Kollagen
Kollagen-Tripelhelix
Masse/Länge Primärstruktur 3 × 200–1000 Aminosäuren
Sekundär- bis Quartärstruktur Tripelhelix
Präkursor Prokollagen-Polypeptidketten und Prokollagen
Isoformen 28 beim Menschen
Arzneistoffangaben
ATC-Code B02BC07, G04BX11, D11AX57
Wirkstoffklasse Faserprotein
Vorkommen
Übergeordnetes Taxon Gewebetiere

Kollagene (Vorstufe Tropokollagene; internationalisierte Schreibweise Collagene; Betonung auf der zweitletzten Silbe) sind eine Gruppe nur bei vielzelligen Tieren (einschließlich Menschen) vorkommender Strukturproteine (ein Faserbündel bildendes „Eiweiß“) hauptsächlich des Bindegewebes (genauer: der extrazellulären Matrix). Kollagene finden sich unter anderem in den weißen, unelastischen Fasern von Sehnen, Bändern, Knochen und Knorpeln. Auch Schichten der Haut (Unterhaut) bestehen aus Kollagenen.

Hintergrund

Nahaufnahme
Menschliche Haut
Nashornhaut

Im menschlichen Körper ist Kollagen mit über 30 % Anteil an der Gesamtmasse aller Proteine das am häufigsten vorkommende Eiweiß. Es ist ein wesentlicher organischer Bestandteil des Bindegewebes (Knochen, Zähne, Knorpel, Sehnen, Bänder) und der Haut. Seinen Namen erhielt das Kollagen (aus dem Griechischen: Leim erzeugend) ursprünglich aufgrund seiner früheren Nutzung als Knochenleim im Holzhandwerk. Es ist der Hauptgrundstoff für die Herstellung von Gelatine.

Kollagen besteht aus einzelnen langen Kollagenmolekülen (Proteinketten bzw. korrekterweise Aminosäureketten), die eine linksgängige Helix (ähnlich der Polyproline-II-Helix) ausbilden. Jeweils drei dieser Helices sind in einer rechtsgängigen Superhelix arrangiert, dem eigentlichen Kollagen. Diese Tripelhelix wird durch Wasserstoffbrücken zwischen den einzelnen Strängen stabilisiert.

Auffallend an der Primärstruktur (Aminosäuresequenz) des Kollagens ist, dass jede dritte Aminosäure Glycin ist. Ein in der Proteinfamilie der Kollagene häufig wiederholtes Sequenzmotiv ist Glycin-Prolin-Hydroxyprolin.

Kollagenfasern besitzen eine enorme Zugfestigkeit und sind kaum dehnbar. Die dichte Wicklung ist hierbei ausschlaggebend für die hohe Zugfestigkeit von Kollagenfasern.

Kollagene spielen in der Biomineralisation der Wirbeltiere eine entscheidende Rolle.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Kollagen Typ I gleichgesetzt mit „Kollagen“. Kollagen Typ I ist zwar mengenmäßig im Säugetier das bedeutendste Kollagen und durch seine Verwendung als Gelatine auch das Bekannteste, es existieren jedoch weitere Kollagentypen, die sich strukturell wesentlich vom Kollagen Typ I unterscheiden und andere wichtige biologische Funktionen wahrnehmen. Gelatine ist die denaturierte Form von fibrillärem Kollagen Typ I, II und/oder III und wird meist aus Schlachtabfällen gewonnen. Hierbei ist zu beachten, dass Kollagen Typ II vornehmlich im Knorpel vorkommt, Gemische von Kollagen Typ I und III stammen aus Sehnen, Bändern und der Haut.

Vorkommen

Funktionale Gene kollagener Strukturproteine finden sich bei allen Stämmen der vielzelligen Tiere, bei Schwämmen, Nesseltieren bis zu Säugetieren, hauptsächlich in deren extrazellulären Matrix und im Bindegewebe. Kollagene treten bei anderen Organismen wie Pilzen, Pflanzen oder Einzellern nicht auf.

Aufbau

Kollagenmolekül

Die Polypeptidketten des Kollagens werden einzeln durch die Ribosomen des rauen Endoplasmatischen Retikulums synthetisiert. Als Kollagenmolekül oder Tropokollagen werden nur tripelhelikale Moleküle der extrazellulären Matrix (EZM) bezeichnet. Sie haben gemeinsam, dass sie aus drei Polypeptidketten aufgebaut sind. Diese liegen jeweils in linksgängigen Kollagen-Helices (α-Ketten, nicht zu verwechseln mit den rechtsgängigen α-Helices) vor und sind gemeinsam in Form der charakteristischen rechtshändigen Tripelhelix umeinander gewunden. Jede einzelne Kollagen-Helix kann in Abhängigkeit vom Kollagentyp aus 600 bis 3000 Aminosäuren zusammengesetzt sein und ist mit großen Domänen ausgestattet, die aus sich wiederholenden (repetitiven) G-X-Y-Sequenzen aufgebaut sind.

Somit befindet sich an jeder dritten Position ein Glycin (G)-Rest. Glycin als die kleinste Aminosäure passt ideal in die Tripelhelix mit ihren sehr engen Windungen. Die Aminosäure Prolin ist sehr häufig an Position X zu finden. Prolin fungiert hier aufgrund seiner starren Ringstruktur als „Ecke“ in der Polypeptidkette und unterstützt die Ausbildung von engen Windungen innerhalb der Tripelhelix. 4-Hydroxyprolin ist überwiegend an Position Y lokalisiert und stabilisiert die Tripelhelix über Wasserstoffbrücken zwischen benachbarten Polypeptidketten. Durch die Verwendung von Glycin, Prolin und Hydroxyprolin wird die Rotation der Polypeptidkette begrenzt und den engen Raumbedingungen innerhalb der Tripelhelix Rechnung getragen.

Strukturebene molekularer Bereich
Primärstruktur (= Sequenz) Polypeptidketten mit repetitiven G-X-Y-Sequenzen
Sekundärstruktur linksgängige Kollagen-Helices (α-Ketten)
Tertiärstruktur rechtsgängige Tripelhelix aus 3 Polypeptidketten (Tropokollagen Ø1,5 nm)
Quartärstruktur Mikrofibrillen Ø20–40 nm, Fibrillen Ø300–500 nm, Fasern Ø4–12 μm

Das Vorkommen von Hydroxylysin neben Hydroxyprolin ist ebenfalls charakteristisch für Kollagen. Hydroxylysin bildet die Voraussetzung für die Ausbildung kovalenter Quervernetzungen, womit die einzelnen Tripelhelices innerhalb der Kollagenfibrillen räumlich fixiert werden können.

Kollagenfibrille

In den Fibrillen sind benachbarte Kollagenmoleküle nicht bündig angeordnet, sondern um 67 nm, d. h. um etwa ein Fünftel ihrer Länge, gegeneinander versetzt. Diese Anordnung hat zur Folge, dass auf elektronenmikroskopischen Aufnahmen von Metall-kontrastierten Kollagenfibrillen eine Querstreifung zu sehen ist. Es entsteht ein charakteristisches Bänderungsmuster, das sich alle 67 nm (234 Aminosäuren) wiederholt und als D-Periode bezeichnet wird. Dadurch werden die α-Ketten in vier homologe Bereiche D1–D4 unterteilt. Die in einer D-Einheit auftretenden Banden werden mit a–e bezeichnet. Die Kollagen-Fibrillen sind geordnete Polymere, die im ausgereiften Gewebe viele Mikrometer lang werden können. Sie sind oft zu größeren, kabelartigen Bündeln, den Kollagenfasern, zusammengefasst. Bei Sehnen betragen die Kollagen Typ I Fibrillendurchmesser 50–500 nm, in der Haut 40–100 nm und in der Kornea (Hornhaut des Auges) 25 nm. Die Fibrillogenese des Kollagens wird oftmals durch kleine leucinreiche Proteoglykane reguliert, so dass in den entsprechenden Geweben Fibrillen mit definiertem Durchmesser und definierter Anordnung entstehen können.

Strukturaufklärung

Das heutige Bild der Kollagen-Tripelhelix und die räumliche Einordnung der Aminosäurereste und ihrer Wasserstoffbrücken untereinander geht maßgeblich auf die Röntgen-kristallographischen Arbeiten der indischen Wissenschaftler G. N. Ramachandran und Gopinath Kartha zurück (1954).

Wesentliche Aufklärung (die gesamte Primärstruktur des Typ I Kollagens sowie die Makrostrukturen der Typen IV und VI) leistete das ehemalige Max-Planck-Institut für Eiweiß- und Lederforschung in München (1956 zur Aufklärung des Bindegewebes durch Sponsoring der Lederindustrie gegründet) ab 1966 unter der Leitung von Klaus Kühn (nach Institutsverlegung am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried).

Biosynthese

Kollagen wird hauptsächlich in Fibroblasten, Chondroblasten, Osteoblasten und Odontoblasten hergestellt, jedoch wird Kollagen auch in vielen anderen Zelltypen synthetisiert. Am besten untersucht ist die Biosynthese des Kollagens in Fibroblasten. Fibroblasten besitzen ein ausgedehntes raues endoplasmatisches Retikulum und einen gut entwickelten Golgi-Apparat, um an der Sekretion der Kollagene in die extrazelluläre Matrix teilnehmen zu können. Fibroblasten stellen Kollagen de novo her und sezernieren es in die extrazelluläre Matrix. Außerdem sind Fibroblasten in der Lage, Kollagen mithilfe von Enzymen, den sogenannten Kollagenasen, abzubauen.

1. Transkription: Bislang sind 42 Gene bekannt, die sich an der Biosynthese von Kollagen beteiligen und für 28 verschiedene Kollagentypen codieren. Jedes Gen codiert für eine bestimmte mRNA-Sequenz und der Genname enthält typischerweise COL als Präfix. Die Synthese wird durch die Aktivierung von bestimmten Genen gestartet, die für die Bildung von bestimmten α-Peptiden zuständig sind. Hauptsächlich sind dies die α-Peptide α1, α2 oder α3.

2. Translation: Sobald die mRNA vom Zellkern in das Cytoplasma gelangt, verbindet sich die mRNA zur Translation mit den ribosomalen Untereinheiten zur Bildung von Präpro-α-Ketten (auch Präpropeptid genannt). Diese Präpro-α-Ketten enthalten am N-Terminus eine Signalsequenz. Diese Signalsequenz wird durch ein Signalerkennungspartikel am rauen endoplasmatischen Retikulum (ER) erkannt, sodass die Kette in das Lumen des rauen ER gelangen kann.

3. Präpro-α-Kette zum Prokollagen: Drei Modifikationen der Präpro-α-Kette sind zur Bildung einer α-Kette nötig. Danach folgt die Tripelhelixbildung dreier α-Ketten zum Prokollagen.

  1. Abspaltung der Signalsequenz: Die Signalsequenz am N-Terminus der Präpro-α-Kette wird durch Signalpeptidasen abgespalten und es entsteht eine Pro-α-Kette, die mit N- und C-terminalen Propeptiden versehen ist.
  2. Hydroxylierung: Im Endoplasmatischen Retikulum werden an einzelne Prolin- und Lysin-Reste entstehender oder bereits entstandener Polypeptidketten OH-Gruppen angehängt (Hydroxylierung). Ascorbinsäure (Vitamin C) ist ein wichtiger Cofaktor bei der Hydroxylierung der Aminosäuren Prolin zu Hydroxyprolin durch das Enzym Prolyl-4-Hydroxylase (EC 1.14.11.2) und Lysin zu Hydroxylysin durch das Enzym Lysylhydroxylase (EC 1.14.11.4). Hydroxyprolin kommt die Funktion zu, über Wasserstoffbrücken zwischen benachbarten Kollagen-Polypeptidketten die Tripelhelix innerhalb eines Kollagenmoleküls zu festigen. Hydroxylysin dient der Verankerung von kovalenten Quervernetzungen zwischen Kollagenmolekülen. Bei fehlender Hydroxylierung werden nur schadhafte Kollagenmoleküle gebildet, die ihrer Funktion als Strukturprotein nicht nachkommen können. Hierbei ist anzumerken, dass nahezu alle Symptome der Ascorbinsäure-Mangelerkrankung Skorbut auf die fehlerhafte Biosynthese des Kollagens zurückzuführen sind.
  3. Glycosylierung: Schließlich erfolgt meist eine Glycosylierung mancher Lysinreste durch die Prokollagen-Galactosyltransferase (EC 2.4.1.50) oder die Prokollagen-Glucosyltransferase (EC 2.4.1.66) oder weitere Glycosylierungsenzyme. Eine Kollagen-α-Kette wurde synthetisiert.
  4. Tripelhelixbildung: Durch Ausbildung von Disulfidbindungen zwischen den C-terminalen Propeptiden mithilfe einer Proteindisulfid-Isomerase (EC 5.3.4.1) wird die Tripelhelixbildung eingeleitet. Drei α-Ketten formieren dabei über Wasserstoffbrücken ein dreisträngiges Helixmolekül, das Prokollagen.

4. Prokollagen-Sekretion und Transport zum Golgi-Apparat: Aufgrund der Größe von Prokollagen-Molekülen (ca. 300 nm) passen sie nicht in die normalen COPII-Vesikel (50–90 nm) des endoplasmatischen Retikulums hinein. Um den Transport zu ermöglichen, wird eine Kopie des Proteins Ubiquitin durch das Enzym CUL3–KLHL12 an SEC31 des Proteinkomplexes SEC13–SEC31 gebunden, sodass die Größe der Transportvesikel modifiziert werden kann. Außerdem beteiligt sich das Transmembranprotein TANGO1 an der Koordination der Prokollagen-Sekretion. Nachdem das Prokollagen in den modifizierten Transportvesikeln verpackt worden ist, ist der Transport zum Golgi-Apparat möglich.

5. Modifikation im Golgi-Apparat: Die letzte posttranslationale Modifikation am Prokollagen erfolgt im Golgi-Apparat durch das Anhängen und die Modifikation von Oligosacchariden. Welche Enzyme für die Modifizierung von N-terminusgebundenen Oligosacchariden verantwortlich sind, hängt vom Ort der posttranslationalen Modifikation im Golgi-Apparat ab. Im Folgenden sind die Enzyme für die jeweiligen Bereiche des Golgi-Apparats tabelliert:

Bereich des Golgi-Apparats Enzym
cis α-Mannosidase I
medial N-Acetylglucosaminyl-Transferase I
medial α-Mannosidase II
medial N-Acetylglucosaminyl-Transferase II
medial Fucosyltransferase
trans Galactosyltransferase
trans Sialyltransferase

6. Transport vom Golgi-Apparat zur Plasmamembran und anschließende Exozytose in die extrazelluläre Matrix: Die sekretorischen Vesikel, die sich an der trans-Seite des trans-Golgi-Netzwerks abschnüren, bezeichnet man als Golgi to plasma membrane carrier (GPC). In den GPC wird das Prokollagen zur Plasmamembran, genauer gesagt zu den Vorwölbungen der Plasmamembran, sogenannte Fibripositoren, transportiert. Die tripelhelikalen Kollagenmoleküle werden aus der Zelle entlassen. Die Abgabe der Moleküle in den extrazellulären Raum erfolgt durch Exozytose mit der Basis der Fibripositoren, woran die Glycosylbestandteile beteiligt zu sein scheinen.

7. Bildung des Tropokollagens: Unmittelbar nach der Abgabe aus der Zelle werden die Propeptide mit Hilfe von Prokollagen-Peptidasen abgespalten. Dabei ist das Enzym Prokollagen-N-Endopeptidase (EC 3.4.24.14) bei der Abspaltung aminoterminaler Sequenzen erforderlich, während das Enzym Prokollagen-C-Endopeptidase (EC 3.4.24.19) carboxyterminale Prokollagen-Sequenzen abspaltet. Es kommt zur Bildung des Tropokollagens.

8. Fibrillogenese: Nach Abspaltung der Prokollagenpeptide lagern sich einzelne Tropokollagen-Moleküle zu Kollagenfibrillen zusammen (Fibrillogenese). Andere Moleküle können sich an die Fibrillen anlagern und somit den Fibrillendurchmesser anpassen. Dazu gehören die sogenannten small leucine-rich repeat proteoglycans (SLRPs), zu denen beispielsweise Decorin, Fibromodulin und Lumican gehören.

9. Quervernetzung: Nachdem sich einzelne tripelhelikale Tropokollagenmoleküle um ein Fünftel ihrer Länge versetzt aneinander gelagert haben, erfolgen kovalente Quervernetzungen über erst umzuwandelnde nahestehende Hydroxylysinreste, womit die räumliche Anordnung dauerhaft fixiert wird. Die (intrazellulär durch die Lysylhydroxylase entstandenen) Hydroxylysinreste werden durch die Lysyloxidase (EC 1.4.3.13) zu Allysin oxidiert. Die beiden benachbarten Allysinreste gehen eine Aldolkondensation ein, womit diese Nachbarschaft durch eine dauerhafte Quervernetzung fixiert ist. Es kommt zur Bildung von quervernetzten Kollagenfibrillen.

10. Bildung von Kollagenfasern: Viele derartig kovalent stabilisierte Kollagenfibrillen bilden schließlich Kollagenfasern, welche die Grundstruktur der extrazellulären Matrix aller Gewebetiere darstellen.

Kollagentypen

Die Kollagene werden in mehrere Untergruppen unterteilt. 28 verschiedene Kollagentypen sind bekannt (Typ I bis XXVIII) sowie mindestens zehn weitere Proteine mit kollagenähnlichen Domänen. In der folgenden Zusammenstellung sind die bislang bekannten Mitglieder der Kollagenfamilie aufgeführt.

TypBeschreibungGen(e)Krankheiten
IBei Säugetieren ist Kollagen Typ I, ein fibrilläres Kollagen, der häufigste Kollagentyp und kommt in Haut, Sehnen, Faszien, Knochen, Gefäßen, inneren Organen und im Dentin vor.COL1A1, COL1A2Osteogenesis imperfecta Typ I–IV, Ehlers-Danlos-Syndrom (klassisch, Arthrochalasie), Infantile kortikale Hyperostose
IIfibrillär; Strukturprotein des hyalinen und elastischen Knorpels; 50 % aller Proteine des Knorpels bestehen aus Kollagen Typ II; Bestandteil des GlaskörpersCOL2A1Hypochondrogenesie, Achondrogenesie Typ II, Stickler-Syndrom, Kongenitale Spondyloepiphysäre Dysplasie, Spondyloepimetaphysäre Dysplasie Typ Strudwick, Kniest-Dysplasie
IIIfibrillär; Bestandteil des Granulationsgewebes und der retikulären Fasern; ebenfalls Bestandteil der Gefäßwände, inneren Organe, Haut, Uterus und HornhautCOL3A1Akrogerie, Ehlers-Danlos-Syndrom (vaskulär)
IVBestandteil der Basallamina und der Augenlinse; dient ebenfalls als Teil des Filtrationssystems in Kapillaren und der Glomeruli des NephronsCOL4A1, COL4A2, COL4A3, COL4A4, COL4A5, COL4A6Alport-Syndrom, Goodpasture-Syndrom, Nephropathie vom Typ der dünnen Basalmembran
Vfibrillär; Bestandteil des Interstitiums, Plazentagewebe und der dermoepidermalen Junktionszone; meistens mit Zwischengewebe, die Kollagen Typ I beinhalten, assoziiertCOL5A1, COL5A2, COL5A3Ehlers-Danlos-Syndrom (klassisch, hypermobil)
VIOrganisation verschiedener Komponenten in der extrazellulären Matrix; Aufrechterhaltung der Integrität der verschiedenen Geweben; meistens mit Gewebe, die Kollagen Typ I beinhalten, assoziiertCOL6A1, COL6A2, COL6A3, COL6A5Kongenitale Muskeldystrophie Typ Ullrich, Bethlem-Myopathie, Atopisches Ekzem
VIIbildet Ankerfibrillen in der dermoepidermalen JunktionszoneCOL7A1Epidermolysis bullosa dystrophica, Bart-Syndrom
VIIIkurzkettig; integraler Bestandteil der subendothelialen Schicht von Bindegewebszellen in Blutgefäßen und der Descemet-Membran der Hornhaut; Migration und Proliferation von glatten Muskelzellen in der Tunica media der BlutgefäßeCOL8A1, COL8A2Hintere-polymorphe-Hornhautdystrophie, Fuchs-Endotheldystrophie 1
IXFACIT1; Bestandteil des hyalinen Knorpels und des Glaskörpers; meistens mit Gewebe, die Kollagen Typ II und XI beinhalten, assoziiertCOL9A1, COL9A2, COL9A3Multiple epiphysäre Dysplasie (Typ 2,3 und 6)
Xkurzkettig; Bestandteil von Chondrozyten in der hypertrophen ZoneCOL10A1Metaphysäre Chondrodysplasie Typ Schmid, Spondylometaphysäre Dysplasie Typ Sutcliffe
XIfibrillär; Bestandteil des KnorpelsCOL11A1, COL11A2Stickler-Syndrom Typ 2, Marshall-Syndrom, Weissenbacher-Zweymüller-Phänotyp, Oto-spondylo-megaepiphysäre Dysplasie
XIIFACIT, Interaktion mit Kollagenfibrillen Typ I, Decorin and GlykosaminoglykanenCOL12A1Bethlem-Myopathie 2, Kongenitale Muskeldystrophie Typ Ullrich 2
XIIIMACIT2; interagiert mit Integrin α1β1, Fibronectin und anderen Bestandteilen der Basalmembran wie Nidogen-2 und Perlecan; ist in der Zell-Matrix-Verbindung und in der Zelladhäsion involviert; Verknüpfung der Muskelfaser mit der BasalmembranCOL13A1Kongenitales myasthenes Syndrom Typ 19
XIVFACIT; auch als Undulin bekannt; spielt eine Rolle bei der adhäsiven Integration von Kollagenfaszikeln; ist während der embryonalen Entwicklung in der Basalmembran präsentCOL14A1
XVMultiplexin; ist in der Lage, die Basalmembran mit dem lockeren Bindegewebe zu verbinden; stabilisiert Mikrogefäße und Muskelzellen im Herz und im Skelettmuskel; kann die Angiogenese inhibierenCOL15A1
XVIFACIT; in der Zelladhäsion involviert und induziert Integrin-vermittelte zelluläre Reaktionen, wie die Proliferation; fördert die Lebensdauer von intestinalen subepithelialen Myofibroblasten (engl. intestinal subepithelial myofibroblasts, ISEMF) in der DarmwandCOL16A1
XVIIMACIT; spielt eine wichtige Rolle in der Integrität von Hemidesmosomen und in der Besfestigung von Keratinozyten an die darunterliegende Basalmembran; fördert die Invasion von extravillösen Trophoblasten während der Entwicklung der PlazentaCOL17A1Bullöses Pemphigoid, Epidermolysis bullosa junctionalis
XVIIIMultiplexin; Aufrechterhaltung der Netzhautstruktur und Schließung des Neuralrohrs; ein Spaltprodukt des Kollagen XVIII ist das Endostatin mit einer Molekülmasse von 20 kDaCOL18A1Knobloch-Syndrom Typ 1
XIXFACIT; befindet sich meistens in der vaskulären, neuronalen, mesenchymalen und in der epithelialen Basalmembran; Querbrücke zwischen Fibrillen und anderen extrazellulären MatrixmolekülenCOL19A1
XXFACIT; befindet sich meistens in der Epithelschicht der Hornhaut, der embryonalen Haut, dem Schwertfortsatz und in der SehneCOL20A1
XXIFACIT; ist eine extrazelluläre Matrixkomponente der Blutgefäßwand, das von glatten Muskulaturzellen sekretiert wirdCOL21A1
XXIIFACIT; beteiligt sich an der Zelladhäsion von Liganden in mehrschichtigen Epithelien und in FibroblastenCOL22A1
XXIIIMACIT; befindet sich in der Epidermis und in anderen Epithelien wie in der Zunge, Darm, Lunge, Gehirn, Niere und Hornhaut; interagiert mit Integrin α2β1COL23A1
XXIVhauptsächlich im Knochengewebe exprimiertCOL24A1
XXVMACIT; fügt amyloide Fibrillen mit Protease-resistenten Aggregaten zusammen und kann Heparin bindenCOL25A1
XXVIwird oftmals mit der Bildung von Nasenpolypen in der Nasenhöhle assoziiertCOL26A1
XXVIIbefindet sich in der Basalmembran der Keratinozyten in Hemidesmosomen Typ I, das im Wesentlichen als Adhäsionsmolekül und Oberflächenrezeptor auch in mehrschichtigen Epithelien fungiertCOL27A1
XXVIIIbefindet sich hauptsächlich im Ischiasnerv und an der Basalmembran einiger Schwann-Zellen; integraler Bestandteil des Ranvier-Schnürrings und umgibt nicht-myelinisierte GliazellenCOL28A1
1 
FACIT: Fibril Associated Collagens with Interrupted Triple helices
2 
MACIT: Membrane Associated Collagens with Interrupted Triple Helices

Aufbau des Kollagens Typ I

Die drei Kollagen-Polypeptidketten sind im Falle von Kollagen Typ I die α-Ketten, [α1(I)2α2(I)], die sich zu einer Tripelhelix umeinander winden. Das Gen der α1-Kette von Kollagen Typ I besteht aus 50 Exons, von denen über die Hälfte eine Länge von 54 Basenpaaren (bp) oder das zwei- bis dreifache dieser Länge besitzen. Sie codieren für die Sequenz (G-X-Y)6 oder ein Vielfaches davon.

Nutzung

Ernährung und Futterstoffe

In Deutschland werden jährlich etwa 32.000 t Gelatine in Speisequalität hergestellt, die europäische Gesamtproduktion beträgt 120.000 t (70 % Schweineschwarten, 18 % Knochen, 10 % Rinderspalt, 2 % Sonstige). Verwendet werden in Deutschland etwa 90.000 t, wobei 2/3 auf den Ernährungsbereich und von dem Rest etwa die Hälfte auf den Futtermittelbereich entfallen.

Daneben wird Kollagen für die Herstellung von Kunstdärmen, die als Wursthülle dienen, benutzt.

Pharma

Etwa 15.000 t werden in der chemischen und pharmazeutischen Industrie verarbeitet. Dabei stellen Umhüllungen von Tabletten und Vitaminpräparaten (Hart- und Weichkapseln) sowie Gelatinezäpfchen die Haupteinsatzbereiche in der Pharmaindustrie dar. Außerdem wird Gelatine für blutstillende Schwämmchen sowie als Blutplasma-Ersatz eingesetzt.

Kollagen wird außerdem in der regenerativen Medizin als Nährmedium in der Gewebezüchtung benutzt. Damit können beispielsweise Hautersatzmaterialien für schwere Verbrennungen hergestellt werden.

Kosmetik

Kollagen findet seit vielen Jahren auch in der Kosmetik Anwendung und soll dort hauptsächlich zur Minderung von Hautalterung, dem Anti-Aging, dienen.

Eine investigative Reportage des Guardian konnte 2023 zeigen, dass Produzenten weltweit Kollagen von Kühen verkaufen, die auf Farmen gehalten werden, welche für die Abholzung des Regenwaldes verantwortlich sind.

Kollagen-Cremes gehören zu den Bestsellern auf dem Kosmetikmarkt. Allerdings kann das enthaltene Kollagen nicht in die Haut eindringen, da seine Fasern zu lang sind. Studien konnten bisher nicht zeigen, dass kürzere Fasern (Peptide) in die Haut eindringen können. Neben Cremes werden auch Supplemente zur oralen Einnahme verkauft. Bislang wurden die meisten, wenn nicht alle, Studien zu Kollagen von Industrien finanziert, welche durch den Verkauf von Kollagenprodukten Vorteile hätte. Daher kann kein unabhängiges Urteil über die Effektivität von Kollagen getroffen werden.

Zur Behandlung von Falten oder Runzeln wird Kollagen als Faltenunterspritzung gelegentlich in die Haut injiziert.

Technik

In der analogen Fotografie stellt Gelatine die Basis für die fotoempfindlichen Schichten auf dem Film und dem Fotopapier. Auch moderne Druckerpapiere zum Ausdrucken von Farbbildern sind mit Gelatine beschichtet.

Leder

Vernetzte Kollagenfasern bilden die Struktur von Leder und geben ihm seine Zugfestigkeit. Mit Hilfe von Gerbstoffen werden bestimmte Eigenschaften wie Flexibilität und Resistenz gegen Zersetzung durch Mikroorganismen erreicht.

Gewinnung

Kollagen wird vor allem in Form der Gelatine genutzt, die aus Rinderspalt, Schweineschwarten sowie Knochen von Rindern und Schweinen gewonnen wird. Nach dieser Herstellungsmethode kann das Kollagen denaturiert vorliegen und verunreinigt sein. Diese Form kann somit ungeeignet für manche Anwendungen sein. Rein synthetisches Kollagen kann beispielsweise über biotechnologische Prozesse mittels genetisch modifizierten Mikroorganismen hergestellt werden.

Siehe auch

Literatur

  • Shirley Ayad, Ray P. Boot-Hanford, Martin J. Humphries, Karl E. Kadler, C. Adrian Shuttleworth: The Extracellular Matrix FactsBook. 2nd edition. Academic Press (Harcourt Brace & Company), San Diego CA u. a. 1998, ISBN 0-12-068911-1, S. 43 ff.
  • Jürgen Brinckmann, Holger Notbohm, Peter K. Müller (Hrsg.): Collagen. Primer in Structure, Processing and Assembly (= Topics in Current Chemistry. Bd. 247). Springer, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-23272-9.
Commons: Kollagen – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kollagen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Hermann Ehrlich: Chitin and collagen as universal and alternative templates in biomineralization. In: International Geology Review. Band 52, Nr. 7-8, 30. April 2010, S. 661–699, doi:10.1080/00206811003679521 (englisch).
  2. Aaron L. Fidler u. a.: A unique covalent bond in basement membrane is a primordial innovation for tissue evolution. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 111, Nr. 1, 2014, S. 331–336. doi:10.1073/pnas.1318499111.
  3. Jason W. Holland u. a.: A novel minicollagen gene links cnidarians and myxozoans. In: Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences. Band 278, Nr. 1705, 2011, S. 546–553. doi:10.1098/rspb.2010.1301.
  4. Richard P. Tucker, Josephine C. Adams: Adhesion networks of cnidarians: A postgenomic view. In: Kwang W. Jeon (Hrsg.): International Review of Cell and Molecular Biology. Academic Press. Band 308, Kapitel 8, 7. Januar 2014, S. 323–377. doi:10.1016/B978-0-12-800097-7.00008-7.
  5. Klaus Kühn: Struktur und Biochemie des Kollagens. In: Chemie in unserer Zeit. Band 8, 1974, S. 97–103. doi:10.1002/ciuz.19740080402.
  6. Gregory D. Cramer, Susan A. Darby: Basic and Clinical Anatomy of the Spine, Spinal Cord. Elsevier Health Sciences, 2005, ISBN 978-0-323-07142-0, S. 580 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Gerhard Meisenberg, William H. Simmons: Principles of Medical Biochemistry E-Book. Elsevier Health Sciences, 2011, ISBN 978-0-323-08107-8, S. 212.
  8. Hao Wang, Branko Stefanovic: Role of LARP6 and Nonmuscle Myosin in Partitioning of Collagen mRNAs to the ER Membrane. In: PLoS One. 9(10) 2014, PMID 25271881, doi:10.1371/journal.pone.0108870.
  9. U. Lindert, M. Gnoli, M. Maioli, M.F. Bedeschi, L. Sangiorgi, M. Rohrbach, C. Giunta: Insight into the Pathology of a COL1A1 Signal Peptide Heterozygous Mutation Leading to Severe Osteogenesis Imperfecta. In: Calcified Tissue International. 102(3) März 2018, S. 373–379, doi:10.1007/s00223-017-0359-z.
  10. J. Myllyharju: Prolyl 4-hydroxylases, the key enzymes of collagen biosynthesis. In: Matrix Biology. Band 22, Nummer 1, März 2003, S. 15–24, PMID 12714038 (Review).
  11. Sakari Kellokumpu, Raija Sormunen, Jari Heikkinen, Raili Myllylä: Lysyl Hydroxylase, a Collagen Processing Enzyme, Exemplifies a Novel Class of Luminallyloriented Peripheral Membrane Proteins in the Endoplasmic Reticulum. In: The Journal of Biological Chemistry. 269(148) 2. Dezember 1994, S. 30524–30529, (PDF).
  12. Richard Harwood, Michael E. Grant, David S. Jackson: Studies on the glycosylation of hydroxylysine residues during collagen biosynthesis and the subcellular localization of collagen galactosyltransferase and collagen glucosyltransferase in tendon and cartilage cells. In: Biochemical Journal. 152, 1975, S. 291, doi:10.1042/bj1520291.
  13. David J. Stephens: Collagen secretion explained. In: Nature. 482, 2012, S. 474, doi:10.1038/482474a.
  14. R. Kornfeld, S. Kornfeld: Assembly of Asparagine-Linked Oligosaccharides. In: Annual Review of Biochemistry. 54, 1985, S. 631, doi:10.1146/annurev.bi.54.070185.003215.
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