Camping

Camping/Campen [kʼæm|piɳk' u. kʼæm|pøɳ'] muss gelernt sein! Wer sich beim Wort "gelernt" jetzt schon wieder abwendet, dem ist nicht zu helfen, doch da die "Generation Doof" für alles eine Beschreibung braucht öffnet Ihnen dieser Ratgeber die Tore in die Campingwelt.
In fünf Kapiteln wird aus dem minderbemittelten Stubenhocker ein überdurchschnittlich begabter Camper, der sogar, was ihn von dem gemeinen Politiker unterscheidet, in Konfliktsituationen einen kühlen Kopf behält. Wer bis jetzt den Aldi um die Ecke und das Autobahnkreuz drei Hochhäuserecken weiter für die Grenzen der realen Welt hielt, wird von der Wirklichkeit begeistert sein.


Schritt für Schritt, mit Bildchen, in Sätzen und Erklärungen für schwierige Wörter. Auch Du wirst nach der Lektüre dieses Ratgebers bestens gewappnet sein! Weiterführende Lektüre: Aus dem Leben eines Campingplatztesters

Ausrüstung

Haben sie nachts auch manchmal das Gefühl, beobachtet zu werden?

Campen gehen ohne professionelle Campingausrüstung ist wie die Niagarafälle mit Schwimmflügeln herunterzustürzen, wie Fallschirmspringen mit diesen lustigen bunten Schirmen, die immer im Kindereis stecken oder wie ein Witz ohne Pointe. Hierbei sind erst einmal primitive Grundvorraussetzungen zu klären. Worin campen wir? Wen nehmen wir mit? Wer muss zu Hause bleiben? Was zieh ich an? Wann sind wir endlich da? Haben wir die Kinder eingepackt?

Wo wohnen wir?

Bei Subway kann man aus 5 verschiedenen Brotsorten die wählen, die am besten zu einer der 7 Soßen passt und gut mit dem gewählten Gemüse harmoniert. Beim Campen hat man beinahe noch mehr Auswahl, alleine schon die Beherbergung zu wählen stellt sich als erste Stufe dar, bei der man scheitern kann.

Zelt

Für finanziell knapp bemessene und/oder geizige Camperambitionisten bietet das Zelt, direkt nach dem Nicht-Wegfahren, die kostengünstigste Alternative des Übernachtens. Gerade seine geringe Größe birgt enorme Vorteile bei der Stellplatzsuche auf dem Campingplatz und dem schnellen Auf- und Abbau, gerade für den geübten Camper. Anfänger, wie ihr alle es seid, sollten den Aufbau jedoch vor der Abfahrt noch einmal im heimischen Garten in einer Art Aufbautraining üben. Die Gefahr, andernfalls in grenzenlosem Übermut kläglich zu scheitern, ist sonst zu groß. Gerade Dauercamper-belastete Plätze sind dafür berüchtigt, dass der halbe Campingplatz, sobald ein Laie neu hinzu stößt, beim Aufbau des Zeltes zuguckt: schön in einer Reihe hingesetzt, das Bier in der linken Hand, den Feldstecher in der rechten, damit auch jede peinliche Verfehlung beim Aufbau genauestens dokumentiert werden kann. Wer in solch eine missliche Lage gerät, sollte sie zu seinen Gunsten ausnutzen und beispielsweise mit einem Hut durch die Zuschauerreihen gehen, um etwas Kleingeld zu erbitten.
Als Vorteile des Zeltes sind abschließend die geringe Größe (schneller Aufbau, Reise mit dem Motorrad möglich) sowie die große Auswahlmöglichkeit auf dem Markt (verschiedene Farben, schalldichte Wände für vergnügliche Abende etc.). Nachteile sind unter anderem die geringe Größe von Zelten (oft gucken die Füße vorne raus) sowie die geringe Abwehrkraft gegenüber Naturgewalten (da hilft auch kein Actimel).

Wohnwagen vs. Wohnmobil

Dank aerodynamischer Bauart vergeht die Anfahrt wie im Flug.

Während das Zelt als Mini Cooper des Campingplatzes gilt (Je nach Modell auch als Ford Ka oder Renault Twingo), sind Wohnmobil und Wohnwagen die Giganten des Platzes. Gerade bei den Wohnmobilen geht der Trend in die Länge. Reisende haben mitunter das Gefühl, mit den Vorderreifen schon im Urlaubsort zu sein, während sie mit den Hinterreifen noch im Heimatsland sind.
Gegenüber dem Wohnmobil hat der Wohnwagen einen entscheidenden Vorteil, denn er kann, sobald ein Stellplatz gefunden ist, solange wie es einem bequem ist, dort auch stehen bleiben. Für Reisende mit Wohnmobil stellt ihr Schlafplatz zugleich die einzige Möglichkeit dar, Ausflüge zu machen oder einkaufen zu fahren. Ungünstig hierbei: Wer sein Wohnmobil länger als 4 Stunden am Straßenrand stehen lässt begeht eine Straftat (Wildcamping) und in Parkhäuser oder gar Parklücken kommt man nur äußerst selten rein.
Wenigstens die Frage nach dem richtigen Modell für sich und die Familie erübrigt sich, da heutzutage Wohnwagen und Wohnmobile innen immer gleich aussehen, nur außen steht eine andere Marke dran. Die Ausstattung bei Wohnmobilen verläuft hierbei stets nach dem gleichen Muster: Vorne die Sitze, über den Sitzen ein herunterklappbares Bett, mittig platziert Schränke, Waschbecken und Fernseher (ganz wichtig!), im hinteren Bereich befindet sich ein weiteres Bett und ein edles Dixi-Klo. Wohnwagen hingegen haben grundsätzlich im vorderen Bereich eine Sitzecke, mittig eine Toilette mit Waschbecken und eine Kleinstküche mit Schränken. Hinten findet sich ein Doppelbett, wahlweise auch ein Hochbett.

  • So erkennen sie Holländer: Stets im bereits gelblich angehauchten Wohnwagen unterwegs, stets überladen! Leicht erkennbar, wenn der hintere Wohnwagenteil auf der Autobahn entlang schleift.
  • Spezialgegenstand Fernseher: Mittlerweile ist es so, dass die Bestandteile von Wohnmobilen variieren, beispielsweise gibt es manchmal keine Toilette und man muss die Örtlichkeit auf dem Campingplatz aufsuchen oder es gibt keine Sitzecke und man muss Stühle mitnehmen. Immer jedoch gibt es einen Fernseher und dieser ist so angebracht, dass man von überall im Wohnmobil aus fernsehen kann.
Stellplatz niederer Preisklasse, auch wenn es eine Stromversorgung gibt.

Der Campingplatz

Bei Campingplätzen gibt es zwar hohe Qualitätsunterschiede, doch am Preis sind diese oft nicht zu erkennen.

  • Hoher Preis: Campingplätze mit hohen Übernachtungskosten rechtfertigen diese nicht etwa mit höherer Qualität, sondern allein mit ihrer einzigartigen Lage auf einer Insel, durch eine gute Autobahnanbindung oder durch die Nähe zu Einkaufszentren. Oft finden sich auch umfunktionierte Kuhweiden darunter, die mit Stallgeruch das Ambiente natürlicher Ursprünglichkeit an den Mann zu bringen versuchen. Immer wieder wird auch eine große Breite an Entertainment geboten, dass sie ihren Preis scheinbar wert sind, schließlich ist das Restaurant direkt auf dem Campingplatz (Pommes für nur 5 Euro), es gibt Wohlfühlmassagen mit esoterischen Ölen durch hausangestellte grobmotorische Kräfte mit abgeschlossenem Volkshochschulkurs (40 Euro) oder es lockt die nahe Dorfkirmes.
  • Mittlerer Preis: Campingplätze mit mittleren Preisen haben grundsätzlich Sanitäranlagen, die sogar gelegentlich gereinigt werden und sind meist legal.
  • Niedriger Preis: Campingplätze mit niedrigen Preisen sind keine Campingplätze, wo auch immer Du gelandet bist, mach Dich vom - sprichwörtlichen - Acker und lese gründlich diesen Ratgeber zu Ende, bevor Du Dich wieder auf den Weg machst.

Merke: Der Urlaub ist etwas besonderes, da darf man nicht mit der Platzwahl geizen!

Kleine Lernkontrolle

Betrachten sie das Bild und nenne die Fehler des Campers. Da Du nicht überbeansprucht werden sollst, reicht diese Aufgabe fürs erste.

Rezeption

Obacht! Zwischen 11.30 und 15.00 (Mittagsruhe), von 15.30 bis 17.00 (Kaffeepause) sowie von 18.00 bis 07.30 (Nachtruhe) diesen Abschnitt bitte nicht lesen!
Merke: Die Einhaltung dieser Zeiten sind das Allerwichtigste, was zu beachten ist. Besonders interessant: Einige Campingplätze, die eigentlich luxoriöse, da lebensrettende Utensilien wie Defibrilatoren anbieten, untersagen in der Regel deren Nutzung während der Mittags- und Nachtruhe!

Die Anmeldung auf dem Campingplatz kann also nur zu ganz exklusiven Zeiten erfolgen. Meistens läuft dies nach dem immer gleichen Schema ab: Die Frau an der Rezeption wird Dich fragen, was Du möchtest. Ungefähr so: "Hallo, was möchten Sie?" Die Motivation der Dame ist zum Greifen nahe, verschwindet nach der ersten Antwort jedoch augenblicklich. Du möchtest den Stellplatz für sechs tage, bist mit dem Wohnwagen da und hast noch vier weitere Personen im Gepäck. Die Frau wird mürrisch über die Theke blicken, scheinbar etwas suchen und Dich dann fragen:

Es ist 13:45, Mittagsruhe, alles andere als eine leere Rezeption wäre ein Wunder.

"Haben Sie Tiere dabei?" Diese Frage wirst Du verneinen, doch so richtig glaubt Dir da niemand. Als Familie steht man schnell unter dem Generalverdacht, Haustiere zu haben. Also wirst Du erneut gefragt: "Sind Sie sich da sicher, auch keine Hunde? Unsere Stammkunden haben das Gekläff von ollen Kötern nicht gern." Mit den Stammkunden meint sie die Dauercamper, mit den ollen Kötern die Hunde. Stammkunden, wie professionell. Als nächstes musst Du einen Plan erstellen, was Du die nächsten 6 Tage morgens zu frühstücken wünschst. Normale Brötchen oder "Brötchen mit Körner drinne". Späteres Umentscheiden ist nicht möglich.

Weiteres

  • Sanitäranlagen sind entweder blitzblank geputzt, oder so verdreckt und alt, dass man am liebsten im Freien seinen Geschäften nachgeht.
  • Nehme immer Klopapier mit! Du wirst schon sehen warum!
  • Brötchen werden generell nur bis 8 Uhr verkauft. Morgens. Trotz Urlaubs.
  • Egal wo man ist: Mücken sind nicht weit und sie haben es nur auf einen selbst abgesehen.
  • Sobald man versucht, sein Gefährt auf dem Stellplatz zu platzieren, sprinten an die 20 Dauercamper herbei, die ganz ganz tolle Erfahrung für alles Campingrelevante haben und setzen Deine Übernachtungsmöglichkeit, keuchend und kurz vor dem Herzinfarkt routiniert an den nächstbesten Baum. Dann lachen alle darüber und man hat wieder eine Anekdote für die nächsten 20 Grillabende. Bei einem Zelt kann einem das freilich nicht passieren. Hierbei läuft man höchstens Gefahr, nachts von einer Gruppe Besoffener die Zeltheringe herausgezogen zu bekommen.
  • Bei Reisen in östliche Länder außerhalb der EU: Eine Flasche Alkohol wirkt Wunder an der Zollstation.

Spezialfall Dauercamper

Halte Dich von Dauercampern fern! Dauercamper sind seit 50 Jahren untereinander per Du und haben sich gegenseitig schon Spitznamen gegeben, erzählen sich jeden Abend am Grill die selben Anekdoten, während die Würstchen das eine ums andere Mal verbrennen. Sei Dir sicher: Irgendwer schafft es wie jeden Abend den Dackel von Dauercamper 01 für einen Fußabtreter zu halten. Dieser ist deswegen auch besonders klein, selbst für einen Dackel. Dies hielft aber nicht bei der Abwehr von Schadenersatzansprüchen. Der deutsche Standart-typ von erfahrenem Camper ist durch folgendes Outfit zu erkennen: Sandalen (häufig mit dem Namen eines Baums in der Marke), weiße Socken (so weit wie möglich hochgezogen), kurze Hosen in beige und ein möglichst buntes Hawaii-Hemd.

  • Dauercamper sind immer über Ecken und Kanten mit dem Platzwart befreundet und Sprüche wie: "...wenn jetzt nicht sofort aufgehört wird, Fußball zu spielen, dann holen wir den aber, ja und dann, dann werden wir mal sehen." gehören zum Standardrepertoire.
Und wie campe ich jetzt richtig?
Höre nicht auf die vermeintlich gut gemeinten Tipps von Dauercampern, bleibe unauffällig und beschwere Dich nicht wegen Lappalien, sondern sei zufrieden, mit dem, was Du hast. Genieße - wenn möglich - Deinen Urlaub. Doch beeile Dich, noch ist das Campen scheinbar weitgehend unberührt von der allgemeinen Verdummung geblieben. Campe, bevor es zu spät ist und nicht mehr der ADAC Reiseführer, sondern Clark, der Campingplatztester für's Fernsehen die Campingplätze beurteilt.
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