Diverses:Handbuch für Abstrakte Kunst

Die Abstrakte Kunst ist die Kunst, irgendetwas auf die Leinwand zu klatschen und es teuer zu verkaufen. Wie man abstrakte Kunst selbst herstellt und wie man es von einem "Werk" eines pinselschwingenden Elefanten unterscheiden kann, wird hier erklärt.

So auf gar keinen Fall! Viel zu realistisch!

Phase 1: Das Motiv

Zu allererst braucht man ein Motiv. Da der gute Künstler nicht schummelt, nimmt er keine Drogen, sondern ist so schon ein bisschen ballaballa im Kopf. Das kann nur von Vorteil sein.
Wer jedoch genügend Fantasie hat, braucht kein Motiv, sondern kauft sich einfach Pinsel, ein bisschen Farbe und gegebenenfalls auch eine Leinwand. Wenn eine Leinwand nicht im Kostenbudget drin ist, kann man Ganzkörperbemalung machen oder die Tapete im Flur benutzen - das wird die Eltern bestimmt freuen, sie wollen sicher nicht die künstlerischen Triebe des Kindes unterdrücken. Wer alleine wohnt, braucht sowieso keine Erlaubnis irgendwelcher Kunstbanausen.
Als Motiv wird hier exemplarisch ein Hirschkäfer gewählt.

Sieht voll inspirierend aus, oder? Und der Hirschkäfer ist auch schön einfach zu zeichnen, denn Mutter Natur war zu faul, dem Hirschkäfer Hände mit Daumen zu geben. Die kann man nämlich nicht zeichnen.

Phase 2: Erste Anfänge

Wer noch gar keinen Pinsel in den Fingern gehalten hat, wird ziemlich schnell feststellen: Das fühlt sich an wie ein Stift. Deswegen benutzen die Japaner auch Pinsel zum Schreiben. Aber den Pinsel kann man nicht wie einen Stift benutzen, sonst wären wir nämlich alle schon kleine Monets und die Künstler könnten ihre Bilder nicht mehr auf dem Markt absetzen, weil jeder endgeil zeichnet und sich seine eigenen hässlichen Bilder im Flur aufhängt. Von daher muss man erst einmal ein bisschen üben und lernen, wie man einfache, richtige und vor allem realistische Bilder mit dem Pinsel malt. Erst dann können wir den gedanklichen Brechreiz als abstrakte Kunst auf die Leinwand klatschen.

Weil wir mit dem Pinsel noch nich so gut umgehen können, sind die dicken Konturen zu entschuldigen. Alles andere nicht - wer diesen realistischen Hirschkäfer nicht zeichnen kann, hat versagt, wird nie zufällige und völlig wahllos auf die Leinwand gepinselte Striche wie ein Dreijähriger bringen können und kann seinen Traum von abstrakter Kunst aufgeben - sorry.
Für alle anderen: Gut gemacht, wir kommen zum nächsten Schritt. Ihr könnt euch selbst übrigens mit einem Bierchen belohnen, denn ein bisschen intus hilft in diesem Beruf immer wieder mal und hebt den Künstler auf eine kreativ-sprituelle Ebene, solange er nicht gegen die Leinwand kotzen muss.

Phase 3: Aus dem Käfer wird ein anatomischer Krüppel

Und je näher wir an unseren abstrakten Hirschkäfer kommen wollen, desto abstrakter müssen wir ihn zeichnen. Klingt sogar logisch.
Die Gliedmaßen zum Beispiel sehen noch viel zu realistisch aus. Ein Kindergartenkind würde vielleicht sechs Beine, zwei Körperteile und zwei Hörner malen und behaupten: "Das ist ein Hirschkäfer!" Der erfahrene Abstraktkünstler kontert: "Das ist eine Spinne mit Hörnern und Holzbeinen!" Bäm, Kind den Tag versaut. Das boostet das Selbstbewusstsein.
Unser Hirschkäfer hingegen besitzt anmutende Beine, die aussehen, als wären sie gerade aus dem Käfer herausgerissen und daneben platziert worden und eine viel zu fette Kneifzange. Sieht doch voll abstrakt cool aus, oder?

Und er hat sogar gleich acht Beine und drei Körperteile - gut, eins ist irgendwie mit einem anderen verschmolzen, aber weil wir bewusst abstrakt malen - immerhin sind wir Erwachsene und können im Gegensatz zu den Kindern rational denken - geht das schon in Ordnung.

Phase 4: Köpfe sind zu Mainstream, wir machen Rechtecke

Keine Pause! Nächste Phase: Wir tun jetzt so, als hätten wir einen total schrägen Blick drauf. Wir schielen am besten beim Bemalen der Leinwand, das hilft extrem und gibt dem Bild eine veränderte Perspektive. Zwingen wir den Betrachter, auch ohne schielen eine solche Perspektive zu bekommen, indem er einfach nur auf das Bild glotzt, das wir gezeichnet haben. Wenn man alles richtig macht, läuft der Betrachter gegen den nächsten Laternenpfahl, weil er dachte, er würde abstrakterweise zur Seite springen.

Ein Chirurg hüpft beim Anblick dieses Käfers vor Freude an die Decke. Wäre das Krabbelvieh sein Kunde, hätte er viel zu operieren und dementsprechend auch viel Geld zu verdienen. Kleiner Tipp nebenbei: Wenn man abstrakte Kunst einem Arzt zeigt, ist sie umso besser, je größer die Eurozeichen in den Augen des Quacksalbers sind. Man sehe sich nur an, wo die Beine liegen, insbesondere vorne, und man schaue besonders darauf, wie die Fühler des Käfers platziert sind. Dort helfen sie in etwa so viel, wie wenn ein Blinder seinen Blindenstock in die Luft schwingt und damit Hindernisse am Boden ausmachen will, damit er nicht stolpert. Dafür hat der Käfer aber genial platzierte Augen gen Boden. Nur nach vorne kann er weder schauen noch fühlen und so müsste er sich purzelbaumartig fortbewegen. Das wird mit seinem Kopf in Form eines Gummihammers allerdings ein Problem. Also...fast schon perfekte abstrakte Kunst, gesteigert werden kann das nur noch durch...

Phase 5: Es stirbt, wenn es lebt

...das da!

Perfekt! Magnifico! Merveilleux! Wenn man nicht von vornherein wüsste, dass das ein Hirschkäfer sein soll, könnte man glatt meinen, dass das ein Wesen mit einem Toastbrot auf dem Rücken und Kneifzange vorne ist!
Nun ist der Hirschkäfer vollends lebensunfähig geworden und würde auffallen wie eine von allein leuchtende Diskokugel unter einer Gruppe von Emos. Die Lebenszeit dürfte aufgrund der Fressfeinde bei etwa fünf Sekunden liegen, was nicht viel Zeit für Fortpflanzungsmöglichkeiten bietet - das Aussterben ist garantiert. Sehr schön.
Schlussendlich kann man sich noch überlegen, ob man noch einige eigene Kniffe wie zum Beispiel Picasso malen möchte, die das Bild unverkennbar zu Ihrem persönlichen Werk machen. Zum Beispiel ein cooler Hubschrauber im Bild unten rechts oder ein immer wiederkehrendes Alienwesen im Gemälde - das bleibt Ihnen überlassen. Auf keinen Fall sollten Sie Musiknoten nehmen, da Ihnen sonst die GEMA auf die Pelle rückt. Ich selbst habe eine Bratwurst in jedem Bild. Die erkennt aber niemand als solche.

Man kann nun gucken, ob man das Bild bei sich selbst über dem Klo aufhängt oder es lieber für fünf Euro bei ebay vertickt. Wenn Sie mehr als 400,-€ im Monat verdienen, dürfen Sie nicht vergessen, alles beim Finanzamt zu melden. Sonst passiert was.

Abschließende Vergleiche

Natürlich muss man anschließend als Künstler auch ein paar Bilder erkennen und von plumpen Fälschungen unterscheiden können. Als Künstler wäre das ja sonst äußerst peinlich.

Fälschungen von Picasso

Original
Fälschung

Pablo Picasso wird gerne mal gefälscht, zumal selbst ein Experte erst einmal nachschauen muss, ob das Bild vor ihm wirklich ein Picasso oder eine begnadet gute Fälschung ist. Fest steht: Original ist nur das, wo Picasso auch wirklich draufsteht. Und auch, wo jedes Feld im Bild mindestens eine Ecke hat.
Links ist ein Originalportrait von Juan Gris zu sehen, gezeichnet von Picasso. Wer Juan Gris war, spielt absolut keine Rolle, es geht allein um das Bild. Der Experte erkennt: Nicht ganz so abstrakt, wie man es normalerweise kennt, aber definitiv ein echter Picasso. Sehen Sie den Hund im Bild? Nein? Der ist auch ganz abstrakt eingearbeitet. ...oder es ist seine Hand oder ein Gehstock, das kann man nicht so genau sagen. Es ist eben halt abstrakt.
Rechts ist eine grauenhafte Fälschung zu sehen: Auch dieses Bild zeigt Juan Gris, allerdings hat sich der Künstler noch nicht einmal die Mühe gemacht, richtig abstrakt zu zeichnen. Nicht nur, dass es im Bild nur zusammenhängende Flächen gibt, nein, sogar sämtliche Gesichtsteile sind an Ort und Stelle, eben halt da, wo sie sein müssten. Außerdem ist keine Hand/Gehstock/whatever zu sehen. Ab in die Tonne damit!

Fälschungen von Sous

Original
Fälschung

Wer zum Geier ist Sous!?
Links zu sehen: Ein einmaliges Zusammenspiel von Metall und Höhe - der Sous-Turm in Aurich, benannt nach dem bekannten abstrakten Künstler Albert Sous. Hochgelobt erhebt er sich auf dem Auricher Marktplatz vor der örtlichen Sparkasse vor den zahlreichen kleinbäuerlichen Marktständen am Mittwoch und Samstag. Man beachte die spitzen...äh...Dinger in schwindelerregenden fünf Metern Höhe - so graziös geformt gelingt es sonst keinem!
Obwohl erst 1990 erbaut, gibt es jetzt schon viele, nicht mal sonderlich gut gelungene Plagiate des Sous-Turmes auf dem Markt. Besonders die Energieriesen e.on, EnBW, Vattenfall und RWE versuchen gleich im Hundertdutzendfach, ihre Plagiate an den Mann zu bringen. Sogenannte "Strommasten" ahmen den Sous-Turm nach und die Konzerne wollen sie am besten sofort verkaufen. Neben einigen hoffnungslosen Fällen, die diese Türme tatsächlich im Rahmen einer Bürgernetzgewerkschaft erwarben, gibt es auch noch gratis Ansichtsexemplare im Garten vom Nachbarn. Wer ein anderes Exemplar sehen will, folge einfach den großen Stahlseilen oben, die einen direkt zum nächsten Turm führen - der allerdings in den seltensten Fällen eine bessere Qualität aufweist als der davor.
Originellste Fälschung - und das nicht nur wegen eines Fehlers im Raum-Zeit-Kontinuum - ist eindeutig der Eiffelturm in Paris. Von Gustave Eiffel erbaut steht der Turm in Frankreich und rostet. Trotz seiner billigen Nachahme (immerhin ist das nur ein vierbeiniger Turm ohne Uhr und spitzen und allem Pipapo) avancierte der Eiffelturm zu einem der bekanntesten Wahrzeichen der hiesigen Welt. Es ist der bis dato größte Fälschungserfolg.

Fälschungen von Hölzel

Original
Fälschung

Adolf Hölzel lebte von 1853 bis 1934 und malte nicht nur abstrakte Kunst. Daher sind solche Bilder wie links natürlich extrem selten, was deren Wert noch einmal steigert. Und was wertvoll ist, verkauft sich gut. Was sich gut verkauft, ruft auch Fälscher auf den Plan.
Was Hölzel von anderen Künstlern jedoch abhebt, ist, dass man in seinem Bild, namentlich "Abstraktion II", wirklich gar nichts erkennt, wenn man nicht mindestens einhundert Meter zurücktritt und das Bild distanziert betrachtet. Während einige einen gelbköpfigen Ritter auf einem gelbköpfigen Drachen sehen, sehen andere vielleicht eine Waschmaschine mit Buntwäsche drin.
Wegen der vielen Gelbtöne (auch bei den roten Farben) und dem blauen Hintergrund bzw. Himmel (je nach Interpretation des Werkes) könnte man rein theoretisch das Bild ziemlich leicht fälschen, was es noch einmal beliebter bei den kreativen Köpfen mafiöser Fälscherbanden macht.
Rechts eine Banane.

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