Diverses:Geteiltes Berlin

geteiltes Berlin


Weckergrölen lockt mich aus dem tiefen
warmen Dämmern schroff hervor
in dem ich mich träumend noch verlor
doch geb' ich dem Tag seinen Lauf
mache das schwere Fenster auf:
hinter einer müden Kiefer
grinst die Chemieindustrie
und durchzeiht die kalte Luft
die ich nun draußen inhalier
täglich mit einem neuen Duft
und mit etwas Fantasie
lässt sich Nahrung für Getier
oder Kuchenduft darin erkennen
in frisch gebauten Häusern Menschen pennen
nur ein paar Nachbarn drehn schon müde ihre Runden
mit ihren depressiven Durchfallhunden

An der Straße lang
die noch vor Frühe leer
um zur Schule zu gelang
weit ist es ja nicht mehr
zu früh der Bus ist da – VERDAMMT!
Und so eil ich auf die schnelle
zu der fernen Haltestelle
wo ich ohne Atem angelangt
doch der Bus fährt wieder gerne
mal daran wohlbesonn vorbei
und verschwindet in der Ferne
damit das Warten neu begonnen sei

die Zeit scheint gar nicht zu vergehen
ständig wird zur Uhr gesehen
und zum fernen Eck geschaut
bis sich der nächste Bus hertraut
und der ist – na toll!
Natürlich engend voll
die vielen Taschen:
ein Problem
kein Sitzplatz zu erhaschen
und stehen ist sehr unbequem
nach einer rütteligen Reise
über kriegszerbombte Straßen
und einer tödlichen Fahrweise
bei der sie den Magen wohl vergaßen
mein Frühstück mir zu Halse steht
und zu Fuß es weitergeht

Kaum dass ich im Gebäude bin
läutet es zum Schulbeginn

Gewohnt lass ich es über mich ergehen
wie routiniert Lehrer für Lehrer
vor mir labernd ihren Lohn abstehen
veraltete Lateinverehrer
machen mir mal wieder klar
was Cäsar für ein Mistkerl war

Ich mache mir das beste draus
Wann klingelt's, Mensch, ich will hier raus!
Na endlich, nun das selbe Stück
mit dem Bus wieder zurück

Nachdem der Bus mich abgeladen
die Zeugen eines Autoschadens
verstreut zu meinen Füßen liegen
wo die Fahrer sich bekriegen
bietet der Automobilverkehr
schon lang keine neuen Wunder mehr
weil Autowracks einander gleichen
lass meinen Blick vom Asphalt weichen
zum See im grün
kaum sechs der Meter weiter
wo zum Autolärm schön anszusehen
die Gräser wachsen heiter
zwischen denen Bienen summ'
ein Schwanenpaar turtelt herum
doch lass ich meinen Blick abwenden
zu dem Ampelrot das grünt
rase, um nicht zu verenden
aufdass der Fahrer nicht mal sühnt
hinter mir brüllen die Motoren
doch ich fühle mich auserkoren
diese Erde zu beschreiten
rechts von mir Karossen kreischen
um dumme Tiere zu zerfleischen
links seh ich wieder grüne weiten
ein Waldesrest mit Hirschen gar
dann bunte neue Bauten
wo früher einmal Brachland war
das die Baukonzerne klauten
da im Rollrasen
sprießen junge Gräser
da an bösen Gasen
hinter bunten Gläsern
sind vermummte Wesen
arbeiten zu sehen
im blauen Licht
nur verstehen
tue ich das nicht

Man kann klagen
man kann sagen
die Stadt an der Spree
sei noch geteilt in ach und jeh
doch nicht in etwa in Ost und West
sondern in grauen Rost
und grünen Rest

Hätt Kennedy gewusst
vom Städtefrust
der hier gegeben
und
wie Tod und Leben
sich hier lieben
wie das Grau nun überschwappt
er wäre Amimann geblieben
Der Peter Fox hat Recht gehabt

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