Der X. Große Preis von Deutschland fand am 25. Juli 1937 auf der Nordschleife des Nürburgrings statt. Als Grande Épreuve zählte er zur Grand-Prix-Europameisterschaft 1937 und wurde nach den Bestimmungen der Internationalen Grand-Prix-Formel (Rennwagen bis maximal 750 kg ohne Treibstoff, Öl, Kühlwasser und Reifen; 85 cm Mindestbreite; Renndistanz mindestens 500 km) über 22 Runden à 22,810 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 501,82 km entsprach.

Sieger wurde Rudolf Caracciola auf einem Mercedes-Benz W 125.

Rennen

Nachdem mittlerweile alle Top-Fahrer von ihrer Teilnahme beim Rennen um den Vanderbilt Cup 1937 in New York nach Europa zurückgekehrt waren, versammelte sich beim Großen Preis von Deutschland zum ersten Mal in diesem Jahr die gesamte Grand-Prix-Elite zu einer Grande Épreuve. Vor allem die Mannschaft von Mercedes-Benz hatte nach dem letztjährigen Debakel einiges wiedergutzumachen und reiste mit insgesamt acht Fahrern und entsprechendem Fuhrpark an den Nürburgring, um einen Sieg beim Heimrennen zu erzwingen. Für das Rennen selbst kamen allerdings nur fünf der mächtigen neuen Grand-Prix-Rennwagen Mercedes-Benz W 125 mit der Stammbesetzung, bestehend aus Rudolf Caracciola, Manfred von Brauchitsch und Hermann Lang, sowie den beiden „Junioren“ Richard Seaman und Christian Kautz zum Einsatz, während Walter Bäumer, Heinz Brendel und Hans Hugo Hartmann nur als Ersatzfahrer mitgenommen worden waren.

Hauptkonkurrent Auto Union war ebenfalls mit fünf Wagen seines aktuellen Grand-Prix-Modells Typ C erschienen, die vom amtierenden Europameister Bernd Rosemeyer, Hans Stuck, Rudolf Hasse sowie den Nachwuchspiloten Ernst von Delius und H. P. Müller gefahren wurden. Luigi Fagioli war dagegen nur als Reservefahrer mit von der Partie, weil er unter zu starkem Rheumatismus litt.

Beinahe schon bescheiden wirkte dagegen der Auftritt der Scuderia Ferrari, die im Auftrag von Alfa Romeo drei ihrer letztjährigen Grand-Prix-Modelle Alfa Romeo 12C-36 für Tazio Nuvolari, Giuseppe Farina und Attilio Marinoni einsetzte. Die Rennwagen waren jedoch kaum noch konkurrenzfähig und das Team hatte in den vorangegangenen Rennen kaum eine Rolle gespielt.

Anders als bei den meisten anderen Grand-Prix-Rennen waren zum Großen Preis von Deutschland weiterhin auch Privatfahrer zugelassen, die mit ihren durchweg älteren Alfa Romeo und Maserati zwar kaum Erfolgsaussichten hatten, auf der über 20 km langen Nordschleife aber zumindest für etwas zusätzliche Unterhaltung der angeblich 300.000 Zuschauer sorgen konnten, wenn die Grand-Prix-Spitze nur etwa alle zehn Minuten vorbeikam.

Erstmals wurde die Startaufstellung nach den Trainingszeiten ermittelt. Schnellster mit 9:46,2 Minuten war Vorjahressieger Bernd Rosemeyer auf Auto Union, der damit die beste Startposition erzielte. Daneben bzw. dahinter reihten sich mit Lang, von Brauchitsch und Caracciola alle drei Spitzenpiloten von Mercedes auf. Der mit 9:52,2 Minuten erreichte zweite Startplatz des noch relativ unerfahrenen Hermann Lang wurde von seinen beiden etablierten Teamkollegen mit Unmut betrachtet, weil sie in ihm wegen seiner Herkunft als „einfacher“ Mechaniker einen „Emporkömmling“ sahen und vermuteten, er sei vom Team mit besserem Material bevorzugt worden.

Dazu kam, dass Lang von Mercedes-Rennleiter Alfred Neubauer aufgrund seiner besonnenen Fahrweise instruiert wurde, den Reifenverschleiß besonders zu beachten und mit nur einem Boxenstopp durchzufahren, während der Rest der Mannschaft mit einer Zwei-Stopp-Strategie ins Rennen geschickt wurde. Dennoch war es Lang, der den besten Start erwischte und sich mit Rosemeyer die erste Runde hindurch um die Führung stritt, bevor er in der dritten Runde Caracciola vorbeiziehen lassen musste, der sich nun seinerseits auf die Verfolgung des führenden Auto Union machte. Im vierten Umlauf traf Rosemeyer dann mit dem Hinterrad die Streckenbegrenzung und musste mit zerfetzten Reifen an die Box, so dass nun mit Caracciola vor Lang und von Brauchitsch gleich drei Mercedes vorne waren. In der fünften Runde wurde daraus sogar eine Vierfachführung, weil auch Seaman am Auto Union von von Delius vorbeigegangen war.

Für die Auto Union entwickelte sich das Rennen dagegen zum völligen Desaster. Stuck musste am Ende des Felds mit Motorproblemen aufgeben und Müller hatte beim Versuch, seinem Stallgefährten von Delius auszuweichen, die Strecke verlassen und dabei das Auto zerstört. Zur absoluten Katastrophe kam es in Runde sechs, als von Delius beim Versuch, seinen vierten Platz von Seaman zurückzuerobern, bei hohem Tempo mit dem Mercedes kollidierte. Bei dem Unfall trugen beide Fahrer Verletzungen davon und von Delius musste mit einem gebrochenen Bein ins Krankenhaus gebracht werden. Dort stellten sich Komplikationen ein, so dass er am nächsten Tag an den Folgen starb.

In der Zwischenzeit hatte Lang – ganz im Sinn seiner taktischen Vorgabe – seinen Platz an von Brauchitsch abgegeben, doch bereits nach der siebten Runde konnte er die Führung wieder übernehmen, weil die beiden Teamkollegen vor ihm ihre ersten Stopps zum Reifenwechsel einlegen mussten. Dennoch ging seine Strategie nicht auf, denn in der neunten Runde musste er mit einem Plattfuß in langsamer Fahrt um den Kurs und beim anschließenden Reifenstopp verlor er noch mehr Zeit, weil es Probleme gab, den Motor wieder in Gang zu setzen.

In der Zwischenzeit hatte sich Rosemeyer nach seinem unplanmäßigen Boxenaufenthalt zu Beginn des Rennens durch das Feld wieder nach vorne gearbeitet und lag, nachdem er Nuvolari auf dem Alfa Romeo überholt hatte, nun auf dem dritten Platz. Als Caracciola und von Brauchitsch in der 14. bzw. 15. Runde ihre jeweils zweiten Reifenstopps einlegen mussten, hatte sich Rosemeyers Rückstand sogar so weit verkürzt, dass er noch einmal Hoffnung schöpfen konnte. Doch trotz grandioser Fahrweise kam er am Ende nur noch auf 15 Sekunden an von Brauchitsch heran, so dass Mercedes mit Caracciola und von Brauchitsch einen Doppelerfolg feiern konnte. Gleichzeitig war dies der erste Sieg des Teams bei seinem Heimrennen seit Daimler-Benz 1934 in den Grand-Prix-Sport zurückgekehrt war.

Ergebnisse

Meldeliste

Team Nr. Fahrer Chassis Motor Reifen
 Auto Union AG 2  Ernst von Delius Auto Union C Auto Union 6.0L V16 Kompressor C
4  Bernd Rosemeyer
6  Hermann Paul Müller
8  Rudolf Hasse
10  Hans Stuck
 Luigi Fagioli RES
 Daimler-Benz AG 12  Rudolf Caracciola Mercedes-Benz W 125 Mercedes-Benz M 125 F 5.7L I8 Kompressor C
14  Manfred von Brauchitsch
16  Hermann Lang
17?a  Walter Bäumer RES
17?  Heinz Brendel RES
18  Richard Seaman
20  Christian Kautz
20  Hans-Hugo Hartmann RES
 Scuderia Ferrari 22  Tazio Nuvolari Alfa Romeo 12C-36 Alfa Romeo 4.1L V12 Kompressor E
24  Giuseppe Farina
26  Attilio Marinonib
26  Carlo Felice Trossi DNAc
54  Attilio Marinoni DNSb Alfa Romeo 12C-36d Alfa Romeo 4.1L V12 Kompressord
54  Joel Thorne DNSe
Graf Salvi del Pero 28  Vittorio Belmondo Alfa Romeo 8C-35 Alfa Romeo 3.8L I8 Kompressor
 Giovanni Minozzi 30  Giovanni Minozzi Maserati 8CM Maserati 3.0L I8 Kompressor
Scuderia Maremmana 32  Renato Balestrero Alfa Romeo Tipo B/P3 Alfa Romeo 2.9L I8 Kompressor P
38  Franco Cortese Maserati 6CM Maserati 1.5L I6
52  Francesco Severi Maserati 6C-34 Maserati 3.7L I6 Kompressor
 Luigi Soffietti 34  Luigi Soffietti Maserati 6C-34 Maserati 3.7L I6 Kompressor
Scuderia Sabauda 36  Edoardo Teagno Maserati 8CM Maserati 3.0L I8 Kompressor
 Paul Pietsch 40  Paul Pietsch Maserati 6C-34 Maserati 3.7L I6 Kompressor
Kenneth Evans 42  Kenneth Evans Alfa Romeo Tipo B/P3 Alfa Romeo 2.9L I8 Kompressor D
 Hans Ruesch 44  Hans Ruesch Alfa Romeo 8C-35 Alfa Romeo 3.8L I8 Kompressor
Graf Ernő Festetics von Tolna 46  Ernő Festetics Maserati 8CM Maserati 3.0L I8 Kompressor
46  Nicola Festetics DNSf
 László Hartmann 48  László Hartmann Maserati 8CM Maserati 3.0L I8 Kompressor
 Raymond Sommer 50  Raymond Sommer Alfa Romeo 8C-35 Alfa Romeo 3.8L I8 Kompressor M
a 
Fahrzeug nur im Training eingesetzt, nicht offiziell gemeldet.
b 
Marinoni fuhr im Training zunächst das Auto mit Nummer 54, wechselte dann aber auf das für Trossi gemeldete Auto Nummer 28 über.
c 
Ursprünglich als Fahrer gemeldet.
d 
In diversen Quellen wird das Auto mit Nummer 54 als Tipo 8C-35 angegeben.
e 
Als alternativer Fahrer gemeldet.
f 
Als alternativer Fahrer gemeldet.

Qualifying

Pos. Fahrer Konstrukteur Qualifikationstraining Start
Zeit Ø-Geschwindigkeit
1  Bernd Rosemeyer  Auto Union 9:46,2 min 140,080 km/h 1
2  Hermann Lang  Mercedes-Benz 9:52,2 min 138,660 km/h 2
3  Manfred von Brauchitsch  Mercedes-Benz 9:55,1 min 137,990 km/h 3
4  Rudolf Caracciola  Mercedes-Benz 10:04,0 min 135,950 km/h 4
5  Tazio Nuvolari  Alfa Romeo 10:08,4 min 134,970 km/h 5
6  Rudolf Hasse  Auto Union 10:10,4 min 134,530 km/h 6
7  Hermann Paul Müller  Auto Union 10:12,0 min 134,180 km/h 7
8  Richard Seaman  Mercedes-Benz 10:12,3 min 134,110 km/h 8
9  Ernst von Delius  Auto Union 10:15,1 min 133,500 km/h 9
10  Christian Kautz  Mercedes-Benz 10:15,3 min 133,460 km/h 10
11  Giuseppe Farina  Alfa Romeo 10:27,2 min 130,920 km/h 11
12  Hans Stuck  Auto Union 10:35,3 min 129,260 km/h 12
13  Hans Ruesch  Alfa Romeo 10:47,2 min 126,880 km/h 13
14  Paul Pietsch  Maserati 11:23,1 min 120,210 km/h 14
15  Vittorio Belmondo  Alfa Romeo 11:28,3 min 119,300 km/h 15
16  Raymond Sommer  Alfa Romeo 11:30,1 min 118,990 km/h 16
17  Francesco Severi  Maserati 11:47,3 min 116,100 km/h 17
18  Attilio Marinoni  Alfa Romeo 12:01,0 min 113,890 km/h 18
19  Kenneth Evans  Alfa Romeo 12:06,0 min 113,110 km/h 19
20  Renato Balestrero  Alfa Romeo 12:43,0 min 107,620 km/h 20
21  Ernő Festetics  Maserati 12:50,1 min 106,630 km/h 21
22  Luigi Soffietti  Maserati 13:29,4 min 101,450 km/h 22
23  László Hartmann  Maserati 13:53,0 min 98,580 km/h 23
24  Franco Cortese  Maserati 14:04,3 min 97,260 km/h 24
25  Giovanni Minozzi  Maserati 14:47,2 min 92,560 km/h 25
26  Edoardo Teagno  Maserati 14:57,0 min 91,550 km/h 26

Rennergebnis

Pos. Fahrer Konstrukteur Runden Stopps Zeit Start Schnellste Runde Ausfallgrund EM-Punkte
1  Rudolf Caracciola  Mercedes-Benz 22 2 3:46:00,1 h 4 1
2  Manfred von Brauchitsch  Mercedes-Benz 22 2 + 46,2 s 3 2
3  Bernd Rosemeyer  Auto Union 34 2 + 1:03,3 min 1 9:53,4 min 3
4  Tazio Nuvolari  Alfa Romeo 22 2 + 4:03,9 min 5 4
5  Rudolf Hasse  Auto Union 22 2 + 5:25,0 min 6 4
6  Christian Kautz  Mercedes-Benz 22 2 + 6:10,2 min 10 4
7  Hermann Lang  Mercedes-Benz 21 2 + 1 Runde 2 4
8  Hans Ruesch  Alfa Romeo 21 + 1 Runde 13 4
 Luigi Soffietti  Maserati 19 DNF 22 Motorschaden 4
9  Kenneth Evans  Alfa Romeo 19 + 3 Runden 19 4
 László Hartmann  Maserati 18 DNF 23 Aufgabe 4
 Giuseppe Farina  Alfa Romeo 18 DNF 11 Zündungsschaden 4
10  Ernő Festetics  Maserati 18 + 4 Runden 21 4
11  Attilio Marinoni  Alfa Romeo 18 + 4 Runden 18 4
12  Vittorio Belmondo  Alfa Romeo 18 + 4 Runden 15 4
 Franco Cortese  Maserati 7 DNF 24 Chassis gebrochen 6
 Ernst von Delius  Auto Union 6 DNF 9 Tödlich verunglückt; Kollision mit Seaman 6
 Richard Seaman  Mercedes-Benz 6 DNF 8 Kollision mit von Delius 6
 Hans Stuck  Auto Union 6 DNF 12 Motorschaden 6
 Paul Pietsch  Maserati 6 DNF 14 Leck im Treibstofftank 7
 Giovanni Minozzi  Maserati 4 DNF 25 Unfall 7
 Francesco Severi  Maserati 4 DNF 17 Unfall 7
 Renato Balestrero  Alfa Romeo 3 DNF 20 defekte Benzinpumpe 7
 Edoardo Teagno  Maserati 2 DNF 26 Achsbruch 7
 Raymond Sommer  Alfa Romeo 2 DNF 16 Achsbruch 7
 Hermann Paul Müller  Auto Union 2 DNF 7 Unfall 7
Legende
FarbeBedeutungEM-Punkte
GoldSieg1
Silber2. Platz2
Bronze3. Platz3
neutralmehr als 75 % der Renndistanz zurückgelegt4
zwischen 50 % und 75 % der Renndistanz zurückgelegt5
zwischen 25 % und 50 % der Renndistanz zurückgelegt6
weniger als 25 % der Renndistanz zurückgelegt7
DNF – Rennen nicht beendet (did not finish)8
nicht angetreten oder nicht gestartet
SchwarzDSQ – disqualifiziert (disqualified)

Einzelnachweise

  1. die Typenbezeichnung der Auto-Union-Rennwagen wurde von Fachautoren erst nachträglich zur Unterscheidung der einzelnen Modelle eingeführt
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