Ärztliche Schweigepflicht

Daneben ist man auch noch Geheimnisträger, Schweigepflichtiger und so muss auch der sonst noch so vertraute Freund am abendlichen Kaminfeuer und die liebe Frau vor dem Fernseher erwartungslos ins Leere blicken, denn man darf nichts Berufliches erzählen. Und Spaß machen anonymisierte Texte wie „A. hat Herpesbläschen auf den Lippen und B. weichen Schanker – beide wissen noch nichts vom Leiden des Anderen!“ nun sowieso nicht, also hält man besser direkt den Mund!

Schweigen oder Reden?
Eine orangefarbene Sonne vor blauem Himmel, umrahmt von krummen Bäumen und es ist sehr sehr ruhig
Version
für Sehbehinderte
Nachfolgend die Version für Hörgeschädigte:[1]
Manch einer denkt sich: "Ist es nicht ein undankbarer Job? – Kranke flennen herum und die Gesunden kümmern sich nicht weiter um einen." Dabei gibt es sicher auch Zwischenstufen, wie den Schönheitschirurgen, dessen Patienten im gesunden Zustand herumflennen, manchmal auch nach der OP.

Da gibt es die Routinepatienten, die man nur mit grimmigem Humor nach einer Routineuntersuchung manchmal mit einer nicht routinemäßigen quasi endgültigen Überraschung konfrontieren kann, und die danach flennen – wenn man nicht gerade über eigene kranke Finanzen flennen muss.

Ausgangssituation

Arztsein war in früheren Zeiten aber noch viel mehr als heute ein „Amt“, das niemand gerne übernahm, und man daher oft zwangsweise zugewiesen bekam. So hatte man sich eben die ganze Zeit mit Kranken zu befassen, also weder mit schönen Körpern, schöner Kunst, wie Musik, Malerei und Bildhauerei, mit unkomplizierten Leidenschaften wie Architektur, lukullischen Zaubereien oder dem Fördern von Kulturen.

Anstatt dessen hörte man hustende Bakterienkonglomerate ab, untersuchte unwissend aber motiviert eitrige Flüssigkeiten, half bei blutigen Geburten und hatte sogar Tote zu untersuchen, ob sie evtl. nicht freiwillig oder mit mehr als einem weinenden Auge in diesen Zustand versetzt worden waren.

Zum Ausgleich dieser psychischen Belastungen führte die Entwicklung erst viel später zu einer großzügigen Besoldung dieser Amt- und Würdenträger, zu Supervisionen, wo das neueste Nahtoderlebnis von Schwerkranken diskutiert wird und abhärten soll und zum Support durch spezialisierte Makler bei konkreter werdenden Gedanken an die eigene Pension von Praxisinhabern.

In der Frühzeit gewahrte man daher eine große Lücke auf der Angebotsseite der medizinisch Schaffenden. So konnte man nicht allzu wählerisch mit dem Anforderungsprofil an neue Ärzte sein und musste nicht nur Abstriche bei der Ausbildung, sondern auch bei der Herkunft, respektive eventueller kriminalistischer Vergangenheiten der Aspiranten machen.

Wandel des Schweigens durch die Jahrhunderte

Erste praktische Erwägungen

Schweigen oder Reden?
Eine sehr mittelalterlich aussehende Seite mit vielen Schnörkeln und so...
Die Mittelalterlichkeit entdeckt man hier aber nicht vornehmlich an den sonst so komisch gehaltenen Köpfen, sondern an den getragenen Klamotten. Der eigentliche Inhalt wird von vier altklug aussehenden oder tatsächlich alten und klugen Männern eingefasst, wo die Geschichte einer Frau unterteilt nach vier Kapiteln erzählt wird. Es sind keine vier Prüfungen, es ist der Weg der Bewerbung einer Frau vor einer missgünstig erscheinenden Männerschar, die Prüfung im Zwiegespräch und die Konsequenz allzu großer Schwatzhaftigkeit. Immerhin hatte sich die Frau aber sonst nichts zu schulden kommen lassen, da sie im letzten kapitel als Engel dargestellt wird: Engel reden nicht!
Hier boten sich zunächst klassische Handwerksberufe an: Schmiede waren sehr geübt im Handling nicht nur haarsträubender Instrumente zur Extraktion kariöser Zahnpalisaden, Fleischer und Scharfrichter im routinierten Zerlegen bzw. Amputieren von Gliedmaßen und Ausschlachten von krankem Gewebe.

Aber auch Schwerverbrecher, Mörder und Vergewaltiger wurden angeworben, wo hier allerdings der große zusätzliche Vorteil neben der leichten Beschaffung dieser Klientel in den bereits bestens ausgebildeten Kenntnissen der menschlichen Anatomie und bei Giftmischern der toxischen heimischen Tier- und Pflanzenwelt bestand: die Dosen mussten nur gekürzt werden, dann wirkte es irgendwie. Ein Wissen, dass sich klassische Apotheker und Alchemisten viel mühsamer nur hätten erwerben können!

So gab es zwar auch regionale Unterschiede im Kenntnisstand der Ärzte ob der Gutmütigkeit betrauter staatlicher Instanzen, aber eben viel mehr persönlich begründete Unterschiede gemäß der früheren Tätigkeiten der Ärzte.

Gab es tatsächlich ein dunkles Geheimnis eines sonst für einen Heilberuf Prädestinierten, so wurde es „en passant“ durch ein ordentliches Medizinstudium wiedergutgemacht, was durch einen sehr jovial anmutenden Arbeitsmarkt zusätzlich belohnt wurde.

Mithin gab es aber bei allzu großer Berühmtheit im „alten Leben“ des Betreffenden ein Publicityproblem ersten Ranges. In Ermangelung moderner Personenerfassungsinstitutionen, wie BND oder FBI, digital auslesbaren Personalausweisen und Screening von Körpermerkmalen war es nicht allzu leicht, eine Existenz radikal auszulöschen.

Die Lösung kam mit Scheinhinrichtungen, die dem Volk Glauben machen sollte, dass ein weiterer barbarischer Unhold durch das Schwert des Staates seiner gerechten Strafe zugeführt worden war und im Stillen aber ein ähnlich Aussehender, aber für Heilberufe Ungeeigneter genommen wurde, während der Betreffende an einem weiter gelegenen Ort sein Studium beginnen konnte.

So war es Klaus Störtebeker, der 1401 in Hamburg als Anführer der seeräuberischen Vitalienbrüder zum Schein hingerichtet wurde, um im Mittelmeer schließlich als Anführer einer mobilen Einsatztruppe erfolgreich Amputationen und Thorax-Eingriffe an dem Personal gegnerischer Schiffe bis zu seinem Ruhestand auszuführen.

Die Ärzte hatten darüber natürlich Stillschweigen zu bewahren, um dem Ansehen des Gesundheitsapparates eines Staates nicht zu schaden.

Keine Gilden for nothing!

nbedarftere und weniger in Bezug auf Lebende experimentierfreudige Seelen waren eher auf das Arbeiten in der Pathologie an Verstorbenen angewiesen, da es damals noch kaum interdisziplinären Austausch zwischen den einzelnen Ärzten gab: es wurde eifersüchtig und ehrgeizig-arrogant über das mühsam erworbene Wissen gewacht. Die wenigen Zusammenschlüsse vereinbarten eine Schweigepflicht ähnlich des heutigen Betriebsgeheimnisses, nach dem keiner auch nur ein Sterbenswörtchen an andere Kollegen von außerhalb abgeben durfte, womit der Aufbau von Krankenhäusern gleich für Jahrhunderte verhindert wurde.

Die Lebenden profitierten von diversen Experimenten im Totenreich mehr als die Toten, da Operationen mit zunehmender Handfertigkeit, Verwendung besserer Medikamente, verbesserter Aufmerksamkeit, Pflege und noch mehr Zeit, gepaart mit vorsichtiger dosiertem Pioniergeist im lebendigen Gewebe auch zu immer mehr Erfolgen und Überleben führte, währenddessen Tote eigentlich nur optisch durch aufwendigere Schminkverfahren glänzen konnten. Gebremst wurde der so langsam entstehende Enthusiasmus, den man heute nur noch bei Pilgerhelfern in Lourdes oder bei ganz links wählenden Vollzeit-Zivis in Hospizen entdecken kann, nur durch die Schweigepflicht gegenüber Dienstkollegen.

Dabei war die Aufnahmepraxis in einen begehrten Zirkel durch diese Umstände für die Gesundheit der gesamten Gesellschaft problematisch, so konnte man als Aspirant die schriftlichen Aufzeichnungen, die von den Prüfern erstellt wurden, nur in den hierfür geschaffenen Räumlichkeiten studieren. War die Prüfung bestanden, wurden sämtliche Unterlagen vernichtet, so dass für andere Konglomerate nichts darauf hinwies, manchmal auch nicht im direkten Dialog zwischen Patient und Arzt, dass hier ein schützenswertes Wissen vorlag, bzw. dass es etwas zu verschweigen gab. Auch die so entstandenen Fachrichtungen nötigten den Patienten, so dass er sogar gezwungen war, bei Leiden verschiedener medizinischer Bereiche jeweils andere Ärzte aufzusuchen! Verstarb ein Arzt ging mit ihm aufgrund spärlicher bis nicht vorhandener Aufzeichnungen immer auch ein Stück Wissen unwiederbringlich verloren.

Aufbruch in eine neue Zeit

Immerhin aber begann sich eine Art Metamorphose des Schweigens in der Ärzteschaft abzuzeichnen und dies gerade angesichts sich immer öfter einstellender Katastrophen durch immer größer werdende Menschenansammlungen in Städten in Form von Epidemien wie Pest-, Lepra-, Cholera- und Typhusseuchen - ab der ersten Jahrtausendwende nach Christi. Sah man zuerst egoistisch nur sein eigenes kleines Wirken, seinen Wissens- und Wortschatz eifersüchtig durch Kollegen bedroht, waren diese Volkskrankheiten viel existenziellerer und revolutionärerer Natur.

Wollte man selbst überleben, war Handeln, Wissensaustausch und Zusammenschlüsse zum Planen des weiteren Vorgehens und nicht zuletzt fachkundige Unterstützung beim Bau von abseits gelegenen Siechenhäusern als passive Sterbehilfe bei massenhaft aussichtslosen Fällen gefragt. Doch die Anzahl der immer offenherzigeren Diskussionen hielt oft nicht Schritt mit den Sterbefällen der Heilberufler, so dass gerade das nur in den Gehirnen gespeicherte medizinische Wissen aus dieser Zeit weitgehend verloren wurde und neu entwickelt werden musste. So schufen neue Seuchen immer neue Wissenslücken. Moderne empirische Forschungen gehen so von einem mindestens achtmaligen Verlust des kompletten medizinischen Wissens durch die Jahrhunderte des Mittelalters bis in die Neuzeit aus.

Es kristallisierten sich drei grobe Sparten heraus: Gelehrte als Doktoren, Chirurgen, die heutzutage in die Kategorie der Gelehrten subsumiert werden und Apotheker, die sich ihr Wissen als Geheimnisträger gut bezahlen ließen: sie waren nämlich immer weniger diejenigen, die etwas von sich zu verbergen hatten, sie waren durch den Zwang zu interdisziplinärem Wirken und Erfahrungsaustäuschen zu angesehenen Fachleuten geworden, die Wissen über andere geheim zu halten hatten, wenngleich sich dies nicht nur auf medizinische Interna beschränkte.

Die Geburt des Hausarztes

Schweigen oder Reden?
Reichlich bewaffnet, vor kargem Hintergrund eines Innenraums ein reich maskierter doch stummer Mediziner, der halb drohend, halb augenzwinkernd Schmerzen verheißt und dies mit einer Abwehrhaltung würzt: Ist nicht die Verweigerung von Strafe für Masochisten die größte Lust?

So wurde in dieser Zeit der Begriff des Barbierchirugs geprägt, eine Art Mittelding zwischen Arzt und Friseur, bei dem man seine Wehwechen auskurieren konnte oder eben auch nicht und ihm gleichzeitig vertrauliche, gar delikate Details aus dem eigenen Intimleben, Klatsch vom Königshof und Papstwitze anvertraute.

Die Seuchen machten nämlich auch vor Herrschaftshäusern nicht halt. Kaiser und Könige wurden dahingerafft, doch hatten gerade die Heilberufler den Auftrag, die Contenance zu wahren, galt ein Staat doch nur solange als stabil, wenn auch der Herrscher sich kerniger Gesundheit zu erfreuen schien.

Der Beruf des Leib- und Hausarztes wurde geboren: man forderte nicht nur eine medizinische Betreuung, sondern absolute Verschwiegenheit auch im Falle schlimmster Krankheiten, die das baldige Ende der Regentzeit verhießen oder peinlicher Dinge, wie Syphilis oder Gonorrhoe, die Aufschluss über den Lebenswandel der Betroffenen ermöglichten.

Allerdings hatte man nur während der Machtausübung verschwiegen zu sein. Gerade auch hausbedienstete Ärzte galten als wahre Dreckschleudern und Klatschbasen, wenn es galt, sich über vergangene Leiden, Marotten und Hypochondrien Verblichener lustig zu machen, wenngleich sie darauf zu achten hatten, dass dies in die Politik der neuen Herrscher passte.

Als Außenstehender bzw. Angehöriger des gemeinen Volkes konnte man so angesichts allzu kurzer Regierungszeiten nur erahnen, dass ein allzu frühes Ausscheiden aus dem Amt, das parallel zum Lebensende initiiert wurde und heutzutage nur noch bei den Päpsten regelmäßig so gehandhabt wird, nur der Tragik einer Krankheit oder eines nicht überlebten Unfalls zu verdanken war.

Dies verbreitete im nachhinein keine Verunsicherung mehr, da die Nachrichtendienste damals noch sehr langsam arbeiteten und zeitgleich mit der Bekanntgabe des Herrschaftsendes der neue Machtinhaber bereits bequem auf seinem Thron saß.

Ein hoher Grad an Vertrauenswürdigkeit führte oft dazu, dass verschwiegene Hausärzte wie ein gutes Paar Schuhe weitervererbt wurden - natürlich nicht nicht unter Königshäusern, wie Schuhe.

Name Herrschaft Hausarzt
Rudolf I. von Habsburg röm-dt. König (1273–1291) Volkmar von Fürstenfeld (Pseudonym eines Arztes, der Abt des Klosters Fürstenfeldes war und 1314 starb) (Betreuung von 1273-1291)
Adolf von Nassau röm-dt. König (1292–1298) Volkmar von Fürstenfeld (Betreuung von 1292-1298)
Albrecht I. von Habsburg röm-dt. König (1298–1308) Volkmar von Fürstenfeld (Betreuung von 1298-1308)

Vom Mittelalter in die Neuzeit oder von der Botanik zur medizinischen Geheimsprache

llerdings blieb man gegenüber dem Patienten verschwiegen, was seine eigene Befindlichkeit anging, da man durch eine Limitation der Ärzteschaft auf der Angebotsseite besondere Verdienstmöglichkeiten, Zugang zu Herrscherhäusern und Drogen erhalten wollte, was durch ein allzu blauäugiges Einweihen Unbedarfter verwässert worden wäre.

Da aber der Patient gerade in Zeiten der Aufklärung stets um eine ebensolche bei der eigenen Krankheit und den Heilungsmöglichkeiten bemüht war, verlegte man sich einheitlich auf eine besondere archaische Sprache, mit der man Krankheiten codifizierte: Latein.

Zunächst klang es gut und zeugte von einer beflissenen Gelehrtheit und Intelligenz, auf der anderen Seite wollte man sich nicht die Blöße geben, dies nicht zu verstehen und akzeptierte still und ahnungslos die um die Ohren geschlagenen lateinischen Wahl- und Trinksprüche, Kraftausdrücke und Pflanzennamen. Hilfreich waren nämlich die zu Zeiten der Pest geknüpfte Kontakte der Apotheker zu Botanikern, um unbekannte wirkungslose Extrakte aus bekannten Pflanzen brauen zu können.

So konnte man geschickt ärztliche Wissenslücken kaschieren und dem Patienten beispielsweise

  • ein fortgeschrittenes Viburnum acerifolium (ein sommergrüner Strauch mit ahornförmigen Blättern aus dem Osten Nordamerikas)
  • eine fast ausgeheilte, aber noch der Behandlung bedürfendes Ilex paraguariensis (eine Stechpalmenart, die zur Herstellung von Mate-Tee verwendet wird)
  • oder ein Spathiphyllum im Endstadium (eine Pflanzengattung, die zur Familie der Aronstabgewächse gehört) bescheinigen, wenn einem gerade so gar nichts einfiel.

Da man trotz hypnotischer Mittel, wie der Autosuggestion Ausgang des 18. Jahrhunderts vielen Krankheiten achselzuckend und inhaltsleer schulterklopfend ob des immerhin braven Einsatzes gegenüberstand, fand diese Verklausulierung als besondere Form des Nichtsagens in der sukzessiven Abspaltung der Scharlatanerie ihre Konsequenz, wo mal mit Schlagworten und auch mal schweigend, Löcher in Schädelplatten zur Heilung des Schwachsinns gebohrt und Syphilliserkrankungen mit der Einführung glühender Nadeln in Geschlechtsorgane behandelt wurden.

Schweigende Gemeinschaften

inen Meilenstein und auch viele Grundsteine setzte Rudolf Virchow. Dieser stellte seine Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Pathologie samt und sonders einer Vielzahl von Kollegen zur Verfügung, was erst den Aufbau erster Krankenhäuser ermöglichte. Der frühere Gang zum Arzt als Teil einer verschworenen Gemeinschaft, als Teil eines fachidiotischen Bereichsklerikers mit alchemistischem Unterton wurde zum Gang in eine offene Gemeinschaft von verschiedenen Fachidioten, die vor dem Patienten auch nicht aufklärerischer waren und die Patientendokumente gut unter Verschluss hielten.

Wenn zwei sich streiten, freuen sich die Dritten

Die Gebisse der bisher als bloße Demonstrationsobjekte missbrauchten Patienten bleckten, ob der freimütigen Plaudertasche Max von Pettenkofers. So können Konflikte bisweilen existenzieller Natur sein, nicht nur auf körpereigene Abwehrkräfte, sondern auch auf zwischenmenschliches Miteinander bezogen. Wieder sollte sich eine besondere Schwatzhaftigkeit zweier Ärzte im 19. Jahrhundert angesichts bis dato unheilbarer epidemisch auftretender Krankheiten als Wendepunkt in der ärztlichen Schweigepflicht einstellen.

Schweigen oder Reden?
Auf dem Bild sehen wir einen hoffnungsvollen jungen Medizinstudenten, der in die seitliche „Ich kotz gleich, aber das macht nichts“-Stellung gebracht wurde und von einem anderen ob seines braven Einsatzes in der Leberforschung gelobt wird.
So wollte sich Herr von Pettenkofer, Hygieniker und Arzt, nicht mit der Aussage des Bakteriologen Robert Kochs zufrieden geben, dass der Ausbruch einer Krankheit nur einem winzig kleinen Erreger zu verdanken sei und bekämpfte in aller Öffentlichkeit seine Aussagen. Dieser hatte nach und nach die Erreger des Milzbrandes, der Tuberkulose und der Cholera entdeckt und auch Laien großmütig in ausufernden Berichten "eingeweiht", um sich selbst feiern lassen zu können.

Nachdem von Pettenkofer wutentbrannt seine Forschungsergebnisse, die allein von einer hygienebedingten Erkrankungsmöglichkeit ausgingen, unter der Ausnutzung aller damaligen Kommunikationsmittel vor der gesamten kopfschüttelnden Fachwelt mit dem Konsum einer Cholera-Bakterienkultur in wässriger Lösung aber im sauberem Glas demonstrierte, sich also selbst zum Demonstrationsobjekt machte und nicht erkrankte, wähnte dieser sich im siebten Arzthimmel und entschwand in der medizinischen Bedeutungslosigkeit.

Später sollte er sich aber trotz seines Rufs als exhibitionistisch veranlagter Sensationsmediziner als ein Vorreiter der Hygiene in der Medizin einen unauslöschlichen Namen machen, indem er die ersten regelmäßigen Anstellungsverträge von Putzfrauen in Krankenhäusern unterzeichnete.

Koch, der auf seiner wässrigen Lösung beharrte, wurde durch einen schwedischen Mann, der explosionsartig zu Vermögen gekommen war, mit einem noblen Preis beehrt, allerdings nicht ohne den Preis der Offenlegung seiner Ergebnisse zu bezahlen.

Im Nachhinein gewann der Patient angesichts eifriger wissenschaftlicher Polemik neben Lateinvokabeln keine weiteren Erkenntnisse, außer dass er von unsichtbaren Erregern kontaminierte Lebensmittel nicht konsumieren durfte.

Die Marschmusik des Verschweigens und Vergessens

Schweigen oder Reden?
Hier die Versinnbildlichung medizinischen Fortschritts gepaart mit der Beredtheit von Kunstfehlern – als Beutekunst klassifiziertes Mahnmal zur Abschreckung russischer Möchtegern-Medizinstudenten, Wolgograd, Spätsommer 1987.

Ein proklamiertes tausendjähriges Reich hatte sein jähes Ende gefunden und öffnete die Pforten des erlangten Wissens, das von ehrgeizigen Ärzten an Staatsfeinden, Schwulen und Lesben, Vertretern anderer Ethnien, anderer Religionen und solchen, die einfach nur empört als unbequem deklariert wurden, erprobt und von ihnen gewonnen wurde, nur zäh und widerwillig.

Riesige Lager, in denen Giftinjektionen an Zwillingen, Wasserproben analog zu Hexen-Folterungen, wie viel Wasser ein Körper vertragen könne oder Operationen ohne Betäubungen vollführt wurden, waren dem deutschen Volk nicht bekannt gewesen. Man hatte volle Züge hinein und leere Züge hinausfahren sehen, aber man wusste von nichts, weil auch nichts berichtet wurde.

Und die Ärzte wussten am wenigsten, wenn sie sich denn überhaupt als solche outeten, sie erlegten sich selbst eine komplette Schweigepflicht auf, was auch den plötzlichen Ärztemangel nach dem Dritten Reich erklärte. Viele Heilberufler fürchteten um ihr Ansehen, wenn das Schweigen über den Arztstatus gebrochen würde und sahen ihr Heil diesmal nur in der Flucht, um vor allem in Südamerika vor unbedarftem Publikum allerdings meist in einem anderen Job weiter wirken zu können.

Mit dem Vernarben dieser alten Wunden in Form der Entnazifizierung – eine besondere Form hygienischer Maßnahmen - stellte sich ab den fünfziger Jahren wieder ein neues gesundes Selbstbewusstsein der Ärzteschaften ein. Man besinnte sich auf Althergebrachtes und Bewährtes angesichts alter Kriegsruinen und verlegte sich auf die klassischen Formen der Forschung an Freiwilligen oder Toten bzw. freiwillig Toten.

Das Schweigetum der Ärzte färbte sich wieder in mittelalterliche Coleur, das so manchen Arztgänger nach dem verhaltenen Aufklärungsgespräch zu dem Spruch motiviert: „Und so bleib ich ein Thor, bin ich doch so schlau wie zuvor“.

Berühmte Heilberufler und ihre offenen Geheimnisse

Das klassische Beispiel

Vorreiter der späteren Ärzte war ein Räuber und Mörder namens Barrabas, der um 33 nach Christus mit eben jenem vor eine wütende Menschenmenge gestellt und abgeurteilt werden sollte. Pontius Pilatus, der damalige Statthalter Jerusalems, sah sich auch konfrontiert mit allzu menschlich begründeten Defiziten in der medizinischen Versorgung der damaligen Bevölkerung und einen Überfluss durch die Verjüng(er)ung des umfangreichen Geistheiler-Teams Jesu durch seine Apostel.

Pragmatisch, wie er veranlagt war, bestimmte er Jesu, weil dieser nach eigenem Bekunden sowieso wiedergeboren werden würde zur Kreuzigung und ließ Barrabas zum Schein frei, um ihn als Arzt zur Behandlung von nicht geistig oder geistlich bedingten Krankheiten - das unterschied man damals nicht so - zu verpflichten. Dieser machte sich später noch auf dem Gebiet der schmerzfreien Kreuzigung einen (weiteren) Namen.

Locusta und welche Pilze nicht mehr von sich reden machen

Römische Diätköchin und Ärztin namens Locusta, die einen Kaiser zu Tode pflegte.

Entgegen aller landläufiger Überlieferungen war der beklagte Kaiser Claudius nicht gerade ein glanzvoller, weiser Regent. Durch zahlreiche Leiden, nur wirrem und stammelndem Redevermögen, irren unvermittelten Lachattacken während Hinrichtungen und anderen damaligen Festen und eine gar nicht kaiserwürdige Physiognomie, was vor allem außerhalb politischer Sitzungen im privaten Umfeld auffiel und nervte, hielt er nach einmütigem Bekunden seiner Erben nur die Thronfolge seines Adoptivsohnes Nero auf, der sein Projekt „Rom in Flammen“ vor Augen hatte, was er nur als Kaiser verwirklichen konnte.

Die zum Schweigen verpflichtete Locusta bereitete ihm in seinem Alterstempel ein letztes und dann ein allerletztes Mahl aus frischen Waldpilzen, woran der Regent schließlich verstarb und nichtsdestotrotz nicht nur einen archetypischen Eindruck vom geschwätzigen Küchenpersonal hinterlässt, sondern sogar bis in die heutige Zeit noch das Pilzesuchen im Wald als besonders neuralgische Tätigkeit herausstellt. Claudius letzte Worte waren:"vae me, puto, concacavi me!" (Ich glaube, ich habe mich beschissen bzw, ich wurde beschissen!")

Die Bibel macht nicht satt

Ein Koch, Lebensmittelchemiker und Leibarzt im Umkreis Papst Clemens, des II., der gekonnt seine Identität zu verschweigen imstande war, wies mit Hilfe einer täglichen Verwendung des so genannten Bleizuckers zum Süßen von Wein und die Nutzung von Bleigeschirr über Jahre hinweg nach, dass dies auch für Päpste tödlich ist und half, den Blick nach fernöstlichen Porzellanmanufakturen zu richten, nachdem deutsche Wälder nicht mehr das Potential hatten, gefahrloses Geschirr für ein ganzes Volk zu liefern.

Ich mach den Sarg zu und raus guckst Du - nicht!

Ferdinand Sauerbruch entwickelte nach fragwürdigen privaten und verschwiegenen Experimenten mit genau anders herum veranlagten Menschen, die also das Kauern in diesen sehr kleinen, bedrohlichen, verschlossenen Objekten genossen, diese Liebhaberei später triumphierend zu seiner „Eisernen Lunge“, die ein wunderbares Leben auch schwerst Lungenkranker in geräumigen Blechbüchsen ermöglichte und durch das verdeckte unauffällige Operieren im Unterdruck-Raum auch das Einstreichen von am Körper getragenen Vermögensgegenständen und somit noch das Befriedigen kleptomanischer Gelüste unterstützte: Schlafende reden (meistens) nicht!

Zitate

  • „Wenn DU wüsstest“ - Claus Schilling 1946 von seinem Schwager kurz vor dem Haftende in Landsberg am Lech nach seinen weiteren Forschungsplänen befragt.
  • „Sag niemals nie“ - Ehemalige Gynäkologin Sieglinde S. von der Charite' in Berlin, die trotz guten Schweigegeldes über ungewollte und Schein-Schwangerschaften Prominenter plauderte.
  • „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ - der betuchte Zahnarzt E. Becker aus dem Raum Köln in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, der aus finanziellen Gründen Zähne lieber behandelte als zog und diesen Wahlspruch aus optischen Gründen auch seinen Patienten empfahl.
  • "Ach Papi, ich finds so gut, dass der Arzt endlich mit Dir geredet hat und wir nun alle wissen, dass Du Krebs hast. Ich hatte die letzten zwei Wochen schon gefürchtet, weil Du so nervös und vor allem ständig zu Hause warst, dass Du arbeitslos geworden bist!" - Dunya L. aus Bottrop, pubertäre Tochter eines Schweigepflicht-Opfers nach einer Zeit qualvollen Wartens

Literatur

„Aktive Sterbehilfe hinter der 5-Meilen-Grenze“ - K. Störtebeker, nach 1401, medizingeschichtliche Sammlung der Universität Hamburg, nach 1933 überarbeitet und 1949 redigiert.
„Die ambulante Amputation“ - K. Störtebeker, nach 1401, medizingeschichtliche Sammlung der Universität Köln, nach 1933 überarbeitet und 1949 redigiert.
„Die-kleiner-Onkel-im-Blechsarg-Nummer“ – F. Sauerbruch, Beate-Uhse-Verlag, Hamburg, 1922, 19. Auflage.
"Meyers großes Pflanzenlexikon - verstehe die Sprache der Ärzte im Mittelalter bis zur Neuzeit" - Meyerscher Verlag, Berlin-München-Dubrovnik-Kamschatka, 53. Auflage, 1917.

Fußnoten

  1. Diese Version arbeitet anders als die Version für Sehbehinderte mit variablen Bildunterschriften: Vorsicht ist geboten!
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