Sprites und 3D-Modelle
Pikachu im Wandel der Zeit |
Als Sprites werden allgemein zweidimensionale Grafikobjekte innerhalb eines Videospiels bezeichnet, die nicht zum Hintergrund gehören. Dazu zählen vor allem Charaktere, Objekte und visuelle Effekte. Ursprünglich bezeichnet der englische Begriff „sprite“ jedoch ein Geistwesen, meistens einen Naturgeist. Die Sprites, die die Vorderseite eines Wesens oder Dings zeigen, werden meist „Frontsprites“ und die, die die Rückseite zeigen, „Backsprites“ genannt.
Innerhalb der Pokémon-Fangemeinde hat sich dieser Begriff vor allem für die Grafiken der Pokémon, Trainer und Items innerhalb von Kämpfen, dem Pokédex und den Status-Bildschirmen durchgesetzt. Im Laufe der Entwicklung des Pokémon-Franchise wurden diese Sprites, deren Hauptcharakteristikum auch darin besteht, zweidimensional und sehr niedrig auflösend zu sein – weshalb sie durchaus als Pixel-Art
Dieser Artikel soll die Entwicklung der Pokémon-Sprites der Hauptreihe bis hin zum 3D-Modell mit Hilfe einiger Beispiele darstellen.
Erste Generation
Die Gestaltung der Pokémon-Sprites der ersten Spielgeneration wurde stark durch die technischen Beschränkungen des Nintendo Game Boys bestimmt. So waren sie in ihren Abmessungen von 56x56 Pixeln noch verhältnismäßig klein und jeder Sprite verfügte über maximal vier Schattierungen. Diese Schattierungen konnten vom herkömmlichen Game Boy lediglich als Abstufungen des immer gleichen Farbtons dargestellt werden. Mit Hilfe der Super Game Boy-Module
Links: R JG Mitte: RB Rechts: G |
Neben den technischen Details fällt dem Betrachter ebenso auf, dass die Darstellungen der Pokémon auf den meisten Bildern von ihren offiziellen Artworks abweichen. So zeigen sich auffallend überproportionierte Körperteile, ungewohnte Posen oder manchmal gar ganze Design-Elemente, die später verworfen wurden. So nahmen zum Beispiel Lavados’ Flügel mit dem Erscheinen der Pokémon Special Pikachu Edition ihre finale Form in den Spielen an. So offenbart sich noch in den fertigen Spielen der ersten Generation der Entstehungsprozess der Anfänge des gesamten Franchise und die Fortschritte der Macher im Grafik-Design.
Die Backsprites der Pokémon weisen dieselben technischen Eigenschaften wie die Frontsprites auf mit dem Unterschied, dass die dabei um 100% hochskaliert wurden, wodurch sie weniger hoch aufgelöst wirken. Dazu kommt, dass sie meist nur einen kleinen Teil des Pokémon zeigen und sie nach unten hin abgeschnitten werden. Sie sind in allen Editionen dieser Generation gleich.
Zweite Generation
Mit dem Erscheinen der Goldenen und Silbernen Editionen wurde die zweite Spielgeneration eingeläutet und mit ihr, und durch die verbesserte Leistung des Game Boy Color, neue Möglichkeiten der Sprite-Gestaltung. Zwar änderte sich die Größe der Sprites in dieser Generation noch nicht, doch wurde die Farbpalette deutlich erweitert. Pro Sprite waren neben den Grundfarben Schwarz und Weiß nun bis zu zwei Farbtöne möglich, was eine deutlichere Darstellung der Pokémon ermöglichte. Doch wenn ein Sprite zwei unterschiedliche Farbtöne annahm, musste er auf eine Farbschattierung verzichten. Durch den gekonnten Einsatz von Pixelübergängen im Schachbrettmuster wurde dies jedoch ausgeglichen und somit den Grafiken mehr Volumen geben.
Normal & Schillernd |
Um den Spielern die Möglichkeiten der neuen Konsole zu verdeutlichen, wurden vermutlich auch die schillernden Pokémon kreiert. Diese sind besonders seltene Vertreter ihrer Spezies, die einen meist völlig anderen Farbton als ihre Artgenossen aufweisen. Die erweiterte Farbdarstellung des Game Boy Color machte dies möglich und die schillernden Pokémon sind seit dem nicht mehr aus den Pokémon-Editionen wegzudenken.
Stilistisch entsprechen die Sprites der zweiten Generation nun deutlich mehr ihren offiziellen Artworks. Lediglich vereinzelt traten noch falsche Farbtöne oder abweichende Proportionen und Merkmale in ihnen auf, die in der Kristall-Edition jedoch behoben wurden.
Raikou in G im Vergleich zu K |
Die Kristall-Edition war jedoch auch die Premiere einer Neuerung, die die Mehrheit der kommenden Spiele prägen sollte: Animation. Zum ersten Mal war es möglich, dass Pokémon-Sprites zu Beginn eines Kampfes animiert werden konnten. Dazu wurde eine Bilderfolge von 2 bis 14 Bildern pro Sprite benutzt, die teils mehrfach in einer Animationssequenz wiederholt werden. Wie viele Bilder eine Pokémon-Animation bekam, hing dabei auch oft vom Charakter des Taschenmonsters ab. So bewegt sich Kokuna deutlich weniger als z. B. Quaxo. In den Animationen selbst bewegen sich bisher nur einzelne Körperteile wie Augen oder Arme, während das Pokémon an sich noch sehr statisch wirkt. Selten wurden auch bestimmte Effekte durch die bewegten Bilder erzeugt, wie das Flackern von Flammen oder das Leuchten mancher Pokémon.
Der Stil der Backsprites richtet sich auch in diesen Editionen nach dem der Frontsprites. Eine entscheidende Neuerung ist jedoch, dass sie nicht mehr hochskaliert worden sind, sondern sich nun mit derselben Auflösung wie ihre Gegenstücke präsentieren. Animiert wurden sie noch nicht.
Dritte Generation
In der dritten Generation nahmen die Pokémon-Sprites nun letztendlich eine Form an, die den Darstellungen in den Artworks und des Animes tatsächlich vollends entspricht. Dieser Fortschritt wird zunächst durch die maßgeblich erhöhte Farbauswahl deutlich, die die Hardware des Game Boy Advance möglich machte. So kann ein einziger Sprite dieser Generation bis zu fünf unterschiedliche Farbtöne mit bis zu jeweils drei Schattierungen besitzen. Ebenso wurde die maximale Größe der Sprites auf bis zu 64x64 Pixeln erhöht, was wiederum eine höhere Detailliertheit der Grafiken ermöglichte.
Stilistisch lässt sich beobachten, dass alle Proportionen nun deutlich „natürlicher“ wirken. Die Grafiker entschieden sich zudem dafür, die Pokémon fülliger darzustellen, indem sie bei den Schattierungen teils relativ große Unterschiede in der Helligkeit wählten. Diese so entstandenen „Highlights“ erzeugen somit den vorher genannten Effekt. Die Sprites der dritten Generation haben nun auch Konturen, die nicht von überwiegend schwarzer Farbe sind, was den Highlight-Effekt und die allgemeine Plastizität unterstützt. Auch gab es in dieser Generation zum ersten Mal keine Sprites, deren Design in irgendeiner Weise nicht der offiziellen Darstellung entsprachen.
Wackeln, Drehen, Zerren, Zoomen |
In Pokémon Rubin-Edition und Saphir-Edition wurden jedoch die Animationen, die in Pokémon Kristall eingeführt wurden, abgeschafft. Gleiches gilt für die Remakes der Spiele der ersten Generation Pokémon Feuerrot und Blattgrün. Für Letztere wurden auch nur die Sprites der ersten 151 Pokémon sowie zwei Deoxys-Formen neu kreiert. Die restlichen wurden aus den Hoenn-Vorgängern übernommen. Erst mit der Smaragd-Edition kamen die kurzen Kampfeintrittsanimationen zurück.
Färben und Verschwinden |
Als ihre Basis wurden die Sprites der Rubin- und Saphir-Edition genutzt für die ein zweiter Sprite in anderer Pose erstellt wurde. Die Animationen wurden aber nicht nur durch das Aneinanderreihen dieser beiden Bilder erzeugt, sondern auch durch verschiedene Wackel-, Dreh-, Zerr- und Zoom-Effekte. Selten wurde auch ein Bild, welches das Pokémon verschwinden lässt oder als einfarbige Silhouette zeigt, eingefügt.
Die Backsprites der dritten Generation übernehmen wiederum alle technischen und stilistischen Vorgaben der Frontsprites und bleiben weiterhin nach unten abgeschnitten und in jedem Spiel dieser Generation gleich. Dabei scheinen sie in einigen Fällen direkt auf den Backsprites der zweiten Generation zu basieren. Lediglich in der Smaragd-Edition werden auch sie zu Beginn eines Kampfes animiert. Allerdings nur in dem auf sie die oben genannten Effekte angewendet werden.
Vierte Generation
Die Sprites der vierten Generation legten wiederum an Größe zu, sodass ihre Abmessungen nun bis zu 80x80 Pixel betragen. Die Farbpalette wurde durch die technischen Fähigkeiten des Nintendo DS abermals erhöht, wodurch nun vier Schattierungen pro Farbton keine Seltenheit mehr sind. Dies machte die Darstellung von noch mehr Details möglich, was sich in einigen Designs der Pokémon der vierten Generation beobachten lässt.
Im Vergleich zu den Sprites der dritten Generation fällt jedoch auf, dass fast alle „Highlights“, die den älteren Grafiken ihre besonders voluminöse Wirkung geben, jetzt nicht mehr vorhanden sind. Dies mag die neuen Sprites zwar etwas weniger plastisch aussehen lassen, aber es führt auch dazu, dass sie noch viel mehr als ihre Vorgänger wie die kolorierten Cels
Männlich/Weiblich: Unterschiede in Proportion und Farbe |
Eine große Neuerung, die in den Diamant- und Perl-Editionen ihre Premiere hatte, waren die Geschlechtsunterschiede einiger Pokémon in ihren jeweiligen Sprites. So bekamen 93 Taschenmonster eine alternative Geschlechtsform, die sich manchmal fast gar nicht und manchmal stark voneinander unterschieden. Dazu wurden sowohl veränderte Proportionen als auch unterschiedliche Farben benutzt.
Innerhalb der Generation wurden die Sprites der Diamant- und Perl-Editionen als Basis für die drei kommenden Spiele verwendet. Die Platin-Edition führte dabei nur für die Pokémon des neuen Sinnoh-Dexes neue Sprites ein. Später taten es die Johto-Remakes HeartGold und SoulSilver mit neuen Sprites der Pokémon des neuen Johto-Dexes gleich. Ab Platin wurden außerdem einzelne Farben in Sprites entsättigt, wodurch es bei den Sprites zu manchmal ziemlich deutlichen Farbunterschieden zwischen den Spielen kommt.
Die zwei Sprites einer Animation. |
Die Animation zum Kampfbeginn wurde in dieser Generation zum Standard. Dabei wurden dieselben Techniken verwendet wie bei den animierten Sprites der Smaragd-Edition: Es wurden zwei Pokémon-Sprites erstellt, die durch unterschiedliche Aneinanderreihung und verschiedenen Effekten zu eine bewegten Bilderfolge wurden.
Bei den Backsprites zeigte sich aber genau in Sachen Animation eine Neuerung; nämlich, dass diese ab der Platin-Edition ebenfalls ein zweites Bild hinzubekamen. Dadurch wurde ihre Darstellung deutlich lebendiger, als die, der Backsprites in Smaragd, Diamant und Perl, welche auf dieses verzichten mussten und deren Animationen nur durch Effekte erzeugt wurden. Ansonsten richteten sich die Backsprites der vierten Generation ebenso nach den bekannten Maßgaben.
Fünfte Generation
Die Spiele der fünften Generation erschienen wie ihre Vorgänger für den Nintendo DS, weshalb es nur wenige technische Neuerungen in der Sprite-Darstellung gegeben hat. So wurde lediglich die maximale Größe der statischen Sprites auf bis zu 96x96 Pixel erhöht. Auch gestalterisch orientieren sich die neuen Grafiken am Stil der vierten Generation mit ihrer Cel-Optik.
Animationsunterschiede zwischen SW und S2W2 |
Die einzige große Neuheit dieser Spiele lässt sich im Bereich Animation finden. Denn ab Pokémon Schwarz und Weiß sind alle Pokémon während des gesamten Kampfes voll animiert. Dazu wurde die Art der Animation geändert, die nun jeden Sprite in einzelne Teile zerlegt, die frei beweglich sind, ähnlich einer zwei-dimensionalen Gliederpuppe
Die Backsprites dieser Animation sind ebenfalls den ganzen Kampf über voll animiert. Hinzu kommt bei ihnen noch, dass jetzt zum ersten Mal das gesamte Pokémon von hinten zu sehen ist. Die Sprites werden also nicht mehr unten abgeschnitten. Auch sie bekamen in den Fortsetzungen der Schwarzen und Weißen Editionen teilweise neue Animationen.
Sechste, siebte und achte Generation
Mit Pokémon X und Y und dem Nintendo 3DS brach ein neues Zeitalter der Grafikgeschichte des Pokémon-Franchise an. 3D-Modelle ersetzen nun alle Pokémon-Sprites bis auf die Icons, welche nach wie vor im Stil der Nintendo DS-Generationen erscheinen. Ein Pokémon-3D-Modell besteht aus einem polygonalen
Die siebte Spielgeneration übernahm für ihre Hauptspiele der Alola-Region dieses Konzept. So bekamen die alten Modelle in ihr oft nur eine neue Angriffs-Animation. Auch beim Sprung der Spiele auf eine neue Konsole, die Nintendo Switch, wurden die 3D-Modelle der ersten 151 Pokémon und ihrer Formen von den 3DS-Spielen übernommen. Lediglich ihre Darstellungsgröße wurde hochskaliert. Aufgrund der HD-Fähigkeit der Konsole, sind jedoch die Texturen jener Modelle nun deutlich hochauflösender und wirken „weicher“ als ihre Vorgänger. Ihre Farbpalette entspricht auch nicht ganz den 3DS-Texturen. In diesen ersten Pokémon-Spielen für die Switch kam es zum ersten Mal seit ihrer Einführung dazu, dass ein altes Pokémon einen Geschlechtsunterschied bekam (Partner-Evoli).
Mit Pokémon Schwert und Schild brach 2019 die achte Generation auf der Nintendo Switch an. Die Drahtgittermodelle dieser Spiele sind die gleichen wie aus Pokémon X und Y. Es wurden lediglich bei ein paar wenigen Modellen Änderungen vorgenommen, wie z. B. die Behebung kleiner Modellierfehler, kleinere Anpassungen an manchen Kopfformen und ein ausmodellierter Mundraum für Pikachu. Die einzige maßgebliche Neuerung an den Pokémon-Modellen der achten Generation sind die Texturen, welche weder von den 3DS-Spielen noch von Let’s Go, Pikachu! und Let’s Go, Evoli! übernommen wurden. Diese neuen HD-Texturen entsprechen in ihrem Farb- und Detailstil eher den 3DS-Texturen, allerdings werden sie in den Spielen mit deutlich sichtbareren Highlights
Alle Pokémon werden im Cel-Shading
Kontroverse und veränderte Sprites
Rossana
Im Jahr 2000 beschwerte sich die afroamerikanische Autorin Carole Boston Weatherford
Da 2016 die Gelbe Edition für die Virtual Console des Nintendo 3DS erneut erschien, änderte man in dieser Ausgabe des Spiels nun vorbeugend in allen internationalen Softwares den Sprite Rossanas, um keine erneute Kontroverse auszulösen. Dasselbe geschah später mit den japanischen Versionen von Gold, Silber und Kristall, die für ihre VC-Version die außer-japanischen Sprites verwenden.
Registeel
Etwas Ähnliches geschah mit dem Sprite Registeels in der Diamant- und Perl-Edition. Dieses zeigt sich dort in seinem Sprite in einer Pose, die dem Hitlergruß
Dieser Artikel war Artikel der Woche in der Kalenderwoche 35/2018. |