Die deutsche Sprachgeschichte oder Geschichte der deutschen Sprache im engeren Sinne beginnt Mitte des 8. Jahrhunderts mit den ersten überlieferten althochdeutschen Texten und Glossaren, wie den Merseburger Zaubersprüchen und dem Abrogans. Nicht allzu lange davor, im 7. Jahrhundert, hatten sich die vordeutschen Dialekte in Süd- und Mitteldeutschland mit der Zweiten Lautverschiebung aus dem Kontinuum der westgermanischen Sprachvarianten herausgelöst. Auch das 7. Jahrhundert kann insofern als Beginn der deutschen Sprache angesehen werden. Allerdings sind aus dem 3. bis 7. Jahrhundert im späteren deutschen Sprachgebiet nur eine kleine Zahl kurzer Runeninschriften erhalten. Unter Berücksichtigung ihrer Vorgeschichte ist die deutsche Sprache indes viel älter und kann unter Einbeziehung ihrer westgermanischen, urgermanischen und indogermanischen Vorläufer bis mindestens ins 4. Jahrtausend vor Christus zurückverfolgt werden.
Deutsch, als eine der Sprachen der germanischen Sprachgruppe, gehört zur indogermanischen Sprachfamilie und hat ihren Ursprung in der rekonstruierten proto-indogermanischen Sprache. Diese hat sich spätestens im 3. Jahrtausend vor Christus in einen östlichen und einen westlichen („alteuropäischen“) Zweig geteilt. Letzterer bildet die Vorform der italischen, keltischen und germanischen Sprachen und damit auch des Deutschen. Die bronze- und eisenzeitliche Vorform der germanischen Sprachen des 2. und frühen ersten Jahrtausends vor Christus („Frühurgermanisch“ bzw. „prägermanisch“) wurde von der linguistischen Forschung lange Zeit wenig bearbeitet und erst im frühen 21. Jahrhundert genauer erforscht und beschrieben.
Aus dieser Zwischenstufe hat sich in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends v. Chr. die germanische Ursprache herausgebildet. Die entscheidende Zäsur hierfür war die Erste Lautverschiebung. Die daraus hervorgegangene, rekonstruierte urgermanische Sprache wurde im 2. und 1. Jahrhundert vor Christus gesprochen, beispielsweise von den Kimbern und Teutonen. Auch aus dieser Sprache sind bisher keine Texte überliefert, sondern nur einzelne Lehnworte sowie wahrscheinlich die Runeninschrift von Negau. Die weiteren Veränderungsprozesse haben über die westgermanische Zwischenstufe schließlich im 7. Jahrhundert n. Chr. mit der Zweiten Lautverschiebung zur Entstehung der althochdeutschen Sprache geführt.
Diese erste in Texten überlieferte Stufe des Deutschen, die von zirka 700 bis um 1050 dauerte, wird als Althochdeutsch bezeichnet. Ihr folgte die Stufe der mittelhochdeutschen Sprache, die in deutschen Gebieten bis um 1350 gesprochen wurde. Ab 1350 spricht man von der Epoche des Frühneuhochdeutschen und seit ungefähr 1650 des Neuhochdeutschen – der modernen Entwicklungsphase der deutschen Sprache, die bis heute andauert. Die angegebenen Daten sind nur angenähert, genaue Datierungen sind nicht möglich. Wie bei allen Sprachen sind die Entwicklungsprozesse im Deutschen nur in einem langen Zeitraum zu beobachten und erfolgen nicht abrupt; außerdem unterscheiden sich diese Veränderungen hinsichtlich ihres Umfangs und Tempos von Region zu Region.
In der mittelhochdeutschen Periode entwickelten sich im deutschen Sprachgebiet eine spezifische Ausprägung des Deutschen, die von Juden untereinander gesprochen und in der Regel mit dem hebräischen Alphabet geschrieben wurde, das Jiddische. Charakteristisch sind viele Entlehnungen aus dem Hebräischen (ca. 15 % des Wortschatzes) sowie in geringem Maße aus dem Romanischen (Französisch, Italienisch und Spanisch, ca. 5 % des Wortschatzes), zu denen ab dem 14. Jahrhundert Entlehnungen aus slawischen Sprachen kamen.
Indogermanisch
Ursprung der indogermanischen Sprachen
Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Sprachen Europas und Asiens (zum Beispiel Sanskrit) wurden schon im 17. und 18. Jahrhundert bemerkt; erst Anfang des 19. Jahrhunderts begannen aber die Sprachwissenschaftler (unter anderem Franz Bopp und Jacob Grimm), diese Ähnlichkeiten systematisch auf historischer Basis zu erforschen. Dabei kamen sie zu der Schlussfolgerung, dass fast alle Sprachen (und somit wohl auch Völker) Europas und mehrere Sprachen (und Völker) Asiens einen gemeinsamen Ursprung hatten. Weil diese verwandten Nationen ein weites Territorium von den germanischen Völkern im Westen bis zu den asiatischen Völkern im Norden Indiens besetzen, wurde das hypothetische Urvolk Indogermanen, und die Sprache, die sie vor mehreren Jahrtausenden sprachen, die Indogermanische Ursprache genannt. Außerhalb des deutschen Sprachraums wird diese erschlossene Sprache meist als „indoeuropäische“ Sprache bezeichnet.
Nach heutigem Forschungsstand hat sich die Urheimat der Indogermanen wahrscheinlich nördlich und östlich vom Schwarzen Meer befunden, von wo sie sich in andere Regionen Europas und Asiens ausbreiteten. Indogermanische Sprachen sind heute die meistverbreitete Sprachfamilie der Welt; die zu dieser Gruppe gehörenden Sprachen werden als Muttersprachen auf allen Kontinenten (außer der unbewohnten Antarktis) gesprochen. In Europa gibt es nur wenige Sprachen (zum Beispiel Ungarisch, Finnisch, Estnisch, Baskisch, Türkisch), die nicht zu dieser Sprachfamilie gehören.
Einteilung der indogermanischen Sprachen
Die indogermanische Sprachfamilie besteht aus folgenden Sprachgruppen bzw. Einzelsprachen (manche von ihnen sind ausgestorben):
- Anatolische Sprachen, zum Beispiel Hethitisch (†). Alle Sprachen dieser Gruppe sind ausgestorben, sie haben sich bereits in einer sehr frühen Phase, wohl spätestens im 4. Jahrtausend vor Christus, vom Hauptstamm des Proto-Indogermanischen abgetrennt;
- Indoiranische Sprachen mit zwei Untergruppen:
- Indoarische Sprachen mit vielen Einzelsprachen, die auf dem Großteil des Territoriums des indischen Subkontinents (aber nicht in seinem südlichen Teil) gesprochen werden, zum Beispiel Hindi, Urdu, Bengali;
- Iranische Sprachen, die vor allem auf dem Territorium des Iran, Afghanistan, Pakistan, Tadschikistan gesprochen werden (zum Beispiel Persisch, Paschtu);
- Balkanindogermanische Sprachen, vor allem: Griechisch, Armenisch und das ausgestorbene Phrygisch. Ob auch das Albanische, Illyrische (†) und Thrakische (†) zu dieser Untergruppe gehören, ist unklar bzw. umstritten. Die balkanindogermanische Gruppe ist innerhalb des Indogermanischen die nächstverwandte Gruppe zur indoiranischen Sprachfamilie. Beide Gruppen zusammen werden auch als östliches Indogermanisch (im englischen Sprachgebrauch „Graeco-Aryan“) bezeichnet;
- Slawische Sprachen, wie Russisch, Polnisch und Tschechisch; die nächstverwandte Gruppe bilden die
- baltischen Sprachen, von denen nur die beiden ostbaltischen Sprachen Litauisch und Lettisch bis heute erhalten geblieben sind; im 17. Jahrhundert ausgestorben ist dagegen das (westbaltische) Altpreußische, das wegen seiner Urtümlichkeit für die Rekonstruktion des Indogermanischen von besonderer Bedeutung ist;
- Italische Sprachen, von denen Latein und alle romanischen Sprachen (wie Italienisch, Französisch und Spanisch) abstammen; die nächstverwandte Gruppe des Italischen bilden die
- Keltischen Sprachen, einst eine in Europa sehr verbreitete Sprachgruppe, heute auf kleine Sprachgemeinschaften in Großbritannien (zum Beispiel Walisisch, Schottisch-Gälisch), Irland (Irisch) und Frankreich (Bretonisch) beschränkt;
- Germanische Sprachen mit folgenden Untergruppen:
- Nordgermanische Sprachen: Dänisch, Färöisch, Isländisch, Norwegisch und Schwedisch;
- Ostgermanische Sprachen: Burgundisch (†), Gotisch (†), Krimgotisch (†), Suebisch (Suevisch) (†), Vandalisch (Wandalisch) (†) – alle Sprachen dieser Untergruppe sind ausgestorben, die einzige Sprache, die aufgrund erhaltener Texte gut überliefert wurde, ist das Gotische;
- Westgermanische Sprachen: Deutsch, Englisch, Niederländisch, Afrikaans, Jiddisch und Friesisch.
Italisch, Keltisch und Germanisch bilden zusammen die westliche Gruppe des Indogermanischen, zu der oft auch die baltische Sprachgruppe gerechnet wird. Innerhalb dieser westlichen Gruppe trennte sich zunächst die Vorläufersprache des späteren Germanischen (die sogenannte prägermanische Sprache) im nördlichen Mitteleuropa von der italo-keltischen Gruppe im südlichen Mitteleuropa. Dies geschah wahrscheinlich (spätestens) im frühen 2. Jahrtausend vor Christus.
- Einzelne Sprachen, die bisher keiner der obigen Gruppen sicher zugeordnet werden können und überwiegend ausgestorben (†) sind, wie: Etruskisch (†), Tocharisch (†), Venetisch (†), Illyrisch (†), Thrakisch (†) und auch Albanisch. Die drei letztgenannten Sprachen gehören am ehesten zu den balkanindogermanischen Sprachen, das Venetische wiederum steht vermutlich dem Italischen bzw. Italo-Keltischen nahe.
Von der Verwandtschaft aller dieser Sprachen, die scheinbar wenig Gemeinsames haben, zeugen viele Ähnlichkeiten sowohl im Wortschatz als auch in grammatischen Strukturen. Als Beispiel dieser Verwandtschaft kann folgende Tabelle dienen, in der Zahlwörter von 1 bis 10 sowie 20 und 100 in verschiedenen Sprachen und in ihrer Wurzel – der indogermanischen Sprache – dargestellt sind:
Deutsch | Griechisch | Vedisch | Kurdisch | Latein | Walisisch | Gotisch | Litauisch | Serbisch | Indogermanisch |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
eins | heīs (< *hens < *sems) | eka | yak | ūnus (vgl.a. semel) | un | ains | vienas | jedan | *oyno-, oyko-, sem- |
zwei | duō | dvā | du | dúō | dau | twai | du | dva | *duwóh₁ |
drei | treīs | trayas | Se | trēs | tri | þreis | trys | tri | *tréyes |
vier | téttares | catvāras | cwar | quattuor | pedwar | fidwor | keturi | četiri | *kʷetwóres |
fünf | pénte | pañca | penc | quinque | pump | fimf | penki | pet | *pénkʷe |
sechs | héks | ṣāt | seṣ | sex | chwech | saihs | šeši | šest | *swék̑s |
sieben | heptá | sapta | havt | septem | saith | sibun | septyni | sedam | *septḿ̥ |
acht | oktō | aṣṭā | haṣt | octo | wyth | ahtau | aštuoni | osam | *ok̑tō |
neun | ennéa | nava | no | novem | naw | niun | devyni | devet | *néwn |
zehn | déka | daśa | da | decem | deg | taihun | dešimt | deset | *dék̑m̥ |
zwanzig | wikati (dorisch) | vimśati | bist / vist | viginti | ugeint (Mittelwalisisch) | dvidešimt | dvadeset | *wīk̑mtī | |
hundert | hekatón | śatam | sat | centum | cant | hund | šimtas | sto | *k̑m̥tóm |
Die mit einem Sternchen (*) markierten Wörter sind rekonstruiert. Es sind keine indogermanischen Texte erhalten, und indogermanische Wörter und Laute können nur durch systematischen Vergleich der Lexeme und Phoneme erschlossen werden. Durch den Erkenntnisfortschritt der Linguistik müssen diese rekonstruierten Formen mitunter revidiert werden; auch nach dem heutigen Forschungsstand bleibt Indogermanisch ein mit Unsicherheiten behaftetes hypothetisches Konstrukt, aber nur wenige Linguisten zweifeln an seiner tatsächlichen Existenz. Trotz aller Unsicherheiten haben Sprachwissenschaftler versucht, nicht nur einzelne Worte und Formen, sondern auch kürzere Texte (sogar eine indogermanische Fabel, siehe unten) in dieser Sprache zu verfassen. Es ist evident, dass solche Rekonstruktionen die Änderungen, denen das Indogermanische in seiner Geschichte unterlegen hat, sowie die Vielfalt der Dialekte, die in verschiedenen Gebieten dieser Sprache gesprochen wurden, nicht wiedergeben können.
Auseinanderentwicklung der indogermanischen Sprachen, östliche und westliche Gruppe
Durch sprachwissenschaftliche Forschungen können der Wortschatz und grammatische Strukturen des Indogermanischen bis ins 4. Jahrtausend v. Chr. erschlossen werden; über die Genese und früheren Entwicklungsstufen des Indogermanischen sind nur wenige Aussagen möglich, etwa mit der linguistischen Methode der sogenannten internen Rekonstruktion. Schon früh – vermutlich spätestens im 3. Jahrtausend vor Christus – begann der Differenzierungsprozess des Indogermanischen, bereits damals begannen sich aus dem Proto-Indogermanischen die Vorformen der heutigen Sprachgruppen zu entwickeln, wobei nicht immer gesichert ist, in welcher Reihenfolge sich die Untergruppen und einzelnen Nachfolgesprachen trennten.
Am wahrscheinlichsten gilt heute eine primäre Aufgliederung in eine östliche Gruppe (Indoiranisch und Balkanindogermanisch) und eine westliche, „alteuropäische“ Gruppe. Die Aufgliederung kann kaum vor etwa 3400 v. Chr. begonnen haben, weil beide Untergruppen gemeinsame Worte für „Nabe“ und „Rad“ (für „Rad“ sogar zwei verschiedene Lexeme) haben, die Erfindung des Rades lässt sich jedoch mit archäologischen Mitteln auf etwa 3400 v. Chr. datieren. Zur östlichen Gruppe gehören als Nachfolgesprachen Sanskrit, Avestisch, Griechisch und Armenisch, zur westlichen Gruppe die baltischen, italischen und keltischen Sprachen und eben die germanische Sprachfamilie. Der Nachweis der primären Aufgliederung des Proto-Indogermanischen in eine östliche und eine westliche Gruppe gelang mit dem Nachweis einer primären Verwandtschaft des Griechischen mit dem Sanskrit, insbesondere anhand gemeinsamer Archaismen in der Nominalflexion beider Sprachen (Quelle: Wolfram Euler (1979)).
Bis zur Entdeckung des Tocharischen im frühen 20. Jahrhundert nahm man dagegen nach einer Theorie von Peter von Bradke (1853–1897) aus dem Jahre 1890 vielfach an, die primäre Aufgliederung des Indogermanischen sei diejenige in Kentum- und Satemsprachen gewesen. Die Bezeichnungen stammen von dem altpersischen (satem) und lateinischen (centum, in der klassischen Aussprache des Lateins als kentum ausgesprochen) Wort für hundert, das im Indogermanischen *k̑m̥tóm lautete. In den Satemsprachen (zu denen vor allem slawische, baltische und indoiranische Sprachen gehören) wurde das palatovelare *k̑ allmählich zu einem Zischlaut /s/ bzw. /ʃ/, wie in satəm im Avestischen (Altpersischen) oder sto im Polnischen. Romanische und germanische Sprachen (einschließlich des Deutschen), aber auch das Griechische sind dagegen Kentumsprachen, in denen das palatovelare *k̑ und das velare k zum palatalen k (heute h: hundert, engl. hundred) zusammenfielen. Die Indogermanisten im 19. Jahrhundert waren der Meinung, dass alle (ursprünglichen) Satemsprachen im Osten und alle Kentumsprachen im Westen liegen, dem widersprach aber die Entdeckung des ausgestorbenen Tocharischen (einer Kentumsprache, einst gesprochen im heutigen Gebiet Xinjiang in China!) und des Hethitischen in Kleinasien Anfang des 20. Jahrhunderts. Doch nicht nur deswegen gilt diese Theorie heute als widerlegt. Zu den weiteren Kritikpunkten gehörte von Anfang an, dass es auch bei sogenannten Kentumsprachen eine spätere (sekundäre) Palatalisierung, das heißt Satemisierung gab. So änderte sich die Aussprache von lateinisch „centum“ schon im 2. Jahrhundert n. Chr. von /k-/ zu /ts-/. Im Italienischen wurde daraus „cento“ (gesprochen /tsch-/), im Französischen „cent“ (gesprochen /s-/). Solche „sekundären Satemisierungen“ gab es nach heutigem Kenntnisstand auch im Slawischen und Baltischen. Schon seit langem werden die Begriffe „Kentum- und Satemsprachen“ im wissenschaftlichen Bereich darum nur noch deskriptiv (beschreibend) verwendet, nicht aber im Sinne einer sprachgeschichtlichen Aufgliederung entlang dieses Merkmals.
Textprobe
Wie gesagt, sind keine Texte oder Inschriften in proto-indogermanischer Sprache überliefert; die Schrift existierte zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht. Trotzdem haben Sprachwissenschaftler den Wortschatz (Lexikon), die Laute (Phoneme) und grammatische Strukturen (Morphologie und Syntax) des Indogermanischen zu wesentlichen Teilen rekonstruiert, und sie versuchen gelegentlich, kurze Texte in dieser Sprache zu schreiben. Der bekannteste davon ist die sogenannte Indogermanische Fabel Das Schaf und die Pferde, die zuerst 1868 von August Schleicher verfasst wurde. Danach erschienen mehrfach neuere Fassungen, deren Veränderungen den Erkenntnisfortschritt dokumentieren. Weiter folgt die ursprüngliche Version der Fabel von Schleicher. Schleichers Text basiert auf der Annahme, dass das Proto-Indogermanische vor allem auf der Grundlage von Sanskrit und Avestisch zu rekonstruieren sei; er unterschätzte noch die Bedeutung unter anderem der germanischen Sprachen und des Lateins für die Rekonstruktion des Proto-Indogermanischen.
Indogermanisch (Avis akvāsas ka) | Deutsche Übersetzung (Das Schaf und die Pferde) |
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Avis, jasmin varnā na ā ast, dadarka akvams, tam, vāgham garum vaghantam, tam, bhāram magham, tam, manum āku bharantam. Avis akvabhjams ā vavakat: kard aghnutai mai vidanti manum akvams agantam. Akvāsas ā vavakant: krudhi avai, kard aghnutai vividvant-svas: manus patis varnām avisāms karnauti svabhjam gharmam vastram avibhjams ka varnā na asti. Tat kukruvants avis agram ā bhugat. | Ein Schaf, das keine Wolle mehr hatte, sah Pferde, eines einen schweren Wagen fahrend, eines eine große Last, eines einen Menschen schnell tragend. Das Schaf sprach: Das Herz wird mir eng, wenn ich sehe, dass der Mensch die Pferde antreibt. Die Pferde sprachen: Höre Schaf, das Herz wird uns eng, weil wir gesehen haben: Der Mensch, der Herr, macht die Wolle der Schafe zu einem warmen Kleid für sich und die Schafe haben keine Wolle mehr. Als es dies gehört hatte, bog das Schaf auf das Feld ein. |
Es gibt auch Übertragungen dieser Fabel in die urgermanische Sprache, etwa durch die Linguisten Carlos Quiles Casas (2007) und Wolfram Euler (2009). Nachfolgend die Version von Euler:
Awiz eχwôz-uχe. Awis, þazmai wullô ne wase, eχwanz gasáχwe, ainan kurun waganan wegandun, anþeran mekelôn burþînun, þridjanôn gumanun berandun. Awiz eχwamiz kwaþe: „Χertôn gaángwjedai mez seχwandi eχwanz gumanun akandun.“ Eχwôz kwêdund: „Gaχáusî, awi, χertôn gaángwjedai unsez seχwandumiz: gumô, faþiz awjôn wullôn sez warman westran garwidi; avimiz wullô ne esti.“ Þat gaχáusijandz awiz akran þlauχe. (Quelle: Euler (2009), S. 213)
Urgermanisch
Herkunft der Germanen
Auf den Mediziner Ludwig Wilser geht die Theorie zurück, dass sich die Urheimat der Urgermanen im heutigen Dänemark und den angrenzenden Teilen Südschwedens und Norddeutschlands befunden habe. Wilser vertrat diese Theorie ab 1885, zuvor wurde ganz überwiegend eine mitteleuropäische Urheimat der Vorfahren der Germanen angenommen. Wilsers Theorie wurde ab etwa 1895 durch den prominenten Prähistoriker Gustaf Kossinna übernommen und setzte sich daraufhin durch, sie ist aber bis heute umstritten. Die Stämme, deren Nachkommen später als Germanen bekannt wurden, waren vermutlich nicht autochthone Einwohner dieser Gebiete; sie waren dorthin aus anderen Teilen Eurasiens zugewandert und hatten sich womöglich mit vorgermanischen Bewohnern dieser Gebiete vermischt (ein größerer Teil – früher meinte man ein Drittel – des germanischen Wortschatzes hat keine indogermanischen Wurzeln). Es ist nicht genau bekannt, seit wann Germanen auf jenen Territorien lebten; generell wird angenommen, dass die Anfänge der prägermanischen Kultur und Sprache bis ins 2. Jahrtausend v. Chr. zurückreichen.
Südöstlich dieser prägermanischen Gebiete, vermutlich in Böhmen und daran östlich und südlich angrenzenden Gebieten, lebten im 2. Jahrtausend vor Christus ursprünglich die Vorfahren der späteren Italiker. Direkt südlich und südwestlich des germanischen Gebietes hingegen lebten keltische Stämme beziehungsweise deren Vorfahren. Sprachwissenschaftler stellten einige Gemeinsamkeiten im Wortschatz zwischen germanischen Sprachen und Latein fest, die auf Kontakte und Nachbarschaftsverhältnisse dieser Völker hinweisen können. So entspricht das Wort Hals (das im Althochdeutschen und Gotischen dieselbe Form hatte: hals) dem lateinischen collus; das althochdeutsche wat (Furt, vgl. waten) dem lateinischen vadum.
Gegen Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. zogen die Präitaliker nach Süden und siedelten sich im heutigen Italien an, wo Teile von ihnen später die Stadt Rom und das Römische Reich gründeten. Die einst präitalischen Gebiete wurden von germanischen Stämmen erst ab dem 1. Jahrhundert vor Christus besiedelt. Die Ausbreitung der Germanen im 1. Jahrtausend vor Christus in Mitteleuropa geschah hingegen überwiegend auf Kosten bis dahin keltischer Gebiete. Dies gilt vor allem für die Gebiete zwischen Ems und Rhein und für die Ausbreitung nach Süden bis zum Main und weiter bis zur Donau. Vermutlich in der La-Tène-Zeit wurden die seit jeher bestehenden Kontakte mit den Kelten intensiver, wobei damals die Kelten kulturell und wohl auch militärisch ihren nördlichen Nachbarn zunächst überlegen waren. Kontakte mit keltischen Stämmen in dieser Zeit führten zur Aufnahme vieler neuer Wörter in die urgermanische Sprache, zum Beispiel auf dem Gebiet von Politik (das Wort „Reich“), Gesellschaft (das Wort „Amt“), Technik (das Wort „Eisen“), Bekleidung (das Wort engl. „breeches“ = Hose) und Recht (vgl. altirisches oeth, altsächsisches āth und althochdeutsches eid – Eid, oder altirisches licud, gotisches leihwan und althochdeutsches līhan – leihen).
Andere Nachbarn der Germanen im Osten waren die Veneter (von denen ein Teil nach Angaben antiker Schriftsteller an der mittleren Weichsel lebte). Von ihnen übernahmen die Germanen den Begriff selbst (venetisch sselb-, vergleiche gotisches silba, englisches self, althochdeutsches selb), von den anderen stammt das Wort (Vogel)bauer.
Das Ergebnis der Kontakte der Germanen mit slawischen und baltischen Stämmen, die östlich ihrer Gebiete lebten, sind dagegen Wörter wie Gold (germanisches ghḷtóm, vgl. polnisches złoto, tschechisches zlato), tausend (gotisches þūsundi, vgl. polnisches tysiąc, litauisches tukstantis).
Entstehung der germanischen Sprache, erste Lautverschiebung
Die germanische Sprache bildete sich aus dem Indogermanischen im Laufe eines langsamen Prozesses heraus, der in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends einsetzte und ein bis zwei Jahrtausende dauerte. Die Änderungen, die zur Entstehung des Urgermanischen führten, betrafen vor allem die Phonologie, zum Beispiel Akzentverhältnisse. Während der Akzent bei den Germanen, wie in anderen indogermanischen Sprachzweigen, anfangs noch auf unterschiedlichen Silben liegen konnte – was auch Bedeutungsunterschiede bezeichnete – setzte sich bei ihnen später der dynamische Akzent auf der Stammsilbe durch. Meistens war dies die erste Silbe eines Wortes, es gibt aber auch unbetonte Vorsilben. Diese Form des Wortakzents gilt bis heute im Deutschen und in den anderen lebenden germanischen Sprachen. In manchen Sprachen (zum Beispiel im Russischen) blieb der Akzent (wie im Indogermanischen) beweglich, das heißt, er kann auf verschiedene Silben morphologischer Formen eines Wortes fallen, dasselbe galt für Latein und Griechisch.
Diese Durchsetzung der Initialbetonung führte allmählich zur Abschwächung von Silben ohne Akzent und bewirkte tiefgreifende Änderungen im Lautsystem, von denen die so genannte Erste Lautverschiebung für die spätere Entwicklung germanischer Sprachen die größten Konsequenzen hatte. Die Prozesse der Ersten Lautverschiebung, die auch als germanische Lautverschiebung oder Grimmsches Gesetz bekannt ist, setzten frühestens um 500 v. Chr. ein, um Christi Geburt waren sie abgeschlossen. Sie umfassten drei Änderungen im Konsonantensystem:
- Indogermanische stimmlose Verschlusslaute (p, t, k, kʷ) wurden zu stimmlosen Frikativen (f, þ, h, hw).
- Indogermanische stimmhafte Verschlusslaute (b, d, g, gʷ) wurden zu stimmlosen Verschlusslauten (p, t, k, kʷ).
- Indogermanische aspirierte Verschlusslaute (bʰ, dʰ, gʰ, gʷʰ) wurden zu stimmhaften Frikativen und dann zu stimmhaften Verschlusslauten (b, d, g, gw, dann w).
Die Folgen der germanischen Lautverschiebung im heutigen Deutschen sind nicht immer sichtbar, denn sie wurden zum Teil durch die späteren Prozesse der Zweiten Lautverschiebung (die zur Entstehung des Althochdeutschen führte) verdeckt. Die folgende Tabelle soll eine Übersicht über die Änderungen im Rahmen der Ersten Lautverschiebung geben:
Wechsel | nicht-germanische / unverschobene Bsp. | germanische / verschobene Bsp. |
---|---|---|
*p→f | 1) Altgr.: πούς (pūs), Lat.: pēs, pedis, Sanskrit: pāda, Russ.: под (pod), Lit.: pėda;
2) Lat.: piscis |
1) Engl.: foot, Deutsch: Fuß, Got.: fōtus, Isländ., Färöisch: fótur, Dän.: fod, Norw., Schwed.: fot;
2) Engl.: fish, Deutsch: Fisch, |
*t→þ | Altgr.: τρίτος (tritos), Lat.: tertius, Gaelic treas, Irisch: tríú, Sanskrit: treta, Russisch: третий (tretij), Litauisch: trečias | Englisch: third, Althdt.: thritto, Gotisch: þridja, Isländ.: þriðji |
*k→χ (χ wurde zu h) | 1) Altgr.: κύων (kýōn), Lat.: canis, Gälisch, Irisch: cú;
2) Lat.: capio; 3) Lat.: corde |
1) Engl.: hound, Niederl.: hond, Dt.: Hund, Gotisch: hunds, Isländisch, Färöisch: hundur, Dän., Norw., Schwed.: hund;
2) Got.: hafjan; 3) Engl.: heart |
*kʷ→hw | Lat.: quod, Gälisch: ciod, Irisch: cad, Sanskrit: ka-, kiṃ, Russisch: ко- (ko-), Litauisch: ką | Engl.: what, Gotisch: ƕa („hwa“), Dänisch hvad, Isländisch: hvað, Färöisch hvat, Norw.: hva |
*b→p | 1) Lat.: verber;
2) Lit.: dubùs |
Engl.: warp; Schwed.: värpa; Niederl.: werpen; Isländ., Färöisch: varpa, Gotisch wairpan; Got.: diups |
*d→t | Lat.: decem, Griech.: δέκα (déka), Gaelisch, Irisch: deich, Sanskrit: daśan, Russ.: десять (des’at), Litauisch: dešimt; | Engl.: ten, Niederl.: tien, Gotisch: taíhun, Isländisch: tíu, Färöisch: tíggju, Dän., Norw.: ti, Schwed.: tio |
*g→k | 1) Lat.: gelū;
2) Lat.: augeo |
1) Engl.: cold, Niederl.: koud, Deutsch: kalt, Isländ., Färöisch: kaldur, Dän.: kold, Norw.: kald, Schw.: kall;
2) Got.: aukan |
*gʷ→kw | Litauisch: gyvas | Engl.: quick, Friesisch: quick, queck, Niederl.: kwiek, Gotisch: qius, Altnorw.: kvikr, Norw. kvikk Isländ., Färöisch: kvikur, Schwed.: kvick |
*bʰ→b | Lat.: frāter, Altgr.: φρατήρ (phrātēr), Sanskrit: (bhrātā), Russ.: брат (brat), Litauisch: brolis, Altkirchenslaw.: братръ (bratru) | Engl.: brother, Niederl.: broeder, Deutsch: Bruder, Gotisch: broþar, Isländ., Färöisch: bróðir, Dän., Schwed.: broder, Norw. bror |
*dʰ→d | Irisch: doras, Sanskrit: dwār, Russ.: дверь (dver), Litauisch: durys | Engl.: door, Friesisch: doar, Niederl.: deur, Gotisch: daúr, Isländ., Färöisch: dyr, Dän., Norw.: dør, Schwed.: dörr |
*gʰ→g | 1) Lat.: hostis;
2) Russ.: гусь (gus) |
1) Got.: gasts;
2) Engl.: goose, Friesisch: goes, Niederl.: gans, Deutsch: Gans, Isländ.: gæs, Färöisch: gás, Dän., Norw., Schwed.: gås |
*gʷʰ→gw→w | 1) Sanskrit: gʰarmá
2) [Tocharisch] A: kip, B: kwípe (vulva) |
1) Got.: warm
2) Engl.: wife, Proto-Germanisch: wiban (vom vorherigen gwiban), Altsächs., Altfriesisch: wif, Niederl.: wijf, Althochdeutsch: wib, Deutsch: Weib, Altnorw.: vif, Isländ.: víf, Färöisch: vív, Dän., Schwed., Norw.: viv |
Die wirklichen Verhältnisse in diesen Veränderungen waren allerdings komplizierter, als es die obige Tabelle darstellt, und kennzeichneten sich durch viele Ausnahmen. Die bekannteste dieser Ausnahmen ist das so genannte Vernersche Gesetz, das zeigt, dass die Erste Lautverschiebung erfolgt sein muss, als der Akzent noch frei beweglich war. Wenn der Akzent auf eine Silbe fiel, die den stimmlosen Verschlusslauten p, t, k, kʷ folgte, wandelten sie sich nämlich nicht zu den stimmlosen Frikativen f, þ, h, hw (wie oben dargestellt), sondern zu stimmhaften ƀ, đ, ǥ, ǥʷ. Beispiele werden in folgender Tabelle dargestellt, wo griechische Wörter (in denen die indogermanischen Laute nicht verschoben wurden) mit gotischen Wörtern verglichen sind:
Wechsel | Griechische / unverschobene Bsp. | Germanische (gotische) / verschobene Bsp. |
---|---|---|
*p→ƀ | έπτά | sibun (sieben) |
*t→đ | πατήρ | fadar (Vater) |
*k→ǥ | δεκάς | -tigjus (Zehner) |
Außer diesen Unterschieden in der Phonologie kam es im Germanischen zu Änderungen auch in anderen Teilen des Sprachsystems, vor allem im Gebrauch der Verben. Im Indogermanischen spielte zuerst der Aspekt eine wichtige Rolle. Diese verbale Kategorie, die als imperfektiver Aspekt bzw. perfektiver Aspekt erscheinen kann (vgl. I sang a song und I was singing a song im Englischen, beide Sätze werden ins heutige Deutsch gleich übersetzt: „ich sang ein Lied“), begann als Sprachkategorie im Germanischen zu verschwinden; aus Formunterschieden, die sich auf den Aspekt bezogen, wurden allmählich Verbformen, die zeitliche Unterschiede (Präsens und Präteritum) darstellten.
Eine andere wichtige Änderung im morphologischen System war die Entstehung der schwachen Verben, die heute das Präteritum mit -te bilden (vgl. die modernen Formen „ich machte“, „ich arbeitete“ im Unterschied zu den starken Verben „ich ging“, „ich kam“).
Wanderungen germanischer Stämme
Wenn man die Sprachregeln des Germanischen bespricht, muss man bedenken, dass die urgermanische Sprache von Beginn ihres Bestehens an kein einheitliches System darstellte. Eine germanische Sprache mit festgelegten Regeln, wie das heutige Deutsch, gab es nicht; die Stämme der Germanen sprachen ihre Stammessprachen.
Diese Differenzierung vertiefte sich noch, als im 2. bzw. 3. Jahrhundert n. Chr. germanische Stämme begannen, in andere Gebiete abzuwandern, noch vor der eigentlichen Völkerwanderung, die in Europa erst später mit dem Einfall der Hunnen Ende des 4. Jahrhunderts einsetzte. Im 3. Jahrhundert zogen die Burgunden von ihren Wohnsitzen an der Weichsel und Oder an den Rhein, an ihre Stelle traten später slawische Stämme. Noch früher, nämlich im 2. Jahrhundert, begannen die Goten, nach Süden abzuwandern, weshalb sie auf die spätere Entwicklung des Deutschen keinen Einfluss hatten. Im Norden wanderten im 5. Jahrhundert die Angeln und Sachsen nach Großbritannien ab; mit ihren Stammessprachen trugen sie zur Entstehung der englischen Sprache bei.
Von den vielen Stammessprachen der Germanen waren es die voralthochdeutschen Dialekte der Alamannen, Bajuwaren, Franken und Thüringer sowie die nordseegermanischen Dialekte der Sachsen und Friesen, die zur Grundlage der deutschen Dialekte (Dialektkontinuum) bis zum heutigen Standarddeutsch wurden.
Einfluss des Lateins auf germanische Sprachen
Durch Kontakte der Germanen mit den Römern, die über den Rhein und die Donau vordrangen, mit germanischen Stämmen Kriege führten und die an das Römische Reich angrenzenden Gebiete mit ihrer Kultur beeinflussten, wurden in die germanischen Sprachen viele lateinische Wörter übernommen. Aus lateinischer Sprache stammen zum Beispiel Wörter aus den Bereichen der Religion (wie opfern, vgl. lat. offerre, altsächsisches offrōn) und des Handelsverkehrs (zum Beispiel kaufen, vgl. lat. caupo – Schankwirt, cauponāri – schachern, gotisches kaupōn; Pfund, vgl. lat. pondo; Münze, vgl. lat. monēta, altnordisches mynt, altsächsisches munita). Aus dem Lateinischen kamen auch Bezeichnungen neuer Handelswaren (Pfeffer, vgl. lat. pīper; Wein, vgl. vīnum), neuer Begriffe aus dem Bauwesen (Mauer, vgl. lat. mūrus; Ziegel, vgl. lat. tēgula, altsächsisches tiagla), Gartenbau (Kohl, vgl. lat. caulis, altnordisches kāl; Kürbis, vgl. lat. curcurbita), Weinbau (Kelch, vgl. lat. calix, altsächsisches kelik; Kelter, vgl. lat. calcatūra), Küche (Kessel, vgl. lat. catinus, angelsächsisches cytel, angelsächsisches ketil; und das Wort Küche selbst, vgl. lat. coquina, angelsächsisches cycene).
Kriege zwischen Römern und Germanen, aber vor allem die Tatsache, dass viele Germanen im römischen Heer als Soldaten dienten, führten zu der Übernahme vieler Wörter auch aus diesem Bereich. So entwickelte sich aus dem lateinischen Wort pīlum (das in dieser Sprache Wurfspieß bedeutete) über das altsächsische und das angelsächsische pīl das heutige Wort Pfeil; aus dem lateinischen pālus (Palisade) entstand der heutige Pfahl (im Angelsächsischen, Altfriesischen und Altsächsischen lautete das Wort pāl).
Im 3. bis 5. Jahrhundert übernahmen die Germanen unter römischem und griechischem Einfluss auch die Siebentagewoche, die eigentlich orientalischen Ursprungs ist. Die germanischen Namen der Wochentage waren zumeist Lehnübersetzungen der lateinischen Bezeichnungen. Die heutigen deutschen Wochentage haben folgende Etymologie:
- Sonntag ist die wörtliche Übersetzung des lat. diēs Sōlis (Tag der Sonne), vgl. altnordisches sunnu(n)dagr, altsächsisches sunnundag, angelsächsisches sunnandæg.
- Montag wurde in gleicher Weise aus lat. diēs Lūnae (Tag des Mondes) übersetzt, vgl. altnordisches mānadadagr, angelsächsisches mōn(an)dæg, altfriesisches mōnendei.
- Dienstag, mittelniederdeutsch dingesdach, ist eine Lehnübertragung von lat. diēs Mārtis (Tag des Mars) und geht auf den mit dem latinisierten Namen Mars Thincsus belegten germanischen Gott Tyr, Beschützer des Thing, zurück, vgl. altnordisches tysdagr.
- Mittwoch ist eine Lehnübersetzung aus kirchenlat. media hebdomas (Mitte der Woche) und setzte sich im Spätalthochdeutschen (mittawehha) durch. Zuvor setzte man den römischen Gott Mercurius (lat. Mercuriī diēs) dem germanischen Gott Wodan gleich, vgl. niederländisch woensdag, englisch wednesday.
- Donnerstag entstand aus dem lateinischen diēs Jovis dadurch, dass der römische Gott Jupiter mit dem germanischen Gott Donar gleichgesetzt wurde, vgl. altnordisches þōrsdagr, angelsächsisches þunresdæg, altfriesisches thunresdei.
- Freitag (lat. diēs Veneris) entstand auf eine ähnliche Weise – die germanische Göttin Fria wurde mit der römischen Göttin Venus identifiziert.
- Samstag ist ein Wort der gotisch-arianischen Mission, das aus dem Griechischen (sábbaton) und, indirekt, Hebräischen Schabbat (שבת) entlehnt wurde. Das gleichbedeutende Sonnabend wurde im Zuge der angelsächsischen Mission aufgenommen als Entsprechung von altenglisch sunnanǣfen (Vorabend des Sonntags).
Runenschrift
Aus der Epoche der germanischen Sprache gibt es schriftliche Überlieferungen, die allerdings noch sehr selten sind und meist nur aus kurzen Inschriften auf Gegenständen bestehen. Sie wurden vor allem in der Runenschrift niedergeschrieben, die bei den Germanen vom 2. bis zum 12. Jahrhundert im Gebrauch war (infolge der Christianisierung germanischer Gebiete wurde sie später durch die lateinische Schrift verdrängt). Man nimmt gewöhnlich an, dass sich die Runenschrift um die Zeitenwende aus den Buchstaben des nordetruskischen Alphabets entwickelte, das von den Germanen auch kurz benutzt wurde. Davon soll insbesondere die Inschrift eines Helms zeugen, der 1811 in Negau (heute Negova in Slowenien) gefunden wurde – der möglicherweise germanische Text wurde mit Buchstaben des nordetruskischen Alphabets niedergeschrieben, aus dem sich die Runen herausgebildet haben sollen.
Textprobe
Von fragmentarischen Runeninschriften abgesehen, ist vor dem 8. Jahrhundert n. Chr. nur ein einziges großes Werk erhalten geblieben, das in einer der germanischen Sprachen niedergeschrieben wurde, nämlich die gotische Übersetzung der Heiligen Schrift aus dem späten 4. Jahrhundert. Erhalten ist von dieser so genannten Wulfilabibel aber nur etwas mehr als die Hälfte des Neuen Testaments und ein kleines Bruchstück des Alten Testaments (Prophet Nehemia), keineswegs der ganze Text der Bibel. Außerdem ist zu beachten, dass die deutsche Sprache keineswegs auf das Gotische, eine Form des Ostgermanischen, zurückgeht. Vielmehr hat sich die gotische Sprache bereits ab etwa dem 2. Jahrhundert vor Christus von den anderen germanischen Dialekten wegentwickelt. Weiter folgt der Text des Gebets Vaterunser aus dem Matthäusevangelium (Mt 6, 9–13):
Gotisch (Wulfilabibel) | Modernes Deutsch (gegenwärtige ökumenische Fassung) |
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Auch dieser Text wurde von Linguisten in die urgermanische Sprache übertragen. Dies ist relativ sicher möglich, weil der Text außer in einer gotischen Version auch in althochdeutscher, altenglischer und altisländischer Sprache vorliegt:
Fađer unsere ini χiminai, weiχnaid namôn þînan, kwemaid rîkjan þînan, werþaid weljô þînaz χwê ini χiminai swê anâ erþâi, χlaiban unseran sénteinan gebe unsiz χijô đagô, aflête unsiz, þat skulaniz sîme, swé wez aflêtamiz skulamiz unseraimiz, neχ bringaiz unsiz ini fraistôn, ake lausî unsiz afa ubelai. þînan esti rîkjan, maχtiz, wuþus-uχ ini aiwans. (Quelle: Wikipedia-Artikel Sprachvergleich anhand des Vaterunsers, bzw. Euler (2009), S. 214).
Althochdeutsch
Analog den Schwierigkeiten mit der Chronologie des Urgermanischen, ist die genaue Datierung der althochdeutschen Sprache, insbesondere in Bezug auf ihre Entstehung, kaum möglich. Die Sprachwissenschaftler nehmen nur allgemein an, dass die Prozesse, die zur Herausbildung des Althochdeutschen führten, um 600 n. Chr. mit der Zweiten Lautverschiebung einsetzten. Die Periode des Althochdeutschen in der Geschichte der deutschen Sprache dauerte bis um 1050.
Entstehung germanischer Staaten und des ostfränkisch-deutschen Reiches
Das 5. Jahrhundert war die Zeit großer Turbulenzen in der europäischen Geschichte. Infolge der Migrationen, die als Völkerwanderung bekannt wurden, brach das Römische Reich endgültig zusammen, und an seine Stelle traten oft eher kurzlebige Stammesstaaten der Germanen, wie das Reich der Ostgoten in Italien oder das Westgotenreich in Spanien. Der mächtigste dieser Staaten war das im Jahre 482 von Chlodwig I. gegründete fränkische Reich der Merowinger, das in folgenden Jahrhunderten mehrere andere germanische Stämme (zum Beispiel Alemannen, Thüringer, Burgunder) unterwarf. Den Merowingern folgten im 8. Jahrhundert die Karolinger, die unter Karl dem Großen ihr Reich bis zur Elbe und Saale im Osten, dem Ebro im Westen und bis nach Rom im Süden ausdehnten. Auf Grund des Vertrags von Verdun zerfiel im Jahre 843 das Frankenreich in drei Teile, und der östliche Teil wurde zur Wiege der modernen deutschen Nation. Der erste ostfränkische König war Ludwig der Deutsche (843–876); als die Geburtsstunde der deutschen Nation gilt die Machtübernahme von Heinrich von Sachsen im Ostfrankenreich im Jahre 919.
Christianisierung. Geistig-kulturelles Leben im Frühmittelalter
Nach dem Chaos, das den Zerfall des Römischen Reichs begleitete, begann nur langsam der Wiederaufbau des kulturellen Lebens, insbesondere durch Christianisierung germanischer Stämme, die noch älteren Gottheiten huldigten. Im heutigen Süddeutschland und in der Schweiz begann die Christianisierung der Alemannen von irischen Mönchen schon im 6. und 7. Jahrhundert. Durch ihre Bemühungen entstand 614 das Kloster St. Gallen und dann (724) das Kloster Reichenau. Im Norden Deutschlands bemühte sich vor allem der heilige Bonifatius um die Christianisierung. Die Klöster, die die Missionare gründeten, waren sehr wichtige Zentren der Ausstrahlung nicht nur des christlichen Glaubens, sondern auch der Kultur. Die Sprache der Gottesdienste war weiterhin Latein, die Mönche und die Herrschenden pflegten aber auch die Volkssprache – in lateinischer Sprache hätten sie der bäuerlichen Bevölkerung neue christliche Ideen nicht näherbringen können. So ordnete Karl der Große 789 im Kapitular Admonitio generalis die Verwendung der Volkssprache in Seelsorge und Predigt an und auf der Synode von Frankfurt im Jahre 794 wurde der Volkssprache der gleiche Rang wie dem Hebräischen, Lateinischen und Griechischen zuerkannt.
Auseinandergehen der germanischen Sprachen
Diese Bemühungen der Herrschenden und Geistlichen führten zu einer zunehmenden Bedeutung der Volkssprache, einschließlich ihrer geschriebenen Formen. Die Kontakte zwischen verschiedenen Stämmen und die Tatsache, dass sie in einem einzigen Staat lebten, führten dazu, dass die lokalen Stammessprachen durch Territorialdialekte ersetzt wurden. Die Stämme, deren Sprachen bei der Herausbildung dieser Territorialdialekte die wichtigste Rolle spielten, waren die Alemannen, Bayern, Franken, Thüringer und Sachsen. Die Entwicklung der Dichtung verursachte, dass die Dialekte auch ihre literarischen Varianten entwickelten.
Während die einzelnen Sprachen und Dialekte der germanischen Völker eigene Namen trugen – „Fränkisch“, „Gotisch“ usw. –, gab es daneben für den Gegensatz zwischen Latein und Volkssprache das Wort *þeudisk, das aber vom Anfang (786) bis im Jahr 1000 nur in der mittellateinischen Form theodiscus überliefert wurde. Zum ersten Mal erwähnt wurde dieses Wort in einem Brief des päpstlichen Nuntius Gregor von Ostia an Papst Hadrian I. über eine Synode, die 786 in England stattgefunden hatte. Wigbod, ein Kaplan Karls des Großen, teilte, ebenfalls 786, dem Papst mit, dass in einer Synode unter König Offa von Mercien die Konzilsbeschlüsse tam latine quam theodisce („auf Latein wie auch in der Volkssprache“) mitgeteilt wurden, „damit alle es verstehen könnten“ (quo omnes intellegere potuissent). In seiner (althoch-)deutschen Form diutsch bzw. tiutsch lässt es sich zuerst in den Schriften Notker III. belegen. Eine weitere frühe Fundstelle ist das Annolied, vermutlich aus der Feder eines Siegburger Mönchs aus dem 11. Jahrhundert, wo von diutischemi lande, diutsche lant, diutischimo lante „deutschem Lande“ sowie diutischin sprecchin „Deutsch bzw. Germanisch sprechen“ und diutschi man (als Sammelbegriff für die Stämme der Sachsen, Franken und Baiern) die Rede ist.
Der Ursprung dieses Wortes liegt, wegen Ähnlichkeiten in Lautform, mit großer Wahrscheinlichkeit im westfränkischen (bzw. altniederländischen) Gebiet des Fränkischen Reichs. Die Franken nannten ihre Sprache anfangs „frenkisk“ und die romanische Sprachen wurden gemeinsam als *walhisk bezeichnet, als aber, im Verlauf des Frühmittelalters, im zweisprachigen Westfrankenreich der politische und der sprachliche Begriff „fränkisch“ sich nicht mehr deckten, weil auch die romanischsprachige Bevölkerung sich als „fränkisch“ (vgl. französisch: français) bezeichnete, setzte sich hier das Wort *þeudisk für den sprachlichen Gegensatz zu *walhisk durch und fand ein Bedeutungswandel statt, wobei die Bedeutung sich von „Volkssprache“ in „germanisch statt romanisch“ änderte. Da im ostfränkischen Reich (das spätere Deutschland) kein Anlass zu einem Bezeichnungswandel bestand, stellte sich dieser hier erst später ein, vielleicht nach westfränkischen Vorbild. Ganz allmählich wandelte sich damit bei theodisce/*þeudisk die Bedeutung von „volkssprachlich“ über „germanisch“ und, viele Jahrhunderte später, letztendlich zu „Deutsch“.
Entwicklung des Schrifttums
Die ältesten Werke in althochdeutscher Sprache, die bis heute überliefert sind, verdanken wir Mönchen in Klöstern, die sie aufgezeichnet und aufbewahrt haben. Interessanterweise war es nicht nur religiöse Literatur, sondern auch weltliche Werke, wie das Hildebrandslied, das bereits im 7. Jahrhundert entstand und um 830 im Kloster Fulda niedergeschrieben wurde. Aus dem 8. Jahrhundert stammen auch erste Glossare – lateinisch-deutsche Wörterbücher – von denen Abrogans, das um 765 in der Domschule zu Freising entstand, das bekannteste ist.
Beispiele religiöser Literatur aus dieser Zeit umfassen das Wessobrunner Gebet oder Muspilli – eine Dichtung vom Weltuntergang aus dem 9. Jahrhundert. Es wurden natürlich auch die Bibel und ihre Fragmente übersetzt bzw. überarbeitet, zum Beispiel die Evangelienharmonie des Syrers Tatian. Ein besonders interessantes Beispiel dieser Literatur ist das altsächsische Epos Heliand, in dem Jesus Merkmale eines germanischen Herrschers aufweist.
Entstehung des Althochdeutschen. Zweite Lautverschiebung
Als Zäsur, die zur Entstehung des Althochdeutschen führte, gilt ein Lautwandel im Bereich des Konsonantismus, der als Zweite Lautverschiebung bezeichnet wird. (Die frühere, Erste Lautverschiebung bewirkte die Trennung des Urgermanischen vom Indogermanischen.) In der Zweiten Lautverschiebung des 7. Jahrhunderts unterlagen Änderungen die germanischen Verschlusslaute p, t, k, die im Althochdeutschen, je nach ihrer Position im Wort, zu den Zischlauten f, s, h, bzw. Affrikaten pf, ts, kh wurden. Eine andere Gruppe der Laute, die dem Wandel unterlag, waren die germanischen Reibelaute ƀ/b, đ/d, ǥ/g, þ, die zu den althochdeutschen Verschlusslauten p, t, k, d wurden. Die folgende Tabelle enthält eine Übersicht über diese Änderungen, die zur Herausbildung des Althochdeutschen geführt haben. Zur größeren Klarheit wurden in der Tabelle auch die Änderungen der Ersten Lautverschiebung mit berücksichtigt. (Der Buchstabe G (Grimmsches Gesetz) bedeutet, dass bei der Ersten Lautverschiebung normale Regeln funktionierten; der Buchstabe V (Vernersches Gesetz) weist auf Ausnahmen hin, die auf das Vernersche Gesetz zurückzuführen sind. Diese Erklärung betrifft nur die Erste, nicht die Zweite Lautverschiebung.)
Erste Lautverschiebung (Indoeuropäisch → Germanisch) |
Phase | Hochdeutsche Lautverschiebung (Germanisch→ Althochdeutsch) |
Position im Wort | Beispiele (Neuhochdeutsch) | Jahrhundert | Geografische Ausdehnung |
---|---|---|---|---|---|---|
G: /*b/→/*p/ | 1 | /*p/→/f/ | 1. Im Inlaut zwischen Vokalen. 2. Im Auslaut nach Vokal. |
1. niederdeutsch: slapen, englisch: sleep → schlafen; 2. niederdeutsch und englisch: Schipp, ship → Schiff. |
4/5 | Süd- und Mittel-Deutschland |
2 | /*p/→/pf/ | 1. Im Anlaut. 2. Im Inlaut und Auslaut nach l, r, m, n. 3. In der Verdoppelung. |
1. niederdeutsch: Peper, englisch: pepper → Pfeffer; niederdeutsch: Plauch, englisch: plough → Pflug; 2. gotisch: hilpan, englisch: help → althochdeutsch helpfan → helfen; niederdeutsch: scherp, englisch: sharp → althochdeutsch: scharpf → scharf. 3. angelsächsisch: æppel, englisch: apple → althochdeutsch: apful → Apfel. |
6/7 | Oberdeutscher Sprachraum | |
G: /*d/→/*t/ | 1 | /*t/→/s/ | 1. Im Inlaut zwischen Vokalen. 2. Im Auslaut nach Vokal. |
1. niederdeutsch: eten; englisch: eat → essen. 2. niederdeutsch: dat, wat; englisch: that, what → das, was. |
4/5 | Ober- und mitteldeutscher Sprachraum |
2 | /*t/→/ts/ | 1. Im Anlaut. 2. Im Inlaut und Auslaut nach l, r, m, n. 3. In der Verdoppelung. |
1. niederdeutsch: Tiet, englisch: tide (Flut), schwedisch: tid → Zeit. 2. niederdeutsch: ver-tellen, englisch: tell → er-zählen; angelsächsisch: swart → althochdeutsch: swarz → schwarz. 3. angelsächsisch: settian → althochdeutsch: setzan → setzen. |
5/6 | Ober- und mitteldeutscher Sprachraum | |
G: /*g/→/*k/ | 1 | /*k/→/x/ | 1. Im Inlaut zwischen Vokalen. 2. Im Auslaut nach Vokal. |
1. niederdeutsch und englisch: maken, make → machen; 2. niederdeutsch: ik, altenglisch: ic → ich; niederdeutsch: auk → auch. |
4/5 | Ober- und mitteldeutscher Sprachraum |
2 | /*k/→/kx/ | 1. Im Anlaut. 2. Im Inlaut und Auslaut nach l, r, m, n. 3. In der Verdoppelung. |
1. Kind → bairisch: Kchind; 2. altsächsisch: werk → althochdeutsch: werkch → Werk. 3. altsächsisch: wekkian → althochdeutsch: wekchan → wecken. |
7/8 | südöstliches Österreich-Bayern und höchstalemannischer Sprachraum | |
G: /*bʰ/→/*b/ V: /*p/→/*b/ |
3 | /*b/→/p/ | Berg, bist → bairisch: perg, pist. | 8/9 | Teilweise bairischer und alemannischer Sprachraum | |
G: /*d/→/*đ/→/*d/ V: /*t/→/*đ/→/*d/ |
3 | /*dʰ/→/t/ | niederdeutsch: Dag oder Dach, englisch: day → Tag; niederländisch: vader → Vater. |
8/9 | Oberdeutscher Sprachraum | |
G: /*gʰ/→/*g/ V: /*k/→/*g/ |
3 | /*g/→/k/ | Gott → bairisch: Kott. | 8/9 | Teilweise bairischer und alemannischer Sprachraum | |
G: /*t/→/þ/ [ð] | 4 | /þ/→/d/ /ð/→/d/ |
englisch: thorn, thistle, through, brother → Dorn, Distel, durch, Bruder. | 9/10 | Ganz Deutschland und Niederlande |
Die in der Tabelle dargestellten Prozesse begannen Ende des 5. Jahrhunderts im Alpengebiet und breiteten sich allmählich über drei bis vier Jahrhunderte nach Norden aus. Nur bei den Alemannen und Bayern verliefen sie ziemlich konsequent, die von Franken bewohnten Gebiete erfassten sie nur partiell, und im Norden deutscher Gebiete, den die Sachsen bewohnten, hinterließen sie nur geringfügige oder gar keine Spuren. Aus diesem Grunde spricht man von der so genannten Benrather Linie, die heute von Aachen über Düsseldorf, Elberfeld, Kassel, Aschersleben, Magdeburg bis nach Frankfurt (Oder) verläuft. Nördlich der Linie erfolgten die Prozesse der Zweiten Lautverschiebung nicht oder nur geringfügig; die Linie stellt somit die Grenze zwischen der hochdeutschen und der niederdeutschen sowie niederfränkischen Sprache dar.
Andere Änderungen im phonologischen und morphologischen System
Die Zweite Lautverschiebung war die wichtigste Erscheinung, die für die Trennung des Althochdeutschen vom Germanischen von Bedeutung war; in der 2. Hälfte des 1. Jahrtausends erfolgten aber auch andere interessante Prozesse im Sprachsystem.
Der wichtigste Wandel im Vokalismus war der Umlaut des germanischen a zu althochdeutschem geschlossenem e infolge der Wirkung eines i oder j der Folgesilbe. Als Beispiel kann man hier die Singular-Plural Opposition des Wortes gast angeben. Während im Germanischen die Formen noch gast – gasti lauteten, änderten sie sich im Althochdeutschen zu gast – gesti (diese Assimilation konnte allerdings durch bestimmte Konsonantenverbindungen, zum Beispiel ht oder hs, verhindert werden).
Im Althochdeutschen erschienen auch zum ersten Mal die Formen des bestimmten und unbestimmten Artikels, die im Indogermanischen noch völlig fehlten. Der bestimmte Artikel entwickelte sich aus den Demonstrativpronomina der, das, diu; der unbestimmte aus dem Zahlwort ein. Beide verdanken ihre Existenz der schwindenden Zahl der Kasus und sich vereinfachenden Endungen der Substantive. Die Bedeutung und Beziehungen eines Substantivs zu anderen Wörtern im Satz im Althochdeutschen konnten nicht mehr so einfach, wie es im Indogermanischen der Fall war, auf Grund der Endungen erkannt werden.
Aus ähnlichen Gründen begannen Personalpronomina häufiger im Satz benutzt zu werden. Früher waren sie im Germanischen (wie im Lateinischen) nicht notwendig, denn die Person war an der Personalendung erkennbar. Während die ersten Worte des christlichen Glaubensbekenntnisses in der Sankt Galler Fassung aus dem 8. Jahrhundert noch kilaubu in kot fater almahtîcun lauten, so lesen wir in der Version Notkers aus dem 10. Jahrhundert schon: ich keloubo an got, almahtigen fater. Allerdings ist die Registrierung dieser Veränderungen auch Notkers deutlichem Bemühen um eine möglichst genaue phonetische Wiedergabe der deutschen Volkssprache zu verdanken, was vielen anderen seiner am Lateinischen geschulten Vorgängern wie dem Verfasser des Georgsliedes nicht so gut gelang.
Zu wichtigen Änderungen kam es auch im Tempussystem. Während es im Germanischen nur zwei Tempora – das Präteritum und das Präsens – gab, begannen sich im Althochdeutschen neue, analytische Zeitformen zu entwickeln, bei denen die Zeitverhältnisse mit einem Vollverb und einem Hilfsverb ausgedrückt werden. So finden wir in althochdeutschen Texten schon Beispiele des Perfekts (ich habên iz funtan, nu ist er queman), des Futurs (nû willu ih scriban – ich werde schreiben, vgl. I will im Englischen), des Plusquamperfekts und des Passivs (iz was ginoman).
In der Wortbildung tauchte ein neues Suffix – -āri auf, das aus dem lateinischen -ārius entlehnt wurde und im Mittelhochdeutschen die Form -er annahm. Das Suffix war zuerst auf Wörter lateinischer Herkunft (zum Beispiel mulināri aus lat. molinārius ‚Müller‘) beschränkt, später dehnte es sich auch auf einheimische Wörter aus.
Einfluss der lateinischen Sprache
Die Einflüsse der lateinischen und zum Teil griechischen Sprache, die noch in germanischen Sprachen sichtbar waren, verstärkten sich noch mit der Christianisierung deutscher Gebiete. Die neue Religion erforderte die Einführung neuer Begriffe, die den Germanen bisher fremd waren. Viele dieser neuen Wörter waren Lehnbildungen, bei denen es sich um Nachprägungen fremder Wörter mit den Mitteln der eigenen Sprache handelte (bei der Prägung neuer Wörter musste man den Bau und die Etymologie des fremden Wortes kennen). So entstand aus lat. com-mūnio die althochdeutsche gi-meini-da oder aus lat. ex-surgere das althochdeutsche ūf-stān (auferstehen).
Die meisten dieser Neubildungen waren jedoch Lehnbedeutungen, bei denen die Bedeutung eines Wortes aus der eigenen Sprache einem neuen Begriff angepasst wurde. Ein gutes Beispiel ist das althochdeutsche Wort suntea, das zuerst im weltlichen Sinne benutzt wurde und ein Verhalten, dessen man sich zu schämen hat, bedeutete. Durch die Christianisierung wurde diese alte Bedeutung durch eine neue (Sünde) verdrängt.
Schließlich wurden sehr viele Wörter direkt aus dem Latein in die deutsche Sprache übernommen, nicht nur aus dem Bereich der Religion, wie klōstar (Kloster, lat. claustrum), munich (Mönch, lat. monachus), sondern auch der Bildung: scrīban (schreiben, lat. scrībere), scuola (Schule, lat. scōla), des Gartenbaus: petersilia (mittelalterliches Latein: pētrosilium) oder der Heilkunst: arzat(er) (Arzt, lat. aus gr.: archiater).
Das Wort „deutsch“
In der Periode des Althochdeutschen erschien auch zum ersten Mal das Wort „deutsch“ in seiner heutigen Bedeutung. Das Wort ist germanischer Herkunft; diot bedeutete im Althochdeutschen „Volk“ und diutisc – „volksmäßig“, „zum eigenen Volk gehörig“. Das Wort wurde auch sehr früh in lateinische Quellen in der Form theodiscus übernommen und diente zur Unterscheidung romanischer und germanischer Einwohner des Frankenreiches. Ein interessantes Beispiel seiner Nutzung finden wir im Bericht von einer Reichsversammlung von 788, wo der Bayernherzog Tassilo zum Tode verurteilt wurde. Der Schreiber der Kanzlei erklärte, dies geschah wegen eines Verbrechens, quod theodisca lingua harisliz dicitur („das in der Volkssprache harisliz [Fahnenflucht] genannt wird“). Zuerst wurde das Wort nur in Bezug auf die Sprache benutzt; bei Notker von Sankt Gallen finden wir zum Beispiel um 1000 in diutiscun – „auf Deutsch“. Erst fast ein Jahrhundert später, im Annolied, das um 1090 im Kloster Siegburg entstand, lesen wir von diutischi liuti, diutschi man oder diutischemi lande.
Textproben
Aus der Periode des Althochdeutschen sind viel mehr Texte erhalten als aus urgermanischen Sprachen; ihr Spektrum reicht von vorchristlichen, germanischen Heldenliedern bis zu von christlicher Religion geprägten Werken. Weiter folgen nur einige Beispiele althochdeutscher Literatur:
Hildebrandslied (Fragment in althochdeutscher Sprache) | Moderne Übersetzung |
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Merseburger Zaubersprüche (Fragment in althochdeutscher Sprache) | Moderne Übersetzung |
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Petruslied (althochdeutsch) | Moderne Übersetzung |
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Mittelhochdeutsch
Die Anfänge der mittelhochdeutschen Sprache werden um das Jahr 1050 datiert. Der wichtigste Unterschied zum Althochdeutschen war die Enttonung unbetonter Mittel- und Endsilben im frühen 11. Jahrhundert (regional verschieden). Infolgedessen verloren viele alte Flexionsendungen ihre Eindeutigkeit und das System der Nominal- und Verbalflexion musste erheblich umgestaltet werden, um wieder Eindeutigkeit zu erhalten. Ein Beispiel ist der althochdeutsche Genitiv Plural zungono „der Zungen“. Infolge der Enttonung der Mittel- und Endsilbe wurde daraus mhd. zungen, was identisch war mit der Form des Nominativ Plural. Im 11. Jahrhundert, mit dem Übergang zum Mittelhochdeutschen, wurde die Eindeutigkeit wiederhergestellt durch Verwendung des bestimmten Artikels: die zungen = Nominativ, der zungen = Genitiv; diese mittelhochdeutschen Formen gelten im Prinzip (mit etwas geänderter Aussprache) bis heute.
Die mittelhochdeutsche Periode der deutschen Sprache dauerte bis um 1350 und entspricht in der Mediävistik ungefähr der Epoche des Hochmittelalters. Wie bei allen sprachlichen Erscheinungen sind diese zeitlichen Angaben nur grob zu verstehen, die Prozesse, die zur Entstehung des Mittelhochdeutschen und dann seines Nachfolgers, des Frühneuhochdeutschen führten, verliefen in verschiedenen Regionen des deutschen Sprachgebiets zu etwas verschiedenen Zeiten und auch unterschiedlich schnell. Wie in allen anderen Epochen war die deutsche Sprache auch im Hochmittelalter räumlich sehr differenziert.
In der politischen Geschichte des deutschen Sprachraums begann um 1050 eine Zeit der politischen Zersplitterung; die Herrscher einzelner Territorien machten sich vom Kaiser immer unabhängiger, was dazu führte, dass das deutsche Kaiserreich zu einem losen Verbund weitgehend souveräner Stammesherzogtümer wurde. Ein anderer Faktor, der für die Entwicklung der deutschen Sprache im Hochmittelalter wichtig ist, war die Ostsiedlung, also die Ansiedlung deutschsprachiger Siedler in größeren Gebieten Ostmitteleuropas (Schlesien, Pommern, West- und Ostpreußen, Grenzgebiete Böhems. und Mährens, Slowakei, Siebenbürgen). Die ganz überwiegend slawischsprachige Vorbevölkerung (in Ostpreußen baltisch-sprachig) wurde dabei weitgehend assimiliert, wobei nicht wenige slawischen Worte ins Deutsche übernommen wurden, etwas die Worte Peitsche (statt älterem Gerte) und Grenze (statt älterem Mark). Insgesamt hat die Ostsiedlung aber nicht zur Zersplitterung der deutschen Sprache beigetragen, weil in den betreffenden Regionen sogenannte Ausgleichsdialekte entstanden sind, also Mischmundarten aus den Dialekten der Siedler unterschiedlicher Herkunftsregionen.
Geistig-kulturelles Leben
Das geistig-kulturelle Leben im hochmittelalterlichen Deutschland war nicht auf ein Zentrum beschränkt, sondern konzentrierte sich an Höfen des Kaisers und einzelner Herrscher. Von besonderer Bedeutung war der süddeutsche (bayrische, österreichische und alemannische) Raum. Im Einflussbereich der Welfen in Bayern entstanden Dichtungen wie das Alexanderlied des Pfaffen Lamprecht oder die deutsche Übertragung des Rolandslieds des Pfaffen Konrad. Den Höhepunkt erreichte die deutsche Literatur des Hochmittelalters an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert am Hof der staufischen Kaiser und der Babenberger in Wien. Meist nach französischem Vorbild entstanden hier Epen wie der Erec und der Iwein von Hartmann von Aue, der Parzival von Wolfram von Eschenbach oder der Tristan von Gottfried von Straßburg.
Das literarische Schaffen entwickelte sich auch im Norden Deutschlands – im niederrheinisch-maasländischen Gebiet und in Thüringen, wo Ministeriale schufen, die antike Stoffe verarbeiteten. Der bekannteste Dichter aus diesem Kreis ist Heinrich von Veldeke, Autor des Eneasromans; in diesem Umkreis entstanden auch das Liet von troye von Herbort von Fritzlar und die Übersetzung der Metamorphosen des Ovid von Albrecht von Halberstadt.
Diese Entwicklung der Literatur in verschiedenen Zentren im deutschen Sprachraum bewirkte auch, dass wir von keiner einheitlichen literarischen deutschen Sprache sprechen können. Es gab verschiedene Varianten der Literatursprache, die auf Territorialdialekten basierte; die wichtigsten waren die bairische Variante, die westmitteldeutsch-maasländische Variante und die bedeutsamste von ihnen – die so genannte mittelhochdeutsche Dichtersprache des alemannisch-ostfränkischen Raums, die im Einflussbereich staufischer Kaiser entstand. In dieser Sprache verfassten ihre Werke Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach und der unbekannte Autor des Nibelungenlieds.
Änderungen im phonologischen System
Die Änderungen im phonologischen System des Mittelhochdeutschen gegenüber dem Althochdeutschen waren nicht so einschneidend, wie es im Fall des Althochdeutschen im Vergleich zum Urgermanischen war – die mittelhochdeutsche Sprache ist wesentlich näher dem modernen Deutschen, obwohl mittelhochdeutsche Texte unübersetzt nur mit Mühe verständlich sind. Trotzdem kam es im Mittelhochdeutschen zu einigen wichtigen Änderungen im konsonantischen und vokalischen System:
- Die wichtigste Änderung im phonologischen System des Mittelhochdeutschen war die Abschwächung unbetonter Silben. Der Grund dieses Wandels war der starke dynamische Akzent, der schon im Germanischen und Althochdeutschen auf die Stammsilbe fiel. Dieser starke Akzent bewirkte schließlich, dass sich Vokale in unbetonten Endsilben zum Schwa-Vokal ([ə]), der e geschrieben wurde, entwickelten. So wurde aus dem althochdeutschen boto der mittelhochdeutsche bote, aus dem althochdeutschen hōran das mittelhochdeutsche hœren.
- Eine andere wichtige Erscheinung im Vokalismus war der Umlaut, der zwar schon im Althochdeutschen begann, aber erst jetzt zur vollen Entfaltung kam, und jetzt auch lange Vokale und Diphthonge umfasste. So entwickelten sich ahd. sālida zu mhd. sælde, ahd. kunni zu mhd. künne, ahd. hōhiro zu mhd. hoeher, ahd. gruozjan zu mhd. grüezen.
Es kam auch zu wichtigen Änderungen im Konsonantismus:
- Die Konsonanten b, d, g und h begannen zu verschwinden, wenn sie zwischen Vokalen standen. So entwickelte sich ahd. gitragidi zu mhd. getreide, ahd. magadi zu mhd. meit, ahd. habēn zu mhd. hān. In manchen Fällen setzten sich später allerdings die alten Formen wieder durch (vgl. Magd, haben).
- Der althochdeutsche Konsonant z, der sich aus dem germanischen t entwickelte (vgl. ezzan – engl. eat) fiel mit dem alten, noch aus dem Germanischen stammenden, Konsonanten s zusammen – ezzan wurde zu essen.
- Die althochdeutsche Lautverbindung sk wurde zu sch. So entstand zum Beispiel aus dem althochdeutschen Wort scōni die mittelhochdeutschen schōne und schœne (beide Wörter – schon und schön – haben im heutigen Deutschen dieselbe Herkunft).
- Der Konsonant s wandelte sich zu sch, wenn er vor l, m, n, w, p, t stand. Diesem Wandel verdanken wir die mittelhochdeutschen (und heutigen) Formen wie schwimmen, schmerz, schlange, schnē, die aus den althochdeutschen swimmen, smerz, slange und snē entstanden. In der Rechtschreibung war diese Änderung allerdings nicht sofort sichtbar: zuerst wurde im Mittelhochdeutschen zum Beispiel swimmen geschrieben und schwimmen gesprochen. Bei den Buchstabenverbindungen st und sp ist der Unterschied zwischen der Aussprache und Schreibweise bis heute geblieben – vgl. die Aussprache der Wörter stehen, spielen.
Änderungen im morphologischen und syntaktischen System
Änderungen im morphologischen System der mittelhochdeutschen Sprache waren weitgehend vom phonologischen System abhängig. Von entscheidender Bedeutung war hier die Abschwächung der Vokale in unbetonten Endsilben zum Schwa-Vokal ([ə]). Dieser Wandel führte zu einschneidenden Änderungen in der Deklination der Substantive – es kam zu der formalen Übereinstimmung früher unterschiedlicher Kasusformen. Als Beispiel kann man hier die Deklination des mittelhochdeutschen Wortes bote (aus dem althochdeutschen boto) angeben:
Kasus | Althochdeutsch | Mittelhochdeutsch |
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Nominativ Singular | boto | bote |
Genitiv Singular | botin | boten |
Dativ Singular | botin | boten |
Akkusativ Singular | botun | boten |
Nominativ Plural | boton/botun | boten |
Genitiv Plural | botōno | boten |
Dativ Plural | botōm | boten |
Akkusativ Plural | boton/botun | boten |
Durch diese Entwicklung erhielt der Artikel (der im Althochdeutschen schon existierte) große Bedeutung (zum Beispiel des Boten, dem Boten) – ohne ihn wäre die Identifizierung des Kasus unmöglich.
Die Abschwächung der vollen Vokale zum Schwa-Laut bewirkte auch Änderungen im System der Konjugation der schwachen Verben, die heute das Präteritum mit dem Suffix -te bilden (zum Beispiel ich machte, wir antworteten). Im Althochdeutschen bestanden noch drei Unterklassen dieser Verben mit den Suffixen -jan (zum Beispiel galaubjan), -ôn (salbôn) und -ên (sagên). Nach der Abschwächung lauteten die genannten Verben: glauben, salben, sagen; die alten drei Suffixe verschmolzen zu einem -en.
Bei den Verbformen kam es im Mittelhochdeutschen zur weiteren Differenzierung des Tempussystems. Analytische Tempora, wie das Perfekt, das Plusquamperfekt und das Futur (die schon im Althochdeutschen bestanden) wurden häufiger. So können wir zum Beispiel im Nibelungenlied lesen:
Swaz der Hiunen mâge / in dem sale was gewesen,
Der enwas nu keiner / dar inne mê genesen.
Die Struktur der Sätze war noch nicht zu kompliziert, in der Syntax dominierte noch das Prinzip der Nebenordnung, was das nächste Fragment aus dem Nibelungenlied zeigt:
Dō stuonden in den venstern / diu minneclīchen kint.
Ir schif mit dem segele / daz ruorte ein hōher wint.
Die stolzen hergesellen / die sāzen ūf den Rīn.
Dō sprach der künec Gunther: / wer sol nu schifmeister sīn?
Vereinzelt tauchen aber in mittelhochdeutschen Texten auch ausgebaute Strukturen (Satzgefüge mit Nebensätzen) auf, die es schon in der früheren Periode gab.
Änderungen im Wortschatz. Entlehnungen aus Fremdsprachen
Die deutsche Kultur des Hochmittelalters wurde stark durch die französische Kultur beeinflusst, was in der großen Zahl der Entlehnungen aus dem Französischen zur Erscheinung kam. Diese Entlehnungen kamen nach Deutschland oft über Flandern. Den französischen Entlehnungen im Mittelhochdeutschen verdanken wir zum Beispiel Turnier (mhd. turnei), Palast (mhd. palas), Kissen.
Aus dem Französischen stammen auch bestimmte Lehnprägungen, die nach dem Vorbild dieser Sprache geformt wurden. Dazu gehören zum Beispiel die Wörter hövesch (höfisch), das nach dem altfranzösischen courtois gebildet wurde, und ritter (aus dem altfranzösischen chevalier).
Französischer Abstammung sind auch bestimmte Suffixe, wie -ieren (studieren, marschieren), das aus dem Französischen -ier entstand, und -ei, das sich aus dem mittelhochdeutschen -īe entwickelte (zum Beispiel zouberīe – Zauberei, erzenīe – Arznei).
Kontakte der Deutschen mit ihren slawischen Nachbarn im Osten führten auch zur Übernahme bestimmter Wörter, obwohl die Zahl dieser Entlehnungen viel weniger als beim Französischen war. Aus dem Slawischen stammen zum Beispiel Grenze (mhd. grenize, poln. granica) und Jauche (mhd. jûche, poln. jucha).
Textproben
Der arme Heinrich von Hartmann von Aue
Der arme Heinrich (mittelhochdeutsch) | Moderne Übersetzung |
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Tristan von Gottfried von Straßburg (Lob Hartmanns von Aue)
Tristan (mittelhochdeutsch) | Moderne Übersetzung |
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Nibelungenlied
Nibelungenlied (mittelhochdeutsch) | Moderne Übersetzung |
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Frühneuhochdeutsch
Nach populärer Auffassung ist Martin Luther der Schöpfer der modernen deutschen Sprache. Obwohl seine Verdienste für die deutsche Kultur unbestreitbar sind, stimmt die noch im 19. Jahrhundert von Sprachwissenschaftlern vertretene Meinung, Luthers Bibel-Übersetzung sei bahnbrechend für die Entwicklung des Deutschen gewesen, mit den Ergebnissen der modernen Forschung nicht überein. Die Entwicklung des heutigen Deutsch begann schon um 1350, als sich die frühneuhochdeutsche Sprache herauszubilden begann. Die frühneuhochdeutsche Periode in der Entwicklung der deutschen Sprache dauerte bis zirka 1650.
Politische und wirtschaftliche Voraussetzungen für die Entwicklung des Frühneuhochdeutschen
Im Spätmittelalter wurden in der Innenpolitik des Deutschen Reiches die Tendenzen, die zur Dezentralisierung des Staates und Abschwächung der Kaisergewalt führten, fortgesetzt. Im Jahre 1356 wurde das Reichsgesetz, die Goldene Bulle Karls IV., erlassen, in der das politische System in Deutschland endgültig geregelt wurde – das Wahlkönigtum durch die Kurfürsten wurde schriftlich manifestiert. Das Reich gliederte sich in eine Vielzahl von durch Erbschaft und Heirat entstehenden, verschmelzenden oder zersplitternden Territorien. 1442 tauchte zum ersten Mal die Bezeichnung Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation auf.
Handel und Manufakturen erlebten im Spätmittelalter eine Blüte, besonders im Nordwesten des Reichs – in Flandern und Brabant, deren Städte Brügge, Gent und Antwerpen schon seit Mitte des 13. Jahrhunderts führende wirtschaftliche Zentren waren. Im 15. Jahrhundert büßten flandrische Städte an Bedeutung ein, und der Schwerpunkt des Handels ging auf den Norden über, wo die Hanse der wichtigste Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung und Ausstrahlung des Deutschtums war. Handelskontakte, die weit über die Grenzen lokaler Territorien hinausgingen, förderten die Entwicklung einer einheitlichen, genormten Sprache, die nicht an Dialekte gebunden war.
Einer gemeinsamen Sprache bedurfte auch die Kaiserkanzlei zur Verfassung amtlicher Dokumente. Der Kaiserhof im spätmittelalterlichen Deutschland wechselte im Laufe der Zeit seinen Sitz, was auch auf die Entwicklung der deutschen Sprache Einfluss nahm. Karl IV. aus dem Haus Luxemburg residierte im 14. Jahrhundert in Prag, was zu einem starken Anteil bairischer und ostfränkischer Elemente in der an seinem Hofe gebrauchten Kanzleisprache führte. Als die Dynastie Habsburg die Macht übernahm, wurde die kaiserliche Kanzlei im 15. Jahrhundert nach Wien verlegt, und in der Kanzleisprache gewannen ostoberdeutsche Elemente die Vorrangstellung. Im Osten Deutschlands (vor allem im heutigen Sachsen und Thüringen) gewann dagegen seit dem 15. Jahrhundert das Haus Wettin an Bedeutung. Dies führte dazu, dass um 1500 in Deutschland zwei Varianten der Gemeinsprache miteinander konkurrierten: die ostmitteldeutsche Variante der meißnisch-sächsischen Kanzlei (Sächsische Kanzleisprache) und die oberdeutsche Variante der kaiserlichen Kanzlei (Maximilianische Kanzleisprache, die sich später zur Oberdeutschen Schreibsprache entwickelte), die sich auf unterschiedliche Territorialdialekte stützten. Diese beiden Varianten, wie früher die Sprachen der flandrischen Handelszentren und der Hansestädte, wurden nicht nur im Herrschaftsbereich der Wettiner und Habsburger angewandt, sondern fanden auch in anderen Teilen des Reichs Anerkennung.
Geistig-kulturelle Entwicklung im Spätmittelalter
Das Spätmittelalter war durch die Entwicklung der Wissenschaft und Bildung charakterisiert. Zu nennen ist hier vor allem die Gründung der ersten Universitäten auf deutschem Boden im 14. Jahrhundert. Die erste Hochschule in den Reichsgrenzen war die Universität Prag, gegründet von Kaiser Karl IV. im Jahre 1348; ihr folgten die Universität Wien (1365) und die Universität Heidelberg (1386). Obwohl der Unterricht an den Universitäten in lateinischer Sprache geführt wurde, trugen die Hochschulen zur Vertiefung des Interesses für allgemeines Wissen und somit die deutsche Sprache bei.
Kultur und Bildung wurde auch durch das sich schnell bereichernde und emanzipierende Bürgertum gefördert. Aus dem 15. Jahrhundert datiert die Tradition der Meistersinger, und um 1400 entstand Der Ackermann aus Böhmen von Johannes von Tepl, ein Werk, in dem frühhumanistische Konzepte zu finden sind, einhundert Jahre bevor sie in die deutsche Kultur allgemein übernommen wurden.
Von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung der Kultur und des Schrifttums war die Erfindung des Buchdrucks von Johannes Gutenberg um 1446. Diese Erfindung eröffnete ganz neue Perspektiven für die Sprachentwicklung – Bücher waren jetzt preiswerter und erreichten einen viel breiteren Bevölkerungskreis als früher. Die Mehrheit der in der frühneuhochdeutschen Zeit gedruckten Bücher war noch immer in lateinischer Sprache verfasst (die Zahl der deutschen Drucke übertraf die der lateinischen erstmals 1681), die Bedeutung der deutschen Sprache im Verlagswesen wuchs aber ständig, zumal die Auflagen deutscher Bücher gewöhnlich größer als die der lateinischen waren. Großer Beliebtheit erfreuten sich Volksbücher, wie Till Eulenspiegel (1515) und Historia von D. Johann Fausten (1587). Noch größere Auflagen hatte die Luthersche Bibelübersetzung, von der in den Jahren 1534 bis 1584 ungefähr 100.000 Exemplare gedruckt wurden. Autoren, die mit ihren Büchern landesweit auf Leser zielten, konnten nicht in lokalen Dialekten schreiben, sondern mussten eine Standardsprache gebrauchen, die überall verständlich war. Anfangs gab es noch mehrere Varianten dieser Standardsprache, in denen in verschiedenen Gebieten des deutschen Sprachraums Bücher gedruckt wurden; im 16. Jahrhundert begannen sie sich anzugleichen.
Änderungen im phonologischen System
Das Spätmittelalter war die letzte Epoche, in der im phonologischen System der deutschen Sprache wichtige Änderungen erfolgten – gerade diese Änderungen ermöglichten die Herausbildung des Frühneuhochdeutschen aus der mittelhochdeutschen Sprache. Diese Änderungen sind in verschiedenen deutschen Dialekten in unterschiedlichem Maß durchgeführt worden. Insbesondere am südwestlichen Rand des deutschen Sprachraums gibt es alemannische Dialekte, wo keine dieser Änderungen Eingang gefunden haben. Die wichtigsten Änderungen waren:
- Quantitative Änderungen in der Länge der Vokale, die um 1200 im Niederdeutschen einsetzten und sich allmählich nach Süden ausdehnten:
- Kurze offene Vokale, die in betonter Position standen, wurden gedehnt. So wurden zum Beispiel die mittelhochdeutschen Wörter lěben, gěben, trăgen, bŏte, lĭgen zu frühneuhochdeutschen lēben, gēben, trāgen, bōte, lī(e)gen, welche Aussprache bis heute erhalten blieb.
- Lange Vokale, denen mehrere Konsonanten folgten, wurden dagegen gekürzt. Aus den mittelhochdeutschen Wörtern dāhte, hērre, klāfter entstanden zum Beispiel die frühneuhochdeutschen Formen dăchte, hěrr, klăfter.
- Qualitative Änderungen der Haupttonsilben, die die Diphthongierung und Monophthongierung betrafen:
- Stammsilbenvokale ī, ū, iu wurden zu Diphthongen ei, au, eu. So entwickelten sich zum Beispiel aus den mittelhochdeutschen Wörtern wīse, mūs und triuwe die frühneuhochdeutschen Formen weise, maus und treue, und zum Beispiel Leute, die in ein neues Haus einzogen, sagten jetzt nicht mīn niuwez hūs, sondern mein neues haus. Diese Änderung tauchte zuerst im 12. Jahrhundert im Ostalpengebiet auf und breitete sich nach Nordwesten aus. Der niederdeutsche und der südwestalemannische Raum blieben allerdings davon unberührt, deshalb spricht man heute in der Schweiz nicht Schweizerdeutsch, sondern Schwizerdütsch.
- Nach der Diphthongierung (in einigen Regionen Mittelhessens aber vor dieser; siehe Mittelhessische Dialekte) geschah die Monophthongierung, ein umgekehrter Prozess, in dem sich die Diphthonge ie, uo, üe, die in betonten Positionen standen, zu den langen Monophthongen ī, ū, ü entwickelten. Im Ergebnis des Prozesses wurden die mittelhochdeutschen Wörter miete (im Mittelhochdeutschen wurde das Wort [ˈmiə̯tə] ausgesprochen), bruoder und güete zu frühneuhochdeutschen mīte, brūder und güte; und jemand, der Geschwister hatte, konnte sie jetzt nicht liebe guote brüeder, sondern lībe gūte brüder nennen. Diese Neuerung begann im Mittelhessischen und breitete sich auf den mitteldeutschen Sprachraum aus. Im oberdeutschen Raum werden die Diphthonge bis heute verwendet, während der niederdeutsche Raum diese Diphthonge überhaupt nie entwickelt hatte.
- Einem Wandel unterlagen auch mittelhochdeutschen Diphthonge ei, ou und öu (gesprochen öü), wobei zu bemerken ist, dass die erste Buchstabenverbindung im Mittelhochdeutschen nicht wie jetzt ([ai]), sondern [ei] ausgesprochen wurde. Die Diphthonge ei, ou und öu wurden im Frühneuhochdeutschen zu ei [ai], au und eu [oi]; so wurde stein [stein] Stein, roup zu Raub und fröude zu Freude. Dieser Vorgang heißt neuhochdeutsche Diphthongverstärkung und fand im mitteldeutschen Raum statt; im Oberdeutschen (Bajuwarischen und Alemannischen) hingegen nicht.
Änderungen im morphologischen und syntaktischen System
Änderungen im morphologischen System des Frühneuhochdeutschen waren nicht so einschneidend wie in der Phonologie oder Morphologie der früheren Epochen.
Änderungen kamen vor allem beim Numerus vor, bei dem verschiedene Mittel zur Kennzeichnung des Plurals in Gebrauch kamen. Eine größere Bedeutung gewann der Umlaut, der jetzt auch dort auftauchte, wo es, phonologisch gesehen, keine Berechtigung hatte. In der frühneuhochdeutschen Epoche entstanden Singular-Plural-Oppositionen wie hof/höfe, stab/stebe, nagel/negele, sohn/söhne. Häufiger wurde der Plural jetzt auch mit Hilfe des Lauts r gebildet, der früher nur ganz selten bei der Pluralbildung benutzt wurde. Während es im Mittelhochdeutschen noch die Formen diu buoch, diu wort (ohne jegliches Suffix) gab, begegnen wir in frühneuhochdeutschen Texten schon den Formen die bücher und die wörter.
Neue Suffixe waren auch für Ableitungen charakteristisch. In der frühneuhochdeutschen Periode erschienen zum ersten Mal die Suffixe -heit, -nis und -unge – die mit ihrer Hilfe gebildeten Wörter waren oft Verdeutschungen lateinischer abstrakter Begriffe, zum Beispiel hōhheit (lat. altitudo), wunderheit (lat. miraculum).
Als Präfixe wurden be-, ent-, er-, ver-, zer-, abe-, ane-, ūf-, umbe-, uz- und in- oft gebraucht. Neue Suffix- und Präfixbildungen kamen besonders in der mystischen Literatur dieser Zeit vor, die immer nach neuen Mitteln suchte, abstrakte Begriffe und Gefühle auszudrücken. So lesen wir zum Beispiel in einem mystischen Traktat aus dem Spätmittelalter:
Dîn güete ist ein ûzwallender brunne; wan so er ein tûsintist teil einer wîle sînen ûzfluz lieze, sô müeste ê himel under ertrîch zerstoeret werden.
Der Gebrauch der Suffixe und Präfixe schwankte auch je nach Region des Schreibers oder Sprechers. Während zum Beispiel Luther in seinen Schriften die Präfixe ver-, zer- bevorzugte (die sich später durchsetzten), waren in der frühneuhochdeutschen Sprache, besonders in ihrer ostmitteldeutschen Variante, auch vor-, zu- (zubrochen) geläufig. Von den Suffixen wurde zum Beispiel, insbesondere in der oberdeutschen Variante der deutschen Sprache, das Abstraktsuffix -nus (erkenntnus) gebraucht, das erst später durch das ostmitteldeutsche nis verdrängt wurde.
Die syntaktische Struktur frühneuhochdeutscher Texte kennzeichnet sich durch größere Komplexität als in früheren Epochen; die Sätze wurden länger, mit einem größeren Anteil der Satzgefüge. Diese Tendenz wurde in den nächsten Jahrhunderten fortgesetzt und führte in der Schriftsprache, besonders im 17. Jahrhundert, schließlich dazu, dass literarische und offizielle Texte in ihrer Komplexität und barocken Ornamentik kaum überschaubar waren.
Im Frühneuhochdeutschen war auch schon die moderne Wortfolge der deutschen Sprache erkennbar – mit dem Verb in der Zweitstellung und der Reihenfolge anderer Satzglieder entsprechend ihrer Wichtigkeit im Satz – dem wichtigsten Satzglied am Ende.
Änderungen im Wortschatz
Bedeutungswandel
Wie in den anderen Entwicklungsstufen des Deutschen kam es im Frühneuhochdeutschen oft zum Bedeutungswandel, der geänderte gesellschaftliche Verhältnisse widerspiegelte. Hier sind nur drei Beispiele dieser Änderungen angegeben:
- Frau – Jungfrau – Weib – Magd: In der mittelhochdeutschen höfischen Dichtung wurde das Wort vrouwe nur für adlige Herrinnen und Ehefrauen von Feudalherren benutzt (entsprechend bedeutete juncvrouwe junge Edeldamen). Normale Bezeichnungen für Frauen waren wīp und (in Bezug auf junge Mädchen) maget. Im Frühneuhochdeutschen wurde das Wort wīp schon, wie heute, als Schimpfwort empfunden, maget änderte seine Bedeutung und bedeutete nun „Dienstmagd“, vrouwe wurde zu der neutralen Bezeichnung, und im Wort juncvrouwe wurde die Jungfräulichkeit und Ehelosigkeit zum wichtigsten Bedeutungsbestandteil.
- Edel: Im Mittelhochdeutschen war das Wort neutral und bezeichnete lediglich adlige Herkunft bzw. Dinge aus der Lebenssphäre des Adligen. Jetzt wurde das Wort bei der Beschreibung geistiger und moralischer Qualitäten benutzt.
- Eine ähnliche Bedeutungserweiterung erfuhr auch das Wort leie. Seit der Periode des Frühneuhochdeutschen bedeutet es nicht nur „Nicht-Geistlicher“, sondern auch jemand, der auf einem Gebiet keine Fachkenntnisse hat („Laien“ waren zum Beispiel gebildete Bürger, die ihre Ausbildung nicht einem Studium an einer Universität verdankten).
Einführung von Familiennamen
Im Spätmittelalter (im 13. und 14. Jahrhundert) wurden schließlich im deutschen Sprachraum feste Familiennamen eingeführt. Immer größere Bevölkerungszahlen in Städten bewirkten, dass Rufnamen nicht mehr ausreichten, um die Einwohner zu identifizieren. Die Familiennamen stammten sehr oft von Berufen (Hofmeister, Schmidt, Müller) aber auch von Eigenschaften der Menschen (Klein, Lang, Fröhlich), ihrer Herkunft (Beier, Böhme, Schweizer) oder Wohnstätte (Angermann, Bachmann).
Entlehnungen aus Fremdsprachen
Rege Handelskontakte der deutschen Städte mit dem Ausland trugen in der frühneuhochdeutschen Periode, wie in früheren und späteren Epochen, zur Aufnahme vieler fremdsprachlicher Wörter bei. Im Spätmittelalter kam dem Italienischen besondere Bedeutung zu – auf dem Gebiet des Geld- und Handelsverkehrs war Italien anderen europäischen Staaten weit überlegen. Aus dem Italienischen stammen zum Beispiel Wörter wie Bank, Risiko, Golf, Kompass, Kapitän.
In der Zeit der Renaissance wirkten italienische Einflüsse fort, zum Beispiel im Bereich der Musik (Bratsche, Cembalo). Ab der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts tauchten immer mehr französische Wörter im Deutschen auf, was Ausdruck der Ausstrahlung der französischen Kultur und der absolutistischen Politik Frankreichs war, deren Vorbildern der deutsche Adel und die deutschen Fürsten zu folgen versuchten. Aus dem Französischen übernahm man Wörter aus den Bereichen des Hoflebens (Ball, Ballett, Promenade), der Küche (Kompott, Kotelett, Marmelade), der Mode (Frisur, Garderobe, Kostüm) oder des Militärwesens (Armee, Leutnant, Offizier).
Humanismus, Beginn der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Sprache
Seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts begannen nach Deutschland in starkem Maße die Ideen der Renaissance und des Humanismus durchzudringen. Obwohl diese Strömungen gewöhnlich mit der Rückkehr zum klassischen Latein und der griechischen Sprache der Antike assoziiert werden, trugen sie auch zur Entwicklung der deutschen Sprache bei. Immer mehr Gelehrte verfassten ihre Werke in deutscher Sprache, zum Beispiel Paracelsus, Autor der Schrift Die große Wundarznei (1536). In deutscher Sprache wurden auch historische Werke, wie Germaniae chronicon oder Chronica des gantzen Teutschen lands, aller Teütschen […] (Apiario, Bern 1539) von Sebastian Franck, und schließlich, insbesondere nach dem Beginn der Reformation im Jahre 1517, theologische Schriften verfasst.
In das 16. Jahrhundert fallen auch Anfänge der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der deutschen Sprache, obwohl die die sprachwissenschaftlichen Themen erörternden Werke oft noch in lateinischer Sprache verfasst waren. Die Frucht humanistischer Interessen deutscher Gelehrter waren deutsch-lateinische Wörterbücher, wie das Dictionarium latino-germanicum von Petrus Dasypodius (1535), das erste nach wissenschaftlichen Prinzipien erarbeitete Wörterbuch der deutschen Sprache, oder das gleichnamige Wörterbuch von Johannes Fries aus dem Jahre 1541.
Aus dem 16. Jahrhundert stammen auch erste theoretische Abhandlungen über die deutsche Sprache, nämlich Grammatiken (zum Beispiel Ein Teutsche Grammatica von Valentin Ickelsamer aus 1534) und Handbücher der Rechtschreibung (zum Beispiel Orthographia von Fabian Frangk aus dem Jahre 1531).
Sprachgesellschaften
Nach dem Muster ausländischer Gesellschaften (zum Beispiel der italienischen Accademia della Crusca) entstanden in Deutschland auch Sprachgesellschaften, die sich die Pflege der nationalen Sprache und Literatur zum Ziel nahmen. Die erste und bekannteste von ihnen war die 1617 in Weimar gegründete Fruchtbringende Gesellschaft. Die Mitglieder dieser Gesellschaften sowie Dichter (wie Martin Opitz, Andreas Gryphius, Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen) bemühte sich um die Aufwertung der deutschen Sprache. Hierzu kämpften die sogenannten Sprachpuristen mit unterschiedlicher Intensität gegen die „Wortmengerey“ in der deutschen Sprache. Während beispielsweise von Zesen selbst etablierte Fremdwörter wie „Natur“ in „Zeugemutter“ eindeutschen wollte, vertrat Leibniz einen gemäßigten Sprachpurismus. Viele der von ihnen vorgeschlagenen Formen setzen sich durch, doch nicht unmittelbar, sondern erst in zunehmendem Maße im 18. Jahrhundert.: Durchmesser und Erblasser, die die älteren Begriffe Diameter und Testator ersetzten. Manchmal wurde das neue, deutsche Wort in das Allgemeingut übernommen, ohne dass das fremde Wort verdrängt wurde (zum Beispiel Bruchstück, Briefwechsel, Bücherei, die anstelle von Fragment, Korrespondenz bzw. Bibliothek vorgeschlagen wurden); manchmal schlugen aber auch die Vorschläge fehl, wie die Wörter Tageleuchter und Zitterweh, die die Wörter Fenster und Fieber (beide lateinischer Herkunft) ersetzen sollten. Den Bemühungen der Sprachgesellschaften verdanken wir auch deutsche Entsprechungen grammatikalischer Begriffe, wie Fall (in der Bedeutung „Kasus“), Geschlechtswort („Artikel“), Hauptwort („Substantiv“) und Rechtschreibung („Orthographie“).
Die größte Wirkungsgeschichte hatten die Sprachgesellschaften jedoch nicht durch ihre Eindeutschung und die (unmögliche) Abwehr von fremden Einflüssen. Vielmehr blieb sprachgeschichtlich in erster Linie die Kodifizierung und Normierung der deutschen Sprache ein wegweisender Beitrag für die Entwicklung des Deutschen. Auswirkungen auf die moderne Standardsprache hatten die Bemühungen jedoch (laut C.J. Wells) keine.
Rechtschreibung und Zeichensetzung
In die Zeit des Frühneuhochdeutschen fallen auch erste Versuche der Formulierung orthographischer Regeln.
Zu nennen ist hier vor allem die Frage der Großschreibung der Substantive. Die Annahme der Regel, dass alle Substantive großgeschrieben werden sollen, war ein langwieriger Prozess, der noch in der mittelhochdeutschen Periode eingesetzt hatte, über die ganze Periode des Frühneuhochdeutschen dauerte und erst in der nächsten Periode (im Neuhochdeutschen – Mitte des 18. Jahrhunderts) weitgehend abgeschlossen war. Anfangs waren nur bestimmte Wörter, insbesondere aus der religiösen Sphäre, durch Setzung in Versalien (zum Beispiel GOtt) hervorgehoben. Der Prozess wurde im 16. und 17. Jahrhundert fortgesetzt; es gab aber hier keine klaren Regeln – Schreiber hoben durch Großschreibung diese Substantive hervor, die sie für wichtig hielten. Die folgende Tabelle zeigt Unterschiede in der Großschreibung in zwei Übersetzungen des Psalms 17:
Luthers Übersetzung (1523) | Übersetzung von 1545 |
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Der frühneuhochdeutschen Periode verdanken wir auch die Anwendung der ersten Satzzeichen, die im Mittelhochdeutschen grundsätzlich noch fehlten. Zuerst bediente man sich nur des Punktes am Ende der Sätze. Um die Atempausen beim Lesen zu betonen, begann man im 16. Jahrhundert auch die so genannten Virgeln (Schrägstriche) anzuwenden, wie in dem folgenden Zitat vom Sendbrief vom Dolmetschen Martin Luthers aus 1530 ersichtlich ist:
… den man mus nicht die buchstaben inn der lateinischē sprachen fragē / wie man sol Deutsch redē / wie diese esel thun / sondern / man mus die mutter jhm hause / die kinder auff der gassen / den gemeinen mā auff dem marckt drumb fragen / vn den selbigē auff das maul sehen / wie sie reden / vnd darnach dolmetzschen / so verstehen sie es den / vn mercken / das man Deutsch mit jn redet.
Die Schrägstriche wurden durch die heutigen Kommas erst Ende des 17. Jahrhunderts, also in der nächsten (neuhochdeutschen) Periode, verdrängt. In die Zeit des 17. Jahrhunderts fallen auch erste Beispiele der Anwendung des Ausrufezeichens (!), des Fragezeichens (?) und des Semikolons (;).
Herausbildung der deutschen Gemeinsprache
Ende der frühneuhochdeutschen Periode begannen, nicht zuletzt dank der Arbeit und Bemühungen der Wissenschaftler, Dichter und Humanisten, die Unterschiede zwischen verschiedenen Literatursprachen, die in verschiedenen Regionen Deutschlands im Gebrauch waren, zu verschwinden. Noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts existierten in Deutschland zwei Varianten der Standardsprache – die im Einflussbereich der Wettiner im mittleren Osten und die im Einflussbereich der Habsburger im Südosten – die auch in anderen Teilen des Landes Anerkennung fanden. Ende des Jahrhunderts war schon die Vorrangstellung der ostmitteldeutschen Sprache sichtbar, unter anderem dank der Reformation, die in dieser Region ihren Anfang nahm und sich dort besonders gut entfaltete. Die Literatursprache des Wettiner Raums gewann immer mehr an Bedeutung; sie eroberte allmählich sowohl den katholischen Süden als auch den Norden Deutschlands, wo sie zur Sprache der Bildung und der Literatur wurde, im Gegensatz zu den niederdeutschen Mundarten, die von den dort lebenden Einwohnern vor allem im Alltagsleben benutzt wurden (und werden). Schließlich wurde die ostmitteldeutsche Sprache auch in der Literatursprache der Schweiz akzeptiert, obwohl das erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erfolgte. Die obigen Entwicklungstendenzen waren natürlich viel komplizierter als hier dargestellt. Trotz der Vorrangstellung der ostmitteldeutschen Variante kann man nicht feststellen, dass sie Ende der frühneuhochdeutschen Periode schon völlig die Funktion der Gemeinsprache der Deutschen in dem heutigen Sinne des Wortes übernahm.
Die Bedeutung Martin Luthers für die Entwicklung der deutschen Sprache und Schriftsprache
Nach populärer Auffassung gilt Martin Luther als der Schöpfer der neuzeitlichen deutschen Sprache. Diese Betrachtungsweise beruht zum Teil auf Ansichten von Sprachwissenschaftlern im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und auf ihrer Einschätzung der Rolle Luthers. So behauptete zum Beispiel Wolfgang Jungandreas im Jahre 1947, dass
„Luther überall die entscheidenden Schritte zum Neuhochdeutschen hin gemacht hat, dass wir ihn also mit vollem Recht als den Schöpfer der neuhochdeutschen Schriftsprache ansehen können.“
Die moderne Forschung schätzt die Rolle Luthers anders ein. Aus der obigen Darstellung ist sichtbar, dass die Entwicklung der frühneuhochdeutschen Sprache viel früher, also vor Luther (Mitte des 14. Jahrhunderts) begann; das moderne Neuhochdeutsch datiert dagegen erst seit um 1650, die heutige Entwicklungsstufe des Deutschen begann also ein Jahrhundert nach Luthers Tod.
Andererseits muss der enorme Beitrag Luthers für die deutsche Kultur anerkannt werden, in der seine Bibelübersetzung auch eine sehr große Rolle spielte. Luther popularisierte viele Sprichwörter und bildhafte feste Wendungen (obwohl sie von ihm selbst nicht erfunden waren). Aus Luthers Bibelübersetzung verwenden wir bis heute Redewendungen wie Stein des Anstoßes, ein Dorn im Auge, sein Licht unter den Scheffel stellen.
Durch Luthers Schriften und seine Übersetzung setzten sich auch viele Wörter aus dem ostmitteldeutschen Raum durch, die ihre Entsprechungen aus anderen Territorialdialekten verdrängten. Wie er sagen auch wir Heuchler, Hügel, Scheune, Kahn – diese von Luther verwandten ostmitteldeutschen Formen ersetzten ihre oberdeutschen Entsprechungen Gleißner, Bühel, Scheuer und Nachen, die heute nur landschaftlich und in der Dichtersprache verwendet werden.
Bei Luther finden wir auch Beispiele der ersten Verwendung von Wörtern in neuen Bedeutungen, die später in die Standardsprache übergingen. Dazu gehören zum Beispiel anfahren (in der Bedeutung „in heftigem Ton zurechtweisen“), verfassen („schriftlich niederlegen“) oder fromm (das früher „tüchtig, rechtschaffen“ bedeutete und erst bei Luther in der Bedeutung „gläubig, religiös“ benutzt wurde).
Luthers Beitrag für die Entwicklung der deutschen Sprache ist also unbestreitbar, obwohl die Betrachtungsweise seiner Bibelübersetzung – als eine neue Epoche eröffnend – dem Stand der modernen Forschung nicht mehr standhalten kann.
Textproben
Die Zahl erhaltener frühneuhochdeutscher Texte ist sehr groß und übersteigt die aus früheren Perioden weit. Dies war unter anderem der Erfindung des Drucks mit austauschbaren Lettern zu verdanken, der große Auflagen von Büchern und Flugschriften ermöglichte. Weiter folgen nur zwei Beispiele frühneuhochdeutscher Literatur.
Der Ackermann aus Böhmen von Johannes von Tepl (um 1400)
Grimmiger tilger aller lande, schedlicher echter aller werlte, freissamer morder aller guten leute, ir Tot, euch sei verfluchet! got, ewer tirmer, hasse euch, vnselden merung wone euch bei, vngeluck hause gewaltiglich zu euch: zumale geschant seit immer! Angst, not vnd jamer verlassen euch nicht, wo ir wandert; leit, betrubnuß vnd kummer beleiten euch allenthalben; leidige anfechtung, schentliche zuversicht vnd schemliche verserung die betwingen euch groblich an aller stat; himel, erde, sunne, mone, gestirne, mer, wag, berg, gefilde, tal, awe, der helle abgrunt, auch alles, das leben vnd wesen hat, sei euch vnholt, vngunstig vnd fluchend ewiglichen! In bosheit versinket, in jamerigem ellende verswindet vnd in der vnwiderbringenden swersten achte gotes, aller leute vnd ieglicher schepfung alle zukunftige zeit beleibet! Vnuerschampter bosewicht, ewer bose gedechtnuß lebe vnd tauere hin on ende; grawe vnd forchte scheiden von euch nicht, wo ir wandert vnd wonet: Von mir vnd aller menniglich sei stetiglichen vber euch ernstlich zeter geschriren mit gewundenen henden!
Vorrede Martin Luthers zu seiner Übersetzung des Neuen Testaments (1522)
Es were wol recht vnd billich, das dis buch on alle vorrhede vnnd frembden namen außgieng, vnnd nur seyn selbs eygen namen vnd rede furete, Aber die weyl durch manche wilde deuttung vnd vorrhede, der Christen synn da hyn vertrieben ist, das man schier nit mehr weys, was Euangeli oder gesetz, new oder alt testament, heysse, fodert die noddurfft eyn antzeygen vnd vorrhede zu stellen, da mit der eynfelltige man, aus seynem allten wahn, auff die rechte ban gefuret vnd vnterrichtet werde, wes er ynn disem buch gewartten solle, auff das er nicht gepott vnnd gesetze suche, da er Euangeli vnd verheyssung Gottis suchen sollt.
Darumb ist auffs erste zu wissen, das abtzuthun ist der wahn, das vier Euangelia vnd nur vier Euangelisten sind, vnd gantz zuverwerffen, das etlich des newen testaments bucher teyllen, ynn legales, historiales, Prophetales, vnnd sapientiales, vermeynen damit (weyß nicht wie) das newe, dem alten testament zuuergleychen, Sondern festiglich zu halten, das gleych wie das allte testament ist eyn buch, darynnen Gottis gesetz vnd gepot, da neben die geschichte beyde dere die selben gehallten vnd nicht gehallten haben, geschrieben sind, Also ist das newe testament, eyn buch, darynnen das Euangelion vnd Gottis verheyssung, danebe auch geschichte beyde, dere die dran glewben vnd nit glewben, geschrieben sind, Also das man gewisß sey, das nur eyn Euangelion sey, gleych wie nur eyn buch des newen testaments, vnd nur eyn glawb, vnd nur eyn Gott, der do verheysset.
Denn Euangelion ist eyn kriechisch wortt, vnd heyst auff deutsch, gute botschafft, gute meher, gutte newzeytung, gutt geschrey, dauon man singet, saget vnd frolich ist, gleych als do Dauid den grossen Goliath vberwand, kam eyn gutt geschrey, vnd trostlich newtzeyttung vnter das Judisch volck, das yhrer grewlicher feynd erschlagen, vnd sie erloset, zu freud vnd frid gestellet weren, dauon sie sungen vnd sprungen vnnd frolich waren, Also ist dis Euangelion Gottis vnnd new testament, eyn gutte meher vnd geschrey ynn alle wellt erschollen durch die Apostell, von eynem rechten Dauid, der mit der sund, tod vnnd teuffel gestritten, vnd vberwunden hab, vnnd damit alle die, ßo ynn sunden gefangen, mit dem todt geplagt, vom teuffel vberweldiget gewesen, on yhr verdienst erloset, rechtfertig, lebendig vnd selig gemacht hat, vnd da mit zu frid gestellet, vnd Gott wider heym bracht, dauon sie singen, dancken Gott, loben vnd frolich sind ewiglich, ßo sie des anders fest glawben, vnd ym glawben bestendig bleyben.
Neuhochdeutsch
Die Entwicklung der modernen deutschen Sprache datiert seit um 1650, also seit Ende des Dreißigjährigen Kriegs. Im phonologischen und morphologischen System erfolgten in dieser Zeit nur geringfügige Änderungen – die Sprache der zweiten Hälfte des 17. und des 18. Jahrhunderts ist grundsätzlich dieselbe, die wir heute sprechen. Größeren Wandel erfuhr in dieser Periode von etwa 350 Jahren der Wortschatz der deutschen Sprache, und zwar durch kontinuierliche Änderungen im politischen und gesellschaftlichen Leben und durch den enormen Fortschritt der Wissenschaft und Technik. Neue Wörter wurden geprägt oder sie änderten ihre Bedeutung, Fremdsprachen übten auch Einfluss auf die deutsche Sprache aus.
Die deutsche Sprache von 1650 bis Ende des 18. Jahrhunderts
Herausbildung der einheitlichen Literatursprache
In der neuhochdeutschen Periode kam es endlich zur Entstehung der einheitlichen deutschen Literatursprache mit überlandschaftlichem Charakter, und das trotz der großen politischen und konfessionellen Zersplitterung deutscher Gebiete nach dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs. Zum großen Teil basierte diese Gemeinsprache auf der ostmitteldeutschen Variante des Deutschen, für die noch im 17. Jahrhundert zum Beispiel Martin Opitz und Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen und im 18. Jahrhundert Johann Christoph Gottsched plädierten. Diese Vorrangstellung der ostmitteldeutschen Variante bedeutete natürlich nicht, dass andere Varianten, zum Beispiel die oberdeutsche Variante, für die sich zum Beispiel süddeutsche Gelehrte aussprachen, völlig verdrängt wurden. In Wirklichkeit war die Literatursprache ein Konglomerat verschiedener Dialekte und Varianten der deutschen Sprache.
Im 18. Jahrhundert entwickelten sich auch verschiedene Umgangssprachen, die sich aus Territorialdialekten herausbildeten, in einem größeren Gebiet gesprochen wurden und eine Zwischenstellung zwischen der Literatursprache und den Dialekten einnahmen. Sie gewannen erst später, im 19. und 20. Jahrhundert, an Bedeutung, als große Menschenmassen auf der Suche nach Arbeit in andere Regionen auszuwandern begannen.
Änderungen im phonologischen und morphologischen System
Im Bereich der Phonologie erfolgten im Neuhochdeutschen keine wesentlichen Änderungen mehr, obwohl es natürlich weiterhin Unterschiede in der Aussprache in einzelnen Regionen gab – eine standardisierte, landesweit bindende Aussprache existierte nicht.
In der Morphologie wurden Tendenzen fortgesetzt, die auf die klare Unterscheidung der Singular- und Pluralformen zielten. Zu diesem Zweck wurde häufiger der Umlaut (zum Beispiel Hahn – Hähne, Bogen – Bögen) und das Suffix -r (zum Beispiel Männer, Geister, Würmer statt mittelhochdeutsch manne, geiste, würme) benutzt.
In der Flexion entstand ein ganz neues Deklinationsmuster, in dem die so genannte starke Deklination (mit -s im Genitiv) mit der schwachen (mit -n) zusammenfiel. Im Singular werden Wörter dieser Klasse (zum Beispiel Auge, Bett, Ohr) stark und im Plural schwach dekliniert:
Singular | Plural |
---|---|
|
|
Im Präteritum der starken Verben kam es zur endgültigen Angleichung der Singular- und Pluralformen. Während sie im Mittelhochdeutschen oft noch unterschiedlich (ich sang – wir sungen, ich fand – wir funden) waren, setzte im Frühneuhochdeutschen der Prozess ihrer Anpassung ein, der jetzt im Neuhochdeutschen zum Schluss kam – sowohl die Singular- als auch die Pluralform haben jetzt den gleichen Vokal im Verbstamm (ich sang – wir sangen).
Zu einer Angleichung kam es auch beim Perfektpartizip. Noch im 16. Jahrhundert bildeten manche Verben (werden, kommen, finden, bringen) dasselbe ohne das Präfix ge- (vgl. darum bin ich kommen und taufe im Wasser); im Neuhochdeutschen werden geworden, gekommen, gefunden, gebracht verwendet. Als Relikt der frühneuhochdeutschen Periode ist worden nur in Passivformen der Vorzeitigkeit (wie im Satz er ist nach Berlin versetzt worden) bis heute erhalten geblieben.
Änderungen im Wortschatz
Das 18. Jahrhundert, das Zeitalter der Aufklärung, war das Zeitalter der Anfänge der modernen Wissenschaft, was auch auf den Wortschatz der deutschen Sprache Einfluss hatte. Neue Wörter wurden geprägt (zum Beispiel Sauerstoff als Lehnübersetzung des französischen oxygène); die Präzision des Ausdrucks wurde wichtig, was zu Versuchen der klaren Abgrenzung des Bedeutungsumfangs der Wörter führte. Die Sprache der Wissenschaft beeinflusste aber auch die Gemeinsprache, die viele Wörter aus dem Fachwortschatz einzelner Wissenschaftsgebiete übernahm. Aus dem Wortschatz der Philosophie wurden Wörter wie Bedeutung, Bewusstsein, Verhältnis, Verständnis übernommen, aus dem Bereich der Mathematik Abstand, Schwerpunkt, Spielraum (viele dieser philosophischen und mathematischen Begriffe stammen vom Universitätsgelehrten, Philosophen und dem Mathematiker Christian Wolff).
Wie in früheren und späteren Perioden wurde die deutsche Sprache durch Fremdsprachen beeinflusst, besonders Französisch, seinerzeit die Sprache eines Großteils des Adels und der wissenschaftlichen Elite. Aus der französischen Sprache übernahm man insbesondere Wörter, die sich auf die Mode bezogen, aber auch Verwandtschaftsbezeichnungen: Onkel, Tante, Cousin, Cousine sind alle französischer Herkunft. Besonders im Westen Deutschlands, etwa im Rheinland, in der Rheinpfalz und in Baden, war der Einfluss des Französischen stark. Von Friedrich dem Großen ist überliefert, dass an seinem Tische stets Französisch gesprochen wurde und dass er erst vor der Schlacht bei Leuthen an seine Offiziere eine Ansprache auf Deutsch richten mochte.
Viele Dichter und Wissenschaftler bekämpften solche Übernahmen anderssprachiger Wörter. Zu nennen ist hier vor allem Joachim Heinrich Campe, der bekannteste Sprachpurist dieser Zeit, der in seinem 1801–1804 erschienenen Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke Neuprägungen zum Ersatz dieser Fremdwörter vorschlug. Von Campe stammen zum Beispiel Erdgeschoss (das er für Parterre vorschlug), Hochschule (Universität) oder Stelldichein (Rendezvous).
Auch vorrangig als Dichter bekannte Persönlichkeiten dieser Zeit trugen so zur Bereicherung der deutschen Sprache bei. Von Johann Christoph Gottsched stammen angemessen (für adäquat), Begeisterung (Enthusiasmus), von Friedrich Gottlieb Klopstock Einklang (Harmonie), von Johann Wolfgang von Goethe beschränkt (für borniert) und hochfahrend (arrogant) und von Friedrich Schiller Gaukelbild (für Phantom).
Theoretische Beschäftigung mit der deutschen Sprache
Im 17. und 18. Jahrhundert vertiefte sich das wissenschaftliche Interesse für die deutsche Sprache. Wörterbücher wurden verlegt, darunter Großes Teutsch-Italienisches Dictonarium, oder Wort- und Red-Arten-Schatz der unvergleichlichen Hoch-teutschen Grund- und Hauptsprache von Matthias Kramer (1700), Teutsch-Lateinisches Wörterbuch von Johann Leonhard Frisch (1741) und vor allem der fünfbändige Versuch eines vollständig grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der oberdeutschen von Johann Christoph Adelung (1774–1786), mit dem der Verfasser ein normatives Werk für alle Deutsch Sprechenden und Schreibenden zu schaffen versuchte.
Der letzte Autor verfasste auch Werke aus dem Bereich der Grammatik, wie Deutsche Sprachlehre (1781) oder Umständliches Lehrgebäude der Deutschen Sprache (1782). Früher (1748) erschien die Grundlegung einer Deutschen Sprachkunst, nach den Mustern der besten Schriftsteller des vorigen und jetzigen Jahrhunderts von Johann Christoph Gottsched, der sich auch für die Einfachheit, Klarheit und Sachlichkeit im Geiste der Aufklärung einsetzte.
Die deutsche Sprache im 19. Jahrhundert
Das 19. Jahrhundert war das Zeitalter der Industriellen Revolution in deutschen Ländern und der Vereinigung Deutschlands zu einem Nationalstaat (1871). Vor allem der Fortschritt der Wissenschaft und Technik beeinflusste die Entwicklung der deutschen Sprache durch neue Wörter und neue Bedeutungen vorhandener Wörter; neue gesellschaftliche Prozesse kamen auch in der Sprache zum Ausdruck.
Entstehung der modernen Sprachwissenschaft
Anfang des 19. Jahrhunderts wurden Wissenschaftskonzepte vorrangig, die auf sprachwissenschaftlichem Gebiet die Linguistik im heutigen Sinne des Wortes begründeten. Deren Vertreter konzentrieren sich nicht auf Erarbeitung bestimmter Normen, Sprachpflege oder Bekämpfung von Fremdwörtern (wie im 17. und 18. Jahrhundert), sondern auf die Untersuchung der Geschichte und Gegenwart des bestehenden Sprachsystems.
Die führenden Sprachwissenschaftler dieser Zeit waren die Brüder Grimm, Autoren des Deutschen Wörterbuchs, dessen erster Band 1854 erschien (das Wörterbuch wurde erst 1960 vollendet), und vieler anderer Werke auf dem Gebiet der Germanistik, zum Beispiel der historisch-vergleichenden Deutschen Grammatik von Jacob Grimm aus dem Jahr 1819. Sie gelten als Begründer der modernen Germanistik.
Ihnen folgten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die so genannten Junggrammatiker, die sich für die historische Entwicklung der deutschen Sprache und Indogermanistik interessierten. Zu den Vertretern dieser Richtung gehörten Wilhelm Scherer, Autor des Werks Zur Geschichte der deutschen Sprache (1868), und Hermann Paul, Autor der Prinzipien der Sprachgeschichte. Als ein Ergebnis ihrer Vergleiche indogermanischer Sprachen formulierten sie die These von der Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze. Um jene zu bestätigen, begann Georg Wenker 1876 Arbeiten am Sprachatlas des Deutschen Reiches, dem späteren Deutschen Sprachatlas, die aktuell noch andauern. Die Ergebnisse dieser Arbeiten widerlegten jedoch die genannte These.
Änderungen im Wortschatz
Im 19. Jahrhundert führte der wissenschaftliche und technische Fortschritt zur schnellen Entwicklung des Fachwortschatzes. Aus der Notwendigkeit, neue Erfindungen und Entdeckungen zu benennen, entstanden neue Wörter wie elektrisch, Elektrizität (griechischer Herkunft) und vieler neuer Komposita wie Waschmaschine, Nähmaschine, Gasanstalt, Eisenbahn. Neuer Wörter bedurften auch neue Erscheinungen aus dem politischen und gesellschaftlichen Leben, wie Reichsgesetz, Streik. Viele der neuen Wörter waren fremder, meist englischer oder französischer Herkunft (Lokomotive, Telegramm, Perron, Coupé, Conducteur, Billet), was aus dem wirtschaftlichen Übergewicht dieser Länder Anfang des 19. Jahrhunderts folgte. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden sie auch wegen nationalistischer Stimmungen im damaligen Deutschland zum Teil durch Neuprägungen (Bahnsteig, Abteil, Schaffner, Fahrkarte) verdrängt.
Normierung der deutschen Rechtschreibung und Aussprache
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war die deutsche Rechtschreibung nicht normiert. Wie aktuell im englischen Sprachraum, in dem verschiedene Schreibweisen eines Wortes (zum Beispiel realise – realize) zulässig sind, gab es keine Behörde, die allgemeinverbindlich über die Fragen der orthographischen Richtigkeit entschieden hätte. So kamen zum Beispiel außer den Formen Hilfe, Silbe auch Hülfe, Sylbe vor; bei Fremdwörtern waren verschiedenen Schreibweisen (Medizin – Medicin, Kanal – Canal) zu finden, beim Suffix -ieren auch die Form ohne e (studieren – studiren). 1880 versuchte Konrad Duden die Fragen der deutschen Rechtschreibung zu regeln, indem er in diesem Jahr sein Vollständiges orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache herausgab. Die Vorschläge Dudens wurden weitgehend auf der Orthographischen Konferenz im Jahre 1901 angenommen, auf der erstmals in der Geschichte die deutsche Rechtschreibung amtlich festgelegt wurde. Die Regeln, die damals angenommen wurden, galten bis zur Reform der deutschen Rechtschreibung von 1996.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde auch die deutsche Aussprache normiert. Zum diesbezüglichen Standardwerk wurde Die Deutsche Bühnenaussprache (1898) von Theodor Siebs.
Die deutsche Sprache im 20. und frühen 21. Jahrhundert
Die Entwicklung der deutschen Sprache im 20. Jahrhundert setzte viele Tendenzen fort, die noch im vorangehenden Jahrhundert begonnen hatten; hinzu kamen die Einflüsse zweier totalitärer Ideologien (Nationalsozialismus und kommunistischer Sozialismus), unter deren Zeichen das 20. Jahrhundert stand. Wie im 19. Jahrhundert änderte sich vor allem der Wortschatz; Ende des Millenniums wurde jedoch auch gefordert, die 1901 normierte Rechtschreibung zu reformieren.
Infolge der Vertreibung Deutschsprachiger aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches und der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei verkleinerte sich das geschlossene deutsche Sprachgebiet. Durch Vertreibung der Deutschsprachigen aus Mittel- und Osteuropa siedelten Sprecher der Dialekte dieser Gebiete im Nachkriegsdeutschland. Infolgedessen haben Dialekte wie Schlesisch, Niederpreußisch und Ostpommersch nur noch wenige Sprecher. Im Elsass und im nördlichen Lothringen wurde in der Nachkriegszeit Deutsch weitgehend durch Französisch verdrängt.
Entwicklung der modernen Sprachwissenschaft
Im Gegensatz zum 19. Jahrhundert, in dem Sprachwissenschaftler die Sprache in ihren historischen (diachronischen) Aspekten untersuchten, verschob sich das Interesse der Linguistik im 20. Jahrhundert auf die Erforschung der Gegenwart (Synchronie) der Sprache. Zur dominierenden Richtung in der Sprachwissenschaft wurde der Strukturalismus, dessen Grundlagen sich in den (erst 1916, also postum, herausgegebenen) Vorlesungsschriften Cours de linguistique générale des schweizerischen Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure finden. De Saussure lehnte sprachgeschichtliche Forschungen ab und sah wie andere Strukturalisten in der Beschreibung des Sprachsystems in seinen aktuellen Zusammenhängen die einzige Aufgabe der Linguistik. De Saussure war auch der erste, der zwischen der Sprache als System von Zeichen (langue) und dem Sprechakt (parole) unterschied. Ausgehend von den Ansichten de Saussures entwickelten sich innerhalb der strukturalistischen Sprachwissenschaft später eine Vielzahl verschiedener, oft weit voneinander entfernter Strömungen.
Die deutsche Sprache im Nationalsozialismus
Die von der NS-Propaganda genutzten Wörter spiegelten die nationalistische und rassistische Ideologie des Dritten Reichs wider: Sie gebrauchte zum Beispiel Begriffe wie Rassenbewusstsein, Rassenschande, Arier, Halbjude. Nur wenige dieser Wörter wurden jedoch von den Nationalsozialisten selbst geprägt; die meisten wurden am Anfang des 20. oder noch Ende des 19. Jahrhunderts aus der völkischen Ideologie übernommen. „Das Dritte Reich hat die wenigsten Worte seiner Sprache selbstschöpferisch geprägt.“ stellte Victor Klemperer in seiner Abhandlung über die Sprache des „Dritten Reichs“ (LTI – Notizbuch eines Philologen) fest.
Besonders nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1939 nahm die Verwendung und Neuprägung militärische Ausdrücke zu – auch in Bezug auf das zivile Leben. Dazu gehören zum Beispiel Komposita mit Schlacht (Arbeitsschlacht, Ernteschlacht) oder Wörter wie kämpferisch, Einsatz, marschieren.
Die von den Nationalsozialisten benutzten Wörter waren oft Euphemismen oder Verhüllungen. Das bekannteste Beispiel ist die Endlösung der Judenfrage, aber auch Evakuierung für die systematische Ermordung der Juden Europas. Weitere Beispiele sind Feldzug statt Krieg, Rückschlag statt Niederlage und Frontbegradigung statt Rückzug. Beispiele im politischen Bereich sind die Heimkehr der Ostmark ins Reich für den Anschluss Österreichs (die Nutzung des Namens Österreich war in Deutschland außer im historischen Kontext verboten), oder die Rückgliederung des Sudetenlandes für die Annexion der deutschsprachigen Grenzgebiete der Tschechoslowakei nach dem Münchner Abkommen im Jahre 1938.
Die deutsche Sprache in der DDR
Nach 1945 betrieben die Herrschenden der sowjetischen Besatzungszone wie auch später der DDR eine zentral gesteuerte, propagandistisch untermauerte gesellschaftliche Umgestaltung. Dem entsprachen auf sprachlicher Ebene neue Wörter und Wortverbindungen wie Neuererbewegung oder Plansoll. Zahlreiche Neuprägungen wie Kulturhaus, Wandzeitung, Pädagogischer Rat (in der Bedeutung „Gesamtheit der Lehrkräfte einer Schule“), Brigade („Arbeitsgruppe in einem Produktionsbetrieb“) oder sozialistisches Lager („Gesamtheit der Staaten mit entsprechender Gesellschaftsordnung“) waren Lehnübersetzungen oder Lehnbedeutungen aus dem Russischen. Einige dieser Wörter (zum Beispiel Neubauer, Aufbauhelfer oder Arbeiter-und-Bauern-Fakultät) gerieten rasch außer Gebrauch, wenn sich politische Ziele oder Prioritäten verändert hatten.
DDR-typische Euphemismen waren die offizielle Bezeichnung des Baus der Berliner Mauer als Sicherung der Staatsgrenze und des errichteten Bauwerkes als antifaschistischen Schutzwall. Umgekehrt wurde der Aufstand vom 17. Juni 1953 ein gescheiterter konterrevolutionärer Putschversuch genannt, und auch weitere Begrifflichkeiten dienten vor allem der Diskreditierung der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung des KAs („kapitalistischen Auslands“), insbesondere der Bundesrepublik Deutschland.
Staatsbezeichnungen während der Zweistaatlichkeit Deutschlands
Die wechselseitigen Bezeichnungen der Bundesrepublik Deutschland, abgekürzt BRD, und der Deutschen Demokratischen Republik, abgekürzt DDR, in Medien und im öffentlichen Leben während der Zweistaatlichkeit Deutschlands geben einen interessanten Einblick in die propagandistische Funktion der Sprache. Der Selbstbezeichnung der DDR wurde in der BRD insoweit gemieden, als deren Eigenstaatlichkeit nicht anerkannt wurde. Dies betonende Printmedien schrieben die Abkürzung in Anführungszeichen („DDR“), solange jene existierte. Alternativ war geläufig, von der sowjetischen Besatzungszone oder der Ostzone zu sprechen. Die Bezeichnung Mitteldeutschland für das Gebiet der DDR berücksichtigte eine bundesrepublikanische Rechtsauffassung, die das nach 1945 von Polen und der Sowjetunion verwaltete Gebiet östlich der Oder und Neiße als weiterhin zum deutschen Staatsgebiet gehörig betrachtete und als „Ostdeutschland“ bezeichnete (vgl. Rechtstheorien zum Fortbestand des Deutschen Reiches). In der BRD war „Deutschland“ als Selbstbezeichnung ebenfalls üblich. Da auch diese implizit die Eigenstaatlichkeit der DDR bestritt, wurde in der DDR die BRD nie als „Deutschland“ bezeichnet. Die Langform Bundesrepublik war in DDR-Medien selten; man bevorzugte die Abkürzungen BRD und DBR. Wiederum als Reaktion hierauf wurde in der Bundesrepublik Deutschland diese Abkürzung seltener gebraucht.
Änderungen im phonologischen, morphologischen und syntaktischen System
Aktuelle Tendenzen entfernen die deutsche Aussprache von den Regeln, die Theodor Siebs Ende des 19. Jahrhunderts aufstellte. Beispielsweise weicht das Zungenspitzen-r [r] dem Zäpfchen-r [ʀ] oder dem Reibe-r [ʁ]. Auf anhaltende Kritik stößt, den Langvokal ä (etwa in Ähre) nicht regelgerecht offen [ɛ:] auszusprechen, sondern geschlossen [e:] wie e in Ehre, so dass die genannten Wörter homophon werden.
Die häufiger zu beobachtende Nutzung des Suffixes -s besonders in Abkürzungen (PKWs, LKWs) entspricht möglicherweise einer morphologischen Interferenz durch Kontakt mit dem Englischen. Kurzformen wie Uni (anstatt Universität), Akku (Akkumulator), Labor (Laboratorium) nehmen zu und verdrängten insbesondere im informellen, gesprochenen Deutsch die längeren Formen nahezu vollständig.
Auch ersetzt die analytische Form „Konjunktiv II von werden + Infinitiv eines gegebenen Verbs“ zunehmend den (synthetischen) Konjunktiv II des gegebenen Verbs (Beispiel: ihr würdet biegen statt ihr böget). Die analytische Form hebt sich formal vom Indikativ Präteritum ab, was der Konjunktiv II bei schwachen Verben nie leistet (Beispiel: Er hoffte, dass sie diese Gelegenheit nutzen würde. gegenüber Er hoffte, dass sie diese Gelegenheit nutzte.). Die analytische Form wird auch nie zum Homophon des Indikativ Präsens, was aber beim Konjunktiv II starker Verben eintreten kann, wenn der Langvokal ä nicht [ɛ:], sondern [e:] ausgesprochen wird (siehe oben; Beispiel: Nur dann läse ich das. kann wie Nur dann lese ich das. klingen; demgegenüber kann Nur dann würde ich das lesen. nicht mit der Indikativ-Formulierung verwechselt werden). Seit einiger Zeit wird die analytische Form auch unabhängig von einer möglichen Verdunklung des Konjunktivs II durch Homophonie als zulässig betrachtet. So kann sie in einem Bedingungssatz stehen (Beispiel: wenn du kommen würdest,… statt wenn du käm(e)st,…), obwohl in diesem Fall bei einem schwachen Verb die satzeinleitende konditionale Konjunktion, bei einem starken Verb dessen regelgerechte Aussprache den Konjunktiv II unzweideutig als solchen kenntlich macht. Aus diesem Grund galt früher in einem solchen Fall die Verwendung der analytischen Form als falsch.
Syntaktisch ersetzen Funktionsverbgefüge (auch Streckformen genannt; i.Folg. FVG) häufiger Verbalkonstruktionen. Beispielsweise wird erklären durch eine Erklärung abgeben ersetzt oder anzeigen durch zur Anzeige bringen. Der Übergang zu einem FVG verschiebt den Fokus des Satzes vom Verb auf ein Objekt, das als Nomen gegenständlich feststehend und (vor)gegeben erscheint; gleichzeitig lässt sich durch diese Verschiebung die Rolle des Subjekts nicht so fein abstufend beschreiben wie bei verbfokussiertem Satzbau. Vgl. hierzu etwa die FVG einen Befehl ausführen / verweigern / umgehen mit den Verben gehorchen, folgen / aufbegehren, sich widersetzen / ausweichen, taktieren, die in einem gegebenen Zusammenhang bedeutungsgleich sein können. Die Angemessenheit einer FVG oder aber einer Verbalkonstruktion bemisst sich insoweit an der Angemessenheit objekt- oder aber subjektfokussierter Sprechweise.
Änderungen im Wortschatz
Im 19., 20. und 21. Jahrhundert bereicherte die Notwendigkeit, zahlreiche neue Entdeckungen, Erkenntnisse, Erfindungen und gesellschaftliche Prozesse zu bezeichnen, die deutsche Sprache um Wörter wie Radio, Stereoanlage, Raumschiff, Minirock, fernsehen. Viele solche wie etwa Computer, Job, Team, Comeback, Petticoat, Bikini entstammen dem englischen Sprachraum. Des Weiteren gingen Wörter aus verschiedenen Jargons und Gruppensprachen (Soziolekten), etwa der Jugendsprache, in die Standardsprache ein. Beispiele hierfür sind toll (in der Bedeutung „großartig“), total („völlig“) oder spinnen („Unsinniges sagen“).
Beide Vorgänge dauern an. Die Zunahme an Wörtern und Wortverbindungen ermöglicht stilistische Differenzierung: Der gleiche Gedanke kann mit verschiedenen Wörtern auf verschiedenen Stilebenen (gehoben, amtlich, umgangssprachlich usw.) ausgedrückt werden (vgl. seinen Geist aushauchen, entschlafen, versterben, abkratzen oder Automobil, Auto, Personenkraftwagen, Kiste, Karre). Diese Differenzierung wird besonders in Medien genutzt, um das Interesse des Lesers, Zuschauers oder Zuhörers zu wecken.
Reform der deutschen Rechtschreibung
Die formale Kodifizierung der deutschen Orthographie auf der Orthographischen Konferenz 1901 setzte den Diskussionen über deren mögliche Vereinfachung und Vereinheitlichung kein Ende. 1954 wurden auf einer der nächsten Orthographiekonferenzen die Stuttgarter Empfehlungen formuliert, die unter anderem die in anderen europäischen Sprachen übliche Kleinschreibung aller Substantive bis auf Eigennamen vorschlugen. Die Umsetzung dieser Vorschläge scheiterte am Widerstand insbesondere von Schriftstellern und Journalisten.
Seit 1954 wurde das Duden-Wörterbuch separat in der BRD (im Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus in Mannheim) und in der DDR (im VEB Bibliographisches Institut Leipzig) verlegt. Die unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in den beiden deutschen Staaten spiegelten sich erstrangig im Wortschatz wider; abweichende Orthographie betraf hingegen allenfalls einige nichtdeutsche Eigennamen (zum Beispiel Costa Rica in der BRD vs. Kostarika in der DDR) und Entlehnungen (zum Beispiel Woiwodschaft in der BRD vs Wojewodschaft in der DDR für den polnischen Verwaltungsbezirk).
In den 1980er Jahren traten Diskussionen über eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der orthographischen Regeln erneut in den Vordergrund. Verschiedene Vorschläge mündeten 1995 in einen Beschluss der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, zum 1. August 1998 eine Reform der deutschen Rechtschreibung einzuführen; eine Übergangsphase bis zum 31. Juli 2005 war vorgesehen. 1996 folgte eine entsprechende Selbstverpflichtung anderer Länder mit deutschsprachigen Bevölkerungsmehrheiten (Österreich, Schweiz, Liechtenstein).
Alsbald kritisierten insbesondere Schriftsteller und Intellektuelle auch diese neuen Regeln heftig; die Änderungen, vor allem den Ersatz von ß durch ss nach kurzen Vokalen, seien zu weitgehend. Auch setzten manche Zeitungen, Zeitschriften und Verlage die Regelveränderungen teilweise oder überhaupt nicht um, folgten somit einer Hausorthographie. Daraufhin wurden 2006 einige Regeln (vor allem der Groß- und Klein- sowie der Zusammen- und Getrenntschreibung) erneut modifiziert, sodass für manche geänderte Schreibweise die vor 1995 geltende Form (etwa es tut mir leid, sogenannte) wieder zulässig ist.
Literatur
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- Werner Besch, Norbert Richard Wolf: Geschichte der deutschen Sprache. Längsschnitte – Zeitstufen – Linguistische Studien (= Grundlagen der Germanistik. Band 47). Erich Schmidt Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-503-09866-8.
- Werner Besch, Anne Betten, Oskar Reichmann und Stefan Sonderegger (Hrsg.): Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. 1. Teilband. 2. Auflage. De Gruyter, Berlin / New York 1998, ISBN 3-11-011257-4. – 2. Teilband. 2. Auflage. De Gruyter, Berlin / New York 2000, ISBN 3-11-015882-5. – 3. Teilband. 2. Auflage. De Gruyter, Berlin / New York 2003, ISBN 3-11-015883-3. – 4. Teilband. 2. Auflage. De Gruyter, Berlin / New York 2004, ISBN 3-11-018041-3.
- Wilhelm Braune: Althochdeutsche Grammatik. Niemeyer, Tübingen 2004, ISBN 3-484-10861-4.
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- Peter Ernst: Deutsche Sprachgeschichte. Eine Einführung in die diachrone Sprachwissenschaft des Deutschen (= utb. Band 2583). 3., vollständig aktualisierte Auflage. Facultas, Wien 2021, ISBN 978-3-8252-5532-9.
- Wolfram Euler, Konrad Badenheuer: Sprache und Herkunft der Germanen. Abriss des Protogermanischen vor der Ersten Lautverschiebung. London/Hamburg 2009, ISBN 978-3-9812110-1-6.
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- Frédéric Hartweg, Klaus-Peter Wegera: Frühneuhochdeutsch. Eine Einführung in die deutsche Sprache des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. 2. Auflage. Niemeyer, Tübingen 2005, ISBN 3-484-25133-6.
- Thordis Hennings: Einführung in das Mittelhochdeutsche. 2. Auflage. De Gruyter, Berlin 2003, ISBN 3-11-017818-4.
- Claus Jürgen Hutterer: Die germanischen Sprachen: Ihre Geschichte in Grundzügen. 4. Auflage. Budapest 1999.
- Rudolf E. Keller: Die deutsche Sprache und ihre historische Entwicklung. Bearbeitet und übertragen aus dem Englischen, mit einem Begleitwort sowie einem Glossar versehen von Karl-Heinz Mulagk. Buske, Hamburg 1986, 2., unveränderte Auflage 1995. Englisches Original unter dem Titel: The German Language. Faber and Faber, London 1978 (The Great Languages).
- Hans Krahe: Germanische Sprachwissenschaft. Band 1: Einleitung und Lautlehre. Band 2: Formenlehre. Band 3: Wortbildungslehre. 7. Auflage. Bearbeitet von Wolfgang Meid. Berlin / New York 1969.
- Michael Meier-Brügger: Indogermanische Sprachwissenschaft. 9., durchgesehene und ergänzte Auflage unter Mitarbeit von Matthias Fritz und Manfred Mayrhofer, de Gruyter, Berlin / New York 2010, ISBN 978-3-11-025143-2.
- Hugo Moser, Hugo Stopp (Hrsg.): Grammatik des Frühneuhochdeutschen. 7 Bände. Winter, Heidelberg 1970–1988.
- Hermann Paul: Mittelhochdeutsche Grammatik. 25. Auflage. Niemeyer, Tübingen 2006, ISBN 3-484-64034-0.
- Peter von Polenz: Geschichte der deutschen Sprache (= De Gruyter Studienbuch). 10., völlig neu bearbeitete Auflage von Norbert Richard Wolf. De Gruyter, Berlin / New York 2009, ISBN 978-3-11-021552-6.
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- Peter von Polenz: Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Band III: 19. und 20. Jahrhundert. De Gruyter, Berlin 1999, ISBN 3-11-016426-4.
- August Schleicher: Die Deutsche Sprache. J. G. Cotta, Stuttgart 1860; überarbeitet und neu herausgegeben von Johannes Schmidt, J. G. Cotta, Stuttgart 1888.
- Jörg Riecke: Geschichte der deutschen Sprache. Eine Einführung. Reclam, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-15-011056-0.
- Joachim Schildt: Abriß der Geschichte der deutschen Sprache. Akademie-Verlag, Berlin 1976.
- Hans Ulrich Schmid: Einführung in die deutsche Sprachgeschichte. 2., aktualisierte Auflage. J. B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2013, ISBN 978-3-476-02452-7.
- Wilhelm Schmidt: Geschichte der deutschen Sprache. Ein Lehrbuch für das germanistische Studium. 11., verbesserte und erweiterte Auflage, erarbeitet unter der Leitung von Elisabeth Berner, Helmut Langner und Norbert Richard Wolf. S. Hirzel, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-7776-2272-9.
- Stefan Sonderegger: Althochdeutsche Sprache und Literatur. Eine Einführung in das älteste Deutsch. Darstellung und Grammatik. De Gruyter, Berlin (und andere) 1987, ISBN 3-11-004559-1.
- Stefan Sonderegger: Grundzüge deutscher Sprachgeschichte. Diachronie des Sprachsystems. Band 1: Einführung, Genealogie, Konstanten. De Gruyter, Berlin 1979, ISBN 3-11-084200-9.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Dies insbesondere mit der Monographie von Don Ringe: From Proto-Indo-European to Proto-Germanic. Oxford University Press, 355 S., New York 2006, ISBN 0-19-928413-X. Seit 2017 in erweiterter zweiter Auflage.
- ↑ Nach Benjamin W. Fortson: Indo-European Language and Culture. An Introduction, Kapitel 7.14.
- ↑ Nach: Helmut Arntz (Hrsg.), Hermann Hirt: Die Hauptprobleme der indogermanischen Sprachwissenschaft. Niemeyer, Halle an der Saale, 1939 (Sammlung kurzer Grammatiken germanischer Dialekte. B. Ergänzungsheft 4)
- ↑ Joachim Schildt: Abriss der Geschichte der deutschen Sprache. Berlin (DDR) 1976, S. 29.
- ↑ Stricker, Stefanie: Grimmsches Gesetz. (PDF) erschienen in Bamberg : Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2023. In: Metzler-Lexikon Sprache. Glück, Helmut, S. 233–234, abgerufen am 8. Juli 2023 (Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1993. ISBN 978-3-476-00937-1).
- ↑ Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, abgerufen am 25. November 2021.
- ↑ J. Schildt, op. cit., S. 56.
- ↑ Karte in Anlehnung an: Meineke, Eckhard und Schwerdt, Judith, Einführung in das Althochdeutsche, Paderborn/Zürich 2001, S. 209.
- ↑ Hagen Schulze: Kleine deutsche Geschichte. dtv, München, 7. Auflage 2005, S. 19.
- ↑ Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 21. Auflage, Berlin / New York 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 129.
- ↑ Peter Polenz: Geschichte der deutschen Sprache. Walter de Gruyter, Berlin 2020, S. 36.
- ↑ Lutz Mackensen: Ursprung der Wörter. Das etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache. Bassermann, München 2014, S. 102.
- ↑ Peter Polenz: Geschichte der deutschen Sprache. Walter de Gruyter, Berlin 2020, S. 36–37.
- ↑ Wilhelm Schmidt: Geschichte der deutschen Sprache. Ein Lehrbuch für das germanistische Studium. 7., verbesserte Auflage. Stuttgart/Leipzig 1996, S. 80 f.
- ↑ Werner König: dtv-Atlas zur deutschen Sprache. dtv, München 1978, S. 61.
- 1 2 J. Schildt, op. cit. S. 93.
- ↑ Incunabula Short Title Catalogue. British Library, abgerufen am 2. März 2011 (englisch). Erkennbar daran, dass der Anteil Deutschlands an der gesamteuropäischen Buchproduktion weit höher lag, bei einem Drittel.
- ↑ J. Schildt, op. cit., S. 135.
- ↑ J. Schildt, op. cit., S. 114.
- ↑ Wells: Deutsch: Eine Sprachgeschichte bis 1945. S. 306–312.
- ↑ Historische Entwicklung der Großschreibung (GS) in der deutschen Sprache. (Memento vom 5. Januar 2012 im Internet Archive) (PDF; 127 kB)
- ↑ J. Schildt, op. cit., S. 146.
- ↑ Wolfgang Jungandreas: Geschichte der deutschen und der englischen Sprache, Band 2. Göttingen 1947, S. 71.
- ↑ Kategorie:Frühneuhochdeutsch auf Wikisource mit einer reichen Auswahl frühneuhochdeutscher Texte.
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- ↑ Peter Wiesinger: Die Einteilung der deutschen Dialekte. In: Werner Besch, Ulrich Knoop, Wolfgang Putschke, Herbert Ernst Wiegand (Hrsg.): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung, 2. Halbband. de Gruyter, Berlin / New York 1983, ISBN 3-11-009571-8, S. 807–900.
- ↑ Werner König: dtv-Atlas Deutsche Sprache. 19. Auflage. dtv, München 2019, ISBN 978-3-423-03025-0, S. 230.
- ↑ C. Giesbers: Dialecten op de grens van twee talen. Radboud Universiteit Nijmegen, 2008, S. 233.
- ↑ Victor Klemperer: LTI – Notizbuch eines Philologen. Reclam-Verlag, Leipzig, S. 24.