Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark
Großes Stadion, 2021
Frühere Namen

Exerzierplatz „zur Einsamen Pappel“ (1825–1912)
II. Städtischer Spielplatz (1913)
Berliner Sportpark (1951–1952)

Daten
Ort Cantianstraße 24
Deutschland 10437 Berlin, Deutschland
Koordinaten 52° 32′ 35″ N, 13° 24′ 19″ O
Klassifikation 4
Eigentümer Land Berlin (Senatsverwaltung für Inneres und Sport)
Eröffnung 1. Oktober 1952
Renovierungen 1964, 1986–1987, 1998, 2015
Abriss Großes Stadion: 2024 (geplant)
Kosten 15 Mio. DDR-Mark
Architekt Albert Brodersen (Sportplätze 1912)
Rudolf Ortner (Sportpark 1951)
Fisarova/Ondrej (Haupttribüne 1986)
Kapazität 19.708 Sitzplätze (Großes Stadion)
(reduziert auf 10.490)
Zuschauerrekord: 30.000 (1974)
Spielfläche 110 m × 72 m (Großes Stadion)
Heimspielbetrieb
 

Früherer Heimspielbetrieb (Auswahl):

früherer Heimspielbetrieb ab 1952:

Veranstaltungen
 

Lage

Der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark (kurz: Jahn-Sportpark) ist eine öffentliche Sportanlage in Berlin-Prenzlauer Berg. Mit dem Großen Stadion und der Max-Schmeling-Halle umfasst er zwei der größten Sport- und Veranstaltungsstätten der Stadt, sowie zahlreiche weitere Anlagen mit gesamtstädtischer Bedeutung für den Schul-, Vereins- und Breitensport. Der ab 1951 errichtete Sportpark befindet sich am Ort eines ehemaligen preußischen Exerzierplatzes und enthält den ältesten, durchgehend genutzten Fußballplatz Deutschlands. Das Land Berlin plant, die Anlage zu einem deutschlandweit vorbildhaften Inklusions-Sportpark auszubauen.

Lage

Der Sportpark liegt zentrumsnah, etwa 2,5 km nördlich des Roten Rathauses im gründerzeitlichen, dicht bevölkerten Gleimviertel (Ortsteil Prenzlauer Berg, Bezirk Pankow). Auf einer Fläche von etwa 20 Hektar umschließen ihn im Norden der Falkplatz und die Gaudystraße, im Osten die Cantianstraße, im Süden die Topsstraße und Eberswalder Straße sowie im Westen der Mauerpark. Es gibt drei Zugänge, je einen auf der Nord-, Ost- und Südseite. Die Max-Schmeling-Halle hat einen separaten Haupteingang am Falkplatz.

Topographie

Auf der Westseite des Geländes befinden sich als größte Bauwerke das als Jahnstadion oder Cantianstadion bekannte Große Stadion sowie die 1996 eröffnete Multifunktionsarena Max-Schmeling-Halle.

Das Große Stadion wurde 1951 als Leichtathletik- und Fußballstadion gebaut, 1987 erweitert und ist heute mit knapp 20.000 Sitzplätzen das drittgrößte Stadion Berlins.
Östlich, an der Cantianstraße, liegt das Kleine Stadion samt Rasensportplatz und Leichtathletikanlagen sowie südlich davon zwei weitere Hockey- und Fußballplätze mit Kunstrasen. Ferner gibt es mehrere Plätze für Tennis und Beachvolleyball sowie drei teils überdachte Basketballfelder. Zentral im Sportpark gelegen steht ein Verwaltungsgebäude, genannt „Steinhaus“, mit den Geschäftsstellen der Sportvereine Alba Berlin und SV Empor Berlin. Das Kleine Stadion wird von einem langen Sportfunktionsgebäude eingefasst, daneben liegt im Nordteil eine etwa ein Hektar große, von altem Baumbestand umgebene Freizeitwiese. Das Geländeprofil steigt zum Großen Stadion hin allseitig leicht an. Der Stadioneingang liegt bis zu fünf Meter über dem Niveau der umliegenden Straßen. In Nachbarschaft zu Falkplatz und Mauerpark kommt den Grünflächen im Sportpark eine wichtige Funktion für Klimaschutz und Ökologie zu.

Geschichte

1825–1912: preußischer Exerzierplatz

Im Jahr 1825 verkaufte der Prenzlauer Unternehmer Wilhelm Griebenow das Gelände des heutigen Sportparks an die Preußische Armee, die hier für das Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1 einen Exerzierplatz anlegte. Die Soldaten übten hier Marschieren, Reiten und Schießen. Die große Freifläche erhielt bald die Spitznamen Exer sowie Exerzierplatz zur Einsamen Pappel, nach einer in der Süd-Ost-Ecke freistehenden Bastard-Schwarz-Pappel. Dort fand am 26. März 1848 eine der ersten Großdemonstrationen der aufständischen Berliner Arbeiter während der Märzrevolution statt. Als der Platz zum Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend mit Wohnhäusern umbaut wurde, gab das Militär seine Nutzung auf und es entstand eine für jeden zugängliche, große Brache.

Um 1890: Eine Wiege des Berliner Fußballs

Der Exerzierplatz etablierte sich ab den 1890er Jahren als zweiter großer Fußballplatz Berlins neben dem Tempelhofer Feld. Die erste kaiserliche Lizenz zum Spielen auf dem Exerzierplatz erhielt 1890 der aus dem SV Jugendlust hervorgegangene Berliner Fußball Club Alemannia 90. Am 18. April 1892 fand hier ein Spiel zwischen der Berliner Auswahl des Deutschen Fußball- und Cricket Bundes und dem Dresden English Football Club statt. Zur Prominenz im Publikum zählten der englische Botschafter Edward Malet und der preußische Kultusminister Robert Bosse. Dieses Spiel gilt als das erste Städtespiel und als das erste groß beworbene Fußballspiel mit einem Eintritt zahlenden Publikum in Deutschland.

Zwischen Juni 1893 und Oktober 1904 nutzte der Fußballverein Hertha BSC (damals: BFC Hertha 1892) den Exerzierplatz als seinen ersten Fußballplatz. Tennis Borussia Berlin spielte hier ab 1903. Um die Jahrhundertwende trainierten und spielten auf dem Exer insgesamt etwa vier Dutzend Vereine. An keinem anderen Ort in Deutschland wird heute so lange organisierter Vereinsfußball gespielt wie im Jahn-Sportpark.

1913–1950: Städtischer Spiel- und Sportplatz

1911 erwarb die Stadt Berlin die östliche Hälfte des Geländes für 6,5 Millionen Mark (entspricht heute etwa 41,5 Millionen Euro). Nach gescheiterten Verhandlungen mit der Kirche, mit der Bahn und zuletzt mit dem Zirkus Sarrasani über einen festen Zirkusbau verzichtete der Magistrat von Berlin auf einen Bebauungsplan und beauftragte den Berliner Gartendirektor Albert Brodersen mit dem Bau eines Spiel- und Sportplatzes, finanziell unterstützt von der Berliner Verleger-Familie Mosse. Brodersen ließ 1913 an der Ecke Gaudy- und Cantianstraße den Platz für das noch heute erhaltene Kleine Stadion errichten. Zwischen Sportplätzen und Volks- und Spielwiesen wurden großzügige, von hunderten Bäumen eingefasste Wandelgänge angepflanzt. Der Magistrat nannte die Grünflächen eine „notwendige Lunge“ im dicht bevölkerten Nordosten Berlins. Einige wenige Platanen aus dieser Zeit stehen noch heute am Eingang Cantianstraße. Quer durch das Gelände wurde 1915 in Nord-Süd-Richtung eine Straße angelegt, als geschwungene Platanenallee zwischen dem heutigen Eingang an der Eberswalder Straße und der verlängerten Sonnenburger Straße. Die Straße wurde 1920 nach dem Berliner Verleger und Mäzen Rudolf Mosse benannt.

1920: Neue Sportanlagen und eine Freiluftschule

Plansche an der Gaudystraße, 1925 – Sportrestaurant A. Ospalski, 1927

Ab 1920 verpachtete der Reichswehrfiskus die Westhälfte des Exerzierplatzes an den Magistrat. Um die Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg zu lindern, baute der Wohnungsverband Groß-Berlin im März 1920 dort eine provisorische Siedlung aus 37 Holzhäusern zur Unterbringung von 74 Familien. Die Siedlung, später bekannt als Kolonie an der Schwedter Straße, befand sich am Ort der heutigen Max-Schmeling Halle. Auf der Osthälfte wurde Mitte der 1920er Jahre und unter Mitwirkung des berühmten Arztes August Bier das heutige Kleine Stadion als Rasenplatz mit Laufbahn angelegt, dazu acht weitere Hartplätze, neun Tennisplätze sowie ein großes Planschbecken für Kinder an der Gaudystraße, das bis Ende der 1930er Jahre bestand. Unter den Bäumen am Eingang Cantianstraße stand ab Mitte der 1920er Jahre das Sportrestaurant Ospalski, das auch sozialdemokratischen Organisationen wie dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold als Versammlungsort diente.

Das Gelände des heutigen Großen Stadions war bis zum Zweiten Weltkrieg nahezu unbebaut. 1920 pachtete das Berliner Medizinalamt eine acht Hektar große Fläche im Südteil des Exerzierplatzes an der Eberswalder Straße und errichtete dort 1921 ein Ambulatorium mit angeschlossener Freiluftschule für tuberkulöse Kinder. Unter Mitwirkung der chirurgischen Universitätsklinik unter August Bier wurden mehrere Baracken mit Untersuchungszimmern und Bestrahlungsapparaten ausgestattet. Der südliche Teil des Exezierplatztes wies damals eine zusammenhängende Grasnarbe auf. Das Ambulatorium befand sich am Ort der heutigen Stadion-Südkurve und der Wendeschleife der Straßenbahn.

In den Erinnerungen des Historikers Michail Schaiber-Sokolski war der Exerzierplatz um 1930 „in zwei sonderbar entgegengesetzte Gebiete aufgeteilt“:

„Der [östliche Teil] stellte ein ganzes Geflecht von gepflegten Alleen mit gemütlichen Bänken unter zahlreichen Linden dar, die eine Menge von Rechtecken unterschiedlicher Größe harmonisch umrahmten, in denen Fußball- und Tennisplätze, ein Leichtathletikstadion, ein großes Restaurant mit Puppentheater im Freien und im Winter auch eine riesige Schlittschuhbahn untergebracht waren. Der [westliche] Teil, von einer dunkelroten Ziegelmauer umgeben mit nur einer einzigen Öffnung, dem Eingang, wirkte von innen nicht sehr anziehend: Hier war nur ein schmaler Streifen schmächtiger Bäume um einen großen, staubigen Platz gesetzt worden, auf dem in entsprechender Entfernung einfache Fußballtore ohne Netz angebracht waren.“

Michail Schaiber-Sokolski: Ich war in Berlin (1927–1933)

1930: Der erste „Exer-Pokal“

Die zahlreichen ansässigen Vereinsmannschaften spielten 1930 hier erstmals um den sogenannten „Exer-Pokal“, der besonders unter den Nationalsozialisten an Popularität gewann. Der Fußballwettbewerb wurde im Sommer 1933 auf mehrere Monate ausgedehnt und fast täglich wurden auf den staubigen Plätzen Spiele ausgetragen, zu denen bis zu 7.000 Zuschauer kamen. Kriegsbedingt musste der „Exer-Pokal“ pausieren, bevor er von 1951 bis 1998 erneut als Prenzlauer Berger Bezirkspokal im Jahn-Sportpark ausgetragen wurde. Seit 1999 wird der „Exer-Pokal“ auf dem Tesch-Sportplatz in der Dunckerstraße ausgespielt.

Ab 1951: Bau des Sportparks

Auf dem Trümmerfeld, 1951 – Luftbild des neuen Sportparks, 1954

Die Rudolf-Mosse-Straße wurde 1935 von den Nationalsozialisten in Sonnenburger Straße umbenannt und nach dem Zweiten Weltkrieg unter etwa zwei Millionen Kubikmetern abgeladener Kriegstrümmer begraben. Bis heute ist das Gelände hier einige Meter erhöht. Die Holzhaussiedlung an der Schwedter Straße brannte im Krieg nahezu vollständig ab.

1951 wurde auf dem Trümmerberg in nur wenigen Monaten und anlässlich der III. Weltjugendfestspiele der Berliner Sportpark errichtet. Architekt war der Bauhaus­absolvent Rudolf Ortner. Er entwarf das schlichte, modernistische Große Stadion als Erdstadion aus Trümmerschutt mit anfangs bis zu 30.000 Plätzen nebst weiteren Spiel-, Trainings- und Wettkampfstätten. Im nördlichen Teil am Falkplatz wurden am Ort der alten Holzhaussiedlung zwei kleinere Erdstadien mit Sandplätzen für Tennis und Volleyball angelegt, entlang der Gaudystraße etwa zwölf weitere Plätze für Tennis, Volley- und Basketball. Fast zur gleichen Zeit wurden in Ost-Berlin auch das Stadion der Weltjugend und die Deutsche Sporthalle errichtet. Der Name Berliner Sportpark wurde bereits nach einem Jahr geändert, als der Magistrat 1952 entschied, die Anlage zum 100. Todestag von Friedrich Ludwig Jahn in Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark umzubenennen.

Mit dem Bau der Berliner Mauer ab 1961 stand der Sportpark unmittelbar an den DDR-Grenzbefestigungsanlagen. Die westliche Böschung des Großen Stadions wurde als Teil des Mauerstreifens abgesperrt, die sogenannte Hinterlandmauer verlief nur wenige Meter von den Zuschauerrängen entfernt oben auf dem Stadionwall. Die westliche Stadionböschung ist heute Teil des Mauerparks.

Bestehende Sportanlagen

Ortners Großes Stadion von 1951 – Anbau der Haupttribüne, 1987

Das Große Stadion wurde in den folgenden Jahren mehrfach erweitert und modernisiert. 1964 wurde eine erste Flutlichtanlage installiert, sechs Jahre später eine Tartanbahn. 1986–1987 wurde das Stadion umfangreich ausgebaut: Mit der Haupttribüne, rückseitig in leuchtend rotem Glas verkleidet, wurde ein tschechischer Typenbau der Architekten Fisarova/Ondrej errichtet, die Gegengerade wurde überdacht und es wurden markante, fächerförmig-geneigte Flutlichtmasten aufgestellt. Durch den Ausbau erlangte das Große Stadion bauhistorische Bedeutung, da in ihm die früheste und letzte Phase der ostdeutschen Moderne verschmolzen. Eine weitere Sanierung erfolgte 1998, als das Stadion seine charakteristischen bunten Schalensitze erhielt. Anlässlich des Finales der UEFA Women’s Champions League 2015 investierte das Land Berlin mehr als zwei Millionen Euro. Es wurden ein neuer Rasen verlegt und Kabinentrakt, Sanitäranlagen und der Brandschutz erneuert. Die Leichtathletikanlage im Großen Stadion verfügt über acht Rundbahnen und einen außenliegenden Wassergraben für den Hindernislauf.

Östlich des Großen Stadions befinden sich im Sportpark zwei weitere, zuletzt 2016 erneuerte Kunstrasen-Großspielfelder (64 m × 98 m) für Fußball und Hockey sowie das 500 Zuschauer fassende Kleine Stadion mit Leichtathletikanlage und einem Naturrasenplatz von 68 m × 104 m Größe. 1994–1996 baute das Land Berlin im Nordwesten des Geländes die Max-Schmeling-Halle, eine Multifunktionsarena mit 8500 Plätzen. Sie liegt baulich abgetrennt und hat einen eigenen Eingang an der Nordseite zum Falkplatz. Zur gleichen Zeit wurden fünf neue Tennis-Kunstrasenplätze im Zentrum des Sportparks angelegt. Im gegenüber gelegenen Steinhaus wurden Schach- und Kraftsportgruppen ansässig. Ein weiteres Sportfunktionsgebäude steht am Kleinen Stadion. Es wurde 2012 für mehr als sechs Millionen Euro aus Mitteln des Konjunkturpakets II errichtet. 2018 baute die Stadt an der Topsstraße zwei Kleinspielfelder für Fußball sowie drei teils überdachte und wettkampftaugliche Full-Court-Basketballfelder mit Gummiboden.

Nutzungsprofil

Seit seiner Eröffnung war der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark zugleich Austragungsort bedeutender nationaler wie internationaler Sportereignisse sowie auch eine öffentliche Sportanlage, die von einer Vielzahl wechselnder Vereine für Training und Spielbetrieb genutzt wurde. Im Großen Stadion wurden zahlreiche Leichtathletik-Weltrekorde erzielt. Größte regelmäßige Nutzerin war 2023 die Fußballabteilung des SV Empor Berlin mit 29 Teams, die im Sportpark trainierten und spielten. 2020 nutzten insgesamt 25 Schulen sowie die Berliner Hochschulen die Anlagen für den Lehr- und Wettkampfbetrieb. Die meisten Sportstätten sind mit Ausnahme des Großen Stadions täglich für die Allgemeinheit geöffnet, die Laufbahn im Kleinen Stadion wird witterungsabhängig von bis zu 1000 Menschen am Tag genutzt.

Fußball international

Fußball national

In der DDR-Oberliga spielte ab 1953 Vorwärts Berlin für 18 Jahre seine Heimspiele im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark und wurde in dieser Zeit sechs Mal DDR-Oberliga-Meister, bevor der Verein 1971 nach Frankfurt (Oder) delegiert wurde. Der BFC Dynamo übernahm den Heimspielbetrieb und spielte hier 20 Jahre lang bis 1992 – mit Ausnahme der Saison 1986/87 – und konnte neun seiner zehn DDR-Meistertitel hier feiern. Im FDGB-Pokal wurden drei Finalspiele (1965, 1990, 1991) im Großen Stadion ausgetragen. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden hier ab 1995 bis 2020 jährlich die Finalspiele im Berliner Landespokal bestritten, mit Ausnahme von 2007.

Seit 2006 nutzten wechselnde Berliner Fußballvereine aus Ober-, Regional- und 3. Liga den Sportpark vorübergehend als Heimspielstätte:

Leichtathletik

Von 1963 bis 1989 fand im Jahn-Sportpark einmal im Jahr der Olympische Tag der Leichtathletik statt, ein Leichtathletik-Vergleich nach dem Vorbild des Internationalen Stadionfestes (ISTAF) in West-Berlin. Während der Sanierung des Berliner Olympiastadions fand das ISTAF 2002 und 2003 im Jahn-Sportpark statt. Im Großen Stadion wurden zahlreiche Weltrekorde erzielt; legendär wurde Uwe Hohn, der hier am 20. Juli 1984 als erster und bislang einziger Mensch beim Speerwurf die 100-Meter-Marke übertraf. Hohns Wurf über 104,8 m gab den Anlass, ab 1986 aus Sicherheitsgründen neue Regeln einzuführen: Ein veränderter Schwerpunkt der Speere sorgt seitdem für eine steilere und kürzere Flugkurve.

Weltrekorde im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark

Der Welt-Dachverband der Leichtathletik World Athletics listet folgende offiziell anerkannte Weltrekorde in olympischen Sportarten, die im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark aufgestellt wurden:

Ferner gelistet sind neun weitere Leichtathletik-Weltrekorde im Gehen in nichtolympischen Distanzen. Nach Bekanntwerden des staatlichen Dopings in der DDR relativierten sich Ansehen und Bewertung einiger dieser Leistungen. Bei den Para Leichtathletik-Europameisterschaften 2018 wurden insgesamt 15 Weltrekorde im Großen Stadion aufgestellt, darunter von Markus Rehm im Weitsprung T64 mit 8,48 m und von Birgit Kober im Kugelstoßen F36 mit 11,79 m.

American Football

Von 1999 bis 2003 nutzte das NFL-Europe-Team Berlin Thunder die Anlage. Zwischen 2004 und 2015 war das Jahn-Stadion Heimat des German-Football-League-Teams der Berlin Adler. Am 13. Oktober 2012 fand hier vor 11.242 Zuschauern das 34. deutsche Endspiel um die Meisterschaft im American Football, der German Bowl XXXIV, statt. Wegen Sanierungs- und Umbaumaßnahmen verabschiedete sich der German Bowl aus dem Stadion mit dem German Bowl XL 2018. Nachfolgend wurden die Endspiele im Deutsche Bank Park in Frankfurt am Main ausgetragen. Die Mannschaft von Berlin Thunder nutzte ab 2021 den Jahn-Sportpark in der neu gegründeten European League of Football für ihre Heimspiele.

Sonstige Nutzung

  • Zwischen 1966 und 1977 war der Jahn-Sportpark Etappenziel der Internationalen Friedensfahrt.
  • Am 4. September 1992 trat Michael Jackson im Rahmen der Dangerous World Tour im Großen Stadion auf.
  • Seit 1999 ist der Sportpark die Heimspielstätte der Freizeitkicker vom FC Bundestag.
  • Die Hockeyabteilung des SG Rotation Prenzlauer Berg spielt seit 2000 auf dem Kunstrasenplatz an der Cantianstraße.
  • Im Rahmen der Speedway-Einzel-Weltmeisterschaft fand am 5. Mai 2001 der Speedway-WM Grand Prix von Deutschland im Großen Stadion statt.
  • Die Firma Apple drehte hier 2020 Teile eines Werbespots für das iPad Pro. Der Film zeigt die charakteristischen bunten Sitzbänke und die markanten Pyramidenpappeln im Hintergrund, um die Abbildungsleistung der Kameras zu bewerben.

Pläne für einen Inklusions-Sportpark

Der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark soll 2024–2026 nach den Entwürfen zweier Dresdener Büros für Architektur und Landschaftsarchitektur umgebaut werden. Sie gewannen 2022 einen EU-weiten Wettbewerb, der nach Verhandlungen zwischen Land Berlin, Bezirk Pankow und verschiedenen Bürgerinitiativen ausgelobt worden war.

Die Aufgabenstellung des Wettbewerbs war Ergebnis eines 2021 von den Senatsverwaltungen veranstalteten Werkstattverfahrens, nachdem es breite Kritik an den damals bestehenden Plänen, vor allem am geplanten Abriss des Großen Stadions gegeben hatte. Vertreter kritischer Bürgerinitiativen wurden daraufhin in Planungen miteinbezogen. Im Werkstattverfahren waren die Stimmen der Verwaltung, des Sports, der Anwohnerschaft und der Stadtgesellschaft paritätisch verteilt. Jury-Vorsitzender des anschließenden Wettbewerbs war der Architekt Uwe Schröder.

Abriss des Großen Stadions – Neubau der Sportanlagen

Der Gewinnerentwurf sieht vor, das bestehende Stadion abzureißen und zu ersetzen mit einem barrierefreien Neubau gleicher Größe. Zentrales Gestaltungselement soll eine umlaufende rote Glasfassade auf der obersten Ebene werden, als Spolienarchitektur in Erinnerung an die alte Tribüne. Östlich des Stadions sollen anstelle der bestehenden Tennisplätze und des Verwaltungsgebäudes zwei neue Doppelstock-Sporthallen mit Vereinsräumen und Gastronomie gebaut werden; die Freizeitwiese im Norden soll zum Teil, die übrigen Sportstätten sowie der Baumbestand fast vollständig erhalten bleiben. Das Haupt-Wegenetz bleibt unverändert, während sich die Nutzflächen im Sportpark um insgesamt 54.000 m² vergrößern sollen. Für Abriss und Neubau des Großen Stadions sind 97 Millionen Euro, für den Ausbau der Sportanlagen 113 Millionen Euro veranschlagt. Die Neuen Anlagen sollen gleichermaßen für Behinderten- und Nicht-Behinderten-Sport nutzbar sein. Von Bürgerinitiativen und Architekten wie Pritzker-Preisträger Jean-Philippe Vassal werden die Abrisspläne weiterhin entschieden abgelehnt.

Umbenennungsdiskussionen

Vorwürfe des Antisemitismus gegen den Namensgeber Friedrich Ludwig Jahn führten 2018 zu einer Diskussion über eine Umbenennung des Sportparks. Das Bezirksparlament ersuchte die Senatsverwaltung, eine Namensänderung zu prüfen, was diese ablehnte. Bereits 2011 hatte eine Initiative namens „Sport ohne Turnväter“ eine Umbenennung gefordert. Seit 2018 engagieren sich der Schriftsteller Holger Siemann und die Initiative „Mosse Erinnern!“ für eine Wiederbenennung der den Sportpark durchquerenden Straße in Rudolf-Mosse-Straße.

Fauna

2020 wurden eine große Dichte geschützter Vogelarten auf dem Areal festgestellt und in Gebäuden und Gehölzen 16 Brutvogelarten beobachtet. Haussperlinge (85 Brutplätze), Feldsperlinge, Hausrotschwänze sowie Stare brüteten in Nischen an den Tribünendächern des Großen Stadions und der Nebengebäude. Ferner wurden Sommer- und Winterquartiere des Großen Abendseglers und der Zwergfledermaus kartiert. Die von Naturschützern zahlreich im Park angebrachten Nistkästen wurden ebenfalls erfolgreich besiedelt. In den bodennahen Bewüchsen an der Stadionmauer wurde der in Berlin als gefährdet geltende Sumpfrohrsänger dokumentiert.

Literatur

  • Bezirksamt Prenzlauer Berg: Der Sportkampfplatz an der „Einsamen Pappel“. Denkschrift, Berlin 1924. 16 S., mehrere Abbildungen. (Entwurf für ein nicht realisiertes neues Stadion, 1924)
  • Deutsches Reich, Reichstag: Verhandlungen des Reichstages. Stenographische Berichte. Band 289. 147. Sitzung, 23. April 1913, S. 5040–5043. (Debatte zwischen Georg Davidsohn und Hermann Staabs über die Einfriedung des westlichen Exerzierplatzes 1913.)
  • Philipp Dittrich: Einfach abreißen, weil Abriss einfach ist? Das Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadion in Berlin. In: Hermann-Henselmann-Stiftung et al. (Hrsg.): Stadt Land Politik, (= Henselmann #7, Beiträge zur Stadtpolitik), Ausgabe 2022-1, Berlin, hermann-henselmann-stiftung.de (PDF; 4,2 MB), S. 24–26.
  • Johann Friedrich Geist: Der Exerzierplatz – eine räumliche und zeitliche Begehung. Städtebauliches Gutachten für den Bereich des Friedrich­-Ludwig-Jahn-Sportparks, i. A. der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen 111 C, Planungskollektiv Nr. 1, Berlin, September 1991, S. 1–49.
  • Klaus Grosinski: Aus der Geschichte des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks. Vier Teile. In: Falkblatt, Zeitung für das Gleimviertel. Herausgegeben vom Bürgerverein Gleimviertel e.V., Berlin. Ausgaben: 16/2004, S. 11–12; 17/2004, S. 11–12; 18/2005, S. 9–11; 19/2005, S. 10–11.
  • Frank Peter Jäger: Die unwertbaren Jahre. In: Bauwelt, Fachzeitschrift für aktuelle Architektur, 21.2020, S. 38–41. (Artikel über die Architektur des Großen Stadions)
  • Michail Schaiber-Sokolski: Ich war in Berlin: (1927–1933). Weimar (Lahn): Verlag Bernd E. Scholz, 2013, ISBN 978-3-926385-38-3, 121 Seiten. (Kindheitserinnerungen vom Exerzierplatz) – Auszüge unter bernd-von-der-walge.de.
  • Gerd Seins: Der gefälschte Jahn. Anmerkungen zur Umbenennungsdebatte des Jahn-Sportparks in Berlin. In: Deutscher Turner-Bund et al. (Hrsg.): Flegel, Sonderling und Turnvater: Vom Umgang mit Friedrich Ludwig Jahn (= Geschichte der Körperkultur in Studien und Materialien Band 3), Hildesheim: Arete Verlag 2022, S. 209–216.
  • Senatsverwaltung für Bau und Wohnungswesen: Sporthalle im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark für Olympia 2000. Auslobung Realisierungswettbewerb, Februar 1992, bes. Kapitel 2.02: Wettbewerbsgebiet und Kapitel 2.03: Bau- und Städtebaugeschichte, S. 28–53.
  • Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen: Jahnsportpark für Alle – Großes Stadion und Inklusionssportpark. Auslobung. Offener Realisierungswettbewerb, Berlin, April 2002. Teil 2: Situation und Planungsvorgaben, S. 34–58. berlin.de (PDF; 18 MB)
  • Christian Wolter: Rasen der Leidenschaften: Die Fussballplätze von Berlin – Geschichte und Geschichten. Kapitel: Der Exerzierplatz „Einsame Pappel“. Berlin: Verlag Edition Else, 2011, ISBN 978-3-00-036563-8, S. 20–24.

Siehe auch

  • Jahnstadion (Begriffsklärung – Liste der Stadien mit diesem Namen)
Commons: Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vorübergehende Lösung für die 3. Liga: Viktoria Berlin darf im Jahnsportpark spielen. In: Kicker. Abgerufen am 14. August 2021.
  2. Infos zum Stadionbesuch – Viktoria Berlin empfängt den 1. FC Magdeburg. FC Viktoria 1889 Berlin, 25. März 2022, abgerufen am 16. Juni 2022.
  3. 1 2 3 Christian Wolter: Rasen der Leidenschaften. Berlin: Verlag Edition Else, 1. Auflage 2011, ISBN 978-3-00-036563-8, S. 20.
  4. Senatsverwaltung für Inneres und Sport: Gesamtkonzeption für den Friedich-Ludwig-Jahn-Sportpark. S. 6. Download unter: berlin.de
  5. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Geoportal Berlin, Karte: Grün- und Freiflächenbestand 2021 (Umweltatlas). stadt-berlin.de
  6. Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark auf uefa.com
  7. SV Empor Berlin e.V.: Kraftsport Info sv-empor-berlin.de
  8. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Geoportal Berlin, Karte: ATKIS DGM – Digitales Geländemodell. stadt-berlin.de
  9. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen: Jahnsportpark für alle. Auslobung. Berlin, April 2022, S. 7. Download unter: berlin.de
  10. Wilhelm Griebenow: Wilhelm Griebenow’s Erlebnisse. Von ihm selbst geschrieben. Berlin: Selbstverlag, 1864, S. 171. zlb.de
  11. Naturschutzbund Deutschland e.V.: Die „Einsame Schwarzpappel“ von Berlin. Naturschutzbund Deutschland
  12. Zeitungsmeldung: Notizen, Fussball. Allgemeine Sport-Zeitung vom 8. Mai 1892, S. 358.
  13. Dresdner SC 1898 e. V. Vereinsarchiv: Vereinsgeschichte. dsc-archiv.de
  14. Henry Werner: Fußball in Berlin, Spieler – Vereine – Emotionen, 1880 bis Heute. Berlin: Elsegold Verlag, 2016, S. 20.
  15. Harald Tragmann und Harald Voß: Das Hertha Kompendium. 7. Auflage, Berlin: Verlag Harald Voß 2017, S. 4, 27.
  16. Berliner Tennis-Club Borussia e.V. (Hrsg.): 100 Jahre Tennis Borussia 1902–2002. Berlin: Powerplay Verlag 2002, S. 13.
  17. Berliner Fussball-Verband e.V.: Fussball Route Berlin. Route 2:7, Jahn-Sportpark. fussballrouteberlin.de
  18. Freiplastik von Mario Moschi, 1936; aufgestellt 1937, siehe: Bildhauerei in Berlin: Der Fussballspieler. bildhauerei-in-berlin.de
  19. Vorwärts, Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands: Die zukünftige Gestaltung des Exerzierplatzes an der Schönhauser Allee, Ausgabe vom 7. Dezember 1912, Nr. 286, Jg. 29, S. 13. fes.imageware.de
  20. Initiative „Mosse Erinnern!“: Sportpark. mossestrasse.de. Abgerufen am 20. Mai 2023.
  21. Bezirksamt Prenzlauer Berg: Der Sportkampfplatz an der „Einsamen Pappel“. Denkschrift 1924, S. 4.
  22. Klaus Grosinski: Aus der Geschichte des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks (II). In: Falkblatt 17/2004, S. 11.
  23. Vorwärts, Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands: Die Geländegeschäfte des Reichswehrfiskus, Ausgabe vom 29. Januar 1927, Nr. 49, Jg. 44, S. 3.
  24. Vorwärts, Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands: Aus der Holzhauskolonie, Ausgabe vom 26. Juni 1920, Nr. 320, Jg. 37, S. 3–4.
  25. Berliner Adreßbuch 1928, III. Band, IV. Teil, S. 6046:866. August Scherl Deutsche Adreßbuch-Gesellschaft, Berlin. zlb.de
  26. vgl. Messtischblatt Nr. 3446, Topographische Karte 1:25.000 Berlin (Nord) 1932 landkartenarchiv.de
  27. Christian Wolter: Rasen der Leidenschaften. Berlin: Verlag Edition Else, 1. Auflage 2011, ISBN 978-3-00-036563-8, S. 21.
  28. Planschbecken ist verzeichnet in mehreren hist. Stadtplänen, z.B.: Stadtplan von Berlin, Juni 1924 landkartenarchiv.de sowie Silva-Stadtplan Berlin (Ausgabe B) 1:23.000 (1939) Quadrant B9. Erkennbar auch auf dem Luftbild von 1928 im Geoportal Berlin
  29. Vorwärts, Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands: Der Ausbau des Sportplatzes Schönhauser Allee, Ausgabe vom 27. März 1926, Nr. 145, Jg. 43, S. 6.
  30. Vorwärts, Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands: Vorträge, Vereine, Versammlungen, Rechsbanner „Schwarz-Rot-Gold“, Ausgabe vom 15. Mai 1929, Nr. 222, Jg. 46, S. 7.
  31. Vorwärts, Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands: Zeitungsnotiz vom 6. Februar 1921, Nr. 61, Jg. 38, S. 8.
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