Radiomoderator
“Ein Radiomoderator, oder, ne, das ist doch dieser komische Kerl zwischen der Musik und der Werbung? ”
~ Dieter Bohlen, auf die Frage, wer nerviger ist als er
Ein Radiomoderator hat den schönsten Job der Welt. Er verdient sein Geld nämlich ausschließlich durch Labern. Im Gegensatz zu Politikern und Staubsaugervertretern, die ihre Brötchen durch ähnliche Tätigkeiten verdienen, muss der Radiomoderator nicht mal mit seinem Gesicht zu seinem oralen Output stehen. Daneben genießt er einige Privilegien, so verdient er einen Stundenlohn dafür, dass er nicht mal die volle Stunde redet. Das ist aber wahrscheinlich auch gut so.
Stellenbeschreibung
Wie schon ausführlich erklärt, muss der gemeine Radiomoderator vor allem eines können – Labern. Das ist aber längst nicht alles, wo kommen wir denn hin, wenn jeder, der gerne redet, in eine Sprecherkabine eingesperrt und von dort aus Botschaften in den Äther sprechen würde. Sonst wäre ja sogar die Oma, die immer meckert, dass früher alles besser war, für den Job geeignet. Nein, neben seiner angeborenen Kommunikationsfähig- und Zähigkeit muss ein Radiomoderator ganz bestimmte Kriterien erfüllen.
Nein, ein echter Radiomoderator muss zum Beispiel vor seiner Einöde in der trostlosen Sprecherkabine ein bewegtes Leben gehabt oder zumindest eine blühende Fantasie haben. So muss er zu jedem noch so langweiligen Lied eine Geschichte aus seiner Biographie zum Besten geben. Wenn das Lied also zum Beispiel besonders platt und inhaltsleer ist, muss er sagen, dass er in seiner Jugend immer dazu getanzt hat, und wenn der Song besonders traurig ist, muss er erzählen, dass er da immer das Bild seiner toten Oma vor Augen hat. Die Übrigens, so erfährt man nebenbei, schon beim Original von manch Coverversion fröhlich mit der Gebissprothese mitgesungen hat.
Ein gutes Repertoire an schlechten Wortwitzen gehört ebenfalls zur Standardausstattung eines guten Moderators. Der Hörer will ja nicht nur über das Tapetenmuster der verstorbenen Großmutter informiert werden, nein, er will ja schließlich unterhalten werden. So kann man zum Beispiel das Programm wunderbar auflockern und zum nächsten Punkt übergehen, wenn man gelungene Witze wie „So, das war die wundervolle Nelly Furtado mit „Mas“, ja und auch manch Bayer trinkt gerne mal a Maß“ einstreut.
Ebenfalls muss er außnahmslos alle Lieder, welche der eigene Sender zum besten gibt, gut finden, und nach Abspielen lauthals loben. Manchmal werden auch irre wichtige Hintergrundinformationen zum Titel eingestreut, zum Beispiel, dass die kleine Nora Jones bei dem Lied im Backgroundchor gesungen hat (dass da noch 30 andere waren, wird selbstverständlich nicht erwähnt). Obwohl er das musikalische Programm seines Senders so abgöttisch liebt und schon in seiner Jugend dazu getanzt hat, macht es ihm anscheinend nichts aus, immer wieder mitten in den Anfang des Liedes hereinzuquatschen.
Die wichtigste Eigenschaft eines Moderators ist aber die Fähigkeit der Tautologie. Das klingt unglaublich intelligent, es heißt aber einfach nur, dass er immer wieder das gleiche sagt. In seinem Fall den Namen seines Senders. Man hat das Gefühl, für die Nennung des Sendernamens würde er eine Prämie bekommen, wenn man diesen gefühlte 300 Mal pro Stunde um die Ohren gehauen bekommt, und fragt sich ernsthaft, woher bitte das „moderat“ im Moderator herkommt. So sagt er man bei jedem Lied, das überall hoch und runter läuft, dass es die neuesten Hits nur auf Bauern 1* gäbe, begrüsst jeden Anrufer mit „Hallo, hier ist <NAME> am Bauern 1 Telefon*“ und ist auch sonst sehr fantasievoll in der Neologismusbildung mit Sendernamenkomposita. Das wollen Sie gar nicht so genau wissen.
*Name von der Redaktion geändert, wir sind ja nicht so.
Andere Arten von Radiomoderatoren
Der Typ vom Verkehrsfunk
Der Typ, der den besten/schnellsten/coolsten Verkehrsfunk in ganz <passendes Bundesland bitte einsetzen> moderiert, ist mindestens genauso nervig wie sein Kollege, der sonst immer moderiert. Nur anders. Er leiert die Massenkollision auf der B Schlagmichtot und den 10 Kilometer langen Stau auf der A Schlagmichnochtoter so dermaßen gelangweilt herunter, dass man, selbst wenn man nicht betrunken hinter dem Steuer sitzt, in Sekundenschlaf verfällt und es so wiederum in den Verkehrsfunk schafft. Wirklich interessant wird es nur, wenn er Sätze wie „Auf der A 752 sind Menschen auf der Autobahn, also fahren sie vorsichtig!“ loslässt. Ansonsten nutzt er ab und zu – meistens im Winter – die Chance, über das asozial schlechte Wetter zu jammern und stellt so die perfekte Überleitung zur Wettervorhersage her.
Der Typ mit dem Wetterbericht
Der Typ, der den besten/schnellsten/coolsten Wetterbericht in ganz <passendes Bundesland bitte einsetzen> moderiert, ist genauso nervig, wie sein Kollege, der sonst immer moderiert. Nur anders. Während seine Kollegen wenigstens noch versuchen, ihre Wortwahl halbwegs abwechslungsreich zu gestalten, reduziert sich das Vokabular dieses Zeitgenossen auf folgende Termini und Wendungen: „Regen, Sonne, Sonnenschein, schönes Wetter, schlechtes Wetter, viel zu heiß, saukalt, Eisregen, Schnee, Hagel- und Graupelschauer, gestern, morgen, übermorgen, am Montag, am Dienstag, am Mittwoch, am Donnerstag, am Freitag, am Samstag, am Sonntag und auf einige Regionalbezeichnungen.
Der Bericht klingt dann auch entsprechend wie vom Zufallsgenerator zusammengewürfelt. Alles kommt irgendwann mal dran und jedes Mal etwas anderes. Aufgrund mangelnder Abwechslung wird es selbstverständlich irgendwann verdammt nervig, ist aber – im Gegensatz zum Gelaber des Kollegen – schneller vorbei.
Der Nachrichtensprecher
Der Typ, der die besten/schnellsten/coolsten Nachrichten in ganz <passendes Bundesland bitte einsetzen> moderiert, ist das exakte Gegenteil zu dem Kollegen, der sonst immer moderiert. Er sagt nämlich nur das, was wirklich relevant ist. Logisch, sonst würde er ja soviel Zeit für die Nachrichten brauchen und der Kollege hätte weniger davon, um sein hochrelevantes Gedankengut in den Äther zu senden. Zwar liest er die aktuellen Ereignisse auch nicht viel motivierter vor als der Typ vom Verkehrsfunk, aber er verzichtet wenigstens auf jegliche Nennung des eigenen Senders. Wäre auch ziemlich grotesk, wenn ein neues Massaker im Sudan mit „mehreren hundert Toten im Bauern1* Krisengebiet Darfour“ kommentiert.
Und was kann ich dagegen tun?
Sollte einem irgendwann der Radiowecker auf den Wecker gehen oder man eine natürliche Aversion gegen leere Phrasen haben, und man sich nicht stundenlang die Ohren zuhalten will hilft nur eins: Abschalten.
Oder aber – wie es die Ärzte ja schon vormachten – sein Radio zerhacken und zertreten.