Fernando Alonso
Fernando Alonso, (* 29. Juli 1981 in Oviedo, Spanien) war mal ein sehr erfolgreicher Rennfahrer, der 2005 und 2006 Weltmeister in der Formel 1 wurde. Heute dient er mehr als komisches Element am Ende des Feldes, das die mittlerweile doch recht drögen Abläufe der Formel-1-Rennen auflockert.
Der Beginn
Alonso wurde in Oviedo, Hauptstadt der Autonomen Gemeinschaft Fürstentum Asturien, im Norden Spaniens geboren. Sein Vater war ein leidenschaftlicher Kart-Fahrer und wollte dieses Hobby auch seinen Kindern vermitteln. Als Fernando drei Jahre alt war, baute sein Vater ein kleines Kart für Fernandos fünf Jahre ältere Schwester, doch es zeigte sich bereits hier der sportliche Ehrgeiz des jungen Asturiers. Er kickte seine Schwester vom Kart, als diese gerade anfahren wollte, setzte sich selbst ans Steuer des Fahrzeugs, jagte davon und trieb ein paar Stiere durch die Kampfarena von Oviedo, nachdem er dort ein Eingangstor durchbrochen hatte und in den Innenraum gelangt war.
Die Zuschauer waren begeistert. Mutige Männer in lächerlicher Kleidung, die tuntig im Staub der Arena herumtänzeln und Rinder abstechen, waren sie gewöhnt. Aber ein Kindergartenkind, das Kampfstiere auf einem umgebauten Rasenmäher jagt? Das war eine Sensation! Das brauchte man dringend als festen Programmpunkt im angestaubten Trott des lokalen Stierkampfes. Außerdem versprach man sich ein rasantes Nachlassen der alltäglichen Proteste gegen das Treiben in der Arena seitens der Tierschützer und Humanisten jeder Gattung – denn Aktionen mit Kindern ziehen ja bekanntlich immer.
Im Laufe der nächsten Jahre trat Fernando Alonso allsonntaglich mit seinem Kart in der Stierkampfarena auf und nahm dort die Hornträger auf die Frontspoiler. Es änderte sich in den Jahren wenig. Der Applaus war stets der Gleiche, Fernando am Ende stets der Sieger und die Ideallinie sauber freigefahren. Nur die Karts wurden mit den Jahren größer und PS-stärker.
Der Aufstieg
Ende der 1990er Jahre war Stierkampf selbst für Touristen zu grausam geworden und die Stiefkampfarena von Oviedo schloss ihre Pforten. Fernando Alonso war mittlerweile ein dicklicher, flaumbärtiger Teenager geworden und stand nun ohne große Perspektive auf der Straße. Die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien war bereits in der letzten Phase der Pesete ein Problem geworden und Jobs für Jungs, die bislang hauptsächlich Tiere mit Kleinfahrzeugen gequält haben, waren eher rar. Was sollten das auch für Jobs sein?
Alonso suchte nach einem Betätigungsfeld, welches seiner bisherigen Tätigkeit möglichst nahe kam. Die logische Antwort wären Demolition-Derbys gewesen, doch dass diese Art Rennsport auch mit Karts oder schnelleren Monopostofahrzeugen funktioniert, sollte ein Mann namens Pastor Maldonado erst ein gutes Jahrzehnt später beweisen.
Trotzdem: Rennfahren sollte Alonsos Zukunft werden. Maßgeblich daran beteiligt war ein Aha-Erlebnis, welches Alonso im Frühjahr 1998 ereilte. Dort stellte der 16-Jährige fest, dass ein Kart um ein Vielfaches schneller war, wenn die Vorderachse nicht im Hintern eines horntragenden Vierbeiners steckte. Für Alonso eine bahnbrechende Erkenntnis. Von jetzt an fuhr er am liebsten richtig schnell und das durften bald auch die Konkurrenten auf der Rennstrecke bemerken. Nach wenigen Rennen war klar: Hier war ein Jahrhunderttalent geboren. Etwas, was Spanien bis dato noch niemals hervorgebracht hatte.
Der Aufstieg war steil. In drei Jahren schaffte es Alonso von der Euro-Open-Serie (die zwar wie ein Tennis-Turnier klingt, aber deutlich weniger hochklassig war) über die Formel 3000 in die Formel 1. 2001 war es dann passiert: Fernando Alonso bestritt als dicklicher, flaumbärtiger 19-Jähriger sein erstes Rennen in der Königsklasse des Motorsports. Allerdings nicht mit einem Formel 1-Auto, sondern einem Minardi. Dies war rund um die Jahrtausendwende zwar so etwas ähnliches wie ein F1-Fahrzeug, hatte aber etwa 200 PS weniger und fuhr sich über die Rennstrecken der Welt wie ein eiernder Einkaufswagen durch die Kaufland-Käseabteilung.
Alonsos beste Platzierung war ein zehnter Platz beim Großen Preis von Deutschland, allerdings waren in diesem Grand Prix so viele Piloten ausgeschieden, dass er dennoch auf dem letzten Platz ins Ziel kam. Beachtlicher war sein elfter Platz in Japan. Dort ließ er fünf Fahrer hinter sich, was im Minardi einem Husarenritt gleichkam. Punkte gab es dafür allerdings nicht. Alonso beendete seine erste Saison in der Formel 1 auf dem letzten Platz.
Im Jahre 2002 wechselte Alonso zu Renault, wo Alonsos Manager Flavio Briatore rein zufällig Teamchef geworden war, nachdem er nicht genau aufgepasst hatte, mit wem er alles ins Bett gegangen war. Das Duo Alonso/Briatore war zwar verwirrt, aber glücklich, denn der Renault war – aus heutiger Sicht befremdlich – ein ernstzunehmendes Rennauto. Die Glanzzeit des Fernando Alonso sollte nun beginnen.
Der Höhepunkt
2003 begannen die goldenen Jahre. Formel 1 in den Jahren nach dem Sprung ins neue Millennium war unkompliziert: 22 Fahrzeuge begannen ein Rennen und am Ende gewann Michael Schumacher, während Rubens Barrichello Zweiter wurde. Immer. Eine Aussicht darauf, dass sich daran bis ins Jahr 2010 irgendetwas ändern sollte, gab es faktisch nicht. Dann aber kam Fernando Alonso mit dem gelb-blauen Renault.
Bereits im zweiten Saisonrennen des Jahres 2003 sicherte sich Alonso seine erste Pole Position und ein halbes Jahr später seinen ersten Sieg. Es war ein langes Rennen. Alonso war damit der erste Spanier seit Vicente Yáñez Pinzón im Jahre 1499, der irgendetwas als Erster erreicht hatte. Mit knapp 22 Jahren war er war zu diesem Zeitpunkt außerdem der jüngste Fahrer in der Geschichte der Formel 1, der jemals ein Rennen gewinnen konnte. Ein Umstand, der in Zeiten, in denen ein Max Verstappen bereits vor dem ersten Eisprung seiner Mutter ein Grand-Prix-Sieger wurde, in Vergessenheit geraten ist.
Alonsos Sieg in Ungarn am 24. August 2003 war der Vorbote der Zeitenwende. Aber erstmal auch nicht mehr, denn 2003 wie auch 2004 sollte der Titel abermals an Michael Schumacher gehen.
2005 geschah dann das Unfassbare: Ferrari baute ein schlechtes Auto und Michael Schumacher gewann damit nur noch ein einziges Rennen, zu dem auch nur er, Rubens Barrichello und die Minardi antraten. Damit hatte niemand gerechnet. Die Fans schreckten aus ihrem Tiefschlaf hoch und beobachteten nun den Beginn einer neuen Ära. Aber wessen Ära? Kandidaten gab es nur drei: An eine Ära des Jenson Button glaubten nur Leute, die Formel 1 und Hochseeangeln verwechseln konnten. So blieben nur Alonso und der finnische Eisklotz Kimi Räikkönen als Vertreter der neuen Generation übrig.
Die Kontrahenten nahmen das Duell auf und schnell zeigte sich: Räikkönen, der rätselhafte Mann aus dem Norden, der nur in Schaltjahren mal eine Art menschlicher Kommunikation zuließ und in allen (unvermeidlichen) Interviews nichts als gutturale, annähernd menschliche Laute einer völlig fremden Mischsprache von sich gab, erwies sich im Vergleich zu dem redseligen, heißblütigen Mann aus dem Süden als der schnellere Pilot. Doch das nützte ihm nichts. Räikkönens Team, McLaren, hatte einen Denkfehler begangen, als sie den Rennwagen für den Finnen konstruierten – die Briten hatten schlicht und ergreifend nicht daran gedacht, dass der Eisberg Räikkönen bei besonders heißen Rennen gern mal ein wenig anschmolz und das Schmelzwasser dann in den Motor lief. Dieser explodierte anschließend des Öfteren, was Kimi die ein oder andere Platzierung und letztendlich auch den WM-Titel 2005 kostete. Dieser ging an Alonso. So kam es im Jahre 2005 zu dem einmaligen Umstand, dass die Weltmeisterschaft dadurch entschieden wurde, dass ein Renault-Motor haltbarer war als ein Mercedes-Aggregat. Ein Treppenwitz der Geschichte. Ebenso wie der Umstand, dass Alonso einen seiner größten Erfolge zu nicht unerheblichen Teilen dem McLaren-Team verdankte. Das sollte später definitiv nie wieder vorkommen, obwohl Alonso bereits unmittelbar nach seinem Titelgewinn verkündete, aus Dankbarkeit zur Saison 2007 zu McLaren zu wechseln.
Zunächst aber folgte Alonsos vermeintlich letzte Saison mit Renault. Sie sollte seine Beste werden, denn nun kam es zum epischen Duell des jungen Alonsos mit dem wiedererstarkten Schumacher. Das Wunderkind aus Asturien gegen das Wunderkinn aus Kerpen. Das Duell wurde mit harten Bandagen geführt. In Monaco blockierte Schumacher die Strecke, damit Alonso keine schnelle Runde mehr fahren konnte. In Brasilien zerstach Alonso Schumachers Reifen mit einem angespitzen Trinkhorn, welches Alonso sich aus einem der Kampfstiere seiner Jugend geschnitzt hatte. Am Ende des Jahres war die Wachablösung endgültig vollzogen: Alonso schlug Schumacher, der sich daraufhin erstmals in die Frührente verzog.
Alonso war 25 Jahre alt. Die neue Ära sollte gerade erst begonnen haben. Das dachten zumindest alle. Sie dachten.
Der schleichende Abstieg
Alonsos Wechsel zu McLaren sollte ein Fehler sein, aber das stellte der Spanier selbst erst nach und nach fest. Zunächst aber bekam der Weltmeister einen Neuling als Teamkollegen – Lewis Hamilton.
McLaren hatte das schnellste Auto der Saison gebaut und Alonso war damit Topfavorit auf seinen dritten WM-Titel. Doch Alonso hatte die Rechnung ohne seinen jungen Teamkollegen gemacht. Hamilton erreichte starke Ergebnisse und baute sich – als Brite in einem britischen Team – eine starke Lobby auf. Nun war Hamilton das Wunderkind und Alonso – mit 26 – der "alte Herausforderer". Das Blatt wendete sich gegen ihn. Hamilton wurde bevorteilt. Immer häufiger endeten Rennen mit Kollisionen zwischen den Kollegen, nach denen Hamilton sich öffentlich gegen Alonso ausweinte – und stets Recht bekam, selbst wenn er dem Spanier persönlich von hinten in die Karre gefahren war.
In Ungarn eskalierte das Duell endgültig. Im Qualifying blieb Alonso ungewöhnlich lange bei der McLaren-Boxencrew stehen und blockierte damit seinen Teamkollegen. Alonsos Fahrzeug war bereits abgefertigt und er hatte das Signal zur Weiterfahrt erhalten. Dennoch blieb Alonso aus von außen unersichtlichen Gründen in der Box stehen, sodass Hamilton hinter ihm in der Boxengasse warten musste. Hamilton war dadurch nicht mehr in der Lage, eine weitere gezeitete Runde zu fahren, um den in Führung liegenden Alonso noch von der Spitze zu verdrängen. Die Rennleitung bewertete den Vorfall als grobe Unsportlichkeit Alonsos gegen Hamilton. Der Spanier schmollte und berief sich darauf, dass abgemacht war, dass Alonso zuerst auf die Strecke dürfe und dann erst Hamilton, dieser dies aber ignoriert hatte. Wie es auch am Ende war, Alonso wurde als Schuldiger ausgemacht und Hamilton bekam seinen Willen. In der Weltmeisterschaft beharkten sich die Konkurrenten weiterhin derart beharrlich gegenseitig, dass es am Ende kam, wie es kommen musste: Alonso geriet gegen Hamilton ins Hintertreffen, Hamilton warf das Auto in den letzten Rennen weg und Kimi Räikkönen wurde als (niemals lachender) lachender Dritter Weltmeister.
Der Bruch mit McLaren war schnell vollzogen. 2008 kehrte Alonso zu Renault zurück. Doch das Weltmeisterteam war nur noch Mittelmaß und Siege auf legalem Wege nicht mehr möglich. Probleme mit dem Teamkollegen hatte Alonso hier jedoch nicht mehr. Nelson Piquet jr., Sohn eines Ex-Weltmeister, war zum Rennfahrer ähnlich talentiert wie ein Elefant zum Seiltänzer. So wunderte es auch keinen, als der Brasilianer beim Rennen in Singapur in die Wand fuhr und die anschließende Safety-Car-Phase ausgerechnet Alonso an die Spitze und später zum Sieg brachte. Erst später wurde bekannt: Piquets Unfall war absichtlich herbeigeführt, um Alonso zum Sieg zu führen. Es sollte das Highlight seiner zweijährigen zweiten Renault-Phase bleiben.
2010 wechselte Alonso mit großen Hoffnungen zur Scuderia Ferrari, die er zu neuem Glanz und weiteren Titeln führen sollte. Neuer Gegner im Rennen um die Weltmeisterschaft war ein Lausbub aus Hessen – Sebastian Vettel.
Der unerfahrene Deutsche und der mit allen Abwassern gewaschene Spanier – Alonso kam die Favoritenrolle in diesem Duell zu. Die kommenden vier Jahre wurden zu einem Trauma für Alonso, denn Vettel fuhr von Sieg zu Sieg und Alonso blieb ganze drei Mal nur der Titel des Vize-Weltmeisters. Das Wunderkind, der Begründer einer neuen Ära, war verkommen zum FC Schalke der Formel 1 – furios und emotional, jedoch letztendlich vollkommen fruchtlos.
2014, nach einer erneuten Niederlage gegen den alten Widersacher Hamilton und einem enttäuschenden 6. Rang in der Weltmeisterschaft, verließ Fernando Alonso Ferrari und schloss sich dem neuen, vielversprechenden McLaren-Honda-Projekt an. Es sollte der Todesstoß seiner Karriere werden.
Die bittere Gegenwart
Nach den katastrophalen Erfahrungen seines ersten McLaren-Jahres verwunderte es sehr, dass Alonso sich im Frühjahr 2015 wieder in eines dieser Autos setzte. Doch die Aussicht, Teil eines neuen, aufsehenerregenden Projektes zu sein, hielt den in den letzten Jahren mehr und mehr frustrierten Ex-Weltmeister fest in ihrem Griff.
McLaren-Honda war in den 1980er Jahren eine ungemein erfolgreiche Kombination. Aber das waren Modern Talking damals auch. Undenkbar, dass Modern Talking in der heutigen Zeit etwas anderes wären als zum Fremdschämen peinlich. Dass es McLaren-Honda ebenfalls so ergehen sollte, ahnte im Frühjahr 2015 niemand – bis Fernando Alonso die ersten Runden mit dem Auto drehte und am liebsten ins Getriebe gekotzt hätte, weil das Fahrzeug so absurd langsam war. Daraufhin sagte Alonso das erste Saisonrennen aus akuter Lustlosigkeit ab, konnte sich aber vor den restlichen Rennen nicht drücken.
Der McLaren-Honda fuhr zum Glück für den Spanier nicht immer langsam. Manchmal fuhr er auch gar nicht, weil der Honda nicht nur untermotorisiert, sondern auch noch aus recycelten Sushirollen gebaut war. Und so kam es, dass der Superstar früherer Tage nun nur noch ein peinliches Relikt aus alten Zeiten war, das schwer genervt und zur Belustigung Aller seinen Seelenschmerz in den Boxenfunk schrie. Alonsos beste Szene der Saison 2015 war eine Trainingssession, die er bei herrlichstem Wetter im Liegestuhl verbringen durfte, da das Auto erneut keine Runde durchgehalten hatte.
2016 versprach McLaren-Honda eine klare Leistungssteigerung. Am Ende blieb auch hier nur ein Alonso in Erinnerung, der sich von einem halb so alten Grünschnabel überholen lassen musste, um anschließend verzweifelt "Zweitligamotor!" in den Funk zu brüllen. Und wer nun glaubt, der Tiefpunkt sei noch nicht erreicht, der sei daran erinnert, dass Fernando Alonso im Jahre 2017 noch keine Zielankunft geschafft hat, da sein Fahrzeug in bislang 3 Rennen ganze 12 Motorschäden erlitt.
Das Versprechen an die Zukunft aus dem Jahre 2003 ist im Jahr 2017 nur noch der lustige Clown, der mit Pappnase in einem Auto sitzt, für das er (fahrerisch) viel zu groß ist und sich den Minardi aus dem Jahre 2001 zurückwünscht. Die Wetten laufen schon lange nicht mehr darauf, ob der große Fernando Alonso endlich noch einmal Weltmeister werden wird, sondern nur noch, wann er wohl angesichts der allwöchentlichen Demütigungen endgültig den Verstand verliert.
Darauf nun eine traurige Mopedhupe: