Spiegelwelten:Schlimme Zeiten



Bürger von Hinterwald, hier spricht Ihre Regierung. Sie haben uns gewählt, also tragen Sie auch die Konsequenzen.
Ältere Meldungen aus der Zeit vor dem 01. Januar 2012 gibt es hier.


10.03.2012: Zwölfender unter sich

10:00 Runde 1

Querquell,  Hinterwald. Wie uns soeben aus dem halbköniglichen Palast mitgeteilt wird, hat Mahong III. vor wenigen Minuten Großkanzler Solon Winckelzug seines Amtes enthoben. Eine gesamte Bevölkerungsschicht, die der Juristen, wurde dadurch in helle Aufregung versetzt, denn jedes Schulkind in Hinterwald weiß, dass das nicht geht. Allerdings ist die von Mahong III. gelieferte Erklärung derart windungsreich, dass wir die Entscheidung über Sinn und Unsinn unserem Publikum überlassen wollen. Wir drucken daher die Erläuterung in Gänze ab:

Liebe Staatsbürger genannte Untertanen! Ich finde es ganz empörend, dass mir heimlich Tabletten ins Essen gemischt werden, aber mir gefällt meine neue Fähigkeit, Gedanken über mehrere Sekunden hinweg logisch – weshalb ich ja auch den Frühling so genieße. Mich stört auch, dass jetzt plötzlich das Ausland eine so große Rolle spielt, wo ich doch das Wort Südsee nicht mit Konflikt verbinden möchte. Außerdem bin ich ja hier in Hinterwald, weshalb ich mich frage, warum das Interesse dann nicht auch Hinterwald und mir gilt, sondern diesem Südseekonflikt. Ist doch komisch oder? Was soll daran schon interessant sein? Außer, dass Solon unsere Armeen angeblich gleich komplett verliert, wobei mir ein Vögelchen gezwitschert hat, dass das so nicht stimmt. Jedenfalls – ich will mal zum eigentlichen kommen. Winckelzug hat alles falsch gemacht und dazu noch meinen Königskollegen brutal um die Ecke bringen lassen, da bin ich mir ganz sicher. Es ist ja nicht Afrodos Schuld, dass er nach seinem Tod noch Geld abheben musste. Jedenfalls enthebe ich Solon Winckelzug hiermit seines Postens als Großkanzler. Offiziell darf ich das gar nicht, aber ich darf Großkanzler ernennen. Deshalb entlasse ich Solon und mache mich selbst zum Großkanzler. Und mich könntet ihr nur loswerden, wenn ich mich selbst widerrechtlich absetzen würde und einen anderen an die Stelle setze. Da ich das zwar kann, aber nicht will, bleibt es alles dabei. Ich bin jetzt Großkanzler und – die Gardinen waren auch schon mal weißer. Interessant ist auch, dass es für Großkanzlerentlassungen gar keine Regularien gibt – immerhin hatten wir bis jetzt nur zwei: den Eisernen Otto und Solon Winckelzug. Nirgendwo ist festgelegt, wie die Machtbefugnisse eines Großkanzlers aussehen, wie lange sie im Amt bleiben dürfen und wie sie wieder entlassen werden. Eigentlich unfassbar, aber gerade passt mir das sehr gut, immerhin bin ich jetzt – was hab ich gerade gesagt? Nun ja. Ich lasse es mal dabei. Mag Solon sich dazu äußern: als neuer Großkanzler gestatte ich ihm gerne eine Pressekonferenz.

12:00 Runde 2

Querquell,  Hinterwald. Nach der juristisch immer noch nicht geklärten Amtsenthebung trat Solon Winckelzug, der sich nach wie vor als Großkanzler ansieht, vor die Presse, um ebenfalls eine Erklärung abzugeben. Angesichts der unklaren Lage wollen wir von Schlimme Zeiten es uns mit keiner der beiden Seiten verscherzen und drucken deshalb auch Winckelzugs Erklärung in voller Länge ab:

Liebe Hinterwalder! In den Worten unseres Halbkönigs ist ein Fünkchen Wahrheit enthalten: Das Amt des Großkanzlers ist tatsächlich ein außergewöhnliches. Großkanzler wird man durch einstimmigen Beschluss aller Parlamente und der beiden Halbkönige. Der ältere Halbkönig ernennt den Großkanzler, der von da an recht umfassende Machtbefugnisse hat und – mir fällt das selbst auch erst jetzt auf – unkündbar und nicht absetzbar ist. Eigentlich eine recht merkwürdige Situation, aber das ist ja wohl nicht meine Schuld. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mir das Theater um die angebliche Ermordung Afrodos ziemlich auf die Nerven geht – wir haben wichtigeres zu tun, ich sage nur Südseekonflikt. Und weil es wichtigeres zu tun gibt, habe ich beschlossen, tatsächlich eine Pressekonferenz abzuhalten, in der viele der hanebüchenen Problemchen ein für alle mal beseitigt werden. Die Konferenz wird im Spiegelsaal des königlichen Palastes stattfinden, anwesend sein werden neben dem Halbkönig und mir auch herausragende Persönlichkeiten wie Schatzkanzler Moses Stramm und Schlimme-Zeiten-Chefredakteurin Sara Thilozin. Mehr sage ich vorerst nicht, 14 Uhr geht’s los. Bis dahin habe ich mich um einen Krieg zu kümmern.

14:00 Runde 3

Der große Spiegelsaal im Querqueller Palast der Hinterwalder Halbkönige. Nervöses Geraune der Presseleute füllt den Raum, an dessen Ende ist ein Podium errichtet, auf dem ein seltsamer, an einen Geldautomaten erinnernder Apparat aufgebaut ist. Außerdem befinden sich dort Großkanzler Solon Winckelzug und Schatzkanzler Moses Stramm. Sara Thilozin befindet sich mitten unter den versammelten Journalisten und rammt diesen aus reiner Bosheit hin und wieder ihre Ellenbogen in die Seite, wenn die Journalisten gerade ein Foto machen wollen. Nun betritt Halbkönig Mahong III. eben den Saal, in dem er einst zum König gekrönt wurde. Er erstarrt für einen Moment und verleiert auf höchst unappetitliche Weise die Augen, begibt sich dann aber auf das Podium.

Winckelzug: Schön, alle da. Dann können wir ja anfangen. Gleich vorweg, ich habe vor, diese Farce hier möglichst schnell zu beenden, immerhin tobt dort draußen ein Krieg. Also, los geht’s. (Winckelzug wendet sich Mahong III. zu) Wer sind Sie. Nennen Sie bitte Ihren Namen und das Amt, das Sie bekleiden.

(Ein Raunen geht durch die Gruppe der Journalisten. Thilozin nutzt das, um eine Brieftasche zu klauen.)

Mahong III.: Mein Name lautet Afrodo. Ich bin seit über zwanzig Jahren Halbkönig. Habe nie was anderes gelernt.

(Totenstille)

Winckelzug: Ich danke Ihnen, Majestät. Bitte gehen Sie nun hinüber zu Schatzkanzler Moses Stramm. Er bedient heute exklusiv für alle Anwesenden einen Fingerabdrucks-Netzhaut-Scanner mit Brutal-schwieriges-Passwort-Funktion und automatischem Stimmabgleich. Die Maschine kann sprechen, erschrecken Sie also nicht.

(Mahong, der behauptet Afrodo zu sein, geht zur Maschine, wird von Stramm eingewiesen und unterzieht sich den notwendigen Prozeduren. Die Maschine gibt einige seltsame Laute von sich und sondert schließlich eine kleine Rauchwolke ab.)

Winckelzug: Machine, nenne uns bitte den Namen der soeben identifizierten Person.
Maschine: Errorerrorerror. ZuvielEinwurfFehler. Errorerrorerror.
Winckelzug: Erkläre das bitte.
Maschine: Identifizierte Merkmale sind nicht eindeutig zuzuordnen. Sie treffen zu einhundert Prozent auf zwei Profile zu.
Winckelzug: Nun sag schon, wen du damit meinst.
Maschine: Die Merkmale entsprechen vollständig Halbkönig Afrodo I. und Halbkönig Mahong III. Winckelzug: Vielen Dank, Maschine. (Wendet sich wieder den Journalisten zu.) Bevor Sie jetzt irgendwelches dummes Zeug in der Welt verbreiten, will ich Ihnen die Sache erklären. Vor über einundzwanzig Jahren wurde Afrodo I. zum Halbkanzler gekrönt, hier in diesem Saal. Was bis dahin keiner wusste, war die ziemlich eklige Persönlichkeitsspaltung sein Eigen nennen durfte, die immer dann besonders heftig zutage trat, wenn Seine Majestät einer Unmenge von Spiegeln ausgesetzt wurde. Fragen Sie mich nicht, wie das geht, ich bin kein Seelenklempner. Jedenfalls nistete sich am Tag von Afrodos Krönung ein gewisser Mahong in seine Majestät ein, eine zweite Persönlichkeit, die von sich behauptete, auch gekrönt worden zu sein – was ja in gewissem Sinne auch stimmte. Als ein Jahr später Abrahamiel IX. starb, musste natürlich ein Nachfolger gefunden werden. Die Mahong-Persönlichkeit ging allen so lange auf die Nerven, bis schließlich alle einwilligten, ihm den Posten des anderen Halbkönigs zu geben. Man hielt es für eine gute Sache, weil man zwei Persönlichkeiten nur einmal füttern muss. Also ließ man Afrodo-Mahong einen Bart wachsen und nahm ihm das Stützkorsett weg und zack, fertig war der neue Halbkönig. Zwei Halbkönige in ein und derselben Person – es spielte keine Rolle, denn die Halbkönige haben – bei allem Respekt, Majestät – nicht viel zu melden. Das ging zwanzig Jahre lang gut. Was genau der Auslöser war, wissen wir nicht, jedenfalls beschloss die Mahong-Persönlichkeit vor einer Woche, dass sie den Afrodo-Teil loswerden müsse. Den Rest kennen Sie. Wir mussten Afrodo-Mahong hierher locken in der Hoffnung, dass all die Spiegel uns aus der Patsche helfen. Hat ja auch geklappt. Das war’s meine Damen und Herren, mehr steckt nicht dahinter. Hinterwald hat physisch gesehen nur einen König, in dem zwei Halbkönige stecken. Ende der Geschichtsstunde.
Journalist: Nun gut, Herr Winckelzug, aber Ihre Entlassung ist…
Winckelzug: …ziemlicher Quark. Da der Großkanzler nicht entlassen werden kann, erübrigt sich beinahe das Erwähnen der Tatsache, dass Mahong III. nicht einstimmig von den Parlamenten und den beiden Halbkönigen zum Großkanzler ernannt wurde, weil es nicht machbar war. Dafür hätte auch Afrodo I. ja sagen müssen, womit wiederum die Begründung der Absetzung hinfällig gewesen wäre. Sie sehen – ich war, bin und bleibe ohne jeden Zweifel auch weiterhin Ihr Großkanzler.

07. März 2012: Angeblich toter Halbkönig plündert eigenes Konto

Querquell,  Hinterwald, 07. 03. 2012. Eine nicht abreißende Kette von Vorwürfen unterspült das Fundament der Macht des Großkanzlers. Der schwerste Vorwurf von allen: Winckelzug soll Halbkönig Afrodo I. um die Ecke gebracht haben. Hierfür fehlen zwar letztlich Beweise, Motiv und wirklich belastbare Indizien, aber die Behauptung ist so praktisch und vor allem gut verkäuflich, dass niemand davon lassen will. Winckelzug selbst wehrt sich zwar vehement gegen die Vorwürfe, bleibt aber den Gegenbeweis schuldig, dass Afrodo noch lebt. Eine verfahrene Situation also – in die plötzlich Bewegung kommt.

Wie Schatzkanzler Moses Stramm am Morgen mitteilte, wurden gestern mehrere tausend Pfund aus dem Privatsafe Afrodos entnommen – und zwar ganz legal. „Unsere Safes für die Reichen und Begüterten sind verdammt gut gesichert. Man braucht ein absurd kompliziertes Passwort, eine positive Stimmidentifikation sowie die richtigen Finger- und Netzhautabdrücke. All das wurde von unserem Kunden ohne Probleme beigebracht. Daraus lässt sich nur schlussfolgern, dass jemand Afrodos Erinnerungen, Stimme, Augen und Hände in seinen Besitz gebracht hat – dass es Afrodo selbst ist, wäre natürlich viel zu nahe liegend. Weniger wahrscheinlich, aber dafür umso spannender ist der Gedanke, dass es sich um einen äußerst gerissenen Mörder handelt.“

Merkwürdigerweise mindert das den Druck auf den Großkanzler nicht. Vielmehr fordern mittlerweile auch seine engsten Vertrauten eine Erklärung. „Ich verstehe nicht, warum er nicht einfach Afrodo vor die Kamera zerrt und durch eine Gegenüberstellung von Afrodo und Mahong aller Welt zeigt, dass an den Mordgerüchten nichts dran ist“, sagte uns hinter vorgehaltener Hand Esra Lynchhausen. Winckelzug hingegen sträubt sich mit Nachdruck gegen diese Forderung: „Es gibt da überhaupt nichts zu erklären. Beide Halbkönige sind da, so dass wir insgesamt die eine Planstelle voll besetzt haben. Beide kommen ihrem Job nach, indem sie die Bevölkerung durch ihr exzentrisches Gebaren von der echten Politik ablenken. Wie überall gibt es auch bei unseren Monarchen eine Arbeitsteilung: Der eine gibt den Volksnahen, der andere den Unnahbaren. So, und jetzt ratet mal, welcher von beiden Afrodo ist. Und da das nun geklärt wäre können wir uns endlich wieder langweiligen Dingen zuwenden, zum Beispiel so banalen Dingen wie drohenden Kriegen in unserer Nachbarschaft.“

EILMELDUNG: EWIGE OPPOSITION FORDERT AUFHEBUNG VON WINCKELZUGS IMMUNITÄT

Querquell,  Hinterwald, 06. März 2012. Wie soeben bekannt wurde, beantragte der Führer der per Los ermittelten Opposition im Hinterwalder Parlament die Aufhebung der Immunität des Großkanzlers. Als Grund gab er an, dass auch ein Großkanzler mal krank werden müsse. Winckelzug selbst reagierte mit Unverständnis auf die Aktion: "Wenn es wenigstens um diese völlig alberne Behauptung gehen würde, dernach ich den König umgebracht habe. Aber so ist es der Neidreflex eines kränklichen Stubenhockers." Der Oppositionsführer betonte, dass er hoffe, den Großkanzler bald mit einer Erkältung oder Grippe darniederliegen zu sehen. In diesem Zuge könne man dann auch gleich "alles weitere bereinigen. Wenn Solon ein Gentleman wäre, würde er sich eine tödliche Krankheit zuziehen, dann wären wir von einem Augenblick auf den nächsten aller Sorgen ledig." Inwiefern diese Entwicklung Auswirkungen auf die Königsmord-Affäre haben wird, bleibt einstweilen noch abzuwarten. Schlimme Zeiten Hält Sie in jedem Fall auf dem Laufenden.

04. März 2012: Großkanzler in misslicher Lage

Querquell,  Hinterwald, 04. März 2012. Nach den gestern von Halbkönig Mahong III. erhobenen Vorwürfen gleicht das Großkanzleramt einer von Dunkeldeutschen umringten, belagerten Festung. Die intensiven Nachforschungen förderten weitere Unstimmigkeiten zutage.

So hat Afrodo I. seine Mahlzeiten seit dem 14. Januar nicht mehr angerührt, obwohl sie dreimal täglich in seine Gemächer gebracht wurden. "Wir haben bis jetzt keinen Anstoß daran genommen", so der Küchenchef des Palastes, "doch jetzt, wo das alles bekannt wird, wundern wir uns natürlich schon. Der Geruch der mittlerweile verschimmelten Speisen ist ja kaum auszuhalten. Da könnte man glatt eine Leiche überriechen, wenn man die Gemächer... oh, das bringt mich gerade auf einen Gedanken. Ohoh..." Die gestern eingeschalteten Ermittler des Reichskriminalamtes machten sich hierzu eifrig Notizen, ordneten bislang aber nur an, die Fenster des halbköniglichen Gemächer weit zu öffnen. Man wolle mit der Untersuchung erst beginnen, wenn keine akute Lebensgefahr bestehe.
Derweil tauchen noch andere Vorwürfe gegen Winckelzug auf. So habe seine Familie vor dreihundert Jahren ihren Landsitz auf Itz durch von Freunden geliehene Leibeigene errichten lassen. "Diese Art der Vorteilsnahme ist skandalös", so der Sprecher der per Losverfahren bestimmten Opposition im Hinterwalder Parlament. "Wir können es nicht dulden, dass solche Mauscheleien ungestraft bleiben, ganz egal, wie lange die Sache auch zurückliegt."
Großkanzler Winckelzug hingegen trat vor die Presse und erklärte, dass die ganze Sache völlig aus der Luft gegriffen sei. Dem Halbkönig gehe es gut, man brauche sich da keine Sorgen machen, er habe ihn erst gestern noch sprechen hören. Derzeit befinde er sich bei einem ausgedehnten Frühstück, wobei er höchstwahrscheinlich mit der Kaffeetasse ein Komplott gegen vierhebige Jamben schmiede. Im übrigen sei die Sache mit dem Landsitz derart absurd, dass er sich weigere auch nur darauf einzugehen.
Nur eine Viertelstunde später trat Halbkönig Mahong III., der während Winckelzugs Erklärung ebenfalls sein Frühstück zu sich genommen hatte, vor die Presse und ließ sein Volk folgendes wissen:

Wabbeldiwapp, der Kuchenkrümel muss geraucht werden! Da brat' mir doch einer... wenn ich nicht dabin. Sonst immer. Hab ich's euch nicht gesagt? Wo ist er denn nun? Trau keinem unter einer Decke, das gibt nur Ärger. Bis jetzt nur Ausflüchte. Wer ist eigentlich der Kollege des Kollegen? Wahrscheinlich der Gärtner. Es ist immer der Gärtner. Wohin das alles nur führen soll, wenn ich mal da bin. Seht ihr denn nichts? Alles eine Frage der Optik. Ich will einen Hirsch auf Rädern, sonst mach ich nicht mehr mit. Ich bin da!

Soweit Seine Halbmajestät, Mahong III. - Schlimme Zeiten hält sie über die weiteren Entwicklungen in dieser Affäre auf dem Laufenden.

Halbkönig verschwunden!

Mahong III. erhebt schwere Vorwürfe gegen Großkanzler Solon Winckelzug

Querquell,  Hinterwald, 03. März 2012. Hinterwalds Könige haben nur eine Pflicht: Anwesenheit. Dieser Aufgabe scheinen die beiden Halbkönige Mahong III. und Afrodo I. nun nicht mehr nachkommen zu können, denn offensichtlich wird Halbkönig Afrodo I. vermisst. Am heutigen Morgen gab Mahong III. im Foyer des königlichen Palastes eine alarmierende Erklärung ab, in der er Großkanzler Solon Winckelzug der Ermordung des anderen Halbkönigs beschuldigte:

Seine Halbmajestät Mahong III.
Bürger und Rasierspiegel meines Landes! Eine Katastrophe! Wir befinden uns nicht in Scoutopia, aber vielleicht direkt nebenan. Ich habe heute morgen Zwieback - das war schon was. Mein Kollege Halbkönig Afrodo I. ist weg! Wenn der Rasen nicht schleunigst gemäht wird, könnte man ihn nie wiederfinden. Auf Seite 33 ist ein schönes Bild. Ich bin doch da! Aber Afrodo I. ist weg. Mit einem Taschentuch ließe sich das beheben, aber Winckelzug hindert mich daran. Meine Schuhe könnten mal wieder geputzt werden, wenn wir genug Sonnenschein einkaufen. Der Großkanzler steckt dahinter. Der Zwieback war übrigens - das hättet ihr sehen sollen. Wurde bestimmt um die Ecke gebracht. Alle müssen sich in einer Reihe aufstellen, geordnet nach der Unterhosenfarbe. Alle wollen sparen, auch Solon. Wer braunes Glas in die Kiste für Gemüse legt, braucht niemals einen Spaten. Man muss ihn zur Rede stellen. Sofort nach dem Blumengießen.

Unmittelbar nach dieser Verlautbarung stürmten die versammelten Journalisten hinüber zum Großkanzleramt und baten nachdrücklich um eine Stellungnahme des Großkanzlers. Zunächst ruhig ließ er sich über Halbkönig Mahongs Anschuldigungen in Kenntnis setzen, wobei er sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte. Das geforderte Statement fiel überraschend knapp aus: "Mit Halbkönig Afrodo ist alles in bester Ordnung, darauf mein Wort."
Leider lehnte es der Großkanzler ab, auf die Frage nach dem aktuellen Aufenthaltsort des angeblich verschwundenen Halbkönigs konkret zu antworten. Mehr als ein "Bin ich etwa seine Anstandsdame? Der Kerl könnte mittlerweile überall sein" war Winckelzug nicht zu entlocken. Es bleiben daher mehr als nur vage Zweifel an der Behauptung des Großkanzlers. Die ersten Nachforschungen der segensreichen unabhängigen Presse ergaben, dass sich tatsächlich nirgendwo eine Spur des Vermissten finden lässt. Seine Gemächer im königlichen Palast scheinen der Staubschicht auf dem Boden und den Möbeln nach zu urteilen seit mehreren Monaten nicht benutzt worden zu sein. Zudem konnte sich keiner der Bediensteten daran erinnern, wann Afrodo I. zum letzten Mal gesehen wurde. Daher muss davon ausgegangen werden, dass an den Aussagen seiner Majestät Mahongs III. durchaus etwas Wahres ist - inklusive der Annahme, dass Winckelzug etwas damit zu tun hat.

08. Februar 2012: Die Irren von nebenan

Querquell,  Hinterwald, 08. Februar 2012. Der bis vor kurzem noch völlig unbekannte Zwergstaat  Republik Al-Tschak schiebt sich seit ein paar Tagen bedenklich in den Fokus der allgemeinen Aufmerksamkeit, und zwar vor allem mit unflätigen und leicht größenwahnsinnigen Kommentaren zu den aktuellen Entwicklungen in Luxusburg und im Franzoséland. Im Gespräch mit Schlimme Zeiten – Chefredakteurin Sara Thilozin diagnostizierte Großkanzler Solon Winckelzug Al-Tschak eine „anscheinend ziemlich unglückliche Kindheit, wie sonst wird man zu einem derart überheblichen Kotzbrocken – aber schreib das ja nicht auf.“

Wir wollten wissen, wie viel an dieser Sache dran ist und sprachen daher mit Pjotr Tschaschlik-Matt, dem Kanzler der Republik Al-Tschak. Leider konnten wir das Interview nur postalisch führen, da der werte Herr Kanzler ein direktes Gespräch abgelehnt hat. Daraus ergibt sich das Problem, dass einige berechtigte Zwischen- bzw. Anschlussfragen nicht gestellt werden konnten. Die reichlich merkwürdigen und gelinde gesagt ziemlich gefährlichen Ansichten zu Hauke Ackermann hätten wir einerseits gerne noch weiter hinterfragt, aber andererseits bietet sich hier großes Straßentheater – kaum jemand kann von sich behaupten, bei vollkommen unnötigem, aber unterhaltsamem politischem Selbstmord live dabei gewesen zu sein, wir schon.

SZ: Schwarz beginnt, weiß gewinnt – so oder so ähnlich lautet ja der Spruch. Wie sieht’s mit Ihnen und Ihrem Staatsoberhaupt aus, wer ist weiß wer ist schwarz?
Zunächst möchte ich Sie darauf hinweisen, dass nach den offiziellen Schachregeln, weiß beginnt, doch ich schweif ab. Unser Staatsoberhaupt König Aleksandr I zeigt sich oft als mächtig und prächtig.
Nun ist es so, dass ich die Staatsgewalt innehabe und somit ich die Gesetze mache. Aleksandr I ist nur eine Person, die das Volk sehen will. Er hat alle guten Eigenschaften für einen geliebten Herrscher.
SZ: Schach als Lebensinhalt und Staatsprinzip – das wirkt zunächst einmal reichlich undemokratisch, besonders dann, wenn man an die Bauern denkt. Ist ihr Land den Anforderungen einer liberalen, egalitären Welt gewachsen oder stecken Sie noch im Mittelalter fest?
Sie sind auch kein gebürtiger Tschakire! Die Bauern sind im Vergleich zu anderen Ländern reicher, da sie derzeit den ganzen Staat versorgen. Und noch besser: Ich habe schon ein Edikt abgegeben, worüber jetzt abgestimmt wird, dass Bauern Förderungen bekommen, somit macht die Mittel- und Oberschicht gute Geschäfte. Könnten sie sich einen Staat ohne Nahrung vorstellen. Außerdem liebt das Volk das System und es kam bisher nicht zu Protesten oder zumindest zu Forderungsbriefen!
SZ: In Sachen nationaler Identität stehen Sie ja in deutlicher Konkurrenz zu ihrem Nachbarn Russland – immerhin ist Schach dort Nationalsport. Müssen wir (also die Spiegelwelt) uns auf einen Kulturkampf zwischen David und Goliath einstellen?
Unsere Kultur ist und bleibt selbstständig. Mein König erwartet Exilrussische Einwanderer aus Luxusburg. Mit deren Geld werden wir Kunst- und Kulturstätten bauen und sorgen dafür, dass jeder davon profitiert. Russland wäre eigentlich schon vor einem Jahr gar erobert worden, wenn nicht dieser machtgeile Ackermann den Laden übernommen hätte. Ihren David-Goliath-Vergleich können Sie sich abschminken! Ich bleibe lieber bei unseren 32 Göttern.
SZ: Ihr Land legt ja vom Prinzip her ein Schwarz-Weiß-Denken nahe, was sich bezogen auf das internationale Mächteverhältnis als schwierig erweisen könnte. Wie sehen Sie selbst die Machtverhältnisse in der Spiegelwelt, stehen wir zwischen Weiß und Schwarz, zwischen Licht und Schatten, zwischen WSR und dem Ackermann-Imperium?
Ich denke, dass Ackermann zu stark geworden ist. Zwar hat er unsere Welt gerettet, doch dadurch kann man nicht verantworten die halbe Welt zu erobern! Ich hoffe, dass wir seine Macht irgendwann brechen werden, da wir sonst spätestens in 2 Jahren in einem Superreich befinden der von einem übermächtigen Despoten regiert. Dann seh' ich schwarz. Da hilft der WSR auch nicht.
SZ: Ihr Staatsoberhaupt legt einige Ambitionen an den Tag, was die zukünftige Rolle Al-Tschaks in der Spiegelwelt betrifft. Ihr König sympathisiert ganz offen mit gewissen Großmachtvorstellungen, was ihm bereits jetzt die Abneigung einiger Staatsoberhäupter eingebracht hat. Welche Rolle soll ihr Land ihrer Meinung nach zukünftig in der Spiegelwelt spielen?
Sie alle überschätzen den energischen Herrscher. Selbst, wenn er offen Russland den Krieg erklärt, dann wird es nicht zu einem kommen, da weder ich noch das Parlament darüber beraten haben. Ihr alle habt vergessen: ER IST NUR REPRÄSENTANT! Ihr müsst seine Meinung nicht ernst nehmen. Jedoch kann ich mich nicht offen beschweren, denn er kann mich jederzeit entmachten. Unser Land wird wahrscheinlich kein Krieg führen. Schaut doch unsere Streitmacht an. Die ist doch nicht ernstzunehmen! Aber wir werden die Vorstellungen unseres Herrschers früher oder später nachgehen müssen, da der König amsonsten mich entlässt und vielleicht einen zum Kanzler deklariert, der dieselben Vorstellungen wie er hat. Das wäre fatal.

Schlimme Zeiten bedankt sich herzlich für dieses Gespräch und wünscht dem tschakirischen Kanzler alles Gute - wir sind uns ziemlich sicher, dass er alle guten Wünsche ziemlich bald gut gebrauchen kann. Weil uns der Enthusiasmus gefällt, mit der hier jemand sein eigenes Grab schaufelt, haben wir leider ganz vergessen, den tschakirischen Kanzler auf gewisse Erlebnisse eines anderen Staatsoberhauptes hinzuweisen. Allerdings: Wir sind uns sicher, dass bald noch jemand davon zu berichten weiß.

Kurznachrichten

GENERAL DEMENTI TRITT VOR DIE PRESSE
Querquell,  Hinterwald
. Angesichts der allmählichen innenpolitischen Beruhigung der Lage in Hinterwald scheint der nunmehr wieder fest im Sattel sitzende Großkanzler Winckelzug die Initiative nicht verlieren zu wollen. Noch bevor auch nur ein Journalist auf den Gedanken kam, sich mit dem Verschwinden der 6. Literarischen Armee zu befassen, gab das Großkanzleramt gegen 15:00 ein umfassendes Generaldementi heraus, das nur aus den folgenden Sätzen bestand: "Egal, was ihr gehört haben solltet oder fragen wollt, ihr alle habt ein Abo auf die Ansage: 'Wir dementieren alles. Wir würden sogar leugnen, dass alles bestens ist, also versucht es gar nicht erst. Sprecht zu euren Zimmerpflanzen.'"

(10. 03. 2012)


BESUCH FÜR PUKKAD
Tatorth,  Apark
. Auf Bitten des kurdischen Parlamentskanzlers Janshed Kurkud gestattet die Hinterwalder Regierung eben diesem Kurden eine Reise nach Apark. Kurkud tritt die Reise mit der zwischen Apark und Kurdistan bestehenden Buchbahnverbindung an, um den derzeit auf der Robinson-Crusoe-Insel inhaftierten Samuel Pukkad aufzusuchen. Es wird damit gerechnet, dass Kurkud noch heute dort eintrifft und seine ach so wichtigen Unterredungen mit seinem Chef abhält. Nach Aussage Solon Winckelzugs sei man zuversichtlich, den Gast "schon morgen gegen 10:00 wieder nach Kurdistan zurückgebracht zu haben. Ich meine, was wollen die groß bequatschen? Pukkad kommt aus dieser Sache wohl kaum noch heraus, also soll er ruhig mit seinen Untergebenen sein politisches Testament besprechen. Ich bin mir sicher: Pukkad wird unser Dominion nicht mehr als Politiker oder Amtsträger in Kurdistan verlassen."

(02. 03. 2012)


Hinterwald - Hund abschaffen, selber bellen.



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