliedsorganisation im ICW.

Entwicklung

Der ICW setzte sich zunächst für die Einrichtung von nationalen Verbänden in möglichst vielen Staaten ein und organisierte Konferenzen zum gegenseitigen Austausch. Da sich rasch Kernanliegen aller beteiligten Frauen herausbildeten, wurde die Agenda um Friedensprojekten, Frauenrechte wie das Frauenwahlrecht, bessere Bildungschancen für Mädchen und das Recht auf Erwerbstätigkeit ergänzt. Trotz der Herkunft aus der Suffragetten-Bewegung wurde die Forderung nach vollständiger Gleichberechtigung zunächst nicht weiter unterstützt, um auch konservative Mitglieder zu gewinnen und zu halten. Dies führte unter anderem zur Abspaltung der International Alliance of Women (IAW, auf deutsch zunächst Weltbund für Frauenstimmrecht), welche eindeutiger politisch-feministische Ziele verfolgte. Weil in den Gründungsjahren die meisten Mitglieder US-amerikanischer Herkunft waren, und auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch die Industrienationen die meisten Mitglieder stellten, etablierten sich Englisch, Französisch und Deutsch als damalige Umgangssprachen, was wiederum Nicht-Europäer lange fernhielt.

Nach Gründung des Völkerbunds entwickelte sich der ICW zu einer Lobbyorganisation, die zwar keine Vertreter entsenden konnte, aber ihre Interessen etwa bezüglich der rechtlichen Gleichstellung zum Mann darlegen konnte. 1931 rief der Völkerbund etwa auf Drängen des ICW ein Komitee ins Leben, welches über die Nationalität der Frau bei grenzüberschreitenden Ehen beriet. Auch nach der Gründung der Vereinten Nationen wurde der ICW als Organisation von Interessensverbänden anerkannt und ist in beratender Funktion für UNO-Gremien tätig, während die nationalen Dachverbände auf entsprechend nationaler und regionaler Ebene wirken sollen.

1938 gab es bereits 36 Nationale Frauenräte (Councils). Der Zweite Weltkrieg zerstörte jedoch in vielen Ländern die existierenden Strukturen: so löste sich beispielsweise bereit 1933 der deutsche Dachverband auf, um nicht gleichgeschaltet zu werden. Auch der österreichische Verband wurde 1938 vorübergehend aufgelöst.

Nachkriegszeit

Erst mit der Konferenz in Philadelphia 1947 nahm der ICW seine Arbeit wieder in Gänze auf. An die Stelle von Hauptversammlungen alle fünf und Exekutivsitzungen alle zwei Jahre, trat nun ein Dreijahres-Turnus für Generalversammlungen. 1949 wurde der Deutsche Frauenring, nicht jedoch der kurz darauf gegründete Deutsche Frauenrat das neue Mitglied im ICW.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beteiligte sich der ICW nach dem Internationalen Jahr der Frau auch an der Veranstaltung von Internationalen Konferenzen im Rahmen der UN-Dekade der Frau: Die erste World Conference on Women fand 1975 in Mexiko-Stadt statt, es folgten Kopenhagen 1980, Nairobi 1985 und Peking 1995.

Im Jahr 2003 umfasste der ICW 59 National Councils, aktuell sind es mehr als 70.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Nach einem Beschluss in Lugano von 1949 wurde die bis dahin uneinheitliche deutsche Übersetzung auf Internationaler Frauenrat festgesetzt. Digitalisat (PDF)
  2. http://www.icw-cif.com/01/06.php
  3. Ein Beschluss aus dem Jahr 1920 schreibt fest, dass keine Einzelperson als Gründerin des ICW zu gelten habe, aber Anthony und Sewall als herausragende Initiatoren gewürdigt werden. Digitalisat (PDF)
  4. National Woman Suffrage Association (1888). Report of the International Council of Women: Assembled by the National Woman Suffrage Association, Washington, D. C., U. S. of America, March 25 to April 1, 1888 S. 9–11.
  5. The Europa World Year Book 2003: Digitalisat, Seite 379
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